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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.02.2000
Aktenzeichen: 2 Ws 362/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 172 Abs. 1
StPO § 172 Abs. 2 S. 1
StPO § 173 Abs. 2
StPO § 172 Abs. 3
StPO § 172 Abs. 2 S. 3
StPO § 374 Abs. 1 Nr. 6
StPO § 170 Abs. 1
StPO § 175
StPO § 200
StGB § 303
StGB § 303 c
StGB § 240
StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 2
StGB § 52
StGB § 53
Der Darlegung der Einhaltung der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO ist dann Genüge getan, wenn sich die Einhaltung der Beschwerdefrist entweder ohne Mühe durch einen einfachen Blick in beigefügte Anlagen ergibt oder mit der Antragschrift mitgeteilt wird, dass die Beschwerde so frühzeitig nach Eingang des Einstellungsbescheides eingelegt worden ist, dass sich die Einhaltung der Frist aufdrängt.
OBERLANDESGERICHT HAMM

BESCHLUSS

2 Ws 362/99 OLG Hamm 2 Zs 922/99 GStA Hamm 11 Js 822/98 StA Bochum

Ermittlungsverfahren

(Klageerzwingungsverfahren)

wegen

Auf den Antrag des Antragstellers vom 21. Dezember 1999 auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 S. 1 StPO gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Hemm vom 24. November 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24. Februar 2000 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Regul,

den Richter am Oberlandesgericht Burhoff und

den Richter am Oberlandesgericht Eichel

nach Anhörung des Generalstaatsanwalts und des Beschuldigten

beschlossen:

Tenor:

1.

Die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten wird angeordnet (§ 175 StPO).

2.

Die Durchführung dieses Beschlusses nach Maßgabe der nach folgenden Gründe obliegt der Staatsanwaltschaft Bochum.

Gründe:

I.

Der Zeuge und jetzige Antragsteller W hat gegen den Beschuldigten mit Datum vom 17. Oktober 1998 Strafanzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung erstattet und zugleich Strafantrag gestellt.

Danach soll sich der Beschuldigte, wie nunmehr auch mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorgetragen, wegen folgenden Sachverhalts strafbar gemacht haben:

Der Antragsteller habe am 17. Oktober 1998 die BAB 43 in Fahrtrichtung Bochum befahren, nachdem er zuvor, gegen 09.15 Uhr, von Sprockhövel kommend an der Anschlussstelle Nr. 22 auf den rechten Fahrstreifen der BAB 43 aufgefahren sei. Als er kurz darauf die linke Fahrspur benutzt habe, habe er im Rückspiegel ein Fahrzeugin schneller Fahrt heranfahren sehen. Dessen Fahrer - im Folgenden als Beschuldigter bezeichnet, der zwar ein strafbares Verhalten in Abrede stellt, das Zusammentreffen mit dem Antragsteller am fraglichen Ort und zur fraglichen Zeit jedoch nicht bestreitet - sei unter ständigem Betätigen der Lichthupe bei einer Geschwindigkeit von ca. 160 bis 180 km/h unmittelbar auf das Fahrzeug des Antragstellers aufgefahren, so dass schließlich die Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs nicht mehr im Rückspiegel erkennbar gewesen seien. Obwohl zu diesem Zeitpunkt starker Verkehr auf der BAB 43 geherrscht habe und dem Antragsteller ein Fahrspurwechsel erkennbar nicht möglich gewesen sei, habe der Beschuldigte weiterhin ständig die Lichthupe betätigt. Nachdem der Antragsteller im weiteren Verlauf mit seinem Fahrzeug auf die rechte Spur habe wechseln können, sei der Beschuldigte durch ein anderes Fahrzeug auf der linken Spur aufgehalten worden, das, ebenfalls vom Beschuldigten bedrängt, abgebremst worden sei, so dass der Antragsteller rechts habe vorbeifahren und dem Beschuldigten "entrinnen" können.

