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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 2 Ws 25/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 400
StPO § 464
Zur Statthaftigkeit der Beschwerde des Nebenklägers gegen die Entscheidung in der Hauptsache, in der eine Kostenentscheidung zugunsten des Nebenklägers nicht getroffen worden ist.
Beschluss

Strafsache

gegen M.A.

wegen sexueller Nötigung u.a.,

(hier: sofortige Beschwerde der Nebenklägerin gegen die in dem Urteil des Landgerichts Bochum unterlassene Auslagenentscheidung der Nebenklage).

Auf die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin vom 31. Oktober 2007 gegen die in dem Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 25.Oktober 2007 unterlassene Auslagenentscheidung hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 14. 02. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Tenor:

Die Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 25. Oktober 2007 (42 Ns 100 Js 404/05 (50/07)) wird dahingehend ergänzt, dass der Angeklagte die Kosten der Nebenklage und die der Nebenklägerin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Angeklagte.

Gründe:

I.

Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 01. Dezember 2006 wegen versuchter sexueller Nötigung in Tatmehrheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Zugleich sind ihm die Kosten des Verfahrens sowie die Kosten der Nebenklage auferlegt worden. Die Berufung des Angeklagten ist durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 25. Oktober 2007 mit der Maßgabe verworfen worden, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Zugleich sind ihm die Kosten des Berufungsverfahrens sowie seine notwendigen Auslagen auferlegt worden, wobei die Berufungsgebühr um ein Fünftel ermäßigt und angeordnet worden ist, dass die Staatskasse in diesem Umfang auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Berufungsverfahren trägt. Eine Entscheidung über die Kosten der Nebenklage und die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Strafkammer versehentlich unterlassen. Gegen diese unterlassene Kosten- und Auslagenentscheidung wendet sich die Nebenklägerin mit ihrer am 31. Oktober 2007 bei dem Landgericht Hagen eingegangenen sofortigen Beschwerde vom selben Tag.

II.

Die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin gegen die in dem Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen unterlassene Auferlegung der Kosten der zugelassenen Nebenklage sowie der der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen auf den Angeklagten ist zulässig und begründet.

1. Sie ist statthaft (vgl. zuletzt Beschluss des erkennenden Senats vom 13. Juli 2007 in 2 Ws 175/07 m. w. Nachw.; LR-Hilger, StPO, 25. Aufl., § 464 Rn. 32).

Ihr steht die Vorschrift des § 464 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz StPO nicht entgegen. Danach ist die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Kosten und Auslagen unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 des § 464 StPO genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Dies wird übereinstimmend dahingehend verstanden, dass die Kostenbeschwerde unzulässig ist, wenn die Hauptentscheidung schon nach ihrer Art schlechthin nicht angefochten werden kann oder die betreffende Person grundsätzlich unabhängig von der Frage der Beschwer im Einzelfall zur Einlegung eines Rechtsmittels nicht befugt ist (vgl. OLG Karlsruhe, VRS 106, 388 m.w.N.; OLG Düsseldorf VRS 96, 222).

Uneinigkeit besteht in diesem Zusammenhang über die Bedeutung der in § 400 Abs. 1 StPO vorgenommene Einschränkung des Anfechtungsrechts des Nebenklägers, wonach dieser ein Urteil u.a. nicht mit dem Ziel anfechten kann, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird (vgl. zum Streitstand den Beschluss des erkennenden Senats vom 19. Juli 2004 in NStZ-RR 2006, 95 = AGS 2005, 409 unter teilweiser Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung, u.a. in VRS 101, 210,211 = AGS 2001, 249). Der Senat hält an seiner - korrigierten - Rechtsprechung fest, dass § 464 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz StPO nicht zur Unzulässigkeit der Kostenbeschwerde führt. Denn bei der Vorschrift des § 400 Abs. 1 StPO handelt es sich ledglich um einen gesetzlich geregelten Ausschluss der Beschwer des Nebenklägers, der die Statthaftigkeit des Rechtsmittels gegen die Hauptentscheidung ebenso wenig wie eine mangelnde Beschwer im Einzelfall beseitigt und damit die Zulässigkeit der Kostenbeschwerde nicht berührt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 18. September 2001 in 3 Ws 372/01 m.w.N.; OLG Karlsruhe, VRS 106, 388).

2. Die demnach zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Nach § 472 Abs. 1 StPO sind die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Dies ist hier der Fall. Durch das Urteil des Landgerichts Hagen vom 25. Oktober 2007 ist der Angeklagte wegen versuchter sexueller Nötigung und Nötigung zum Nachteil der Nebenklägerin verurteilt worden.

Die Nebenklage ist zu Recht in dem Strafverfahren zugelassen worden mit der Folge, dass die Überbürdung der der Nebenklägerin erwachsenen notwendigen Auslagen auf den Angeklagten nach § 472 Abs. 1 StPO ausgelöst worden ist. Umstände, die es gemäß § 472 Abs. 1 Satz 2 StPO unbillig erscheinen lassen, den Angeklagten mit den notwendigen Auslagen der Nebenklage zu belasten, sind nicht erkennbar. Solche Umstände liegen ausnahmsweise nur dann vor, wenn ein Angeklagter durch sein Verhalten keinen vernünftigen Grund für einen Anschluss als Nebenkläger gegeben hat oder dem Verletzten ein Mitverschulden an der Tat trifft (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 472 Rdnr. 9). Dies ist nach den Urteilsgründen nicht der Fall.

Eine Entscheidung auch über die erstinstanzlich entstandenen Auslagen der Nebenklägerin ist nicht veranlasst. Insoweit sind durch das erstinstanzliche Urteil die Kosten der Nebenklage dem Angeklagten auferlegt worden. Diese Kostenentscheidung ist nicht durch die Entscheidung des Berufungsgerichts hinfällig geworden. Eine nur teils erfolgreiche Berufung führt nur insoweit zur Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung, als durch die mit der Berufung erreichte Änderung der Hauptentscheidung dieser Kostenentscheidung die Grundlage entzogen wird (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2004 in 2 Ws 143/04). Das ist hier nicht der Fall.

III.

Die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahrens folgt aus einer analogen Anwendung des § 473 Abs. 3 StPO.

Ende der Entscheidung

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