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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.01.2001
Aktenzeichen: 20 U 101/00
Rechtsgebiete: VHB 92, VVG, ZPO
Vorschriften:
VHB 92 § 2 | |
VHB 92 § 21 Ziff. 1 c) | |
VHB 92 § 5 | |
VHB 92 § 18 | |
VHB 92 § 18 Ziff. 7 | |
VHB 92 § 24 Ziff. 2 | |
VVG § 61 | |
VVG § 6 III | |
VVG § 1 | |
VVG § 49 | |
ZPO § 141 | |
ZPO § 92 Abs. 2 | |
ZPO § 708 Ziff. 10 | |
ZPO § 711 |
OBERLANDESGERICHT HAMM Im NAMEN DES VOLKES URTEIL
20 U 101/00 OLG Hamm 8 O 233/99 LG Bochum
Verkündet am 17. Januar 2001
Lammers, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
In dem Rechtsstreit
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knappmann, die Richterin am Oberlandesgericht Brumberg und den Richter am Oberlandesgericht Meißner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29. Februar 2000 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 122.100,-- DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 % jährlich, seit dem 6. Januar 1997 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsantrages bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 160.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt den Beklagten aus einer Hausratversicherung - vereinbart sind die VHB 92 und eine Versicherungssumme von 122.000,-- DM - wegen eines behaupteten Einbruchdiebstahls, der sich in der Zeit zwischen dem 23.12.1996 und dem 27.12.1996 ereignet haben soll, auf Zahlung einer Einbruchdiebstahlsentschädigung in Anspruch.
Der Kläger hat behauptet, im genannten Zeitraum seien unbekannte Täter durch Aufbrechen der Wohnungseingangstür in seine im 2. Obergeschoß des Hauses gelegene Mietwohnung eingedrungen. Der Kläger war zu dieser Zeit seit seiner Abreise in den Weihnachtsurlaub am 23.12.1996 bis zu seiner Rückkehr am 6.1.1997 zusammen mit seiner Ehefrau und seinem 1991 geborenen Sohn in P bei der Familie seiner Ehefrau.
Der Aufbruch der Eingangstür zur Wohnung des Klägers, wurde vom Hausmeister des Gebäudes am 27.12.1996 entdeckt und der Polizei anschließend angezeigt. Diese sorgte vor Ort für eine Sicherung der Spuren.
Die Wohnungseingangstür war mit drei jeweils über Profilzylinder zu betätigende Schlössern versehen, und zwar einem Blockschloß im oberen Drittel der Tür, einem Querriegelschloß in einigem Abstand darunter und einem Hauptschloß unterhalb der Türklinke bzw. dem -knauf. Alle drei Profilzylinder waren abgebrochen. Wegen der an der Tür, den Schlössern und in der Wohnung getroffenen Feststellungen wird auf den Spurensicherungsbericht der Kriminalpolizei und die Lichtbildmappe auf Bl. 9 ff der beigezogenen Ermittlungsakten 38 Js 997/97 StA Münster verwiesen.