In Bochum-Querenburg, Abfahrt Universitätsstraße, habe der Antragsteller die Autobahn verlassen. Noch innerhalb der Abfahrt auf der Parallelfahrspur sei er plötzlich von dem Beschuldigten überholt worden, der sich sodann vor das Fahrzeug des Antragstellers gesetzt und gleichzeitig stark abgebremst habe. Um ein Auffahren zu vermeiden, habe der Antragsteller ebenfalls stark abbremsen müssen und sein Fahrzeug knapp hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten anhalten können. Dieser sei sodann ausgestiegen und habe in aggressiver Form an die Seitenscheibe des Fahrzeugs des Antragstellers geschlagen, der sofort seine Fahrertür verriegelt habe. Daraufhin habe der Beschuldigte, der einen zunehmend aggressiven Eindruck gemacht habe, zunächst auf die Frontscheibe eingeschlagen und sodann das Glas des rechten Scheinwerfers am Fahrzeug des Antragstellers eingetreten. Der Antragsteller habe deutlich das Zersplittern des Glases hören können. Nachdem der Beschuldigte schließlich noch seinen Kofferraum geöffnet und darin - offenbar erfolglos - nach etwas gesucht habe, sei er davongefahren.

Ausweislich des Akteninhalts erstattete der Antragsteller am selben Tage um 09.50 Uhr auf der Polizeiwache in Bochum-Querenburg Strafanzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung und stellte Strafantrag.

Der aufnehmende Polizeibeamte, der Zeuge PK G, hat in der Strafanzeige einen Sachschaden mit einer Schadenssumme in Höhe von 200,- DM vermerkt (Bl. 1 d.A.).

Aufgrund des vom Antragsteller abgelesenen Kennzeichens D-HW 1951 wurde als Halter des fraglichen Fahrzeugs der Beschuldigte W ermittelt.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 22. Oktober 1998 hat der Antragsteller eine Reparaturrechnung vom 19. Oktober 1998 in Ablichtung überreicht, die an den Antragsteller adressiert ist und das Auswechseln eines Scheinwerfers samt Lampe mit einer Rechnungssumme in Höhe von 498,89 DM ausweist (B1. 7 d.A.).

Der Beschuldigte hat sich durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 6. Januar 1999 im Wesentlichen wie folgt eingelassen:

Auf der Autobahn bei Gevelsberg habe der Antragsteller seinen Audi kurz vor dem Fahrzeug des Beschuldigten von der rechten auf die linke Fahrspur gezogen und ihn, den Beschuldigten, so zu einer Vollbremsung gezwungen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Als Reaktion auf dieses Fehlverhalten habe der Beschuldigte zwei bis dreimal die Lichthupe betätigt. Einige Zeit später habe der Beschuldigte das Fahrzeug des Antragstellers normal überholt. Danach habe der Antragsteller den Beschuldigten verfolgt; der Audi habe förmlich am Mazda "geklebt". In Bochum-Querenburg habe der Beschuldigte die Autobahn verlassen wollen. Unter Setzen des Blinkers sei er rechts herangefahren, um sich die Nummer des Audi zu notieren. Block und Stift hätten sich nämlich im Kofferraum des Mazda befunden. Obwohl er problemlos an dem Mazda habe vorbeifahren können, habe der Antragsteller ebenfalls gehalten. Aus diesem Grund sei der Beschuldigte zu dem Audi gegangen und habe mit dem Finger an dessen Scheibe geklopft. Der Antragsteller habe diese eine Handbreit heruntergekurbelt. Auf die Frage des Beschuldigten, was das aggressive Fahrverhalten solle, habe der Antragsteller nur gegrinst. Nun sei der Beschuldigte zum Kofferraum gegangen, um Block und Stift zu holen. Da er diese Schreibutensilien nicht habe finden können und seine Beifahrerin, die Zeugin geäußert habe, eine Strafanzeige würde doch nichts bringen, habe er den Kofferraum geschlossen und die Fahrt fortgesetzt. Von einer Anzeige habe er abgesehen. Für die Beschädigung des Scheinwerfers sei er nicht verantwortlich. Er könne sich lediglich vorstellen, dass der Antragsteller seiner, des Beschuldigten, Strafanzeige habe zuvorkommen wollen. Offenbar deshalb habe er eine Geschichte erfunden.

Die Zeugin G, Beifahrerin im Fahrzeug des Beschuldigten zur Vorfallszeit, hat anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung am 5. Februar 1999 die Angaben des Beschuldigten bestätigt (Bl. 25 ff. d.A.).

