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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.05.2005
Aktenzeichen: 2 UF 509/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 313 Abs. 1
BGB § 1361 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 1.9.2004 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die seit 1962 verheirateten, inzwischen rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten um die Höhe des der Beklagten zustehenden Trennungsunterhalts. Der Kläger ist durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.11.1992 (Az. 2 UF 242/91), zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von insgesamt 1.297,73 DM (725,46 DM Elementarunterhalt, 473,00 DM Altersvorsorgeunterhalt und 99,27 DM Krankenvorsorgeunterhalt) verurteilt worden. Grundlage des Urteils war ein Nettoeinkommen seinerseits aus Rente, Provision und Vermietung in Höhe von rund 4.200 DM (nach Abzug von Verbindlichkeiten) und ein anrechenbares Einkommen der Beklagten aus Wohnwert für das Wohnen im eigenen Haus und Zinseinkünften in Höhe von rund 900 DM. Der Kläger begehrt Abänderung des Urteils auf einen Unterhaltsbetrag von monatlich 88 € ab Klagezustellung am 6.5.2004 und Feststellung des Wegfalls des Unterhaltsanspruchs ab 17.8.2004. Das Familiengericht hat das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.11.1992 dahingehend abgeändert, dass der vom Kläger monatlich zu zahlende Unterhalt 206 € ab Klagezustellung beträgt. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gemäß den §§ 313 Abs. 1, 1361 Abs. 1 BGB kein weitergehender als der im angefochtenen Urteil anerkannte Abänderungsanspruch gegen die Beklagte zu. a) Der Abänderungsanspruch des Klägers rechtfertigt sich dem Grunde nach daraus, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien nach Erlass des abzuändernden Urteils vom 24.11.1992 wesentlich verändert haben. Beide Parteien sind inzwischen Rentner. Soweit das Familiengericht auf Seiten des Klägers eine monatliche Rente (einschließlich Unfallrente) von insgesamt 1.125,13 € und auf Seiten der Beklagten in Höhe von 643,58 € festgestellt hat, ist dies nicht zu beanstanden und wird mit der Berufung auch nicht angegriffen. Weitere Einkünfte oder sonstige anrechenbare Leistungen beziehen die Parteien nicht. Eines weitergehenden Vortrages des Klägers hierzu, insbesondere zum Grund des Wegfalls seiner Mieteinkünfte aus der Vermietung der Lagerhalle, bedarf es nicht , denn auch die Beklagte geht davon aus, dass die Lagerhalle nicht mehr existiert. Soweit der Kläger in zweiter Instanz zusätzliche regelmäßige Einkünfte der Beklagten aus einer nicht näher bezeichneten Unfallversicherung behauptet, fehlt es an einem schlüssigen Vortrag zur Höhe und zu dem, den Rentenanspruch auslösenden Unfallereignis. Ohne entsprechenden Sachvortrag des Klägers kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem anspruchsbegründenden Ereignis um den Unfall aus dem Jahre 1989 handelt, aufgrund dessen die Beklagte eine Abfindung erhalten hat, die sie nach eigenen Angaben inzwischen vollständig verbraucht hat und auch verbrauchen durfte. Die Beklagte muss sich - entgegen der Ansicht des Klägers - auch keine Haushaltsleistungen für die unentgeltliche Versorgung eines Lebenspartners anrechnen lassen, denn der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat für seine - zwischen den Parteien streitige - Behauptung, die Beklagte lebe mit einem Lebenspartner zusammen, keinen Beweis angeboten. Eine Wohnwertanrechnung zulasten der Beklagten kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte tatsächlich mietfrei im Hause ihres