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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.04.2005
Aktenzeichen: 2 Ws 3/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 33a
Eine unterbliebene oder unberücksichtigt gebliebene Anhörung ist nur dann entscheidungserheblich im Sinne von § 33 a StPO, wenn und soweit sie sich auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt hat. Hätte insbesondere der Betroffene nichts anderes vorgetragen, sich also nicht anders verteidigen können, als er tatsächlich bereits vorgetragen hat, oder ist es sonst ausgeschlossen, dass das Gericht bei ordnungsgemäßer Anhörung anders entschieden hätte, ist der Gehörsverstoß nicht entscheidungserheblich.
Beschluss

Strafsache

wegen Steuerhinterziehung und Betruges,

(hier: Gegenvorstellungen bzw. Antrag gem. § 33 a StPO auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ).

Auf die "Gegenvorstellung" des Verurteilten vom 28. Januar 2005 bzw. seinen insoweit zum Ausdruck gebrachten den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33 a StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 11. 04. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Gegenvorstellungen bzw. der Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33a StPO werden zurückgewiesen.

Gründe:

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum hat durch Beschluss vom 03. Dezember 2004 nach mündlicher Anhörung des Verurteilten am 02. Dezember 2004 dessen bedingte Entlassung aus der Strafhaft, in der er sich aufgrund des Urteils des Landgerichts Bochum vom 03. Juni 2002 befindet, abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Einzelheiten der Begründung des vorgenannten Beschlusses Bezug genommen.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat der Senat nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch Beschluss vom 10. Januar 2005 aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses verworfen und seine Entscheidung mit folgendem Zusatz versehen:

"Zusatz:

Die Strafvollstreckungskammer hat anlässlich der mündlichen Anhörung des Verurteilten am 02. Dezember 2004 ein umfassendes Bild von dessen Persönlichkeit gewonnen und damit die Grundlagen für die ihm zu stellende Sozialprognose. Diesem Eindruck kommt nach der Rechtsprechung aller Strafsenate des Oberlandesgerichts Hamm eine wesentliche Bedeutung zu. Eine Abweichung von der auf den persönlichen Eindruck gestützten Entscheidung der Strafvollstreckungskammer käme nur dann in Betracht, wenn sie die Beachtung wichtiger Gesichtspunkte vermissen ließe ( vgl. hierzu Senat, Beschlüsse vom 18. September 2003 in 2 Ws 205/03, vom 24. November 2003 in 2 Ws 281-284, vom 19. April 2004 in 2 Ws 81-83,87/2004 und vom 06. Mai 2004 in 2 Ws 132 u. 137/04; OLG Hamm, Beschlüsse vom 17. Juni 2003 in 3 Ws 215/03 und vom 26. Mai 2003 in 3 Ws 220/03). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Eine vorzeitige Entlassung des Verurteilten erscheint zumindest derzeit nicht gerechtfertigt.

Die sofortige Beschwerde ist trotz Ankündigung bislang nicht begründet worden. Ein weiteres Zuwarten erschien dem Senat jedoch angesichts der eindeutigen Rechtslage nicht erforderlich."

Der Verurteilte hat nunmehr mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 28. Januar 2005 gegen den Beschluss des Senats Gegenvorstellungen erhoben mit der Begründung, er habe sehr wohl seine Beschwerde begründet und zwar mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 06. Januar 2005. Nach Mitteilung des Landgerichts Bochum sei die Beschwerdeschrift auch an den Senat weitergeleitet worden, von diesem aber nicht berücksichtigt worden, was sich aus dem Zusatz zu dem Beschluss ergebe.

Tatsächlich hat dem Senat die Beschwerdebegründung bei seiner Entscheidung nicht vorgelegen. Ausweislich des Vollstreckungsheftes ist die Beschwerdebegründung vom 06. Januar 2005 am 07. Januar 2005 beim Landgericht Bochum eingegangen, sodann über die Staatsanwaltschaft Bochum an die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm weitergeleitet worden und dort am 20. Januar 2005 eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Senat aber bereits entschieden.

In dem Schriftsatz des Verteidigers des Verurteilten vom 06. Januar 2005, der als "Gegenvorstellung" gegen den Beschluss des Senats bezeichnet worden ist, kommt zum Ausdruck, dass dieser nachträgliches Gehör gemäß § 33 a StPO n. F. beantragt. Nach dieser Vorschrift, die durch das zum 01. Januar 2005 in Kraft getretene Anhörungsrügegesetz neu gefasst worden ist, versetzt das Gericht das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand, sofern es in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat und diesem gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zusteht.

Die gesetzliche Verankerung der Anhörungsrüge geht auf § 33 a StPO a.F. zurück, wonach das Strafgericht schon bisher von Amts wegen oder auf Antrag jedem Gehörsverstoß abzuhelfen hatte, wenn dem Beteiligten keine Beschwerde und auch kein anderer Rechtsbehelf zustand (vgl. BVerfGE 42, 243 (250)). Die Neufassung des § 33 a StPO hat demnach nur klarstellende Funktion (vgl. BT-Drucksache 15/3707, S. 14,17).

Zwar ist gegen die Entscheidung des Senats vom 10. Januar 2005 ein Rechtsmittel nicht statthaft, jedoch ist nach der Gesetzesbegründung eine unterbliebene oder unberücksichtigt gebliebene Anhörung nur dann entscheidungserheblich, "wenn und soweit sie sich auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt hat. Hätte insbesondere der Betroffene nichts anderes vorgetragen, sich also nicht anders verteidigen können, als er tatsächlich bereits vorgetragen hat, oder ist es sonst ausgeschlossen, dass das Gericht bei ordnungsgemäßer Anhörung anders entschieden hätte, ist der Gehörsverstoß nicht entscheidungserheblich" (vgl. BT-Drucksache, a.a.O., S. 17).

Vorliegend fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der vom Senat aus den genannten Gründen nicht berücksichtigten Anhörung. Der Senat hat keine Tatsachen verwertet, zu denen der Beschwerdeführer nicht zuvor gehört worden ist. Die Strafvollstreckungskammer hat sich nach mündlicher Anhörung des Verurteilten in dem angefochtenen Beschluss ausführlich und zutreffend damit auseinander gesetzt, warum sie dessen vorzeitige Entlassung nicht für vertretbar erachtet. Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber in seiner Beschwerdeschrift die Auffassung, dass ihm entgegen den Ausführungen der Strafvollstreckungskammer eine günstige Täterprognose zu stellen sei. Mithin werden in der Beschwerdeschrift somit keine neuen Tatsachen vorgetragen, sondern es wird lediglich eine andere Wertung der in der Anhörung wiedergegebenen Verhältnisse vorgenommen.

Der Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs war von daher zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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