In der schriftlichen Einbruchdiebstahl-Schadenanzeige, die vom 18.1.1997 datiert, gab der Kläger den Schaden pauschal mit ca. 50.000,-- DM an. Die detaillierte Schadensaufstellung, die dem Beklagten zusammen mit der Schadenanzeige und einem vom 21.1.1997 datierten Schreiben übersandt und Ende Januar 1997 zugeleitet worden ist, beläuft sich dagegen über einen Betrag von 276.391,-- DM. Dabei handelt es sich um die Summe der Addition von Anschaffungspreisen der angeblich entwendeten Gegenstände, vornehmlich um wertvolle Kleidung. Wegen des Inhalts der Schriftstücke und der Einzelheiten der Schadensaufstellung wird auf Bl. 47 - 49 und Bl. 146 - 160 d.A. Bezug genommen. Der Kläger hat behauptet, die aus der Schadensaufstellung ersichtlichen Gegenstände seien von den in die Wohnung eingedrungenen unbekannten Tätern aus der Wohnung entwendet worden.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 122.100,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 % jährlich, seit dem 06.01.1997 bis zum 31.01.1999 und in Höhe von 8 % seit dem 01.02.1999 zu zahlen,
2. hilfsweise,
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den Antrag zu 1) hinaus bis zur Höhe von 12.210,00 DM wegen der versicherten Kosten gem. § 2 VHB 92 Deckung aus der Hausratsversicherung unter der Versicherungsnummer 66546995/601 für den Einbruchdiebstahl in der Zeit zwischen dem 23.12.1996 und 27.12.1.996 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
Die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat den behaupteten Einbruchdiebstahl bestritten und behauptet, der Einbruch sei vorgetäuscht. Er hat sich im übrigen auf Leistungsfreiheit nach § 61 VVG berufen und behauptet, die Wohnungseingangstür sei nur zugezogen, aber nicht abgeschlossen gewesen, als der Kläger mit seiner Familie in den Weihnachtsurlaub nach P aufgebrochen sei. Außerdem hat sich der Beklagte auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung nach § 6 III VVG in Verbindung mit § 21 Ziff. 1 c) VHB 92 berufen, weil der Kläger die Stehlgutliste bei der Polizei verspätet eingereicht habe.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen G (Bl. 214 ff d.A.), der bereits im Ermittlungsverfahren eingeschaltet war und im Auftrag der Beklagten zwei Gutachten erstattet hat, auf deren Inhalt (Sonderband der beigezogenen Akte 38 Js 997/97 StA Münster) verwiesen wird. Es hat sodann die Klage abgewiesen, weil das äußere Bild eines Einbruchs nicht bewiesen sei. Zwar seien Spuren gefunden worden, die auf ein Aufbrechen der Wohnungseingangstür hindeuteten. Die Vielzahl der Spuren sei aber nicht nachvollziehbar und spreche für eine Manipulation.
Gegen diese Entscheidung, wegen deren Einzelheiten - auch hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien - auf ihren Inhalt verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und vornehmlich die Beweiswürdigung des Landgerichts rügt. Er hält das äußere Bild eines Einbruchs für bewiesen und führt im einzelnen aus, die überflüssigen und für den Sachverständigen G nicht nachvollziehbaren Spuren seien mit der Vorgehensweise eines "echten" Einbrechers durchaus vereinbar, wenn dieser aufgrund mangelnder "Fachkenntnisse" und/oder unter großer Nervosität unprofessionell und wenig durchdacht gehandelt habe. Eine erhebliche Wahrscheinlichkeit eines vorgetäuschten Einbruchs sei dagegen nicht bewiesen. Es sei zudem auch ein Nachschlüsseldiebstahl, den Täter aus dem Umfeld der Haushälterin begangen haben könnten, denkbar.
Der Kläger wehrt sich weiter gegen den Vorwurf der grob fahrlässigen Herbeiführung des Diebstahls und einer Obliegenheitsverletzung. Er behauptet, er habe die Wohnungseingangstür beim Verlassen der Wohnung nicht nur zugezogen, sondern alle drei Schlösser abgeschlossen.
Der Beklagte verteidigt demgegenüber die angefochtene Entscheidung unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vorbringens und der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe. Er hebt hervor, für das Vorhandensein der überflüssigen Spuren gebe es keine plausible Erklärung außer der, daß der Diebstahl habe vorgetäuscht werden sollen. Ein unbefugter Schlüsselgebrauch sei nicht festgestellt worden. Der Haushälterin M sei der Schlüssel nicht weggenommen worden.
Der Beklagte hält dagegen mit näherer Begründung und unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen die Vortäuschung des Diebstahls durch den Kläger selbst für erheblich wahrscheinlich.