Sohnes wohnt, denn selbst wenn dies der Fall ist (wofür den Kläger die Darlegungs- und Beweislast im Abänderungsverfahren trifft) handelt es sich bei der Gewährung mietfreien Wohnens um eine freiwillige Leistung Dritter, die nur dann unterhaltsrechtlich Berücksichtigung finden kann, wenn der Wille des freiwillig Zuwendenden - zumindest auch - darauf gerichtet ist, den Unterhaltsschuldner von seiner Verpflichtung zur Unterhaltsleistung zu entlasten (BGH FamRZ 2000, 153, 154 m. w. N.). Dafür ergeben sich nach dem, von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt, keine Anhaltspunkte. b) Da sich die, für die Bemessung der Höhe des Trennungsunterhaltes (bis zur Rechtskraft der Scheidung am 29.3.2005) maßgeblichen Verhältnisse, im Anspruchszeitraum verändert haben, ist nach Zeitabschnitten wie folgt zu differenzieren: Zeitraum 5.6.2004 bis 14.8.2004: Für diesen Zeitraum berechnet sich der Trennungsunterhalt der Beklagten nach der Differenz der beiderseitigen Renteneinkünfte in Höhe von 481,55 € (1.125,13 € / 643,58 €). Davon stehen der Beklagten die Hälfte, mithin gerundet 241 € als Trennungsunterhalt zu. Ihr Anspruch ist jedoch begrenzt auf monatlich 206 €, da der Kläger unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden billigen Selbstbehalts von 920 € nur in dieser Höhe leistungsfähig ist. Soweit das Familiengericht davon ausgegangen ist, dass der für diesen Zeitraum entstandene krankheitsbedingte Mehrbedarf des Klägers durch die Ersparnis an allgemeinen Lebenshaltungskosten ausgeglichen wird, die ihm infolge des Zusammenlebens mit seiner damaligen Lebensgefährtin Frau X zuteil geworden ist, ist dies dem Grunde nach nicht zu beanstanden und wird vom Kläger mit der Berufung auch nicht angegriffen. Zeitraum 15.3.2004 bis 29.3.2005 (Rechtskraft der Scheidung) Für diesen Zeitraum geht der Senat bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs zugunsten des Klägers von folgenden Zahlen aus: Nettorente des Klägers monatlich: 1.125,13 € abzüglich krankheitsbedingter Mehraufwendungen (maximal): - 75,00 € bereinigtes Einkommen des Klägers: 1.050,13 €

bereinigtes Einkommen des Klägers: 1.050,13 € bereinigtes Einkommen der Beklagten (Rente): - 643,58 € Einkommensdifferenz: 406,55 €

x 1/2 = Bedarf Beklagten (gerundet) mindestens: 204,00 € Dieses Ergebnis rechtfertigt eine Korrektur des erstinstanzlichen Urteils nicht. Ob und in welcher Höhe der Kläger krankheitsbedingten Mehrbedarf einkommensmindernd geltend machen kann, hängt davon ab, welche notwendigen Aufwendungen des täglichen Lebens ihm infolge seiner Krankheit entstehen, die nicht schon durch den, ihm zu belassenden Selbstbehalt gedeckt sind. Hierzu muss er konkrete Tatsachen vortragen, aus denen sich sowohl die Notwendigkeit als auch die Höhe der krankheitsbedingten Mehraufwendungen ergeben (OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1435, 1436; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. A., § 1 Rn. 441, 608 m. w. N.). Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Klägers nicht. Soweit er behauptet und unter Beweis stellt, wegen einer schweren Krebserkrankung und deren Folgen (Entfernung des Unterkiefers, künstlicher Oberkiefer) auf tägliche Zusatznahrung angewiesen zu sein, fehlt es an der Vorlage entsprechender - von ihm unschwer zu beschaffender - ärztlicher Atteste oder anderer geeigneter Nachweise. Darüber hinaus fehlt es an einem schlüssigen Vortrag zur Höhe des krankheitsbedingten Mehrbedarfs. Die Vorlage der Bescheinigung seines Vermieters in der Türkei reicht hierzu nicht aus. Die darin ausgewiesenen Kosten von 400 € monatlich für Halbpension