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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 2 U 28/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 323 Abs. 5
BGB § 434 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen der Streithelferin und der Beklagten wird das am 06.12.2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der Streithelferin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten und der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der titulierten Beträge abzuwenden, wenn nicht die Beklagten und die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Beträge leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers auf Rückabwicklung eines Autokaufes zwischen ihm und der Beklagten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung der Zeugin T im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, an dem Fahrzeug liege ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Denn es fehle dem PKW die vereinbarte Erfüllung der "Euro 3"-Norm auch im Sinne einer entsprechenden steuerlichen Einstufung. Der Kläger habe die Angaben des Verkäufers beim Verkaufsgespräch dahin verstehen dürfen, dass das fragliche Fahrzeug ohne jede Einschränkung - und damit auch in Bezug auf die steuerliche Eingruppierung - als "Euro 3"-Fahrzeug gelte. Letzteres sei jedoch nicht der Fall, da der PKW - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - steuerlich als "Euro 2"-Fahrzeug eingestuft werde. Der vom Kläger erklärte Rücktritt sei auch nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels ausgeschlossen. Denn ein Verstoß gegen die vereinbarte Beschaffenheit indiziere dessen Erheblichkeit. Zudem bestimme die steuerliche Einstufung des Fahrzeugs maßgeblich dessen Status nicht nur mit Blick auf einen möglichen Wiederverkauf, sondern auch mit Blick auf einen Geltungswert, der sich aus der zunehmenden Bedeutung der Umweltverträglichkeit eines Fahrzeugs ergebe. Bei der Rückabwicklung der Leistungen sei für die vom Kläger gezogenen Nutzungen ein Betrag von 0,8 % je gefahrene 1000 km in Ansatz zu bringen, so dass sich hierfür ein Betrag von 3.047,72 Euro errechne. Des weiteren stehe dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten zu und es ei ebenfalls antragsgemäß der Annahmeverzug der Beklagten festzustellen.

Gegen dieses Urteil hat zunächst die der Beklagten beigetretene Streithelferin Berufung eingelegt.

Die Streithelferin macht geltend, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelbehaftet sei. Denn es erfülle die Europäischen Richtlinien für Messwerte der Schadstoffklasse 3, so dass es sich tatsächlich auch um ein Fahrzeug der Gruppe "Euro 3" handele. Dass der fragliche Wagen steuerlich wie ein solcher der Gruppe Euro 2 eingestuft werde, was sich im übrigen auch aus der in dem Werbeprospekt aufgeführten zusätzlichen Kennnummer 51 ergebe, ändere daran nichts. Auf die steuerliche Belastung sei es dem Kläger zudem gar nicht angekommen. Auch unterfalle der Pkw der Partikelminderungsstufe "PM 5", bei der es sich um die derzeit beste Schadstoffklasse handele. Wenn der Kläger dies bei der Zulassungsstelle im Fahrzeugschein eintragen lasse, habe das eine Steuerersparnis von 26,40 Euro pro Jahr zur Folge. Damit liege die Steuerersparnis über der von dem Kläger gerügten Steuermehrbelastung von 13,42 Euro p.a. aufgrund der Eingruppierung in die steuerliche Klasse für "Euro 2"-Fahrzeuge.

Im Laufe des Berufungsverfahrens hat sich die Beklagte der Berufung der Streithelferin angeschlossen.

Die Streithelferin und die Beklagte beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Münster vom 06.12.2006 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Der Kläger macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin geltend, dass der ihm verkaufte Wagen einen erheblichen Mangel aufweise. Ihm sei seinerzeit erkennbar wichtig gewesen, welcher Schadstoffklasse der Pkw angehöre. Das sei für die Beklagte auch o.w. erkennbar gewesen. Da die Beklagte um die steuerliche Eingruppierung des PKW als "Euro 2"-Fahrzeug gewusst habe, habe sie bei der Erklärung, es handele sich um ein "Euro 3"-Fahrzeug, arglistig den wahren Sachverhalt verschwiegen. Es sei auch durchaus offen, wie sich die Frage der Besteuerung entwickele. Zudem sei ein Wertverlust zu befürchten.

Im Wege der Anschlussberufung wendet sich der Kläger gegen die Höhe der vom Landgericht im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrages in Abzug gebrachte Nutzungsentschädigung. Er ist der Ansicht, dass statt des vom Landgericht angesetzten Betrages von 0,8 % des Kaufpreises pro gefahrene 1000 km ein Betrag von 0,5 % pro gefahrene 1000 km ausreichend und angemessen sei.

Diesbezüglich beantragt der Kläger,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufungsklägerin zu verurteilen, an ihn über den bereits zuerkannten Betrag in Höhe von 26.257,28 Euro hinaus weitere 1.142,29 Euro, mithin 27.399,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.06.2006 Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Citroén C 8 HDi 130 FAP Tendance mit der Fahrgestell-Nummer: ####### sowie weitere 594,73 Euro zu zahlen.

Die Streithelferin und die Beklagte beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Sie verweisen darauf, dass die vom Landgericht in Ansatz gebrachte Nutzungsentschädigung nicht zu beanstanden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Berufungen der Streithelferin und der Beklagten sind begründet.

Der Kläger kann die Beklagte nicht auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über den streitgegenständlichen Pkw Citroén in Anspruch nehmen.

1.

Dem Kläger steht kein Recht auf Rücktritt aus kaufvertraglicher Gewährleistung zu. Denn der streitgegenständliche Pkw ist nicht mangelhaft.

a.

Der dem Kläger verkaufte PKW weicht nicht von der vereinbarten Beschaffenheit ab.

