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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 2 UF 358/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1666
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 UF 358/05 2 UF 370/05

Tenor:

Auf die befristeten Beschwerden der Kindesmutter werden die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 6. September 2005 (ergangen auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2005) und 21. September 2005 aufgehoben.

Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Auslagen des Beschwerdeverfahrens wird abgesehen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der gerichtlichen Auslagen tragen die Kindeseltern je zu 1/2.

Gründe:

I.

Der am xxx geborene Kindesvater und die am xxx geborene Kindesmutter schlossen am 12.05.1995 die Ehe.

Der Kindesvater ist von Beruf Systemtechniker, die Kindesmutter hat den Beruf der Arzthelferin erlernt, den sie zur Zeit nicht ausübt.

Aus der Ehe ging die am xxx geborene K T hervor.

Nach einer vorausgegangenen konfliktbehafteten Beziehung und einer zeitweiligen Trennung fand eine endgültige Trennung der Kindeseltern im April 2003 statt.

K wurde in der Zeit von April bis Ende Juli 2003 von den Großeltern mütterlicherseits in M betreut.

Die Kindeseltern konnten sich nicht darüber einigen, bei welchem Elternteil K sich aufhalten solle. Das von der Kindesmutter angerufene Amtsgericht - Familiengericht - Bochum übertrug daraufhin durch Beschluss vom 11.06.2003 (62 F 124/03) das Aufenthaltsbestimmungsrecht über K auf die Kindesmutter allein.

Da es zu Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung von Umgangskontakten kam, veranlasste der Kindesvater ein gerichtliches Umgangverfahren (AG - Familiengericht - Essen 108 b 146/03), das mit einer Umgangsvereinbarung der Eltern vom 19.2.2004 seinen Abschluss fand.

Kurze Zeit später fand auf Antrag des Kindesvaters vom 15.4.2004 ein gerichtliches Vermittlungsverfahren (AG - Familiengericht - Essen 108 b 82/04) statt, weil die Umgangsvereinbarung nur zum Teil eingehalten wurde. Das Familiengericht stellte durch Beschluss vom 7.6.2004 fest, dass das Vermittlungsgespräch erfolgreich verlaufen sei und der Umgang des Vaters mit K im Wesentlichen wie vereinbart durchgeführt werden solle.

Unter dem 30.7.2004 hat der Kindesvater beantragt (AG - Familiengericht - Essen 108 b 146/04), die Kindesmutter zu verpflichten, K zur Durchführung eines Ferienumgangskontaktes herauszugeben.

Nach Anhörung der Kindeseltern hat das Familiengericht durch Beschluss vom 16.9.2004 der Kindesmutter das Recht auf Regelung des Umgangs von K mit ihrem Vater entzogen und auf Frau E als Umgangspflegerin übertragen.

Die Umgangspflegerin hat in der Folgezeit berichtet, dass die Umgangskontakte nur unter Schwierigkeiten durchgeführt werden könnten, weil die Kindesmutter K erkennbar negativ beeinflusse (Bericht vom 22.2.2005, Bl. 39 ff. d.A.).

Nach erneuter Anhörung der Beteiligten am 14.4.2005 hat das Familiengericht daraufhin durch Beschluss vom selben Tage ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten "insbesondere im Hinblick auf Umgangskontakte zum Wohle des Kindes" eingeholt.

Die Sachverständige L ist in ihrem Gutachten vom 29.6.2005 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine erzieherische Eignung der Kindesmutter in bezug auf das Recht des Kindes, harmonischen Umgang mit seinem leiblichen Vater zu pflegen, aus psychologischer Sicht nicht gegeben sei. Die Sachverständige empfahl die zeitweise Unterbringung von K in eine Pflegefamilie zur emotionalen Neutralisierung, danach sollte K in den Haushalt des nach Ansicht der Sachverständigen erziehungsgeeigneten Kindesvaters überführt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des schriftlichen Gutachtens vom 29.6.2005 (Bl. 67 ff. d.A.) und auf den des Vermerks vom 18.8.2005 (Bl. 117 d.A.) Bezug genommen.

