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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: 20 U 109/04
Rechtsgebiete: BGB, VVG, AHB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 823 I
BGB § 833
BGB § 834
VVG § 1
VVG § 49
AHB § 1 Ziff. 1
AHB § 1 Ziff. 2 a
ZPO § 59
ZPO § 60
ZPO § 61
ZPO § 138 III
ZPO § 531 II
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 2) gegen das am 1. April 2004 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser selbst sowie die Beklagte zu 2) zu je 50 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt diese selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger sowie der Beklagten zu 2) bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages beibringt.

Gründe: I. Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1), bei der er eine Tierhalterhaftpflichtversicherung unterhält, und die Beklagte zu 2), bei der er eine private Haftpflichtversicherung genommen hat, als Gesamtschuldner auf Gewährung von Deckungsschutz in Anspruch. Unter dem 11. Juni 1997 (Bl. 188 GA) beantragte der Kläger bei der Beklagten zu 1) den Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung für die Risiken "Hund und Pony". Die Beklagte zu 1) nahm den Antrag ausweislich des am 2. 7.1997 ausgestellten Versicherungsscheins (Bl 5 GA) an; der Einschluss der AHB und der besonderen Bedingungen der Beklagten zu 1) (im Folgenden: BBR-PHV) wurde vereinbart. Darüber hinaus unterhielt der Kläger seit 1998 bei der Beklagten zu 2) unter Einschluss der AHB sowie der Besonderen Bedingungen der Beklagten zu 2) (im Folgenden: RBE) eine Privathaftpflichtversicherung. In den RBE heißt es in Ziffer III wörtlich: "Nicht versichert ist 1. die Haftpflicht ...als Tierhalter und Tierhüter" In beiden Versicherungen waren die Familienmitglieder des Klägers, u.a. seine im Jahr 2001 16jährige Tochter K, mitversichert. K pflegte und ritt das vom Kläger angeschaffte Pony "E", das im Reitstall des Herrn G untergestellt war. Am frühen Abend des 30. April 2001 - das Pony war mit anderen Pferden auf der hinter dem Stallgebäude gelegenen Weide - säuberte K die Box des Ponys und verließ danach den Stall. Im Laufe des Abends brachen alle Pferde aus dem Stallgebäude aus - zwischen der Beklagten zu 1) und dem Kläger ist streitig, ob dies durch durch die nicht ordnungsgemäß von K verschlossene Box des Ponys E geschah -, verließen das Hofgelände und liefen in Richtung der Landstrasse L ###. Dort stießen zwei Pferde der Frau O mit dem Auto des Pfarrers M zusammen. Die beiden Pferde wurden getötet, Pfarrer M wurde schwer verletzt. Aufgrund des Schadenfalles sind folgende Ansprüche gegen die Tochter des Klägers gerichtlich geltend gemacht worden:

- Frau O verlangte mit ihrer Klage vom 13.12.2001 (LG Münster, Az.: 15 0 580/01) von der Tochter des Klägers Schadensersatz mit der Begründung, K habe es fahrlässig versäumt, nach dem Einstreuen die Türen der Box des Ponys zur Weide und zur Stallgasse hin ordnungsgemäß zu verschließen; so sei den Pferden die Flucht ermöglicht worden. Nachdem das Landgericht Münster mit Urteil vom 25. Juli 2002 die Klage zunächst abgewiesen hatte, erklärte das OLG Hamm in seinem rechtskräftigen Grundurteil vom 3. Juni 2003 (Az.: 27 U 153/02) unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt. Mit Schlussurteil des Landgerichts vom 5.2.04 wurde K rechtskräftig zur Zahlung von 6.950 € zzgl. Zinsen verurteilt.

