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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.08.2001
Aktenzeichen: 2 Ws 156/01
Rechtsgebiete: AO, StGB


Vorschriften:

AO § 370
StGB § 78
Für den Beginn der Verfolgungsverjährung einer Steuerhinterziehung muss der Anknüpfungspunkt der Beendigung der Tat zu Gunsten des Steuerpflichtigen soweit wie möglich vorgezogen werden. Er ist demzufolge auf den Beginn und nicht auf das Ende der Veranlagungsarbeiten zu legen.
Beschluss Strafsache gegen M.G.,

wegen Betruges

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum vom 10. April 2001 gegen den Beschluss der 6. Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 27. März 2001 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02.08.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Landeskasse verworfen, die auch die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten zu tragen hat.

Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft Bochum wirft dem Angeschuldigten mit ihrer Anklage vom 7. Oktober 1999 u.a. die Hinterziehung von Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer durch Unterlassen für die Jahre 1990 bis 1996 vor (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).

Er soll in dem strafbefangenen Zeitraum erhebliche Einkünfte als reisender Teppichhändler innerhalb Deutschlands erzielt haben. Da der Angeschuldigte diese gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt haben soll - er war beim zuständigen Finanzamt Essen-Ost nicht erfasst, da er weder seinen Gewerbebetrieb angemeldet noch zu irgendeinem Zeitpunkt Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht haben soll -, wird ihm die Hinterziehung von Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer durch Unterlassen vorgeworfen. Überdies wird ihm zur Last gelegt, in dem Zeitraum von 1993 bis 1995 in gewerbsmäßiger Weise mit Grundstücken gehandelt zu haben. Er soll erstens am 1. Juli 1992 über einen Strohmann ein Mehrfamilienhaus zum Preis von 370.000,00 DM gekauft und am 16. Dezember 1995 für 1.100.000,00 DM wieder verkauft haben. Am 13. Januar 1994 soll er ein zweites Mehrfamilienhaus zum Preis von 420.000,00 DM und drittens am 15. Mai 1994 weitere zwei Mehrfamilienhäuser für 347.500,00 DM erworben haben. Die Staatsanwaltschaft wertet diese Grundstücksgeschäfte als gewerblichen Grundstückshandel und hat den Angeschuldigten angeklagt, in den Jahren 1993, 1994 und 1995 Gewerbesteuern hinterzogen zu haben.

Das Landgericht Bochum hat durch Beschluss vom 27. März 2001 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus Rechtsgründen insofern abgelehnt, als dem Angeschuldigten die Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991, von Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1990 und die Hinterziehung von Gewerbesteuer aus Grundstückshandel für die Jahre 1993, 1994 und 1995 und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Einkommensteuer für diese Jahre zur Last gelegt worden ist. Bei der Gewerbesteuer für die Jahre 1993 bis 1995 hat das Landgericht die Eröffnung hilfsweise aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

Seine Entscheidung hat es auf folgende Gesichtspunkte gestützt:

Hinsichtlich der angeklagten Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991 sowie von Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1990, sei die Strafverfolgung verjährt, da die maßgebende fünfjährige Frist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB abgelaufen sei.

Die Verjährungsfrist betreffend die Umsatzsteuerhinterziehung habe gemäß § 78 a StGB mit dem Ablauf des 31. Mai 1991 und demjenigen des 31. Mai 1992 begonnen, weil an diesen Tagen die jeweiligen Fristen für die Jahreserklärungen nach § 149 Abs. 2 AO geendet hätten. Folglich sei die Verjährung mit dem Ablauf des 31. Mai 1996 und des 31. Mai 1997 eingetreten. Die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bochum vom 2. Juni 1997 seien die ersten Maßnahmen gewesen, die die Verjährung hätten unterbrechen können.

Die Verjährungsfrist bezüglich der Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung für das Jahr 1990 habe für diese beiden Taten in dem Zeitpunkt begonnen, in dem das Finanzamt im Wesentlichen die Veranlagungsarbeiten abgeschlossen hätte, wenn der Angeschuldigte rechtzeitig und damit gemäß § 149 Abs. 2 AO spätestens am 31. Mai 1991 seine Steuererklärung abgegeben hätte. Auch wenn dieser Zeitpunkt nach den bisherigen Ermittlungen nicht genau festgelegt werden könne, sei sicher, dass er deutlich vor dem 2. Juni 1992 gelegen hätte, so dass die Verjährung vor den ersten verjährungsunterbrechenden Maßnahmen vom 2. Juni 1997 eingetreten sei.