Er bestreitet darüberhinaus, daß die als gestohlen gemeldeten Gegenstände zur angeblichen Tatzeit in der Wohnung vorhanden waren. Er behauptet unter Berufung auf das Gutachten eines Sachverständigen, die entwendete Kleidung habe angesichts mangelnder Kapazitäten in der Wohnung und insbesondere in den Schränken nicht untergebracht werden können.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.
Der Senat hat den Kläger gem. § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen M G und der Zeugin S G. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 15.Dezember 2000 (Bl. 318 ff d.A.) verwiesen.
Es wird außerdem auf den Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakten 38 Js 997/97 StA Essen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und des Beweises waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Der Beklagte ist gem. §§ 1, 49 VVG i.Vbdg. mit §§ 5 und 18 VHB 92 verpflichtet, dem Kläger Ersatz für die entwendeten Hausrat- und Kleidungsgegenstände zu leisten.
Der Kläger hat den erforderlichen Mindestbeweis für eine bedingungsgemäße Entwendung erbracht, denn das äußere Bild eines versicherten Einbruchs ist gegeben. Demgegenüber sind konkrete Tatsachen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß der Versicherungsfall nur vorgetäuscht worden ist, nicht bewiesen.
Der Senat geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in Verbindung mit dem unstreitigen Sachverhalt auch davon aus, daß Hausrat und Kleidung jedenfalls zu einem Neuwert in Höhe der Versicherungssumme entwendet worden sind.
Bei einem behaupteten Einbruchdiebstahl kommen einem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen zugute, so daß er nicht den vollen Nachweis eines wie hier streitigen Diebstahls beweisen muß. Er genügt vielmehr seiner Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist. Dazu muß er ein Mindestmaß von Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß auf einen versicherten Diebstahl zulassen, beweisen (so u.a. BGH VersR 1996, 186). Zu dem Minimum an Tatsachen, die bei einem Einbruchdiebstahl das äußere Bild ausmachen, gehört regelmäßig auch das Vorhandensein von Einbruchspuren, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht zu ziehen ist, sowie daß die als gestohlen gemeldeten Sachen im wesentlichen vor dem behaupteten Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden und danach nicht mehr vorhanden waren (so BGH VersR 1995, 956).
Ist das äußere Bild bewiesen, bleibt dem Versicherer der Beweis von Tatsachen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit für eine Vortäuschung des Einbruchdiebstahls sprechen. Gelingt ihm dieser Beweis, muß der Kläger wiederum den vollen Beweis für den Diebstahl führen.
a)
Der Senat sieht hier den erforderlichen Mindestbeweis für das äußere Bild eines Einbruchs als erbracht an.
Dem Spurensicherungsbericht auf Bl. 9 ff der beigezogenen Ermittlungsakte ist zu entnehmen, daß die Polizeibeamten bei ihrem Eintreffen in der Wohnung des Klägers u.a. im Holz der Wohnungseingangstür und im Bereich der Stahlzarge umfangreiche Werkzeug-/Hebelspuren vorgefunden haben, die der Sachverständige G in seinem Gutachten ausgewertet hat und die einem Öffnen der Tür durch Aufhebeln zugeordnet werden können. Der Sachverständige G hat darüber hinaus die drei Schlösser der Wohnungseingangstür untersucht. Er hat - wie er vor dem Landgericht erläutert hat - bei dem Hauptschloß zwei voneinander unabhängige jeweils zum Erfolg - d.h. zum Öffnen der Tür führende Einbruchsspurenmerkmale vorgefunden, nämlich neben den Hebelspuren einen abgebrochenen Profilzylinder. Bei seiner ergänzenden Vernehmung vor dem Senat hat er bestätigt, daß die Wohnungseingangstür hier schön durch "einfaches Aufhebeln" geöffnet worden ist. Wie der Sachverständige G nämlich in seinen beiden schriftlichen Gutachten im einzelnen niedergelegt und sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Senat weiter ausgeführt hat, mußten die drei Schließeinrichtungen, mit denen die Wohnungseingangstür versehen war, nicht durch ein Werkzeug überwunden werden. Diese Schlösser waren nach den Untersuchungen des dem Senat als sachkundig und erfahren bekannten Sachverständigen entweder nicht abgeschlossen oder sind mit einem passenden Schlüssel geöffnet worden.