- Mit Klage vom 8.4.2004 (LG Münster, Az.: 10 0 234/04) hat der bei dem Unfall schwerstverletzte Pfarrer M K sowie den Einstaller G und die Pferdehalterin O als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz (2.537,72 €), Schmerzensgeld (160.000 €) und -rente (300 € mtl) sowie auf Feststellung in Anspruch genommen. Er hat - bezogen auf K - die Klage damit begründet, dass K als Pferdehalterin und Besitzerin von E die Boxentür zur Stallgasse nicht ordnungsgemäß geschlossen habe und hierdurch fahrlässig die Ursache für das Entweichen der Pferde gesetzt habe. Das Landgericht hat in seinem - nicht rechtskräftigen - am 26.11.04 verkündeten Grund- und Teilurteil die Klage gegen den Einstaller G und K dem Grunde nach zu 2/3 für gerechtfertigt gehalten und die Klage gegen die Pferdehalterin O abgewiesen.

- Mit Klage vom 23.4.2004 (LG Münster, Az.:15 0 229/04) hat der Arbeitgeber des verletzten Pfarrers, das N, K und Herrn G sowie Frau O als Gesamtschuldner auf Zahlung übergegangener Heilbehandlungs- und Pflegekosten in Höhe von 407.809,93 € sowie Feststellung in Anspruch genommen. Die Klage gegen K hat es darauf gestützt, dass diese fahrlässig die Boxentür nicht ordnungsgemäß geschlossen habe und so den Pferden die Flucht ermöglicht worden sei. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 6.7.04 das Verfahren ausgesetzt.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorstehend angegebenen Verfahrensakten, die beigezogen worden sind, Bezug genommen. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von beiden Beklagten die Gewährung von Versicherungsschutz für alle Schadensersatzansprüche, die wegen des Unfalles vom 30.4.2001 von Dritten gegen K erhoben worden sind bzw erhoben werden. Er hat geltend gemacht: Die Beklagte zu 1) habe Versicherungsschutz zu gewähren, weil ausweislich der rechtskräftigen Entscheidung in dem von der Halterin der getöteten Pferde, O, geführten Verfahren feststehe, dass K die Boxentür fahrlässig nicht voll geschlossen habe und E in der Lage gewesen sei, diese - wie es das schon früher mehrfach getan habe - soweit zu öffnen, dass es herauslaufen konnte. Das geschickte Verhalten des Ponys sei Mitursache für das Schadensereignis geworden, es habe sich eine tiertypische Gefahr verwirklicht. Die Beklagte zu 1) müsse als Tierhalterhaftpflichtversicherung auch für ein Verschulden des Halters nach § 823 BGB im Rahmen der Tierhaltung einstehen. K sei Halterin von E gewesen: Sie habe die alleinige, weisungsfreie Entscheidungsbefugnis über Nutzung, Pflege und einen etwaigen Verkauf des Ponys, das ihr geschenkt worden sei, besessen. Er, der Kläger, habe nur die Kosten getragen, die Teil des Geschenks gewesen seien; K habe - unstreitig - über kein Einkommen verfügt. Die fahrlässige, nicht vollständige Verschließung der Boxentür begründe auch die Einstandspflicht der Beklagten zu 2); diese sei ebenfalls durch die Feststellungen im rechtskräftigen Grundurteil des OLG Hamm vom 3. Juni 2003 gebunden. Der Ausschluss in den RBE greife nur bzgl. der Tierhalterhaftung gemäß §§ 833, 834 BGB, nicht aber, wenn der Tierhalter wie hier schuldhaft gehandelt habe und gemäß § 823 BGB hafte. Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, seiner Tochter K Versicherungsschutz für alle Schadenersatzansprüche, welche aufgrund des Unfalls vom 30.4.2001, Unfallzeit 22. 36 in E auf der Landstrasse L ### in Höhe der Hausnaummer ## durch Dritte gegen K geltend gemacht werden, zu gewähren. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 1) hat geltend gemacht, die in dem Verfahren der Pferdehalterin O - insbesondere in der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Hamm vom 3. Juni 2003 - getroffenen Feststellungen seien für sie nicht bindend, weil sie an dem Verfahren nicht beteiligt gewesen sei. Sie hat u.a. ein Fehlverhalten K, das anschließende Öffnen der Boxentür durch E und die Flucht der Pferde durch diese Box bestritten. Außerdem - so die Beklagte zu 1) - sei die zum Unfallzeitpunkt knapp 16jährige K weder Tierhalterin noch Tierhhüterin von E und auch nicht seine Eigentümerin gewesen. Selbst wenn K aber Tierhalterin/-hüterin von E gewesen wäre und sie die Boxentür nicht korrekt verriegelt hätte, sei das nur als fahrlässiges Verhalten einer Privatperson anzusehen und durch die Privathaftpflichtversicherung gedeckt. Die Beklagte zu 2) hat sich der schriftsätzlichen Darstellung des Klägers angeschlossen, wonach K Tierhalterin oder zumindest Tierhüterin des Ponys gewesen sei und gemeint, ihre Leistungspflicht sei gemäß Ziffer III.1. ihrer RBE ausgeschlossen. Das Landgericht hat mit seinem Urteil vom 1.4.2004 (Bl. 82 f), auf das zur näheren Sachdarstellung und Begründung verwiesen wird, die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen und die Beklagte zu 2) dem gestellten Antrag entsprechend verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich der Kläger sowie die Beklagte zu 2) mit ihren Berufungen, mit denen sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge - der Kläger in Bezug auf die Beklagte zu 1) - weiterverfolgen. Der Kläger macht geltend: Auch wenn bislang nicht rechtskräftig festgestellt worden sei, dass das Pony E die von K nur unzureichend verschlossene Boxentür aufgedrückt habe, gereiche das der Beklagten zu 1) nicht zum Vorteil. Es sei nicht ausgeschlossen, dass in den beiden noch anhängigen Gerichtsverfahren, in denen noch Beweisaufnahmen bevorstünden, festgestellt werde, dass E die Tür aufgeschoben und sich also eine tierspezifische Gefahr verwirklicht habe; das werde von den dortigen Klägern auch behauptet. Für den Anspruch auf die Gewährung von Deckungsschutz reiche es aus, dass die Kläger der noch anhängigen Verfahren einen Sachverhalt behaupteten, der in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages mit der Bekl. zu 1) falle. Die Beklagte zu 1) verteidigt das Urteil des Landgerichts. Die Beklagte zu 2) macht ergänzend geltend: Der in Ziffer III Nr. 1 ihrer RBE geregelte Ausschluss greife vorliegend, da er sich auch auf die Verschuldenhaftung nach § 823 BGB erstrecke und nicht nur auf die Gefährdungshaftung nach § 833 BGB. Der Tierhalter und - hüter hafte als solcher auch für den fahrlässig unvorsichtigen Umgang mit dem Tier nach § 823 BGB, ohne dass es des Rückgriffes auf § 833 BGB bedürfe. Es komme auf die Eigenschaft an, in der der Versicherte gehandelt habe. Das Verschließen der Boxentür habe K in ihrer Eigenschaft als Tierhalterin vorgenommen. Außerdem sei in dem Urteil des OLG Hamm vom 3. Juni 2003 ein schadensverursachendes Verhalten des Ponys, nämlich das Aufschieben der nicht verriegelten Boxentür, festgestellt worden; diese Feststellung sei für den Deckungsprozess bindend. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2005 den Kläger persönlich angehört. Bzgl. der Einzelheiten seines Vortrages, den die Beklagte zu 1) sich ausdrücklich zu eigen gemacht hat, wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 205 R GA) Bezug genommen. Darüberhinaus wird im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der zu den Akten gelangten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen. II. Die zulässigen Berufungen haben in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat nur gegen die Beklagte zu 2) für die gegen seine Tochter wegen des Schadenfalles vom 30. April 2001 geltend gemachten Ansprüche der Geschädigten O und M sowie des geschädigten N Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz gemäß §§ 1, 49 VVG, § 1 Ziffern 1, 2 a AHB iVm dem Versicherungsvertrag. 