Hinsichtlich der dem Angeschuldigten für die Jahre 1993, 1994 und 1995 als gewerblicher Grundstückshändler angelasteten Gewerbesteuerhinterziehung könne ein strafrechtlicher Vorwurf nicht erhoben werden, weil es an einem gewerblichen Grundstückshandel im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 EStG fehle und damit auch keine Gewerbesteuerpflicht bestanden habe; zumindest sei dem Angeschuldigten ein vorsätzliches Handeln nicht vorzuwerfen. Im Einzelnen führt das Landgericht hierzu Folgendes aus:

"a) Gewerblicher Grundstückshandel setzt nach allgemeiner Ansicht voraus, dass die Veräußerung von Grundstücken in einer Weise erfolgt, die den Tatbestand des § 15 Abs. 2 S.1 EStG erfüllt. An dieser Voraussetzung fehlt es hier selbst dann, wenn man von der Sachverhaltsdarstellung aus der Anklageschrift ausgeht. Die Betätigung des Angeschuldigten auf dem Gebiet des Grundstückshandels kann nämlich nicht als "nachhaltig" bezeichnet werden. Darüber hinaus ist sie als private Vermögensverwaltung und nicht als gewerbliches Handeln zu werten.

aa) Nachhaltig ist eine Tätigkeit, die auf Wiederholung angelegt ist. In der Regel gehört dazu eine Mehrzahl von Einzelhandlungen, wobei sich diese Handlungen auf die Veräußerung und nicht auf die Beschaffung von Gütern oder Leistungen beziehen müssen. Folglich kann ein einziger Verkauf - hier der notarielle Vertrag vom 16.12.1995 - nicht als nachhaltig angesehen werden, zumal sich der Verkauf auch nur auf ein einziges Grundstück bezog - die Häuser Zweibachegge 41 und 43 sowie Märkische Straße 88 waren Bestandteil eines einzigen Grundstücks - und der Angeschuldigte nichts unternommen hat, um seine weiteren Grundstücke zu veräußern (vgl. BFH, Urteil vom 12.07.1991 - III R 47/88 - DB 1992, 252,254; Urteil vom 07.03.1996 - IV R 2/92 - DB 1996, 1382, 1384; Söffing DB 1998, 1683,1684 c bb). Dies gilt unabhängig von der Größe des verkauften Objekts (so schon BFH, Urteil vom 15.12.1971 - I R 49/70 - DB 1972, 513).

bb) Darüber hinaus liegt hier jedenfalls eine nichtsteuerbare private Vermögensverwaltung und kein gewerbliches Handeln vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, die durch das Urteil des VIII. Senats vom 09.12.1986 im Verfahren VIII R 317/82 (vgl. BFHE 148, 480) eingeleitet worden ist, ist nämlich stets private Vermögensverwaltung anzunehmen, wenn nicht mehr als drei einzelne Objekte veräußert werden (vgl. z. B. BFH, Beschluss vom 03.07.1995 - GrS 1/93 - DB 1995, 1892, 1893), wobei es nicht auf die Größe der Objekte ankommt, worüber mittlerweile zwischen Rechtsprechung und Verwaltung Einigkeit besteht (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 18.05.1999 - I R 118/97 - BFH / NV 1998, 1033; FinMin. Sachsen, Erlass vom 12.01.2001 - 32 - S 2240-1207 - DB 2001, 511). Diese sog. "Drei-Objekt-Grenze" hat der Angeschuldigte nicht überschritten, ohne dass es einer Erörterung bedarf, ob bei der Anzahl der verkauften Objekte auf die Anzahl der verkauften Grundstücke - hier eines - oder die Anzahl der verkauften Häuser - hier drei - abzustellen ist.

cc) Ergänzend ist noch klarzustellen, dass die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels auch nicht damit begründet werden kann, dass der Angeschuldigte die von ihm erworbenen Häuser umfassend saniert und damit deren Wert planmäßig erhöht hat, was der Neuerrichtung von Gebäuden gleichgesetzt werden könnte. Diese Tätigkeit des Angeschuldigten vermag weder das Merkmal der "Nachhaltigkeit" auszufüllen noch eine Gewerblichkeit des Handels zu begründen (vgl. dazu im einzelnen Söffing DB 1998, 1733 mit einer ausführlichen Darstellung der Rspr.).

