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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.10.2009
Aktenzeichen: 2 Ws 280/09
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 44
StPO § 329
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Angeklagte zwar zum versäumten Berufungsverhandlungstermin möglicherweise nicht ordnungsgemäß geladen worden war, er seinen Wiedereinsetzungsantrag aber nicht binnen einer Wochenfrist nach Urteilszustellung gestellt und lediglich mit einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht hat. Eine eigene eidesstattliche Versicherung des Angeklagten ist kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung, sondern ist vielmehr wie eine schlichte Erklärung zu werten, die nur ausreichen kann, wenn der Antragsteller außerstande ist, sonstige Beweismittel beizubringen und wenn es sich um einen naheliegenden Versäumnisgrund handelt.
Beschluss

Strafsache

In pp.

wegen Betruges,

(hier: sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung).

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 15. Juli 2009 und 22. Juli 2009 gegen den Beschluss der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 06. Juli 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 10. 2009 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Herne vom 11. Dezember 2008 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Monaten verurteilt worden. Seine hiergegen frist- und formgerecht eingelegte Berufung hat die 4. kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum durch Urteil vom 26. März 2009 nach § 329 Abs. 1 StPO kostenpflichtig verworfen, weil der Angeklagte zum Berufungshauptverhandlungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen war. Das Urteil ist dem Angeklagten am 28. März 2009 durch Niederlegung zugestellt worden.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 29. Mai 2009, eingegangen beim Landgericht Bochum am 01. Juni 2009, hat der Angeklagte unter näherer Begründung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 329 Abs. 3 StPO beantragt.

Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 06. Juli 2009 den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig verworfen, da der Antrag nicht innerhalb der Wochenfrist des § 329 Abs. 3 StPO gestellt worden sei.

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten ist zwar zulässig, kann in der Sache aber keinen Erfolg haben.

Das Landgericht hat dem Angeklagten zu Recht und mit zutreffender Begründung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung verwehrt. Das Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum ist dem Angeklagten am 28. März 2009 wirksam zugestellt worden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der gemäß §§ 329 Abs. 3, 45 Abs. 1 StPO innerhalb einer Woche nach Zustellung zu stellen gewesen wäre, hätte daher spätestens am 06. April 2009 bei dem Landgericht Bochum eingehen müssen. Tatsächlich ist der Antrag jedoch erst am 01. Juni 2009 und damit verspätet beim Landgericht Bochum eingegangen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme u.a. Folgendes ausgeführt:

"Die sofortige Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet, da das Landgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten zurecht als unzulässig verworfen hat.

Der Wiedereinsetzungsantrag konnte hier zwar zulässig darauf gestützt werden, dass der Angeklagte nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen war (BGH NJW 1987, 1776, 1777; OLG Hamburg NStZ-RR 2001, 302 m.w.N.; zu vgl. ferner OLG Hamm NStZ 1982, 521; StV 1997, 346; KG JR 1984, 78; zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl. § 329, Rdnr. 41).

Der Antrag erweist sich jedoch als unzulässig, da er zum einen nicht binnen der Wochenfrist des § 329 Abs. 2 StPO angebracht wurde und darüber hinaus der Wiedereinsetzungsantrag nicht in der gem. § 45 Abs. 2 S. 1 StPO erforderlichen Form glaubhaft gemacht wurde.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde nicht binnen der Wochenfrist des § 329 Abs. 3 StPO angebracht.

Das Urteil wurde dem Angeklagten am 28.03.2009 zugestellt, sein Antrag auf Wiedereinsetzung ging jedoch erst am 01.06.2009, mithin außerhalb der Wochenfrist bei dem Landgericht Bochum ein.

Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages hat er nicht gestellt. Gründe ihm von Amts wegen Wiedereinsetzung in die Frist gem. § 329 Abs. 3 StPO zu gewähren, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Angeklagte beschränkt sich in seinem Antrag vom 29.05.2009 und seiner "eidesstattlichen Versicherung" (Bl. 133 d.A.) lediglich darauf mitzuteilen, dass im Januar 2009 die Briefkästen in dem von ihm bewohnten Mietshaus durch den Vermieter umgebaut worden seien, weshalb er "die Ladung vom 27.01.2009 auf jeden Fall nicht bekommen habe." Weder ist vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Umbauarbeiten bis Ende März 2009 andauerten und er deshalb das Urteil des Landgerichts nicht zugestellt bekommen habe. Insoweit macht er lediglich geltend, das Urteil nicht erhalten zu haben. Diese schlichte Erklärung des Angeklagten begründet jedoch keinen Wiedereinsetzungsgrund.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist auch nicht in zulässiger Weise gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 glaubhaft gemacht worden.

Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Dieses Erfordernis hat den Sinn, dem Gericht die Versäumnisgründe wenigstens wahrscheinlich zu machen (BVerfGE 26, 315, 319 = NJW 1969, 1531; BVerfGE 37, 93, 98) und ihm zu ermöglichen, ohne den Fortgang des Verfahrens verzögernde weitere Ermittlungen zu entscheiden (BGHSt 21, 334, 347 = NJW 1968, 710, 712). Die glaubhaft zu machende Tatsache braucht nicht bewiesen zu werden und zur vollen Überzeugung des Gerichts festzustehen; es genügt, dass diese Wahrscheinlichkeit in ausreichendem Maße dargetan wird (BayObLGSt 1955, 223, 225 = NJW 1956, 640; OLG Hamm VRS 94, 274). Der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" gilt nicht (BGHR StPO § 45 Abs. 2 Glaubhaftmachung 4; OLG Düsseldorf wistra 1990, 364). Wahrscheinlichkeitsmachung ist hinsichtlich aller Tatsachen erforderlich, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags von Bedeutung sind (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO. 52. Aufl., § 45 Rdnr. 6). Keiner Glaubhaftmachung bedarf es, wenn sich der behauptete Säumnisgrund aus den Akten ergibt oder gerichtsbekannt ist (OLG Neustadt GA 1956, 92, 94; OLG Saarbrücken Rpfleger 1960, 342, 344). Nicht ausreichend ist, dass eine Behauptung des Antragstellers nicht widerlegt werden kann (Meyer-Goßner, a.a.O, Rdnr. 10). Fehlt die Glaubhaftmachung oder ist sie unzureichend, so ist der Antrag unzulässig (OLG Koblenz VRS 64, 29).

Eine eigene eidesstattliche Versicherung des Beschuldigten oder Betroffenen ist kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung (BGH Beschl. v. 2.2.1955, 4 StR 14/55; OLG Hamm MDR 1974, 327); sie ist vielmehr wie eine schlichte Erklärung zu werten (OLG Düsseldorf OLGSt. § 44 Nr. 3), die nur ausreichen kann, wenn der Antragsteller außerstande ist, sonstige Beweismittel beizubringen und wenn es sich um einen naheliegenden Versäumnisgrund handelt. (KK-Maul, 6. Auflage, StPO, § 45 Rdnr. 13).

Hier ist als einziges Mittel für die Glaubhaftmachung nur die eigene "eidesstattliche Versicherung" des Angeklagten beigefügt, die sich über von dem Vermieter durchgeführte Umbauarbeiten an seinem Briefkasten zum Zeitpunkt der Zustellung der Terminsladung und dem damit verbundenen Postverlust verhält. Diese als schlichte Erklärung des Angeklagten zu behandelnde Versicherung ist schon allein deshalb kein ausreichendes Mittel der Glaubhaftmachung, da es dem Angeklagten hier ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, sonstige Beweismittel für seine Behauptung beizubringen, wie etwa eine Erklärung des Vermieters über die behaupteten Bauarbeiten und den Postverlust oder entsprechende Erklärungen anderer Mieter."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an, so dass die sofortige Beschwerde mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge zu verwerfen war.

Ende der Entscheidung

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