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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.05.2002
Aktenzeichen: 2 Ws 154/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 454
StPO § 454 a
De Frage der bedingten Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft ist zeitnah zum möglichen Entlassungszeitpunkt zu entscheiden.
Beschluss Strafsache gegen M.S. wegen gefährlicher Körperverletzung (hier: Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 08. April 2002 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 21. März 2002 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 05. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird insoweit verworfen, als durch den angefochtenen Beschluss die bedingte Entlassung des Verurteilten nach der Verbüßung der Hälfte der erkannten Strafe abgelehnt worden ist.

Im Übrigen wird der angefochtene Beschluss aufgehoben.

Der Verurteilte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Allerdings wird die Gebühr für die Beschwerde um 1/3 ermäßigt. In diesem Umfang trägt die Landeskasse die dem Verurteilten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:

I.

Der Verurteilte ist durch Urteil des Landgerichts (Schwurgericht) Münster vom 25. Februar 1999 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Außerdem wurde seine Unterbringung nach § 63 StGB angeordnet. Diese Maßregel wurde bis zum 21. Juni 2001 in Schloss Haldem vollzogen. Zuvor hatte das Landgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2001 angeordnet, dass die Unterbringung nicht weiter zu vollziehen ist. Seit dem 21. Juni 2001 befindet sich der Verurteilte im allgemeinen Strafvollzug.

Die Hälfte der erkannten Strafe ist inzwischen durch Anrechnung von Untersuchungshaft und Anrechung der vollzogenen Unterbringung verbüßt. Zwei Drittel der Strafe werden am 10. Juli 2002 verbüßt sein, das Strafende ist auf den 10. Mai 2004 notiert.

Im Verfahren über die bedingte Entlassung hat die Justizvollzugsanstalt am 8. Februar 2002 - zur 2/3-Entlassung - ablehnend Stellung genommen. Der Verurteilte ist am 21. März 2001 mündlich gehört worden.

Das Landgericht hat im angefochtenen Beschluss die Halbstrafenentlassung des Verurteilten und zugleich auch die 2/3-Entlassung abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seinem Rechtsmittel. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, dieses insgesamt zu verwerfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

1.

Keinen Erfolg hat das Rechtsmittel allerdings insoweit, als der Verurteilte sich gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung nach der Hälfte der durch das Landgericht Münster festgesetzten Strafe von 5 Jahren und 6 Monaten wendet. Diese Ablehnungsentscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden, da besondere Umstände im Sinne von § 57 Abs. 2 Ziffer 2 StGB nicht vorliegen. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass angesichts der Art und der Umstände der Tat auch unter Berücksichtigung der Erkrankung des Verurteilten und seiner daraus resultierenden sicherlich höheren Haftempfindlichkeit besondere Milderungsgründe nicht vorliegen. Insoweit wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

2. Die sofortige Beschwerde hat allerdings insoweit Erfolg, als das Landgericht zugleich auch schon die 2/3-Entlassung des Verurteilten abgelehnt hat. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob dem Verurteilten tatsächlich keine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Die getroffene Entscheidung ist nämlich im Hinblick auf den 2/3-Zeitpunkt erst am 10. Juli 2002 zu früh getroffen worden. Der Regelung in den §§ 454 a, 454 b StPO ist nach Auffassung des Senats zu entnehmen, dass die Entscheidung über die vorzeitige Entlassung in der Regel zeitnah zum möglichen Entlassungszeitpunkt getroffen werden soll. Dabei übersieht der Senat nicht, dass in § 454 a StPO für eine dem Verurteilten günstige Entscheidung eine Sonderregelung getroffen worden ist. Für nachteilige Entscheidungen wie die vorliegende Ablehnung bleibt es hingegen bei der allgemeinen Regelung. Entscheidend ist nämlich nicht, ob dem Verurteilten zum Zeitpunkt der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer am 21. März 2002, also fast vier Monate vor dem möglichen Entlassungszeitpunkt am 10. Juli 2002, keine günstige Sozialprognose gestellt werden konnte, sondern ob zeitnah zum 10. Juli 2002 verantwortet werden kann, den Verurteilten außerhalb des Vollzugs zu erproben. Der Senat weist dazu zusätzlich darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 8. Februar 2002 mehr als fünf Monate alt ist. Eine so weit zurückliegende Stellungnahme kann aber nicht Grundlage der Verweigerung der bedingten Entlassung sein. Dies schon deshalb nicht, weil angesichts des langen Zeitraums sich die Umstände derart verändert haben können, dass dem Verurteilten nunmehr doch eine günstige Sozialprognose zu stellen wäre.

Für den weiteren Vollzug und das weitere Verfahren weist der Senat auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in NJW 2000, 500 hin.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 4 StPO. Sie berücksichtigt den teilweisen Erfolg des Rechtsmittels.

Ende der Entscheidung

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