In der Wohnung selbst sind von den Polizeibeamten Fußspuren entdeckt worden. Die Wohnung war zudem "total durchwühlt", wie auf den Bildern in der Lichtbildmappe auf Bl. 14 ff der Ermittlungsakte festgehalten worden ist.
Der Umstand, daß an den drei Schlössern der Wohnungseingangstür Spuren vorhanden waren, die - wie der Sachverständige G in einzelnen aufgezeigt hat - unsinnig und überflüssig waren, um die Tür zu öffnen, betrifft nicht mehr das äußere Bild. Diese Spuren kommen vielmehr als Indizien für eine Vortäuschung des Versicherungsfalles in Betracht.
Diese Indizien lassen allerdings auch im Zusammenwirken mit den weiteren von dem Beklagten angeführten Umständen nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf schließen, daß der Versicherungsfall hier nur vorgetäuscht worden ist.
aa)
Zwar hat der Sachverständige G an den drei Schließvorrichtungen der Wohnungseingangstür ein "Übermaß von Spuren" festgestellt, deren Vorhandensein auch vom Kläger nicht bestritten wird. Aus seinen Ausführungen ist z.B. zu schließen, daß beim Hauptschloß einerseits massive Spuren gelegt worden sind, die keinen Öffnungseffekt haben, und andererseits zwei voneinander unabhängige jeweils zum Erfolg - also zum Öffnen der Tür - führende Einbruchspurenmerkmale vorhanden waren, nämlich einmal das Aufhebeln und einmal das Abbrechen des Profilzylinders, von denen jedenfalls eine Öffnungsart überflüssig war. Diese doppelten Aufbruchspuren am Hauptschloß sprechen daher für eine Manipulation. Gleiches gilt für die am Querriegelschloß und am Blockschloß gelegten Spuren. Die dort gefundenen Spuren waren zum Öffnen dieser Schlösser nicht mehr nötig, nachdem der Profilzylinder abgebrochen worden war, denn beide Schlösser waren in "Offenstellung" und nicht in "VerschlußStellung". Die bei dem Querriegelschloß gelegten Spuren wären zudem zum Öffnen des Riegels völlig ungeeignet, denn der Täter hat Spuren gelegt, ohne das Schloß zu drehen. Die hier festgestellte Vorgehensweise ist nach den Erfahrungen des Sachverständigen G bei einem "echten" Einbrecher nicht denkbar. Das Vorhandensein dieser offenkundig in Irreführungsabsicht gelegten Spuren indiziert daher die Vortäuschung eines Einbruchs (vgl. dazu z.B. OLG Karlsruhe VersR 1998, 757) oder die Vertuschung der Art und Weise es Eindringens.
Mit dieser Spurenlegung wird aber noch nicht eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung eines Einbruchdiebstahls auf Veranlassung und zugunsten des Klägers begründet. Das könnte nur dann angenommen werden, wenn ein fremder Täter, der sich ohne Wissen des Klägers in den Besitz eines passender Schlüssels gesetzt hätte, kein Interesse daran gehabt hätte, vermeintliche Spuren vorzutäuschen. Für eine irreführende und auf einen Einbruch hindeutende Spurenlegung hatte aber auch ein Täter ein Motiv, der befürchten mußte, als Inhaber eines echten Schlüssels oder eines Nachschlüssels - letzteres wäre ein Versicherungsfall - entdeckt zu werden und einen auf ihn fallenden Verdacht von sich ablenken wollte.
Nach Auffassung des Senats ist vorliegend der von der Berufung geäußerte Verdacht, die Täter seien mit Hilfe eines Nachschlüssels in die Wohnung eingedrungen, von dem Beklagten nämlich nicht ausgeräumt. Er ist auch nicht fernliegend.