einschließlich Breikostnahrung stellen keinen krankheitsbedingten Mehrbedarf dar, denn die darin enthaltenen Wohn- und Verpflegungsaufwendungen fallen auch bei einem gesunden Menschen an und sind in der Regel durch den billigen Selbstbehalt abgedeckt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für die Breikostnahrung höhere finanzielle Aufwendungen anfallen, als für eine Normalversorgung. Auch die vom Kläger monatlich zu zahlenden 200 € für die (zur Ernährung mit der Magensonde erforderliche) Zusatznahrung führen nicht zwingend zu Mehrkosten, denn dem dadurch entstehenden Bedarf stehen häufig Ersparnisse wegen Aufwendungen für die Normalernährung gegenüber. Vom darlegungs- und beweisbelasteten Unterhaltsschuldner ist daher zu verlangen, dass er den - über die Kosten für eine Normalernährung hinausgehenden - Mehrbedarf nach Art, Menge und Preis konkret darlegt und bei Bestreiten nachweist. Dies kann in der Regel durch Vorlage einer Kostenaufstellung und von Belegen über Ausgaben für einen längeren Zeitraum erfolgen, die erforderlich gewesen sind, um den Mehrbedarf zu decken (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O.). Auch hierfür gibt der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt nichts her. Es ist nicht einmal bekannt, ob und in welchem Umfang der Kläger neben der Zusatznahrung und der Breikost weitere Lebensmittel benötigt, um seinen täglichen Ernährungsbedarf zu decken. Hinsichtlich der vom Kläger monatlich gezahlten 100 € für die Beschaffung von Medikamenten über den ausländischen Arzneimittelversand fehlt es ebenfalls an einem schlüssigen Vortrag zur Notwendigkeit und zur Höhe der entstanden Kosten. Aufgrund der unzureichenden Angaben des Klägers ist der Senat in der Lage festzustellen, welcher Anteil hiervon auf Zuzahlungen für Medikamente und welcher Anteil auf reine Transportkosten entfällt. Diese Feststellung ist aber erforderlich, da es sich nur bei der Zuzahlung für Medikamente um krankheitsbedingten Mehrbedarf handelt. Die Transportkosten dagegen sind nicht durch die Krankheit des Klägers, sondern durch seinen Umzug in die Türkei entstanden, weil nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass ihm diese Kosten auch bei einem Verbleib in Deutschland entstanden wären und er nicht in der Lage ist, nachzuweisen, dass seine Übersiedlung in die Türkei krankheitsbedingt notwendig war. Sie sind daher als trennungsbedingte Schulden nur insoweit berücksichtigungsfähig, als nach der Trennung der Parteien nicht prägende Einkünfte vorhanden sind, mit denen der trennungsbedingte Mehrbedarf abgedeckt werden kann (vgl. Wendl/Staudigl, a. a. O., § 4 Rn. 429, 431). Dafür bestehen nach der festgestellten Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien jedoch keine Anhaltspunkte. Die vom Kläger behauptete gesundheitliche Beeinträchtigung läßt zwar den Schluss zu, dass für den Fall ihres Vorliegens tatsächliche Mehraufwendungen entstanden sind. Ohne konkrete Nachweise über den tatsächlichen Mehraufwand im Verhältnis zur (vom Selbstbehalt erfassten) Normalernährung sieht sich der Senat jedoch nicht in der Lage, einen höheren Mehrbedarf als monatlich 75 € zu schätzen (§ 287 ZPO). c) Der Kläger ist, auch bei Berücksichtigung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs in der geschätzten Höhe, nach seinem Umzug in die Türkei der Lage, den berechneten Trennungsunterhalt ohne Beeinträchtigung des - ihm zu belassenden - billigen Selbstbehalts von 615 € zu zahlen. Bei der Bemessung des Eigenbedarfs hat der Senat berücksichtigt, dass eine Anpassung des billigen Selbstbehalts an die Lebensverhältnisse