1.) Berufung des Klägers Gegen die Beklagte zu 1) steht dem Kläger aus der Tierhalterhaftpflichtversicherung kein Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz zu. Die Leistungspflicht der Beklagten zu 1) setzt voraus, dass die von den Geschädigten in Anspruch genommene Tochter des Klägers Tierhalterin bzw Tierhüterin des Ponys E gewesen ist. Das ergibt sich aus dem zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) auf der Grundlage des Antrags vom 11. Juni 1997 geschlossenen Versicherungsvertrag, nach dem der zu gewährende Versicherungsschutz die gesetzliche Haftpflicht des Klägers bzw seiner Familie aus der Eigenschaft als Tierhalter (§ 1 Nr. 2 a AHB; Ziffer II Nr. 1 b BBR-PHV) und - gemäß Ziffer X der BBR- PHV - aus der Eigenschaft als "Hüter" umfasst. In dem - selbständigen, § 61 ZPO - Prozessrechtsverhältnis, das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) besteht, ist indessen zu unterstellen, dass K am 30.4.2001 weder Tierhalterin noch - hüterin des Ponys E gewesen ist. a) Tierhalter ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH grundsätzlich derjenige, der die Bestimmungsmacht über das Tier trägt, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt (so zB Urteil vom 19. Januar 1988 in: VersR 1988, 609). aa) Wie vom Kläger im Senatstermin vom 26.1.2005 (erstmals) vorgetragen, war K nicht Halterin im Sinne der vorgenannten Definition. Sie durfte danach nicht eigenverantwortlich über das Tier bestimmen, sondern war nur weisungsgebundene Nutzerin des Ponys, um das sie sich entsprechend den elterlichen Vorgaben zu kümmern hatte. Das Pony diente danach im Kern erzieherischen Zwecken der Eltern. Nur diese konnten und haben letztlich auch nach eigenem Gutdünken über das Tier befunden. An den neuen Sachvortrag des Klägers ist der Senat gebunden. Die Beklagte zu 1) hat ihn sich ausdrücklich zu eigen gemacht und ihn damit unstreitig gestellt, § 138 III ZPO. Der Vortrag ist deshalb - wie unlängst vom BGH in seinem Urteil vom 18. November 2004 (in: NJW 2005, 291) entschieden - zu berücksichtigen, auch wenn die dargelegten Umstände 'neu' sind und (eigentlich) Gründe für ihre Zulassung gemäß § 531 II ZPO vom Kläger nicht dargetan sind. Dass die Beklagte zu 2) den neuen Vortrag des Klägers bestritten hat, ändert nichts: Die Beklagten stehen dem Kläger als einfache Streitgenossen im Sinne von §§ 59, 60 ZPO einzeln gegenüber, beide können unabhängig voneinander über "ihren" Prozess frei verfügen und insbesondere widersprüchlich vortragen, ohne dass dies Einfluss auf das Prozessrechtsverhältnis des jeweils anderen Streitgenossen haben muss (Zöller: ZPO, 25. Auflage, Rn 8 zu § 61 ZPO (Vollkommer)). bb) Ohne Auswirkung auf die Frage, ob K Tierhalterin des Ponys E gewesen ist, bleibt, dass in den Haftpflichtprozessen des Geschädigten M und des geschädigten Ns Münster die Inanspruchnahme K jedenfalls auch unter Bezugnahme auf deren Haltereigenschaft erfolgt ist. In den Vordergrund haben ohnehin sowohl der Geschädigte M als auch das N das schuldhafte, unvollständige Verschließen der Boxentür und damit den Haftungstatbestand des § 823 BGB zur Begründung ihrer Ansprüche gestellt. Die Haltereigenschaft K - von dem Geschädigten M wird sie ausdrücklich behauptet; in dem vom N geführten Verfahren wird sie durch die dortige Mitbeklagte O in deren Klageerwiderung in das Verfahren eingeführt - wird als nicht in erster Linie anspruchsbegründender Umstand