Unstreitig sollte der fragliche PKW der Schadstoffklasse "Euro 3" angehören. Dies aber ist tatsächlich auch der Fall. Unter die schlagwortartige Bezeichnung "Euro 3-Fahrzeug" fallen solche Kraftfahrzeuge, die die in der Richtlinie 98/69/EG festgelegten Werte für den Schadstoffausstoß für die entsprechende Gruppe einhalten. Die Einordnung eines Fahrzeugs in eine der Schadstoffklasse bestimmt sich nach dem Schadstoffausstoß. Die Grenzwerte für die jeweiligen Klassen sind allerdings nicht als absolute Werte und für jedes Fahrzeug gleich festgelegt. So wird für die Eingruppierung in die Schadstoffgruppen weiter etwa zwischen der Klasse "M" für der Personenbeförderung dienende Kraftfahrzeuge und solche der Klasse "N" für Nutzfahrzeuge unterschieden. Als PKW gehört der streitgegenständliche Wagen an sich in die Klasse "M". Jedoch bestimmt die Richtlinie 98/69/EG, dass für PKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,5 t die Grenzwerte der Klasse N 1 III für kleine Nutzfahrzeuge gelten. Da sich das zulässige Gesamtgewicht des in Rede stehenden PKW auf über 2,5 t beläuft, ist er demgemäss als "Euro 3-Fahrzeug" einzustufen, wenn er die entsprechenden für die Klasse N 1 III der kleinen Nutzfahrzeuge vorgesehenen Werte einhält. Dies ist hier unstreitig der Fall.

Der Kläger hat bei dem Kauf des PKW auch nicht etwa zum Ausdruck gebracht, dass er einen PKW mit einem ganz bestimmten Schadstoffausstoß erwerben wolle. Vielmehr hat der Kläger bei seiner Anhörung im Senatstermin eingeräumt, dass er sich seinerzeit über die tatsächlichen Abgaswerte keine weiteren Vorstellungen gemacht habe und es ihm letztlich nur auf die Einstufung des Wagens als "Euro 3-Fahrzeug" angekommen sei, nicht aber darauf, welcher Schadstoff nun konkret ausgestoßen werde. Da - wie ausgeführt - die Eingruppierung des Pkw genau der vereinbarten Beschaffenheit entspricht, ist er nicht mangelhaft.

b.

Der Kläger kann einen Mangel des Fahrzeugs des weiteren nicht mit Erfolg daraus herleiten, dass der Pkw - wie zwischen den Parteien unstreitig und im übrigen auch durch die Schlüsselnummer 51 im Prospekt belegt ist - steuerlich wie ein "Euro 2-Fahrzeug" eingruppiert wird.

Nach der eigenen Einlassung des Klägers ist über die konkrete steuerliche Eingruppierung des fraglichen Wagens seinerzeit zwischen den Parteien nicht gesprochen worden ist. Demgemäss fehlt es an einer ausdrücklichen Beschaffenheitsvereinbarung hierzu.

Eine derartige konkludente Beschaffenheitsvereinbarung ist ebenfalls nicht feststellbar. Die sogenannte "Euro 3-Norm" bezieht sich ausschließlich auf die Schadstoffeinstufung des Fahrzeuges und gibt dessen Schadstoffklasse an. Die Frage, wie ein Fahrzeug besteuert wird, hängt aber nicht allein von dessen Schadstoffklasse ab. Diese stellt lediglich ein Kriterium für die Höhe der Steuer dar. Entsprechend kann aus seiner Schadstoffeinstufung auch nicht zwingend auf die steuerliche Behandlung und Eingruppierung geschlossen werden. So wird derzeit z.B. bei Dieselfahrzeugen für die Höhe der zu zahlenden Kfz-Steuer maßgeblich auch auf das Vorhandensein eines Partikelfilters abgestellt. Der streitgegenständliche PKW gehört insoweit unbestritten zu der Gruppe "PM 5" als der derzeit bestmöglichen Partikelminderungsstufe mit der Folge, dass bei entsprechender Eintragung im Kfz-Schein eine Steuerminderung von 26,40 Euro p.a. eintritt. Da sich die vom Kläger gerügten steuerlichen Mehraufwendungen im Verhältnis zu einer Eingruppierung in die nächst niedrigere Stufe unstreitig auf ohnehin nur als unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB zu wertende 13,42 Euro p.a. belaufen, kann der Kläger bei dieser Eintragung steuerlich sogar eine Besserstellung erreichen.

Aus den vorstehenden Ausführungen zur Einstufung in die Partikelminderungsstufe "PM 5" folgt im übrigen, dass auch die Angaben des Verkäufers, bei dem Fahrzeug handele es sich um ein solches mit hoch entwickelter Dieseltechnik, insoweit zutreffen.

2.

Das Begehren des Klägers ist ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt eines Beratungsverschuldens begründet.

Der Kläger hatte - wie bereits ausgeführt - keine konkrete Vorstellung zu den Schadstoffausstoßwerten des erworbenen Fahrzeugs. Über diesbzgl. Werte ist zwischen den Parteien auch nicht gesprochen worden, sondern nur über die nach obigen Ausführungen korrekte Eingruppierung des PKW als "Euro 3-Fahrzeug". Daher bestand für die Beklagte auch keine Veranlassung, den Kläger über weitere Einzelheiten zur Schadstoffeingruppierung oder dessen steuerliche Behandlung aufzuklären.

Demgemäss kann der Kläger die Beklagte nicht auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über den fraglichen Wagen in Anspruch nehmen. Entsprechend war die Klage auf die Berufungen der Streithelferin und der Beklagten insgesamt abzuweisen. Damit steht gleichzeitig fest, dass auch die Anschlussberufung des Klägers keinen Erfolg hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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