Mit Verfügung vom 25. März 1999 hat die Staatsanwaltschaft Bochum das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, letztlich stünden die Angaben des Antragstellers gegen die des Beschuldigten und der Zeugin G Eindeutige Anhaltspunkte dafür, der einen oder anderen Aussage ein höheres Gewicht beizumessen, seien nicht erkennbar. Die Sachverhaltsschilderung des Antragstellers werfe im Übrigen Fragen auf. So sei die Angabe, der Beschuldigte habe erst den Scheinwerfer des Fahrzeugs des Antragstellers eingetreten und danach im Kofferraum seines Fahrzeugs nach einem Gegenstand gesucht, zweifelhaft.

Die gegen den Einstellungsbescheid erhobene Beschwerde des Antragstellers vom 15. April 1999 ist durch Bescheid des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 24. November 1999 als unbegründet zurückgewiesen worden.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 21. Dezember 1999 hat der Antragsteller gegen den ablehnenden Bescheid des Generalstaatsanwalts gerichtliche Entscheidung beantragt.

Der Generalstaatsanwalt hat beantragt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen.

Der Beschuldigte, der gemäß § 173 Abs. 2 StPO angehört worden ist, hat mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14. Februar 2000 zum Klageerzwingungsantrag Stellung genommen und sich im Ergebnis den Ausführungen des Generalstaatsanwalts angeschlossen.

II.

Der fristgerecht angebrachte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Er entspricht den Zulässigkeitserfordernissen des § 172 Abs. 3 StPO. Danach muss ein Klageerzwingungsantrag eine aus sich heraus verständliche und vollständige Darstellung des dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts Unter Angabe der Beweismittel, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, enthalten. Die Sachdarstellung muss ferner den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für deren angebliche Unrichtigkeit im Wesentlichen umfassen. Schließlich muss dem Antrag zu entnehmen sein, dass die Beschwerdefristendes § 172 Abs. 1 und 2 StPO eingehalten sind (vgl. zu allem Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 172 Rdnr. 27 - 31 m.w.N.).

Diesen Erfordernissen wird der vorliegende Antrag gerecht:

Soweit der Generalstaatsanwalt ausführt; die Einhaltung der zweiwöchigen Beschwerdefrist des 172 Abs. 1 StPO sei nicht hinreichend deutlich dargelegt, vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen.

Zwar sollte grundsätzlich, schon aus Gründen der Klarheit und Sicherheit, in der Antragsschrift das Datum der Zustellung des staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbescheids, das Datum der Postaufgabe des Beschwerdeschreibens und ggf. - nach Akteneinsicht - das Datum des Eingangs der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft mitgeteilt werden. Ergibt sich die Einhaltung der Beschwerdefrist jedoch entweder ohne Mühe durch einen einfachen Blick in beigefügte Anlagen oder wird mit der Antragsschrift mitgeteilt, dass die Beschwerde so frühzeitig nach Eingang des Einstellungsbescheides eingelegt worden ist, dass sich die Einhaltung der Frist aufdrängt, ist damit nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Darlegungspflicht Genüge getan (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 2. Aufl., Rdnr. 492 b mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1996 - 2 BvR 502/96 - n.v.).

So verhält es sich vorliegend. Die Antragsschrift teilt mit, der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Bochum vom 25. März 1999 sei den Bevollmächtigten des Antragstellers unter dem 6. April 1999 zugestellt worden. Gegen den Einstellungsbescheid habe der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 15. April 1999 Beschwerde erhöben. Da anwaltliche Schriftsätze regelmäßig zeitnah zur Post gegeben werden, üblicherweise spätestens einen Tag nach Diktat, ist davon auszugehen, dass das mehrere Tage vor Ablauf der Beschwerdefrist datierte Beschwerdeschreiben rechtzeitig bei dem Generalstaatsanwalt in Hamm eingegangen ist.

Soweit nach Auffassung des Generalstaatsanwalts der vorliegende Antrag gemäß § 172 Abs. 2 S. 3 StPO i.V.m. § 374 Abs. 1 Nr. 6 StPO deswegen unzulässig sein soll, weil ausschließlich der Vorwurf der Sachbeschädigung, eines Privatklagedelikts, erhoben worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass das Verfahren ganz offensichtlich über den Vorwurf der Sachbeschädigung hinaus die Offizialdelikte der Nötigung und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zum Gegenstand hat. Das Klageerzwingungsverfahren ist damit für alle in Frage stehenden Straftaten zulässig (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O, § 172 Rdnr. 2.)

