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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.09.2003
Aktenzeichen: 2 Ws 222/03
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 273 | |
StPO § 274 | |
StPO § 302 |
Beschluss
Strafsache
wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage,
(hier: sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung der Berufung als unzulässig)
Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 24. Mai 2003 gegen den Beschluss des Landgerichts Bochum vom 16. Mai 2003 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. 09. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.
Gründe:
Durch Urteil des Amtsgerichts Herne vom 31. März 2003 wurde der Angeklagte wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 20,- € verurteilt. Im Hauptverhandlungsprotokoll befindet sich am Ende die Eintragung: "Rechtsmittelbelehrung wurde erteilt. Der Angeklagte verzichtete auf Rechtsmittel."
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Herne legte der Angeklagte mit Schreiben vom 3. April 2003, das am gleichen Tag beim Amtsgericht einging, Berufung ein. Zur Form der dem Angeklagten im Hauptverhandlungstermin am 31. März 2003 erteilten Rechtsmittelbelehrung gab der Gerichtsvorsitzende am 8. April 2003 folgende Stellungnahme ab:
"Der Angeklagte hat im Hauptverhandlungstermin vom 31.03.2003 ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet. Nachdem das Urteil verkündet worden war, wurde ihm die Rechtsmittelbelehrung ausführlich erteilt. Der Angeklagte fragte daraufhin, ob er die auferlegte Geldstrafe auch in Raten bezahlen dürfe. Daraufhin wurde der im Hauptverhandlungstermin festgehaltene Beschluss, mit dem dem Angeklagten Ratenzahlung bewilligt wurde, verkündet. Außerdem wurde dem Angeklagten erklärt, dass dieser Beschluss den Angeklagten nicht hindern würde, ein Rechtsmittel gegen das verkündete Urteil einzulegen, sondern dass es ihm vielmehr nach wie vor freistehe, ein solches Rechtsmittel einzulegen. Der Angeklagte erklärte wenig später, er wolle - auch mit Rücksicht auf die Kosten - kein Rechtsmittel einlegen. Er erklärte daraufhin ausdrücklich Rechtsmittelverzicht. Auch auf den Hinweis, dass ein solcher Verzicht endgültig sei, verblieb er beim Rechtsmittelverzicht."
Mit Beschluss vom 16. Mai 2003 hat das Landgericht Bochum die Berufung des Angeklagten wegen des von ihm nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung erklärten Rechtsmittelverzichts als unzulässig verworfen. Die Zustellung des Beschlusses an den Angeklagten erfolgte am 22. Mai 2003. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Angeklagte unter näherer Begründung mit seiner sofortigen Beschwerde vom 24. Mai 2003.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Zur Begründung ihres Antrags hat sie folgendes ausgeführt:
"Die statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Angeklagten ist zulässig (§§ 322 Abs. 2, 300, 311 Abs. 2 StPO), in der Sache jedoch nicht begründet. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls des AG hat der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtet (Bl. 116 d.A. a.a.O.). Die Erklärung ist auch wirksam. Der Form nach richtet sich der Rechtsmittelverzicht nach der für die Rechtsmitteleinlegung, also entweder schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., Rdn. 18 - 21 zu § 302 m.w.N.). Darüber hinaus kann der Rechtsmittelverzicht unmittelbar nach der Urteilsverkündung in der Hauptverhandlung erklärt und gem. § 273 Abs. 3 StPO protokolliert werden (zu vgl. BGHSt 18, 257, 258). Danach muss der Verzicht jedoch als prozessuale Erklärung des Angeklagten vorgelesen und genehmigt werden, was ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht geschehen ist. Ein Absehen von der Genehmigung der protokollierten Erklärung führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Verzichtserklärung, sondern nur dazu, dass der Verzicht nicht der Beweiskraft des § 274 StPO unterliegt. Der im Protokoll als Erklärung des Angeklagten vermerkte Rechtsmittelverzicht stellt insoweit ein Beweisanzeichen dar (zu vgl. BGH a.a.O.; NStZ 1998, 27; OLG Hamm, NStZ 86, 378, 379; KK-Ruß, StPO, 5. Aufl., Rdn. 9 zu § 302 StPO). Durchgreifende Bedenken gegen eine tatsächlich von dem Angeklagten abgegebene Erklärung auf Rechtsmittelverzicht bestehen nicht, zumal die Richtigkeit der Verzichtserklärung durch den Vermerk des Tatrichters bestätigt wird, den dieser nach Eingang der Berufung des Angeklagten fertigte und der im Freibeweisverfahren zu berücksichtigen ist (Bl. 133 d.A. a.a.O.). Der Tatrichter hat dargelegt, dass der Angeklagte im Hauptverhandlungstermin vom 31.03.2003 nach Verkündung des Urteils und nach ausführlicher Rechtsmittelbelehrung auf Rechtsmittel verzichtet habe. Gleichfalls sei ihm eröffnet worden, er habe unabhängig von der ihm gewährten Ratenzahlung die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Auch nach dem Hinweis auf die Endgültigkeit eines Verzichts sei er bei seiner Erklärung verblieben, um keine weiteren Kosten auszulösen. Aufgrund dieses Vermerks und der protokollierten Erklärung ist von einem eindeutigen, vorbehaltlosen und ausdrücklichen Verzicht auszugehen.
Darüber hinaus vermag der richterliche Vermerk auch Auskunft über die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bis zum Ende der Hauptverhandlung zu erteilen, da in dem Vermerk die von Sachkriterien getragenen Überlegungen des Angeklagten wiedergegeben werden, warum er auf die Durchführung einer weiteren Instanz verzichtet. Auch ergeben sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll keine Hinweise, die eine von dem Angeklagten nunmehr geltend gemachte Verhandlungsunfähigkeit erkennen lassen könnten. Der Angeklagte hat seine Personalien genannt, sich zur Sache eingelassen und sich damit aktiv an der Hauptverhandlung beteiligt. Die von dem Angeklagten vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen während der Hauptverhandlung vermögen dagegen einen Nachweis seiner Verhandlungsunfähigkeit nicht zu führen. Eine - wie vom Angeklagten angeregt - amtsärztliche Untersuchung ist zur Feststellung der Verhandlungsfähigkeit ungeeignet, da diese lediglich seinen gegenwärtigen Gesundheitszustand bewerten kann, jedoch nicht den vom Tag der Hauptverhandlung. Soweit der Angeklagte Zweifel an seiner Verhandlungsfähigkeit geweckt hat, wirken sich diese nicht zu seinen Gunsten aus, da der Grundsatz in dubio pro reo in diesem Zusammenhang nicht gilt (zu vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rdn. 34 zu § 261 m.w.N.). Da somit von einer Verhandlungsfähigkeit auszugehen ist und der Rechtsmittelverzicht weder angefochten noch widerrufen werden kann, ist der Angeklagte an seine Erklärung gebunden."
Den zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft tritt der Senat nach eigener Sachprüfung bei. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des 3. Senats in seinem Beschluss vom 22. Mai 2003 - 3 Ws 188/03 - der Entscheidung im vorliegenden Fall nicht entgegensteht. Im Gegensatz zu dem dort zu beurteilenden Fall liegt hier eine eindeutige, vorbehaltlose und ausdrückliche Erklärung des Angeklagten betreffend seinen Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts Herne vor. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Gerichtsvorsitzenden vom 8. April 2003 zu der dem Angeklagten im Hauptverhandlungstermin im Anschluss an die Urteilsverkündung erteilten ausführlichen Rechtsmittelbelehrung.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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