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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 2 U 172/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 138 Abs. 4 | |
ZPO § 171 | |
ZPO § 185 | |
ZPO § 185 Nr. 1 | |
ZPO § 188 | |
ZPO § 339 Abs. 2 | |
ZPO § 531 Abs. 2 | |
ZPO § 887 | |
BGB § 130 Abs. 1 S. 1 | |
BGB § 166 Abs. 1 | |
BGB § 242 |
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 27. Januar 2006 zum Zwecke der Zustellung verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 13. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Dem Beklagten werden die Kosten des Berufungsverfahrens und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der titulierten Beträge abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Beträge leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
A.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Freistellung von Verbindlichkeiten gegenüber der I2 AG (im Folgenden: I2-Bank) in Höhe von 124.688,00 € auf der Grundlage einer vom Beklagten unter dem 05.12.1990 abgegebenen schriftlichen Garantieerklärung, Die Verbindlichkeiten des Klägers beruhen auf seiner Beteiligung an einem Bauträgermodell in I3-I5, zu dessen Realisierung die I GbR (im Folgenden: I GbR) gegründet worden war. Der I GbR war der Kläger mit notarieller Urkunde vom 05.12.1990 mit einer Einlage von 500.000,00 € - entsprechend einem Eigenkapitalanteil der GbR von 12,4688 % - beigetreten.
Als die I GbR im Jahr 1992 von den Gesellschaftern Liquiditätszuschüsse verlangte, verweigerte der Kläger die Zahlung. Die daraufhin gegen ihn erhobene Klage wurde vom Oberlandesgericht Köln rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, der Gesellschaftsvertrag beinhalte keine Nachschusspflicht.
Nachdem die I GbR daraufhin dazu überging, die den Kläger betreffenden Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der I2 Bank nicht mehr zu bedienen, verlangte die I2 Bank unmittelbar Zahlungen vom Kläger, die er in Höhe von insgesamt 236.608,29 € leistete.
Aufgrund der Garantieerklärung vom 05.12.1990 nahm der Kläger den Beklagten auf Zahlung und Freistellung in Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil vom 19.11.1999 des Oberlandesgerichts Hamm (26 U 38/99 - vorangehend: LG Bielefeld (2 O 163/98)) wurde dem Beklagte neben einer Zahlungsverpflichtung auferlegt, "den Kläger gegenüber der I2-Bank von allen künftig fälligen Verbindlichkeiten aus den Darlehenskonten Nr. #####/#### und #####/####, die von der I GbR bedient werden, freizustellen".
Nachdem die I GbR Ende des Jahres 2004 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, einigte sich die Geschäftsführung der I GbR schließlich mit der I2-Bank, die zur Fortführung der Darlehen nur unter der Bedingung einer Sonderzahlung bereit war, auf eine Sondertilgung von 1.000.000,00 €. Einem vorangegangenen, entsprechenden Gesellschafterbeschluss hatte der Kläger zuvor nicht zugestimmt, da der Beklagte die Erklärung, den Kläger hinsichtlich der Sondertilgung freizustellen, verweigert hatte.
Nachdem die I2-Bank den Kläger mit Schreiben vom 21.04.2005 aufgefordert hatte, den seinem Eigenkapitalanteil der GbR entsprechenden Betrag von 124.688,00 € der Sondertilgung zu zahlen, forderte der Kläger mit Schreiben vom 29.04.2005 den Beklagten den Beklagten über dessen Prozessbevollmächtigte aus dem vorbezeichneten Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Hamm vergeblich auf, ihn bis zum 04.05.2005 von der Forderung der I2- Bank freizustellen. Zugleich drohte er für den Fall der Weigerung die Zwangsvollstreckung an.
Der Kläger stellte sodann einen Antrag gem. § 887 ZPO auf Vollstreckung des mit Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.11.1999 u.a. tenorierten Freistellungsanspruchs. Nachdem das Landgericht Bielefeld die Zustellung der Antragsschrift an den Beklagten persönlich unter der Anschrift "C1, #### C" angeordnet hatte, kam die Sendung mit dem Rückbriefvermerk "unbekannt verzogen" zurück.
Mit Verfügung vom 23.05.2005 teilte das Landgericht den Rückbriefvermerk den Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit. Unter dem 26.05.2005 zeigten diese die Vertretung des Beklagten an und beantragten die Zurückweisung des Antrags auf Zwangsvollstreckung. Eine etwaige neue Anschrift des Beklagten wurde nicht mitgeteilt.