nur am Rande erwähnt, ebenso wie eine 'Mitwirkung' des Ponys E an der Flucht aller Pferde. Dennoch könnte die behauptete Haltereigenschaft K für den Deckungsprozess von Bedeutung sein, weil dann, wenn die Entscheidung im Deckungsprozess zeitlich der Entscheidung im Haftpflichtprozess vorangeht, grundsätzlich auf die Behauptungen der geschädigten Dritten abzustellen ist: Ergibt sich daraus ein Sachverhalt, der in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt, dann entsteht regelmäßig wenigstens ein Rechtsschutzanspruch des VN gegen seinen Versicherer (Prölss/Martin: VVG, 27. Auflage, Rn 6 zu § 149 VVG (Voit/Knappmann)). Dieser Grundsatz ist allerdings insoweit einzuschränken, als es um Tatsachen geht, die für den "zeitlichen, räumlichen und sachlichen Umfang des versicherten Risikos sowie für Ausschlüsse bedeutsam sind" (BGH in:VersR 1967, 769; Prölss/Martin, a.a.O, Rnrn 7 und 25 zu § 149 VVG (Voit/Knappmann)). Diese Tatsachen, zu denen im Rahmen der Tierhalterhaftpflichtversicherung auch die den sachlichen Umfang des versicherten Risikos bestimmende Haltereigenschaft gehört, müssen grundsätzlich objektiv vorliegen (bzw nicht vorliegen), um den Deckungsanspruch entstehen zu lassen. Sie ist deshalb auch im Deckungsprozess zu prüfen. Das führt vorliegend dazu, dass die Haftpflichtansprüche der Geschädigten nicht in den bei der Beklagten zu 1) versicherten Schutzbereich fallen. Wie ausgeführt ist K nach dem - entscheidenden - neuen Vorbringen des Klägers nicht Tierhalterin gewesen. cc) Auch die rechtskräftige Entscheidung des 27. Zivilsenats vom 3 Juni 2003 in dem Verfahren der Geschädigten O hat keine Auswirkung auf die Beurteilung der Frage, ob K Halterin des Ponys gewesen ist. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung der Beklagten zu 1), dass die Entscheidung im Haftpflichtprozess für sie deshalb nicht bindend sei, weil sie an dem Prozess nicht beteiligt gewesen sei. Regelmäßig entfaltet ein Urteil im Haftpflichtprozess auch dann für den nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung, wenn der Versicherer am Haftpflichtprozess nicht beteiligt war (vgl hierzu BGH in NJW 1963, 441). Der 27. Senat des OLG Hamm hat jedoch in seinem Grundurteil vom 3. Juni 2003 zu der Frage der Haltereigenschaft K keinerlei Feststellungen getroffen. Dies war auch nicht erforderlich, weil die Haftung aus § 823 I BGB wegen des nicht ordnungsgemäßen Verschließens der Tür hergeleitet worden ist. b) K ist auch nicht (Tier)Hüterin des Ponys E gewesen. Soweit nach Ziffer X der BBR- PHV in der Pferdehalterhaftpflichtversicherung die gesetzliche Haftpflicht als "Hüter" mitversichert ist, spricht viel dafür, dass es sich bei diesem Ausdruck - im verwendeten Kontext auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - um einen juristischen Begriff handelt. Zwar sind nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH allgemeine Versicherungsbedingungen grundsätzlich so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die allgemeinen Bedingungen verstehen muß (so zB in BGHZ 123, 83). Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, daß auch die allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen (so zB. BGH, Urteil vom 5. Juli 1995 in: VersR 1995, 951) Die Rechtssprache verbindet mit dem Begriff des (Tier)Hüters die in § 834 BGB enthaltene Definition: Danach ist Tierhüter (bzw Tieraufseher), wer die "Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt" - also derjenige, dem die selbständige, allgemeine Gewalt und Aufsicht über das Tier durch eine Vereinbarung übertragen wurde (Palandt: BGB, 64. Auflage, Rnrn 1 ff zu § 834 BGB (Sprau)). Der Kläger - in