Wie der Kläger im Ermittlungsverfahren angegeben hat, hatten außer ihm und seiner Ehefrau seine Schwägerin, die Haushälterin und eine Bekannte, die ab und an auf den Sohn des Klägers und seiner Ehefrau aufpaßte, einen "Schlüsselsatz" für die Wohnungseingangstür. Der Kläger hat es zwar für ausgeschlossen gehalten, daß diese "echten" Schlüssel zur Tatbegehung benutzt worden sind, und auch der Beklagte hat insoweit die genannten Personen nicht verdächtigt. Es ist aber denkbar und erscheint dem Senat nicht nur als reine Spekulation, daß einer der Schlüsselsätze zum Anfertigen von Nachschlüsseln benutzt worden ist, ohne daß dies von dem betreffenden Schlüsselinhaber bemerkt worden ist. Der Kläger traut zudem Personen aus der Umgebung der Haushälterin eine solche Tat und auch einen Diebstahl zu. Der Beklagte hat diesen Verdacht nicht ausgeräumt, sondern lediglich behauptet, der Ehemann der Haushälterin habe dieser die Schlüssel nicht weggenommen oder unbefugt in Gebrauch genommen. Der Kläger hat jedoch die ernsthafte Möglichkeit aufgezeigt, daß ein Bekannter des Ehemannes der Haushälterin, der zudem einen schlechten Leumund haben soll, die Tat begangen haben könnte. Die echten Schlüssel sind zudem nicht auf Kopierspuren untersucht worden, deren Fehlen die Möglichkeit eines Nachschlüsseldiebstahls vielleicht ausschließen würde. Ein Täter wie der vom Kläger Verdächtigte hatte aber - davon ist der Senat überzeugt - ein Interesse an einer irreführenden Spurenlegung, um nicht als "Nachschlüsseldieb" in Verdacht zu geraten.
Die irreführende Spurenlegung indiziert daher eine Vortäuschung des Versicherungsfalles durch den Kläger bzw. auf seine Veranlassung nicht.
bb)
Die weiteren von der Beklagten aufgezeigten Unstimmigkeiten lassen ebenfalls nicht auf eine Vortäuschung des Versicherungsfalles durch den Kläger schließen. Zwar ist auffallend, daß die Täter den PKW BMW Cabrio der Ehefrau des Klägers, der in der Tiefgarage stand und mit Hilfe der in der Wohnung gefundenen Fahrzeugschlüssel aufgeschlossen worden ist, nicht entwendet haben, obwohl es unschwer möglich gewesen wäre, die Tiefgarage mit dem Fahrzeug zu verlassen. Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, daß die Täter mit dem Mechanismus der Alarmanlage "nicht klar gekommen" sind, und einen beabsichtigten Diebstahl aufgegeben haben. Auffallend ist zwar auch, daß die Täter wertvolle Phonogeräte in der Wohnung gelassen, stattdessen aber andere weniger wertvolle Geräte sowie gebrauchte - wenn auch hochwertige - Kleidung mitgenommen haben. Die Art des Diebesgutes läßt jedoch noch keinen Schluß auf eine Vortäuschung zu.
Auch der Umstand, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, der - wie er selbst eingeräumt hat - 1995 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, undurchsichtig sind, kann nicht als Anhaltspunkt für die von dem Beklagten behauptete Vortäuschung des Versicherungsfalles ausreichen. Der Kläger und seine Familie pflegen offenbar einen großzügigen Lebensstil, wie die im Zusammenhang mit der Schadensaufstellung eingereichten Belege über die Anschaffung wertvoller Schmuck- und Kleidungsstücke deutlich machen. Daß der Kläger wegen Vermögensdelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten und verurteilt worden ist, geht weder aus dem Vortrag des Beklagten noch aus den beigezogenen Ermittlungsakten hervor. Das gegen ihn wegen des hier maßgeblichen Diebstahls zunächst eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschung einer Straftat ist mangels hinreichender Beweise eingestellt worden.
Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, daß der Kläger den Beklagten über den Umfang und den Wert der entwendeten Gegenstände getäuscht hat.
Zwar sind die Angaben des Klägers zu zum Schadensumfang insofern widersprüchlich, als nach der Schadensaufstellung (Bl. 146 ff d.A.) Hausratsgegenstände - vornehmlich wertvolle Kleidung - zum Anschaffungspreis von 276.000,-- DM entwendet worden sein sollen, während in der Schadenanzeige nur von einem Schaden von da. 50.000,-- DM die Rede ist. Der Kläger und seine Ehefrau haben diesen Widerspruch jedoch damit erklärt, daß man die Höhe des Schadens zunächst nicht habe überblicken können und daß sich dessen Höhe erst nach einer Addition der Preise herausgestellt habe.
Es bedarf auch keiner weiteren Beweiserhebung zu der Behauptung des Beklagten, die Kapazität der in der Wohnung des Klägers befindlichen Schränke habe schon zur Aufnahme der angeblich entwendeten Kleidung nicht ausgereicht. Wie die Photos in der Lichtbildmappe auf Bl. 14 ff der beigezogenen Ermittlungsmappe deutlich machen, waren in der Wohnung des Klägers in zwei Zimmern mehrtürige raumhohe Schränke sowie Kommoden mit Schubfächern aufgestellt. Wieviele Kleidungsstücke darin untergebracht werden konnten, hängt nicht nur von der Größe der Schränke, sondern auch von der Art der Aufbewahrung und des Volumens der einzelnen Kleidungsstücke ab. Dazu hat die Zeugin G bekundet, sie habe "jeden Winkel" ausgenutzt und die Kleidung - teilweise aus Seidenstoffen - teilweise auch zusammengefaltet aufbewahrt. Die Angaben der Zeugin sind nach Überzeugung des Senates mit den aus den Photos ersichtlichen örtlichen Gegebenheiten vereinbar. Einer nachträglichen Rekonstruktion durch einen Sachverständigen - wie sie der Beklagte beantragt - bedurfte es daher nicht.
Der Beklagte ist nicht aus dem Gesichtspunkt des § 61 VVG leistungsfrei, weil er den Versicherungsfall wenn nicht vorgetäuscht, so doch jedenfalls grob fahrlässig herbeigeführt hat, wie der Beklagten meint. Dabei kann es dahinstehen, ob es als objektiv grob fahrlässig zu bewerten ist, wenn die Wohnungseingangstür vor einer Abreise in einen 2-wöchigen Weihnachtsurlaub nicht verschlossen, sondern nur zugezogen wird. Der Beklagte hat nämlich nicht zu beweisen vermocht, daß die Schließvorrichtungen der Wohnungseingangstür vor dem hier maßgeblichen Versicherungsfall nicht verschlossen waren. Aus dem Gutachten des Sachverständigen G geht lediglich hervor, daß die Spuren an der Wohnungseingangstür und an den Schlössern zu einem Zeitpunkt gelegt worden sind, als die Schlösser nicht in Verschlußstellung waren. Das bedeutet jedoch nicht, daß der Täter sie auch in dieser Stellung vorgefunden hat, denn - wie oben ausgeführt ist - ist auch ein Nachschlüsseldiebstahl denkbar.
Der Beklagte kann sich schließlich auch nicht auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers nach § 6 Abs. III VVG berufen.
Vorsätzlich oder grob fahrlässig gemachte falsche Angaben in der Schadenanzeige können dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Daß die Angabe, die Schlösser an der Wohnungseingangstür seien zugeschlossen gewesen, unrichtig ist, kann nicht festgestellt werden, wie oben bereits ausgeführt ist.
Die Widersprüche zum Schadensumfang hat der Kläger nachvollziehbar erklärt.
Daß der Kläger die Stehlgutliste nicht unverzüglich, sondern erst Ende Januar 1997 bei der Polizei eingereicht hat, nachdem er bei Rückkehr aus dem Urlaub am 6.1.1997 den Diebstahl entdeckt hatte, kann ihm nicht als schuldhafte Obliegenheitsverletzung i.S.v. § 21 Ziff. 1 c) VHB 92 vorgeworfen werden.