Am 27.05.2005 stellte der Kläger daraufhin eine Anfrage an das Einwohnermeldeamt und bat die Prozessbevollmächtigten mit Anschreiben vom 30.05.2005 um die Mitteilung der aktuellen Anschrift des Beklagten. Eine Reaktion der Prozessbevollmächtigten des Beklagten erfolgte hierauf nicht. Nachdem das Landgericht unter dem 31.05.2005 die Rücknahme des klägerischen Antrags nach § 887 ZPO mit der Begründung angeregt hatte, der Titel des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.11.1999 sei zu unbestimmt und daher nicht vollstreckbar, nahm der Kläger seinen Antrag zurück. Zwischenzeitlich hatte das Einwohnermeldeamt der Stadt C unter dem 01.06.2005 mitgeteilt, dass sich der Kläger am 01.01.2005 nach unbekannt abgemeldet habe.
Nach dem Scheitern der Zwangsvollstreckung aus dem erwirkten Titel erhob der Kläger die vorliegende Klage. Sein Versuch, die Klage durch einen Gerichtsvollzieher unter der früheren Anschrift des Beklagten "C1, #### C" zuzustellen, scheiterte. Laut Vermerk des Gerichtsvollziehers erklärte die von ihm am 18.07.2005 unter der Anschrift angetroffene Haushälterin, der Beklagte sei dort nicht gemeldet und halte sich auch nicht dort auf. Seine neue Wohnanschrift sei nicht bekannt.
Nachdem der Kläger unter dem 25.07.2005 im hiesigen Verfahren die Auskunft des Einwohnermeldeamtes vom 01.06.2005 vorgelegt hatte, hat das Landgericht Bielefeld mit Beschluss vom 27.07.2005 auf Antrag des Klägers die öffentliche Zustellung der Klageschrift angeordnet. Mit im schriftlichen Verfahren ergangenen Versäumnisurteil vom 26.09.2005 hat es den Beklagten antragsgemäß verurteilt, den Kläger von der Verbindlichkeit, an die I2-Bank 124.688,00 € zuzüglich 6,21 % Verzugszinsen ab dem 01.04.2005 zu zahlen, freizustellen und die Einspruchsfrist auf 3 Wochen bestimmt. Mit Beschluss vom 23.09.2005 hat das Landgericht die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils angeordnet. Im Zeitraum vom 05.10. - 07.11.2005 hat sodann das Versäumnisurteil nebst Beschluss an der Gerichtstafel ausgehangen. Mit am 29.11.2005 beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil erhoben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Im Dezember 2005 teilten die Prozessbevollmächtigten des Beklagten in dem vorangegangenen Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld ( 2 O 163/98) anlässlich einer zugunsten des Beklagten anstehenden Kostenerstattung dessen neue Anschrift "H3, #### H" mit. Ausweislich der später von den Prozessbevollmächtigten des Beklagten vorgelegten Anmeldebestätigung des Einwohnermeldeamtes H hatte sich der Beklagte dort am 28.06.2005 angemeldet.
Wegen des weitergehenden Sachvortrags und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit Urteil vom 13.01.2006 hat das Landgericht Bielefeld den Einspruch des Beklagten verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die öffentliche Zustellung sei wirksam erfolgt.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt.
Er hat die Ansicht vertreten, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils ausgegangen. Tatsächlich sei sein damaliger Aufenthaltsort nicht unbekannt gewesen. Im Hinblick auf den Wiedereinsetzungsantrag macht er geltend, unverschuldet keine Kenntnis von dem Verfahren vor dem Landgericht erlangt und damit auch unverschuldet die Einspruchsfrist versäumt zu haben. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags hat der Beklagte ferner geltend gemacht, die Klage sei weder zulässig noch begründet.
Er hat beantragt,
das Endurteil des Landgerichts Bielefeld vom 13.01.2006, Aktenzeichen 2 O 385/05, aufzuheben und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchfrist gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 26.09.2006, Aktenzeichen 2 O 385/05, zu gewähren, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat seinen erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt und vertieft.
Mit am 19. 01. 2007 verkündetem Urteil hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm der Berufung stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil ist ausgeführt, die Einspruchsfrist sei nicht in Lauf gesetzt worden, da die öffentliche Zustellung mangels Vorliegens der Voraussetzungen unwirksam gewesen sei.