III.

Der somit zulässige Antrag ist auch begründet.

Nach Auffassung des Senats spricht bei verständiger Würdigung des Beweisergebnisses eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des vom Antragsteller geschilderten Sachverhalts, so dass i.S.d. nach § 170 Abs. 1 StPO zu treffenden Wahrscheinlichkeitsprognose genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage zu bejahen ist.

Letztlich sind dafür folgende Erwägungen maßgebend:

Soweit der Beschuldigte bestreitet, das Scheinwerferglas am Fahrzeug des Antragstellers eingetreten zu haben, begegnet diese Einlassung durchgreifenden Bedenken. Es ist nach Auffassung des Senat kaum vorstellbar, dass der Antragsteller das Scheinwerferglas selbst zerstört hat, offenbar, wie der Beschuldigte andeutet, um seine, des Antragstellers, Glaubwürdigkeit zu erhöhen, dabei aber gleichzeitig das Risiko in Kauf nimmt, den Schaden letztlich selbst tragen zu müssen. Eine andere Schadensursache aber scheidet mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Wegen der Kürze der Zeitspanne zwischen Vorfall (laut Anzeige ab 09.15 Uhr - vom Beschuldigten nicht bestritten) und Anzeigenaufnahme um 09.50 Uhr ist ein weiteres Ereignis, bei dem das Scheinwerferglas unfallbedingt zerstört worden sein könnte, aus zeitlichen Gründen nahezu ausgeschlossen, zumal der Antragsteller noch eine gewisse Wegstrecke zur Polizei zurückzulegen hatte. Im Übrigen hätte der die Anzeige aufnehmende Polizeibeamte, der Zeuge G, einen über das zerstörte Scheinwerferglas hinausgehenden Unfallschaden zweifelsohne vermerkt.

Dass das Scheinwerferglas tatsächlich zerstört worden ist, lässt sich dem Zusammenhang des Anzeigetextes ohne weiteres entnehmen, da der Polizeibeamte zusätzlich zum Anzeigetext einen damit korrespondierenden Sachschaden in Höhe von 200,- DM vermerkt hat (vgl. Bl. 1 d.A.). Die Auffassung des Generalstaatsanwalts, der aufnehmende Beamte habe seine Beobachtung von der Beschädigung des Scheinwerfers nicht aktenkundig gemacht, ist daher nicht zutreffend. Sollte die Strafverfolgungsbehörde die Beschädigung des Scheinwerferglases trotz des polizeilich vermerkten Sachschadens in Höhe von 200,- DM, bei dem es sich nach Auffassung des Senats nur um den Schaden am Scheinwerfer gehandelt haben kann, anzweifeln bzw. angezweifelt haben, hätte es nahegelegen, entsprechende Ermittlungen durchzuführen.

Die Bedenken des Generalstaatsanwalts, laut Angaben des Antragstellers sei nur das Scheinwerferglas zerstört worden, laut eingereichter Rechnung sei jedoch der gesamte Scheinwerfer einschließlich Glühlampe erneuert worden, vermag der Senat nicht zu teilen. Zum einen ist es heute tatsächlich nicht unüblich, wie der Bevollmächtigte des Antragstellers vorträgt, ganze Bauteile auszuwechseln, zum anderen hätte auch insoweit, falls der Sachverhalt für die Strafverfolgungsbehörde unklar gewesen sein sollte, ergänzende Ermittlungen zur Aufklärung beitragen können.

Da nach allem der Schaden am Scheinwerferglas als solcher feststeht und sowohl der Antragsteller als auch ein Unfallereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit als Verursacher ausscheiden, ist nach Auffassung des Senats der detaillierten und schlüssigen Schilderung des Antragstellers zu folgen, wonach der Beschuldigte das Scheinwerferglas eingetreten hat.

Darüber hinaus ist die Einlassung des Beschuldigten auch in einem weiteren wesentlichen Punkt wenig glaubhaft.

