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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.11.1999
Aktenzeichen: 2 s Sbd 206/99
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 99
Durch eine wegen Inhaftierung des Mandanten um 100 DM erhöhte Gebühr werden nicht zwei jeweils drei Stunden dauernde Besuche des Verteidigers in der Justizvollzugsanstalt und die Tätigkeit in einer 4 Stunden 15 Minuten dauernden Hauptverhandlung beim Jugendschöffengericht abgegolten, so daß die Gewährung einer Pauschvergütung nach § 99 BRAGO in Betracht kommen kann.

OLG Hamm Beschluß 05.11.1999 - 2 (s) Sbd. 6 - 206/99 13 Ls 39 Js 2402/98 (13/99) AG Hamm 5650 a E - 5 a. 6632 Leiter des Dezernats 10 der VerwAbt. des OLG Hamm


Auf den Antrag der Rechtsanwältin W. aus B. vom 2. Juni, 13. Juli und 2. September 1999 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Vertretung des ehemaligen Angeklagten hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 5. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Regul und die Richter am Oberlandesgericht Burhoff und Eichel

nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:

Tenor:

Rechtsanwältin W. wird anstelle ihrer gesetzlichen Gebühren in Höhe von 500,-- DM eine Pauschvergütung von 1.000,-- DM (in Worten: eintausend Deutsche Mark) bewilligt.

Gründe

I.

Dem ehemaligen Angeklagten wurden im vorliegenden Verfahren verschiedene Delikte, u. a. mehrere Einbruchsdiebstähle, zur Last gelegt. Die Antragstellerin, die vorher für den ehemaligen Angeklagten nicht als Wahlverteidiger tätig war, ist ihm nach Anklageerhebung am 30. März 1999 als Pflichtverteidigerin beigeordnet worden.

Danach hat sie Einsicht in die rund 100 Seiten umfassende Hauptakte und die Akten der verbundenen Verfahren genommen und zwei kurze Schreiben verfaßt. Sie hat außerdem den ehemaligen Angeklagten zweimal in der Justizvollzugsanstalt besucht. Jeder der Besuche hat etwa drei Stunden - gedauert. Außerdem hat sie noch an der Hauptverhandlung vor dem Jugendschöffengericht teilgenommen, die etwa 4 Stunden 15 Minuten gedauert hat und in der 16 Zeugen vernommen worden sind.

Die Antragstellerin hat eine gegenüber der gesetzlichen Gebühr von 500 DM um 500 DM erhöhte Gebühr, also eine Pauschvergütung von 1.000 DM, beantragt. Der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts hat in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 1999, die der Antragstellerin bekannt ist, gegen die Gewährung einer angemessenen Pauschvergütung keine Bedenken erhoben.

II.

Der Antragstellerin war gem. § 99 Abs. 1 BRAGO eine Pauschvergütung zu bewilligen, da sie in einem "besonders umfangreichen" Verfahren tätig geworden ist; "besonders schwierig" im Sinn des § 99 Abs. 1 BRAGO war das Verfahren allerdings nicht.

Bei der Frage, ob ein Verfahren als "besonders umfangreich" im Sinn des §§ 99 Abs. 1 BRAGO anzusehen ist, ist auf den zeitlichen Aufwand abzustellen, den der Pflichtverteidiger auf die Sache verwenden mußte. Vergleichsmaßstab sind dabei gleichartige Verfahren, vorliegend also Verfahren vor dem Schöffengericht (vgl. dazu allgemein Burhoff StraFo 1999, 263 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Danach war vorliegend von einem "besonders umfangreichen" Verfahren auszugehen. Schon die Dauer der Hauptverhandlung mit 4 Stunden 15 Minuten ist für ein Verfahren vor dem Schöffengericht überdurchschnittlich lang. Hinzu kommen die von Antragstellerin durchgeführten beiden Besuche ihres inhaftierten Mandanten in der Justizvollzugsanstalt, für die sie insgesamt sechs Stunden aufgewendet hat. Insoweit weist der Leiter des Dezernats 10 in seiner bereits erwähnten Stellungnahme zwar darauf hin, daß dieser Zeitaufwand bereits durchs die wegen der Inhaftierung des ehemaligen Angeklagten gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöhte gesetzliche Gebühr abgegolten sei. Dazu bemerkt der Senat aber unter Hinweis auf seinen Beschluß in StV 1998, 619 = StraFo 1998, 321, 356 = NStZ-RR 1998, 254 = AGS 1998, 140, daß durch die erhöhte Gebühr nur die übliche Anzahl und Dauer von Besuchen abgegolten wird. Wieviel Besuche das sind und wie lang diese sein müssen, hat der Senat bislang noch nicht entschieden. Diese Frage kann indes auch vorliegend offen bleiben. Denn jedenfalls sind durch die eine um 100 DM erhöhte Gebühr nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO nicht zwei jeweils drei Stunden dauernde Besuche in der Justizvollzugsanstalt und die Tätigkeit in der 4 Stunden 15 Minuten dauernden Hauptverhandlung abgegolten.

Bei der Bemessung der zu bewilligen Pauschvergütung hat der Senat alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Danach erschien die beantragte Pauschvergütung von 1.000,-- DM angemessen, aber auch ausreichend, um die von der Antragstellerin erbrachten Tätigkeiten zu honorieren. Der Senat hat insbesondere die schon überdurchschnittliche Dauer der Hauptverhandlung beachtet. Berücksichtigt worden sind darüber hinaus die Besuche der Antragstellerin in der Justizvollzugsanstalt sowie auch die von der Antragstellerin, deren Kanzlei ihren Sitz in Bönen hat, aufgewendeten Fahrtzeiten zum Gericht nach Hamm bzw. zur Justizvollzugsanstalt nach Herford, wo der ehemalige Angeklagte inhaftiert war. Insgesamt erschien die bewilligte Pauschvergütung, die die Mittelgebühr eines Wahlverteidigers, die rund 700 DM betragen hätte, deutlich überschreitet, als angemessen.

Ende der Entscheidung

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