In dem Scheidungsverbundverfahren 108 b F 126/04 hat die Kindesmutter die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich allein beantragt.

Das Familiengericht hat durch Beschluss vom 27.7.2005 diese Folgesache aus dem Verbund gelöst (nunmehr 108 b 160/05) und das Verfahren mit dem o.a. Umgangsverfahren verbunden.

Das Familiengericht hat am 18.8.2005 Frau E zur Verfahrenspflegerin bestellt, die Kindeseltern sowie die Verfahrenspflegerin angehört und die Sachverständige L ihr schriftliches Gutachten in dem Termin zur mündlichen Verhandlung erläutern lassen.

Durch Beschluss vom 6. September 2005 - nach dem Inhalt der Entscheidung auf die mündliche Verhandlung vom 18.8.2005 ergangen - hat das Familiengericht in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum vom 11.06.2003 der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht über K entzogen und auf den Kindesvater übertragen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, aufgrund des Ergebnisses der Begutachtung sei von Amts wegen ein neues Verfahren eingeleitet worden. Der Kindesmutter sei gem. § 1666 BGB zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen das Aufenthaltsrecht zur entziehen und dieses auf den Kindesvater allein zu übertragen. Die Kindesmutter weise nicht die für das Kindeswohl notwendige Bindungstoleranz auf. Hiervon gingen erhebliche Gefährdungen für das Wohl von K aus, die eine Übertragung auf den erziehungsgeeigneten Kindesvater notwendig machten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen (Bl. 131 ff. d.A.).

Durch Beschluss vom 5.9.2005 hat das Familiengericht die Umgangspflegschaft aufgehoben.

Durch weiteren Beschluss vom 21. September 2005 hat das Familiengericht angeordnet, dass der Kindesvater berechtigt sei, allein einen Antrag beim Jugendamt auf erzieherische Hilfe zu stellen, um die vom Familiengericht erstrebte und vom Kindesvater unterstützte zeitweilige Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie umzusetzen.

Mit ihren befristeten Beschwerden wendet sich die Kindesmutter gegen den Beschluss vom 6. September 2005 (2 UF 358/05 OLG Hamm) und den vom 21. September 2005 (2 UF 370/05 OLG Hamm) mit dem Antrag, die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben.

Die Kindesmutter greift das Gutachten der Sachverständigen L an und ist der Auffassung, dass es dem Wohl von K am besten entspreche, wenn diese bei ihr, der Kindesmutter, verbleibe.

Der Kindesvater erstrebt die Zurückweisung der Beschwerden. Er verteidigt die Entscheidung des Familiengerichts, wobei er ausdrücklich davon absieht, die Übertragung der elterlichen Sorge über K auf sich allein zu beantragen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 22.11.2005 die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Beschlusses vom 6. September 2005 (18. August 2005) angeordnet.

Im Senatstermin vom 20.12.2005 haben die Kindeseltern eine vorläufige Umgangsvereinbarung getroffen.

Nachdem ein Umgangskontakt am 22.12.2005 gescheitet war, wurde am 11.1.2006 ein begleiteter Umgang in den Räumlichkeiten des Jugendamts durchgeführt.

Der Senat hat einen weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.1.2006 abgehalten, in welchem K durch die Mitglieder des Senats angehört worden ist.

Nachdem weitere Umgangskontakte entgegen den Erwartungen der Beteiligten und des Senats, der zunächst die Entwicklung abwarten wollte, nicht zustande gekommen sind und K brieflich ihre Ablehnung des Kindesvaters bekundet hat, hat der Senat ein weiteres familienpsychologisches Sachverständigengutachten zu der Ausübung der elterlichen Sorge eingeholt.

In ihrem Gutachten ist die Sachverständige L zu der Empfehlung gelangt, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Mutter verbleiben solle, obwohl diese bindungsintolerant sei. Eine Kindeswohlgefährdung von K im Falle einer weiteren Betreuung durch die Mutter bestehe nicht, während der Wechsel aus dem mütterlichen Haushalt zum Vater mit hohen Beeinträchtigungen für das Kind verbunden sei.