Es widerspräche jeder Lebenserfahrung, dass der Antragsteller, nachdem er angeblich, wie vom Beschuldigten behauptet, grob verkehrswidrig gefahren und,beinahe einen Unfall verursacht hatte, im weiteren Verlauf freiwillig hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten angehalten haben sollte, um sich so der Gefahr einer Identifizierung und späteren Anzeige auszusetzen. Die Angaben des Beschuldigten als richtig unterstellt, hätte für den angeblich allein verkehrswidrig fahrenden Antragsteller nichts näher gelegen, als dem Beschuldigten auszuweichen, damit dieser möglichst keine Gelegenheit erhielt, das Kennzeichen des Fahrzeugs des Anzeigeerstatters zu notieren. Dass im Ergebnis das Fahrzeug des Anzeigeerstatters unmittelbar hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten gestanden hat - insoweit stimmen die Angaben aller Beteiligter überein - lässt sich nur so erklären, dass der Anzeigeerstatter tatsächlich durch ein Bremsmanöver des Beschuldigten seinerseits zu einer Vollbremsung gezwungen worden ist, um ein Auffahren zu verhindern.

Die Einlassung des Beschuldigten ist daher in zwei sehr wesentlichen Punkten als Schutzbehauptung anzusehen, so dass davon auszugehen ist, dass die in sich widerspruchsfreien und schlüssigen Angaben des Antragstellers zutreffen. Der Senat übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass die Zeugin G die Sachverhaltsdarstellung des Beschuldigten in allen Punkten bestätigt hat. Zum einen gelten jedoch die aufgezeigten durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Sachverhaltsschilderung durch den Beschuldigten auch für gleichlautenden Angaben der Zeugin; zum anderen fällt auf, dass die Zeugin in ihrer dreieinhalb Monate nach dem fraglichen Vorfall durchgeführten

Vernehmung gleich zu Beginn das Kennzeichen des Fahrzeugs des Antragstellers zutreffend angibt, obwohl weder die Beschuldigte noch die Zeugin seinerzeit in Ermangelung von Schreibutensilien das Kennzeichen notieren konnten. Insoweit liegt die Vermutung nicht ganz fern, dass sich die Zeugin, bei der es sich im übrigen ausweislich der identischen Anschrift offenbar 'um die Lebensgefährtin des Beschuldigten handelt, dank der dem Verteidiger des Beschuldigten gewährten Akteneinsicht auf die Vernehmung vorbereitet hat.

Im Ergebnis hält der Senat daher die Angaben der Zeugin G für eine unglaubhafte Gefälligkeitsaussage.

Ausgehend von der Sachverhaltsschilderung durch den Antragsteller ist das Verhalten des Beschuldigten in rechtlicher Hinsicht zum einen als vollendete Nötigung zu werten. Das dichte Auffahren auf das Fahrzeug des Antragstellers unter ständigem Betätigen der Lichthupe über eine nicht nur kurze Zeitspanne, das den Antragsteller schließlich dazu veranlasst hat, vom linken auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln, erfüllt den Tatbestand des § 240 StGB (vgl. BGHSt 19, 263; OLG Köln VRS 67, 224; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., Rdnr. 16 zu § 4 StVO m.w.N.). Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe sind nicht ersichtlich.

Das Eintreten des Scheinwerferglases ist eine Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB. Der gemäß § 303 c StGB erforderliche Strafantrag ist gestellt, Bl. 3 d.A.

Das Ausbremsen des Antragstellers ist als vollendete Nötigung in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr in Form des Hindernisbereitens gemäß §§ 240, 315 b Abs. 1 Nr. 2, 52 StGB anzusehen (vgl. OLG Düsseldorf; VRS 73, 41; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 315 b Rdnr. 5 a m.w.N.).

Die drei Tatkomplexe stehen zueinander in Realkonkurrenz, § 53 StGB.

Wegen dieser Taten war gemäß § 175 StPO die Erhebung der öffentlichen Klage nach Maßgabe dieses Beschlusses zu beschließen.

Die Durchführung dieses Beschlusses, dem der gemäß § 200 StPO wesentliche Inhalt der Anklageschrift zu entnehmen ist, obliegt der StA Bochum, die den Beschuldigten auf der Grundlage des vom Senat angenommenen Sachverhalts unter Beachtung der oben dargelegten Rechtsauffassung anzuklagen haben wird (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., Rdnr. 2 u. 3).

Die Auswahl des zuständigen Gerichts obliegt der Staatsanwaltschaft (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., Rdnr. 3).

Ende der Entscheidung

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