Mit Beschluss vom 28.04. 2008 hat der Bundesgerichtshof auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers das Urteil des 26. Zivilsenats vom 19.01. 2007 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde an den 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm zurückverwiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen darauf verwiesen, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht geprüft, ob ein Berufen des Beklagten auf die nicht ordnungsgemäße Zustellung rechtsmissbräuchlich sei.
In Ergänzung seines bisherigen Vorbringens behauptet der Kläger, die Ehefrau des Beklagten habe am 07.06.2005 auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, den Wohnsitz des Beklagten nicht zu kennen. Die Zeugin H2 habe am 09.07.2005 bei einer Befragung von Nachbarn des Beklagten unter seiner bisherigen Anschrift "C1" in C die Auskunft erhalten, dies sei nach wie vor der Wohnsitz des Beklagten.
Der Beklagte bestreitet die Behauptungen jeweils mit Nichtwissen.
Wegen des weitergehenden Sachvortrags wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
Das Landgericht hat den Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 26.09.2006 zu Recht als verspätet und damit unzulässig verworfen.
1.
Unter dem 26.09.2005 hat das Landgericht auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren erlassen. Die Einspruchsfrist betrug nach der gemäß § 339 Abs. 2 ZPO im Versäumnisurteil bestimmten Frist 3 Wochen. In Lauf gesetzt wurde sie gemäß § 188 ZPO bei wirksamer öffentlicher Zustellung mit Ablauf des 05.11.2005. Mit Aushang des Urteils an der Gerichtstafel vom 05.10. - 07.11.2005 war es am 05.11.2005 an den Beklagten zugestellt. Der mit Schriftsatz vom 29.11.2005 eingelegte Einspruch war - ausgehend davon, dass die im Versäumnisurteil festgesetzte Einspruchsfrist wirksam in Lauf gesetzt worden ist - verspätet.
2.
Ob für die vom Landgericht mit Beschluss vom 23.09.2005 angeordnete öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils die Voraussetzungen des § 185 Nr. 1 ZPO vorlagen, kann letztlich dahinstehen. Dementsprechend kann auch offen bleiben, ob eine öffentliche Zustellung bei Fehlen der Voraussetzungen des § 185 ZPO in jedem Fall unwirksam ist (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 2002, 468) oder ob das Fehlen der Voraussetzungen des § 185 ZPO die öffentliche Zustellung jedenfalls dann unwirksam macht, wenn das die Zustellung bewirkende Gericht dies hätte erkennen können (vgl. BGHZ 149, 311).
3.
Denn dem Beklagten ist es nach § 242 BGB verwehrt, sich auf eine unwirksame öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils vom 26.09.2005 zu berufen. Ein solches Berufen ist treuwidrig mit der Folge, dass die Einspruchsfrist in Lauf gesetzt und der Einspruch gegen das Versäumnisurteil verspätet ist.
a)
Auszugehen ist von dem im Rahmen des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB anerkannten Grundsatz, nach dem der Einwand des Rechtsmissbrauchs dann begründet ist, wenn der Empfänger den Zugang der Willenserklärung bewusst vereitelt oder verzögert oder wenn er mit dem Eingang rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechnen muss und nicht dafür sorgt, dass ihn diese erreichen können (vgl. BGH, NJW 1996, 1967, (1968); BGH NJW 1977, 194). Dieser Grundsatz gilt auch im Problemkreis der Wirksamkeit öffentlicher Zustellungen. Denn jede Rechtsausübung - auch im Zivilprozess - unterliegt dem Missbrauchsverbot (vgl. BGHZ 149, 311 ff; BGH, Beschluss vom 28.04.2008 - II ZR 61/07).
b)
Bei einer Gesamtwürdigung der nachfolgend dargestellten Aspekte des Verhaltens des Beklagten ist davon auszugehen, dass der Beklagte seine postalische Erreichbarkeit in einer Zeit zu verhindern gesucht hat, in der er mit einer Inanspruchnahme des Klägers aus der Garantieerklärung vom 05.12.1990 rechnen musste.