Wegen des Ergebnisses der Begutachtung wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 15.8.2006 Bezug genommen.

Das Jugendamt hat unter dem 30.10.2006 eine schriftliche Stellungnahme zu dem Ergebnis des Gutachtens abgegeben (Bl. 433, 434 d.A.).

Der Senat hat im Termin vom 14.11.2006 die Kindeseltern und die Verfahrenspflegerin erneut angehört und die Sachverständige L ihr Gutachten mündlich erläutern lassen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Angaben der Sachverständigen wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks verwiesen.

Die Mitglieder des Senats haben im Übrigen K erneut in Abwesenheit der übrigen Beteiligten angehört.

II.

Die statthaften und im Übrigen zulässigen befristeten Beschwerden der Kindesmuter haben Erfolg. Das Familiengericht hat der Kindesmutter zu Unrecht das Aufenthaltsbestimmungsrecht über K T gem. § 1666 BGB entzogen und auf den Kindesvater allein übertragen sowie - in Ergänzung dieser Anordnung - dem Kindesvater allein das Recht übertragen, erzieherische Hilfen beim Jugendamt zu beantragen. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht über K ist der Kindesmutter zu belassen. Infolgedessen entfällt die Notwendigkeit, auf den Kindesvater das Recht zur Beantragung erzieherischer Hilfen zu übertragen.

1.

Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass es zur Abwehr akuter Gefährdungen des Kindeswohls von K T nicht erforderlich ist, der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Beantragung erzieherischer Hilfen zu entziehen und auf den Kindesvater allein zu übertragen; vielmehr entspricht es nach Abwägung der mit den Handlungsalternativen verbundenen Risiken für die gedeihliche Entwicklung des Kindes seinem Wohl am besten, es unter Aufrechterhaltung des derzeitigen (rechtlichen und tatsächlichen) Zustandes bei der Kindesmutter zu belassen.

a)

Allerdings ist in Übereinstimmung und aus den Gründen der Ausführungen der Sachverständigen L und L davon auszugehen, dass die Kindesmutter eine sehr stark ausgeprägte Bindungsintoleranz aufweist.

Die Kindesmutter hat ihre tiefgreifenden und andauernden Auseinandersetzungen mit dem Kindesvater auf Paarebene nicht von K ferngehalten, sondern sie in nicht kindergerechter Weise in den Konflikt einbezogen. Diese starke und permanente Beeinflussung von Joyce entgegen den elterlichen Pflichten (vgl. § 1684 Abs. 2 S. 1 BGB) hat maßgeblich dazu beigetragen, dass K in einen schwerwiegenden und nachhaltigen Loyalitätskonflikt geraten ist, den das Kind dadurch gelöst hat, dass es die negative Einstellung der Kindesmutter zum Vater vollständig übernommen und verinnerlicht hat und aus dieser Einstellung heraus einen Kontakt mit seinem Vater ablehnt.

Die Mitglieder des Senats haben sich bei den beiden Anhörungen von Joyce davon überzeugen können, wie tief verfestigt ihre ablehnende Haltung zu dem Vater derzeit ist. So hat K bei der letzten Anhörung am 14.11.2006 in Abrede gestellt, den an sie gerichteten Brief des Kindesvaters (Bl. 418 d.A.) zu kennen, obwohl die Kindesmutter glaubhaft bekundet hat, dass K sich geweigert habe, den Brief zu öffnen, sie aber dann zusammen mit dem Kind den Brief gelesen habe.