Es ist insbesondere kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, die Drei-Objekt-Grenze nur im Bereich des reinen Durchhandelns und nicht auch im Bereich der Bebauung von Grundstücken anzuwenden. Die mit dieser Grenze angestrebten Ziele der Steuervereinfachung und Rechtssicherheit gebieten vielmehr eine umfassende Geltung, weil eine Beschränkung ihrer Anwendung auf die Fälle des Durchhandelns in den Fällen der Bebauung und insbesondere der Renovierung/Modernisierung zu einer extremen Rechtsunsicherheit führen würde, weil es keinen einigermaßen verlässlichen Maßstab für die Unterscheidung von privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel mehr gäbe.

Der gegenteiligen Ansicht des X. Senats des Bundesfinanzhofs (siehe die Urteile vom 24.01.1996 - X R 255/93 - DB 1996, 1165 und vom 14.01.1998 - X R 1/96 - DB 1998, 1379) vermag die Kammer deshalb nicht zu folgen. Ergänzend ist dazu hinzuzufügen, dass der X. Senat offensichtlich selbst erkannt hat, dass seine Rechtsprechung mit der der anderen Senate nicht in Einklang steht (vgl. den Vorlagebeschluss an den Großen Senat vom 29.10.1997 - X R 183/96 - DB 1998, 1379). Das hat auch der IV. Senat deutlich gemacht (vgl. Beschluss vom 22.04.1998 - IV B 19/98 - BFHE 185, 480). Dieser zweifelt ernstlich daran, dass die Gewerblichkeit des Grundstückshandels mit einer durch die Vornahme von Bauarbeiten bewirkten Wertschöpfung begründet werden kann, soweit es - wie hier - um Wohneinheiten geht.

b) Selbst wenn man der Rechtsansicht des X. Senats folgen würde, müsste die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt werden, weil ein hinreichender Tatverdacht fehlen würde, soweit die innere Tatseite betroffen ist. Es ist nämlich angesichts der zuvor dargestellten Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel eher unwahrscheinlich, dass der Angeschuldigte den danach bestehenden Steueranspruch gekannt und damit vorsätzlich (vgl. BGH Wistra 1989, 263) gehandelt hat. Darüber hinaus fehlen auch Umstände, mit denen eine Leichtfertigkeit im Sinne von § 378 AO belegt werden könnte."

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft Bochum mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 10. April 2001, mit der sie die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen des Vorwurfs der Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung für das Jahr 1990 sowie der Gewerbesteuerhinterziehung für die Jahre 1993, 1994 und 1995 mit den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Einkommensteuer dieser Jahre begehrt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, über die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft zu entscheiden.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft kann in der Sache keinen Erfolg haben. Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist seitens der Strafkammer zu Recht abgelehnt worden.

1. Bezüglich der angeklagten Hinterziehung von Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1990 ist das Landgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass diese Taten wegen eingetretener Strafverfolgungsverjährung nicht mehr geahndet werden können.

a. Hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung war bereits Anfang Oktober 1996 Verjährung eingetreten war.

Nach § 78 a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung mit der Beendigung der Tat. Dies ist bei der dem Angeschuldigten vorgeworfenen Steuerhinterziehung durch Unterlassen, die nach überwiegender Ansicht wie ein unechtes Unterlassungsdelikt zu behandeln ist (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, 2000, Rdnr. 40 zu § 376 AO m. w. Nachw.), mit der Vollendung der Fall. Diese ist dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige bei rechtzeitiger Abgabe seiner Steuererklärung zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO) vom Finanzamt veranlagt worden wäre. Das ist nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" der Zeitpunkt, in dem die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Finanzamtsbezirk im Wesentlichen, d.h. zu etwa 95 % abgeschlossen sind (vgl. BGHSt 30, 122 ff.; 36, 105,111; BGH Wistra 1999, 385,386; 2001, 194). Bis dahin liegt nur eine versuchte Tat vor.