Der Beklagte hat zwar in der Schadenanzeige darauf hingewiesen, daß die vollständige Schadensaufstellung zur Vermeidung der Gefährdung des Versicherungsschutzes auch der Polizei zugeleitet werden müsse (Bl. 48 d.A.). Zu besonderer Eile hat er den Kläger insoweit aber nicht angehalten. Der Kläger hat die Schadensanzeige am 18.1.1997 unterzeichnet und dem Beklagten zusammen mit der Schadensaufstellung und mit seinem Schreiben vom 21.1.1997 zugeleitet. Ende Januar 1997 hat auch die Polizei diese Aufstellung erhalten. Die Zeugin G hat diese zeitliche Abfolge damit erklärt, schon die Aufstellung der Stehlgutliste und das Heraussuchen der Belege habe viel Zeit in Anspruch genommen. Die Liste sei deshalb nicht sofort nach ihrer Fertigstellung bei der Polizei abgegeben worden, weil man noch einen Besprechungstermin habe vereinbaren wollen und auch vereinbart habe, den man aber nicht sofort bekommen habe Damit ist die zeitliche Verzögerung entschuldigt.
Die von dem Beklagten zu zahlende Entschädigungssumme beläuft sich auf 122.100,-- DM.
Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon aus, daß dem Kläger und seiner Ehefrau Hausrat und Kleidung zum Neuwert sowie versicherte Wertsachen jedenfalls in Höhe der Versicherungssumme von 122.000,-- DM entwendet worden ist.
Die Zeugin G hat bei ihrer Vernehmung vor dem Senat bestätigt, daß die aus der überwiegend von ihr gefertigten Schadensaufstellung ersichtlichen Gegenstände vor dem hier maßgeblichen Versicherungsfall in der Wohnung vorhanden waren und entwendet worden sind. Zwar ist ein Interesse der Zeugin als Ehefrau des Klägers am Ausgang des Rechtsstreits nicht auszuschließen. Dieser Umstand rechtfertigt es jedoch für sich genommen noch nicht, an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu zweifeln. Für zahlreiche Schadenspositionen hat der Kläger zudem Belege beigebracht, denen die Anschaffung des als entwendet angegebenen Gutes durch ihn bzw. seine Ehefrau zu entnehmen ist.
Da die Parteien einen Unterversicherungsverzicht vereinbart haben, wie der Beklagte mit Schreiben vom 13.7.1999 (Bl. 67 d.A.) bestätigt hat, ist es unerheblich, daß die Gesamtsumme des entwendeten Diebesgutes und insbesondere der Wert des gesamten Hausrats die Versicherungssumme von 122.000,-- DM übersteigt.
Gem. § 18 Ziff. 7 VHB 92 kann der Kläger schließlich über die Versicherungssumme hinaus versicherte Kosten bis zu 10 % der Versicherungssumme ersetzt verlangen. Daß dem Kläger insoweit Kosten - z.B. für Schäden an der Wohnungstür - in Höhe von mit dem Hauptantrag der Klage verlangten 100,-- DM entstanden sind, ist angesichts der auf den Photos in der Lichtbildmappe erkennbaren Schäden glaubhaft.
Der Zinsanspruch ist gem. § 24 Ziff. 2 VHB 92 begründet. Soweit der Kläger allerdings für die Zeit ab 1.2.1999 Zinsen in Höhe von 8 % verlangt, ist sein Anspruch unbegründet, denn er hat nicht - etwa durch Vorlage einer Zinsbescheinigung - nachgewiesen, daß ihm aufgrund des Verzuges des Beklagten durch Inanspruchnahme von Bankkredit ein Schaden entstanden ist.
Insoweit war die Klage unter Zurückweisung der Berufung abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 122.100,-- DM.
Ende der Entscheidung
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