Mit einer solchen Verhaltensweise von K lässt sich die Bewertung der Sachverständigen L in Übereinstimmung bringen, wonach der Loyalitätskonflikt des Kindes und die daraus folgende Überidentifizierung mit der Mutter dazu geführt habe, dass K sich eine subjektive Realität geschaffen habe, in der Dinge und Aspekte, die positiv für den Vater sprächen (und damit der vom Kind erlebten mütterlichen Anschauung widersprächen), keinen Platz in ihr hätten, sondern konsequent verdrängt würden.

b)

Jedoch muss eine Bindungsintoleranz selbst in extremer Ausprägung nicht zwangsläufig zu einer Entziehung der elterlichen Sorge und Übertragung derselben auf den anderen Elternteil führen, weil für eine die elterliche Sorge betreffende Entscheidung alle Umstände des Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt der für das Kind am wenigsten schädlichen Alternative abzuwägen sind (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 11.7.1984, FamRZ 1985, 169).

c)

Der Senat ist auf der Grundlage des Gutachtens der Sachverständigen L nach Abwägung sämtlicher für das Kindeswohl maßgeblichen Umstände der Überzeugung, dass es dem Wohl von K am besten entspricht, sie bei der Kindesmutter zu belassen, weshalb Maßnahmen gem. § 1666 BGB entgegen der Auffassung des Familiengerichts nicht veranlasst sind.

Die Sachverständige L hat nach einer umfassenden Befunderhebung auf breiter tatsächlicher Grundlage anhand der in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannten Entscheidungskriterien (Bindungen des Kindes, Kontinuität, Förderprinzip, erzieherisches Verhalten der Elternteile, Wohnsituation, Betreuungsmöglichkeiten) vollständig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar dargelegt, warum trotz der Bindungsintoleranz der Kindesmutter der Verbleib von K im mütterlichen Haushalt die für das Kind beste Alternative darstellt.

aa)

K hat sich unter der Obhut und Erziehung der Mutter ausgesprochen gut entwickelt. Sie ist integriert und lebt in einem sozialen und schulischen Umfeld, in welchem es ihr ersichtlich gut geht. Die tatsächlichen Voraussetzungen (Wohnungszuschnitt, Zeit der Mutter für K) für eine dem Kindeswohl entsprechende Betreuung sind bei der Mutter gegeben.

Die Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass K über eine stabile Persönlichkeit verfügt und keinerlei Entwicklungsdefizite aufweist.

Diese Einschätzung stimmt mit dem Eindruck überein, den die Mitglieder des Senats durch die beiden Anhörungen des Kindes gewonnen haben; K trat freundlich, offen, ihrer Umwelt zugewandt und durchaus selbstbewusst auf, wobei ihre Auffassungsgabe und Ausdrucksfähigkeit bemerkenswert gut ausgeprägt waren.

bb)

Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass wegen der engen Bindungen des Kindes zur Mutter und seiner tief verfestigt ablehnenden Haltung zum Vater eine Herausführung des Kindes aus dem mütterlichen Haushalt mit akuten Gefahren für das Kindeswohl verbunden sind; es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass K eine solche einschneidende Maßnahme als eine Form von Gewalt und eine tiefgreifende Missachtung ihres Willens empfinden würde; wie die Sachverständige im Senatstermin vom 14.11.2006 ausgeführt hat, kann hieraus eine - sich auf die Persönlichkeitsentwicklung von K nachhaltig negativ auswirkende -Selbstwertlabilisierung und (in deren Folge) Selbstwertminderung resultieren.

cc)

Demgegenüber sind die Gefährdungen für das Kindeswohl weniger akut und wahrscheinlich, wenn K im mütterlichen Haushalt verbleibt.

(1)

Es besteht trotz der langjährig negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit durchaus die reale Möglichkeit, dass die Eltern den richtigen Einstieg finden werden, um im Interesse des Kindes ihr Verhalten zueinander zu ändern. Beide Elternteile haben sich im Senatstermin vom 14.11.2006 unter näherer Absprache von Modalitäten bereit erklärt, abgestimmt therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um eine gemeinsame Basis für Umgangskontakte zwischen K und ihrem Vater zu erarbeiten. Die Sachverständige hat ausgeführt, dass in der derzeitig verfahrenen Lage nur dieser Weg erfolgversprechend ist, weil eine Bereitschaft bei K für einen Umgang mit dem Vater nur über eine Verhaltensänderung der Kindeseltern aufgebaut werden kann.