In Anlehnung an diese Rechtsprechung hat das Landgericht für die Frage des Verjährungsbeginns auf den "allgemeinen Veranlagungsschluss" abgestellt und ausgeführt, dieses Datum zwar nicht exakt bestimmen zu können, es sei aber "deutlich" vor dem 2. Juni 1992 mit der Folge anzusiedeln, dass die Verjährung schon vor der ersten verjährungsunterbrechenden Maßnahme (Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bochum vom 2. Juni 1997) eingetreten war.

Diese Entscheidung des Landgerichts ist zwar im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo", der auch für die Frage der Verjährung gilt (vgl. BGH NJW 1963, 1209), ist aber für die Feststellung des Verjährungsbeginns ein früherer Beendigungszeitpunkt der Tat zu bestimmen. Der "allgemeine Veranlagungsschluss" als Anknüpfungspunkt für die Vollendung der Tat ist nur für die Abgrenzung des Versuchs von der Vollendung sachgerecht, nicht aber für den Verjährungsbeginn. Zu Gunsten des Steuerpflichtigen muss nämlich der hypothetische Beendigungszeitpunkt im Sinne des § 78 a StGB soweit wie möglich vorgezogen werden. Er ist demzufolge auf den Beginn und nicht auf das Ende der Veranlagungsarbeiten zu legen. Nur so können Zweifel über den hypothetischen Veranlagungszeitpunkt nicht zu Ungunsten des Täters ausschlagen (vgl. Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 5. Aufl., § 376 Rdnr. 28; Schmitz, Wistra 1993, 248, 251; a. A. Kohlmann, Steuerstrafrecht, 2000, § 376 Rdnr. 43). Hinzuzurechnen ist zudem noch - wie beim tatsächlich ergangenen Steuerbescheid - die Zeit für die Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Steuerpflichtigen. Dabei ist nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht die Drei-Tages-Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, sondern der für den Steuerpflichtigen unter normalen Verhältnissen günstigere Postlauf von einem Tag zu Grunde zu legen (vgl. Franzen/Gast/Joecks, a.a.O., § 372 Rdnr. 28; a. A. Schmitz, a.a.O., der von der Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO ausgeht).

Als Beendigungszeitpunkt im Sinne des § 78 a StGB, der die Verjährungsfrist in Gang setzt, ist deshalb der unmittelbar nach Ablauf der Steuererklärungsfrist liegende Zeitpunkt zu bestimmen. Als Erklärungsfrist ist aber stets vom 30. September des Folgejahres auszugehen, auch wenn § 149 Abs. 2 AO insoweit den 31. Mai des Folgejahres vorsieht. Ließe man nämlich die Verfolgungsverjährung bereits unmittelbar nach Ablauf der Erklärungsfrist am 31. Mai des Folgejahres beginnen, so bliebe unberücksichtigt, dass die Erklärungspflicht nicht nur nach § 109 Abs. 1 S. 1 AO, sondern regelmäßig jährlich durch gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder für solche Erklärungen verlängert wird, die durch Personen, Gesellschaften und andere Vereinigungen im Sinne der §§ 3, 4 Nrn. 3 u. 8 StBG angefertigt werden. Da dem Finanzamt in der Regel nicht bekannt ist, ob der Erklärungspflichtige steuerlich beraten ist oder nicht, kann das Finanzamt entweder den Erklärungspflichtigen unter Fristsetzung auffordern, seine Erklärung abzugeben, oder es wartet ohnehin bis zum Ablauf der verlängerten Frist zum 30. September ab. In jedem Fall beginnt die Veranlagung nicht vor dem Ende einer der beiden Fristen. Da der Erfolg und damit die Vollendung der Steuerhinterziehung durch Unterlassen in der unterbliebenen Festsetzung der Steuer liegt und die Verjährung nach § 78 a StGB nicht vor der Vollendung der Tat beginnen kann, ist die Beendigung mit dem Ablauf beider hypothetischer Zeitspannen anzunehmen (vgl. Schmitz, a.a.O.,248, 251; Franzen/Gast/Joecks, a.a.O., § 376 Rdnr. 28; a.A. Simon / Vogelberg, Steuerstrafrecht, 2000, S. 92 f., 111 f., der den Verjährungsbeginn auf den 30. Juni des Folgejahres vorverlegt, indem er für den Zeitpunkt der Tatvollendung auf die Erklärungsfrist des § 149 Abs. 2 AO , dem 31. Mai des Folgejahres, abstellt und eine Bearbeitungszeit von vier Wochen zuzüglich einem Tag Postlaufzeit zugrunde legt).