Nachdem sich der Beklagte zum 01.01.2005 mit unbekanntem Aufenthalt abgemeldet hatte, seine Ehefrau jedoch nach wie vor am bisherigen Wohnsitz unter der Anschrift C1 in C erreichbar war, hat der Beklagte nichts unternommen, dass ihn für den nachfolgenden Zeitraum bis zur erneuten Meldung im Inland eingehende Post und insbesondere auch zustellungsbedürftige Sendungen erreichen konnten.
aa)
Auch wenn man davon ausgeht, dass der Beklagte mit der Abmeldung nach Unbekannt bei seinem Umzug in die Schweiz nicht gegen die nur im Inland geltende Meldepflicht verstoßen hat, wäre er, um seine Erreichbarkeit sicherzustellen, nicht gehindert gewesen, den neuen Aufenthalt im Ausland bei der Abmeldung anzugeben. Das Meldeformular beinhaltet eine entsprechende Rubrik. Tatsächlich hat der Beklagte bis zum heutigen Tag keine konkreten Angaben dazu gemacht, wo er sich vom Zeitraum vom 01.01. bis 28.06.2005 in der Schweiz aufgehalten hat. Die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste belegen vielmehr nicht einmal die von ihm behauptete Notwendigkeit eines dauerhaften Aufenthaltes in der Schweiz während des vorgenannten Zeitraums.
bb)
Der Beklagte hat auch nach eigenen Vorbringen weder einen Nachsendeauftrag gestellt noch einen Zustellungsbevollmächtigten gem. § 171 ZPO bestimmt.
cc)
Ebensowenig ist vorgetragen, dass der Beklagte seine Ehefrau beauftragt hätte, eingehende Post an seine neue Anschrift in der Schweiz nachzusenden. Soweit er behauptet, seine Frau sei für die Weiterleitung zuständig gewesen, beinhaltet dies keine entsprechende Beauftragung. Im übrigen belegt die vergeblich versuchte Zustellung der Antragsschrift nach § 887 ZPO durch das Landgericht Bielefeld, dass seine Behauptung unzutreffend ist. Jedenfalls für Zustellungen war er nicht erreichbar. Da die Ehefrau in der bisherigen Wohnung verblieben war, hätte es aber ohne weiteres nahe gelegen, sie mit der Entgegennahme und Weiterleitung zustellungsbedürftiger Post gem. § 171 ZPO zu ermächtigen.
dd)
Jedenfalls seit der Zahlungsaufforderung des Klägers vom 29.04.2005, in deren Anschluss die Zwangsvollstreckung des Klägers aus dem im Rechtsstreit 2 O 163/98 Landgericht Bielefeld/26 U 38/99 Oberlandegericht Hamm gegen ihn ergangenen Urteil eingeleitet und schließlich gescheitert war, weil das Landgericht den Titel für zu unbestimmt hielt, musste der Beklagte mit einer erneuten Klageerhebung des Klägers rechnen. Letztendlich kann dahinstehen, ob die Vorgänge dem Beklagten ohnehin bekannt waren, weil er auch seinerzeit in Kontakt mit seinen auch im hiesigen Verfahren tätigen Prozessbevollmächtigten gestanden hat. Für einen solchen Kontakt spricht jedenfalls der Umstand, dass die Prozessbevollmächtigten nach dem gescheiterten Versuch der Zustellung der Antragsschrift an den Beklagten persönlich unter Anzeige ihrer Bevollmächtigung durch den Beklagten mit SS vom 26.05.2005 beantragt haben, den Zwangsvollstreckungsantrag des Klägers zurückzuweisen. Auch bei einem seinerzeit nicht bestehenden Kontakt müsste sich der Beklagte allerdings das Wissen seiner Prozessbevollmächtigten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
ee)
Auf die Rückbriefnachricht vom 23.05.2005 in dem Verfahren 2 O 163/98 vor dem Landgericht Bielefeld erfolgte keine Nennung einer neuen Anschrift durch die Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Ebenso unbeantwortet blieb die an sie gerichtete Anschriftenanfrage des Klägers vom 30.05.2005. Dabei ist es unerheblich, ob eine Berechtigung der Prozessbevollmächtigten bestand, eine neue Anschrift ihres Mandanten mitzuteilen, ohne dazu von ihm ermächtigt zu sein. Jedenfalls verletzte der Beklagte mit diesem Verhalten die Pflicht, für seine Erreichbarkeit im Hinblick auf etwaige Zustellungen zu sorgen.