(2)

Selbst wenn - im denkbar schlimmsten Fall - die insbesondere bei der Kindesmutter notwendige Verhaltensänderung nicht eintreten sollte, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Gefahr einer tiefgreifenden und nachhaltigen Persönlichkeitsstörung des Kindes weniger akut und wahrscheinlich, als die vorangehend dargelegte Gefährdungslage im Falle der Herausnahme von K aus dem mütterlichen Haushalt.

Die Sachverständige hat ausgeführt, dass bei einer ansonsten unveränderten Lage sich K im Laufe ihrer Entwicklung heftig gegen die Kindesmutter wenden und ihr Vorhaltungen wegen ihres negativen Verhaltens gegenüber dem Kindesvater machen werde; auch wenn das Kind seinen Vater derzeit vehement ablehne, sei doch festzustellen, dass Bindungen zum Vater bestünden, auf die K im Laufe ihrer Entwicklung zurückkommen werde. Die Sachverständige hat weiterhin dargelegt, dass es zwar nicht auszuschließen sei, dass ein Kind im Laufe seiner Entwicklung an einem ungelösten Loyalitätskonflikt zerbreche und sich den erzieherischen Einwirkungen seiner Mutter mit entsprechend negativen Auswirkungen entziehe; jedoch hat Frau L dargelegt, dass bei K eine derartig schädliche Entwicklung weder unmittelbar bevorstehe noch in fernerer Zeit zu erwarten sei. Für die Richtigkeit dieser Einschätzung spricht die bisherige positive Entwicklung des Kindes, seine stabile Persönlichkeit und seine überdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten, die erwarten lassen, dass sich K umstellungsfähig schnell auf veränderte Gegebenheiten einstellen kann.

dd)

Die Richtigkeit der Feststellungen und Schlussfolgerungen der Sachverständigen L wird nicht durch die Ausführungen der Sachverständigen L in Frage gestellt.

Die erstinstanzliche Sachverständige hat ihr Gutachten nach Maßgabe einer nur allgemein gehaltenen Fragstellung des Gerichts erstattet. Sie hat ihre Bewertung zentral auf den Aspekt der Bindungsintoleranz der Kindesmutter abgestellt und das hieraus resultierende Verhalten des Kindes als eine Fehlentwicklung seiner Persönlichkeit definiert. Dabei hat die Gutachterin - im Gegensatz zu der Sachverständigen L - die anderen für das Kindeswohl maßgeblichen Aspekte vernachlässigt und sich nicht im erforderlichen Maße mit den Gefährdungen für das Kind - nach deren Wahrscheinlichkeit, Intensität und Schweregrad - auseinandergesetzt, welche mit den in Betracht kommenden Handlungsmöglichkeiten des Gerichts verbunden sind.

2.

Der Senat hat über eine Umgangsregelung oder den Antrag der Kindesmutter auf Übertragung der (restlichen) elterlichen Sorge auf sie allein nicht zu entscheiden. Denn die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz des Beschwerdegerichts wird durch den Gegenstand der Anfechtung - hier also die angegriffenen Entscheidungen des Familiengerichts nach Maßgabe § 1666 BGB - bestimmt.

Das Familiengericht wird noch über die weiteren Streitgegenstände zu entscheiden haben, sofern das Begehren der Kindeseltern weiterhin hierauf gerichtet sein sollte.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 13 a Abs. 1 FGG, 94 Abs. 3 KostO.

Im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat dabei insbesondere berücksichtigt, dass zwar einerseits die angefochtenen Anordnungen des Familiengerichts zu Unrecht ergangen sind, jedoch andererseits die Kindesmutter im Verhältnis zu dem Verursachungsbeitrag des Kindesvaters eindeutig überwiegend durch ihr Fehlverhalten eine Lage geschaffen hat, die zu einer intensiven gerichtlichen Prüfung von Maßnahmen unter Einschaltung von Sachverständigen Anlass gab.

Über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Senat nicht entschieden, weil das Familiengericht mit den angefochtenen Beschlüssen nicht über alle Streitgegenstände des erstinstanzlichen Verfahrens befunden hat und der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung einzuhalten ist.

Ende der Entscheidung

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