Deshalb ist zu Gunsten des Angeschuldigten davon auszugehen, dass er unmittelbar nach Ablauf der zum 30. September 1991 verlängerten Frist veranlagt worden wäre, so dass - unter Zugrundelegung einer fiktiven minimalen Bearbeitungszeit und einer Postlaufzeit von einem Tag - spätestens am 15. Oktober 1996 die Verjährung eingetreten ist.

b. Hinsichtlich der dem Angeschuldigten vorgeworfenen Hinterziehung von Gewerbesteuer für das Jahr 1990 hat das Landgericht im Ergebnis ebenfalls rechtsfehlerfrei den Eintritt der Strafverfolgungsverjährung bejaht.

Die vorstehenden Ausführungen zur Einkommensteuerhinterziehung hinsichtlich der Bestimmung des Verjährungsbeginns treffen grundsätzlich auch für die Gewerbesteuerhinterziehung zu, jedoch mit folgender Besonderheit: Da die Gewerbesteuer aufgrund des vom Finanzamt errechneten Steuermessbetrages nach § 16 GewStG von der Gemeinde festgesetzt wird, ist für die Beendigung (= Verjährungsbeginn) der Tat auf die Bekanntgabe des Gewerbesteuerbescheides der Gemeinde und nicht auf die des Gewerbesteuermessbescheides durch das Finanzamt abzustellen (vgl. OLG Köln, BB 1970, 1335, 1336). Bei der Bestimmung des hypothetischen Beendigungszeitpunktes im Sinne des § 78 a StGB ist dementsprechend noch eine fiktive Bearbeitungszeit durch die Gemeinde hinzuzurechnen, so dass als Verjährungsbeginn der 31. Oktober des Folgejahres festzusetzen ist.

2. Das Landgericht hat auch in nicht zu beanstandener Weise die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, soweit dem Angeschuldigten die Hinterziehung von Gewerbesteuern aus gewerblichem Grundstückshandel für die Jahre 1993 bis 1995 zur Last gelegt worden ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss, die eingangs wiedergegeben worden sind, Bezug genommen.

Letztlich kann hier dahin stehen, ob der Angeschuldigte die Merkmale eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllt hat oder ob lediglich eine nicht steuerpflichtige private Vermögensverwaltung vorliegt. Zu dieser Fragestellung hat sich mittlerweile eine umfängliche Rechtsprechung entwickelt, die teilweise von der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung abweicht. Der Senat braucht zu dieser Abgrenzungsfrage vorliegend nicht Stellung zu beziehen, denn in Übereinstimmung mit dem Landgericht ist jedenfalls ein hinreichender Tatverdacht zu verneinen, soweit die innere Tatseite betroffen ist. Angesichts der umfangreichen und keineswegs einheitlichen Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel, die außerdem von der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung abweicht, erscheint es bei vorläufiger Tatbewertung als unwahrscheinlich, dass der Angeklagte vorsätzlich seiner Steuerpflicht nicht nachgekommen ist. Zum Vorsatz der Steuerhinterziehung gehört, dass der Täter den bestehenden Steueranspruch kennt und dass er ihn trotz dieser Kenntnis gegenüber der Steuerbehörde verkürzen will (vgl. BGH St 5,90,91 f.; BGH Wistra 1986, 174; 1986, 220f; 1989, 262, 263; Franzen/Gast/Samson, Steuerstrafrecht, 5. Auflage, § 370 AO Rdnr. 187 f.). Dass der Angeschuldigte sich der möglichen steuerlichen Bedeutung seines Handelns bewusst war, kann aber angesichts der unterschiedlich bewerteten Rechtslage nicht angenommen werden. Irrt der Steuerpflichtige aber über das Bestehen eines Steueranspruchs, schließt dieser Tatbestandsirrtum den Vorsatz aus. Eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO scheidet gleichfalls aus. Einem Steuerpflichtigen muss zugebilligt werden, sich diejenige Rechtsauffassung zu eigen zu machen, die für ihn vorteilhafter ist.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 StPO.

Ende der Entscheidung

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