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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.10.2004
Aktenzeichen: 20 U 103/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 04. Mai 2004 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt wegen eines - behaupteten - Kraddiebstahls aus einer bei der Beklagten genommenen Kaskoversicherung Zahlung von 11.500 EUR auf ein Konto der finanzierenden Bank. Er hat behauptet, er habe sein Suzuki-Krad am Abend des 02.08.2003 vor einem Hotel beim Nürburgring abgestellt. Als er - so jedenfalls seine Angabe vor dem Senat - am nächsten Morgen nach dem Frühstück mit dem Krad habe nach Hause fahren wollen und mit seiner Lebensgefährtin, der Zeugin P, zu dem Abstellplatz vor dem Hotel gegangen sei, habe er das Krad nicht wieder vorgefunden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das Urteil Bezug genommen. Mit der Berufung erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Sie macht u.a. geltend, das so genannte äußere Bild des Diebstahls sei weder durch die Zeugin P, die Lebensgefährtin des Klägers, noch durch den Kläger selbst bewiesen. Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einer Gegenforderung erklärt. Der Kläger verteidigt das Urteil. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in dieser Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat hat den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin P. Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen. II. Die Berufung ist begründet. Dem Kläger stehen wegen des behaupteten Diebstahls keine Ansprüche gegen die Beklagte zu. Denn der Diebstahl ist nicht bewiesen. Der Kläger hat schon das so genannte äußere Bild eines Diebstahls (vgl. dazu nur Römer, in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 49 Rn. 17 ff.) nicht bewiesen. 1. Allerdings hat die Zeugin P die Behauptung des Klägers bestätigt und u.a. bekundet, sie sei am Morgen des 03.08.2003 zusammen mit dem Kläger zu dem Abstellplatz gegangen, um mit dem Krad nach Hause zu fahren; sie hätten das Krad gegen ihre Erwartung nicht wieder vorgefunden. Der Senat (der die Zeugin erneut vernommen hat, da das Landgericht deren etwaige Bekundung zum Nichtwiedervorfinden des Krades weder im Protokoll noch im Urteil festgehalten hat) hat aber - auch nach dem persönlichen Eindruck, welchen die Zeugin bei ihrer Bekundung gemacht hat - erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage. Es steht nicht mit dem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, welcher Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese völlig auszuschließen (vgl. zu diesem Maßstab nur BGH, NJW 1993, 935, 937 unter II 3 a; NJW 2000, 953 f. unter II 3 b) fest, dass der Kläger am Morgen des 03.08.2003 zusammen mit der Zeugin zu dem Abstellplatz ging, um mit dem Krad nach Hause zu fahren, und das Krad nicht wieder vorfand. Die Zeugin hat sich bei ihrer Aussage vor dem Senat in auffallender Weise auf dieses Kerngeschehen des äußeren Bildes konzentriert. Bereits auf eine allgemeine Frage nach dem Tagesablauf am 01. und 02.08.2003 hat sie ausgesagt, der Kläger habe das Krad am Abend des 02.08.2003 auf dem Parkplatz vor dem Hotel abgestellt, er habe es abgeschlossen, und am nächsten Morgen hätten Kläger und Zeugin das Krad nicht wieder vorgefunden. Bei Fragen nach dem Randgeschehen hat sie mehrmals den Kläger angeschaut, wie wenn sie von diesem einen Hinweis für ihre weitere Aussage erwartete. Sie hat dann u.a. bekundet, sie wisse nicht mehr, ob sie und der Kläger am Morgen des 03.08.2003 vor der - beabsichtigten - Heimfahrt im Hotel gefrühstückt oder jedenfalls "einen Kaffee" getrunken hätten. Andererseits aber will sie noch genau in Erinnerung haben, dass der Kläger am Abend des 02.08.2003 das Krad abgeschlossen hat. Zudem weicht die Aussage der Zeugin in einem Punkt von den Angaben des Klägers ab. Der Kläger hat vor dem Senat angegeben, er habe, als er das Krad nicht wieder vorgefunden habe, zunächst gedacht, das Krad sei möglicherweise von einem Hotelmitarbeiter an eine andere Stelle gebracht worden; er sei deshalb ins Hotel zurückgegangen um nachzufragen; die Wirtin habe solches verneint und ihm mitgeteilt, dass noch - jedenfalls - ein weiteres Krad gestohlen worden sei; dann habe der Kläger die Polizei verständigt. Demgegenüber hat die Zeugin bekundet, der Kläger sei nach dem Nichtwiedervorfinden des Krades lediglich einmal um das Hotel gegangen, um das Krad zu suchen; dann habe er sofort die Polizei angerufen; erst nach Eintreffen der Polizeibeamten und in deren Beisein habe, vor dem Hotel, ein Gespräch zwischen dem Kläger und der Wirtin stattgefunden; erst bei diesem Gespräch habe der Kläger erfahren, dass noch - jedenfalls - ein weiteres Krad gestohlen worden sei. Diesen Widerspruch haben weder die Zeugin noch der Kläger erklärt. Schließlich hat die Zeugin - abgesehen davon, dass sie dem Kläger als dessen Lebensgefährtin persönlich verbunden ist - ein besonderes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Sie ist Verpflichtete des zur Finanzierung des Kradkaufs aufgenommenen Darlehens. Der Senat hält es nach alledem - und auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers - durchaus für möglich, dass die Zeugin die Unwahrheit gesagt hat und es tatsächlich nicht so war, dass der Kläger und sie am Morgen des 03.08.2003 zu dem Abstellplatz gingen, um mit dem Krad nach Hause zu fahren, und das Krad gegen ihre Erwartung nicht wieder vorfanden. 2. Der Kläger hat den Beweis auch nicht durch seine eigenen Angaben geführt. Die eigenen Angaben des Versicherungsnehmers genügen nur, wenn dieser glaubwürdig ist. Vorliegend hingegen bestehen aufgrund des vorausgegangen versuchten Versicherungsbetrugs und der anderen Straftaten des Klägers erhebliche Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit. Die Redlichkeitsvermutung (vgl. BGHZ 132, 79 = VersR 1996, 575; VersR 1997, 733) ist erschüttert. Der Kläger kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Beklagte den Versicherungsvertrag in - möglicher - Kenntnis des vorausgegangenen versuchten Versicherungsbetrugs abgeschlossen hat. Dies rechtfertigt es jedenfalls nicht, den Kläger vorliegend besser zu stellen als jeden anderen Versicherungsnehmer und es der Beklagten zu versagen, sich auf die Erschütterung der Redlichkeitsvermutung zu berufen. 3. Weitere Beweismittel für den behaupteten Diebstahl stehen dem Kläger nicht zur Verfügung. III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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