in der Türkei zu erfolgen hat, weil der Kläger an seinem neuen Wohnort in der Türkei erfahrungsgemäß weniger finanzielle Mittel dafür aufwenden muss, einen vergleichbaren angemessenen Lebensstandart aufrecht zu erhalten, wie in Deutschland. Für die Bemessung des Bedarfs eines im Ausland lebenden Unterhaltsberechtigten werden in der Rechtsprechung und Literatur zwei unterschiedliche Methoden angewandt, die sich auch für die Ermittlung des Eigenbedarfs des im Ausland lebenden Unterhaltspflichten heranziehen lassen. Danach kann eine Kürzung entweder nach der Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums erfolgen, welche die Durchschnittslöhne in der verarbeitenden Industrie nach steuerlichen Gesichtspunkten miteinander vergleicht oder nach den vom statistischen Bundesamt herausgegebenen Werten zur Verbrauchergeldparität, die angeben, wieviel ausländische Geldeinheiten erforderlich sind, um die gleichen Gütermengen in bestimmter Qualität im Ausland zu erwerben, die man im Inland für eine inländische Geldeinheit erhält. Welcher Methode der Vorzug zu geben ist oder ob beide Methoden kumulativ anzuwenden sind (zum Meinungsstand vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 2004, 729; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1531; OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 556; 1995, 37, 38; OLG Hamburg FamRZ 1990, 794, 795; OLG Hamm FamRZ 1989, 1084, 1086; Wendl/Staudigl, a.a.O., § 7 Rz. 22 f.) kann dahingestellt sein, denn im Verhältnis zur Türkei führen beide Berechnungsmethoden nicht zu einem verwertbaren, in sich nachvollziehbaren Ergebnis. Nach der Ländergruppeneinteilung des Finanzministeriums ab 2004 wäre der billige Eigenbedarf des Kl. in der Türkei um 1/2 auf 460 € monatlich anzupassen. Die Berechnung mit der Verbrauchergeldparität müßte, zumindest annähernd, zum gleichen Ergebnis gelangen. Das ist jedoch nicht der Fall. Nach den Erhebungen des statistischen Bundesamtes betrug die Verbrauchergeldparität in der Türkei im Jahr 2004 1,7226 €, der Devisenkurs 1,7771 €. Nach der Formel (Devisenkurs / Verbrauchergeldparität) x 100 - 100 = Wertabweichung betrüge die Korrektur des billigen Eigenbedarfs des Kl. (1,7771 / 1,7226) x 100 - 100 = + 3,16 %, d. h. für die Lebensverhältnisse in der Türkei wäre ein Abschlag von rund 29 € zu machen. Der billige Selbstbehalt betrüge danach 891 €. Schon die erheblichen Abweichungen der ermittelten Werte zeigen, dass die statistischen Angaben in Bezug auf die Türkei nicht verläßlich sind. Dieses Ergebnis wird gestützt durch einen Vergleich der Abweichungen von Devisenkurs und Verbrauchergeldparität in den letzten 8 Jahren, der erheblichen Schwankungen von + 31,2 % bis - 3,9 % unterlag (vgl. Tabelle in Wendl/Staudigl, a. a. O., § 7 Rz. 24 a, S. 1020). Gleichwohl entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Durchschnittslöhne in der Türkei und damit auch der allgemeine Lebensstandart deutlich unter demjenigen in Deutschland liegen. Der Senat hält es daher für angemessen, einen vermittelnden Wert mit einer geschätzten Ersparnis von rund 1/3 des in Deutschland zu berücksichtigenden Selbstbehalts anzusetzen, der die stetig steigenden Lebenshaltungskosten in der Türkei berücksichtigt (so auch OLG München FamRZ 2002, 55, 56). Dies entspricht im Wesentlichen auch den tatsächlichen vom Kläger vorgetragenen Lebenshaltungskosten in der Türkei (von rund 700 €) nach Abzug des vom Senat in Ansatz gebrachten krankheitsbedingten Mehrbedarfs (von 75 €). Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Zi. 10, 713 ZPO.

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