Im übrigen spricht der Umstand, dass die Prozessbevollmächtigten des Beklagten seine neue Anschrift erst im Dezember 2005 mit dem - unzutreffenden - Hinweis preisgegeben haben, sie seien durch das Landgericht nicht zur Mitteilung aufgefordert worden, dafür, dass der Aufenthaltsort des Beklagten verschleiert werden sollte. Denn die vom Landgericht unter dem 23.05.2005 an die Prozessbevollmächtigten des Beklagten verfügte Rückbriefnachricht über den gescheiterten Zustellungsversuch unter der Anschrift Stadionring 90 in C hatte ersichtlich den Zweck , eine etwaig bekannte neue Anschrift des Beklagten über dessen Prozessbevollmächtigte in Erfahrung zu bringen. Hätte der Kläger in dem Rechtsstreit 2 O 163/98 vor dem Landgericht Bielefeld die neue Anschrift des Beklagten erfahren, hätte er sie im hiesigen Rechtstreit nutzen können. Insofern geht das Argument seiner Prozessbevollmächtigten, sie hätte jedenfalls im hiesigen Verfahren ohne entsprechende Mandatierung keine Anschrift mitteilen dürfen, ins Leere.
ff)
Ein weiteres Indiz für die beabsichtigte Verschleierung ist der Umstand, dass die Ehefrau des Beklagten nach Klägervortrag in II. Instanz auf telefonische Nachfrage vom 07.06.2005 den neuen Aufenthaltsort in der Schweiz nicht preisgegeben hat. Dieser Vortrag ist zu berücksichtigen, ohne dass es auf die Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO ankommt. Zwar bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen. Das Bestreiten ist allerdings unzulässig und damit unbeachtlich. Gegenüber seiner Ehefrau oblag dem Beklagten eine Erkundigungspflicht i.S.d. § 138 Abs. 4 ZPO. Eine Erkundigung war ohne weiters möglich und auch zumutbar. Das gilt erst recht angesichts der Behauptung des Beklagten, seine Ehefrau habe Post an ihn weitergeleitet.
gg)
Die beabsichtigte Verschleierung wird ferner durch die anlässlich des Zustellungsversuchs im Juli 2005 erteilte Auskunft der Haushälterin an den Gerichtsvollzieher verdeutlicht. Dass diese instruiert war, die zu diesem Zeitpunkt objektiv unrichtige Auskunft, der Beklagte sei unbekannt verzogen, zu erteilen, steht nach allgemeiner Lebenserfahrung außer Zweifel. Andernfalls hätte die Haushälterin den Kontakt mit der Ehefrau des Beklagten hergestellt oder eine entsprechende Nachfrage bei dieser angeboten, nicht aber eigenmächtig unzutreffende Erklärungen abgegeben.
hh)
Sämtliche vorstehend angeführten Aspekte indizieren mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Beklagte seine Erreichbarkeit für Zustellungen des Klägers, mit denen er rechnen musste, vereiteln wollte. Daran ändert der Umstand, dass er sich mit der erneuten Meldung im Inland unter dem 28.06.2005 melderechtlich ordnungsgemäß verhalten haben mag, nichts. Nach den Gesamtumständen musste ihm klar sein, dass zu erwartende Zustellungen ihn ohne weiteres auch nach seiner erneuten Meldung im Inland nicht erreichen würden. Abgesehen davon, dass der Kläger nach der im Juni 2005 erteilten Auskunft des Einwohnermeldeamtes Bielefeld in Verbindung mit der telefonisch am 07.06.2005 erklärten Weigerung der Ehefrau, eine neue Anschrift mitzuteilen, nicht mit neuen Erkenntnissen durch eine zeitnahe weitere Anfrage beim Einwohnermeldeamt rechnen konnte, sollte mit der am 18.07.2005 erteilten unrichtigen Auskunft der Haushälterin gezielt die bestehende Unklarheit über den Aufenthaltsort des Beklagten aufrecht erhalten werden.
II.
Aus den unter I. dargestellten Gründen hat der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die versäumte Einspruchsfrist keinen Erfolg. Das Versäumen der Einspruchsfrist war nicht unverschuldet. Der Beklagte musste vielmehr angesichts der von ihm selbst geschaffenen Sachlage mit einer öffentlichen Zustellung rechnen. Insofern kann vollumfänglich auf die vorstehenden Ausführungen unter I. Bezug genommen werden.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
D.
Die Revision war nicht zuzulassen. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts wegen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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