Bezug auf die Voraussetzungen für den begehrten Deckungsanspruch darlegungs - und beweisbelastet - hat nicht dargetan, dass er und/oder seine Ehefrau K mittels eines ausdrücklich oder stillschweigend geschlossenen Vertrages die Aufsicht über das Pony übertragen haben. Während er bis zum Senatstermin am 26.1.2005 ausschließlich Umstände hat vortragen lassen, die eine Haltereigenschaft K im Sinne von § 833 BGB nahe legten, hat er - wie ausgeführt - im Rahmen seiner persönlichen Anhörung eine rein tatsächliche Beaufsichtigung des Ponys durch K behauptet und in den Vordergrund gestellt. Beiden Sachverhaltsalternativen ist gemein, dass in ihnen eine vertragliche Vereinbarung bzgl. der Tieraufsicht, welche schon nach dem Wortlaut des § 834 BGB für die Annahme der Tierhütereigenschaft vorliegen muss, nicht enthalten ist. Selbst wenn man aber den Begriff des (Tier)Hüters nicht allein unter Rückgriff auf die Rechtssprache sondern umgangssprachlich im Sinne von "aufpassen" bzw "die Sorge tragen für " verstanden würde, wäre K nach dem zu Grunde zu legenden, neuen Vorbringen des Klägers nicht Tierhüterin. Ihre alleinige Aufgabe war es danach nur, unter Berücksichtigung der elterlichen Weisungen das im Eigentum ihrer Mutter stehende, in der Stallung des Herrn G untergebrachte und von diesem zu hütende Tier zu bewegen, zu pflegen und - gelegentlich- zu füttern. Sie musste weder auf das Tier aufpassen (im Sinne von: hüten), noch trug sie die Sorge für seine Existenz. Sie hatte sich deshalb um das Tier nur zu kümmern, soweit und so lange sie mit ihm zusammen war. Dies war zum Zeitpunkt des möglichen Öffnens des Stalles durch "E" und des Ausbrechens der Tiere nicht der Fall. 2) Berufung der Beklagten zu 2) Gegen die Beklagte zu 2) steht dem Kläger hingegen ein Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) erfasst der in Ziffer III. 1 ihrer RBE geregelte Risikoausschluss den vorliegenden Fall nicht. a) Allerdings ist K - in dem zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) bestehenden, selbständigen Prozessrechtsverhältnis - als Halterin des Ponys E anzusehen. Wie ausgeführt hat der Kläger - und das aufgreifend die Beklagte zu 2) - bis zu seiner Anhörung im Senatstermin am 26.1.2005 die Auffassung vertreten, K sei Halterin des Ponys E gewesen und dies mit einer Vielzahl von Umständen begründet (so zB Schriftsatz vom 29.3.2004, Bl. 152 GA: " ... denn sie allein hatte die Entscheidungsbefugnis bezüglich ihres Ponys. (...) Ihre Eltern .... ließen ihr völlig freie Hand im Umgang mit dem Tier. Sie war keinen elterlichen Weisungen unterworfen(...)"). Die vom Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat geschilderten Umstände stehen seinem bisherigen Vortrag diametral gegenüber. Anders als die Beklagte zu 1) hat die Beklagte zu 2) den neuen Sachvortrag nicht unstreitig gestellt, sondern bestritten. Konsequenz ist, dass der Kläger ihr gegenüber mit seinem neuen Vortrag ausgeschlossen ist. Zulassungsgründe im Sinne von § 531 II ZPO sind vom Kläger nicht dargelegt. b) Gleichwohl sind die gegen K erhobenen Haftpflichtansprüche der Geschädigten O und M und des geschädigten N vom Versicherungsschutz nicht nach Ziffer III. 1 der RBE ausgeschlossen. aa) Nach § 1 der Vertragsbestandteil gewordenen AHB gewährt die Beklagte zu 2) Versicherungsschutz bei Inanspruchnahme wegen Personen- oder Sachschäden aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts. In Ziffer A.l. RBE wird dies dahin erläutert, dass die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers - oder seiner Familienangehörigen, Ziffer A. II. 1 b RBE - als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der hier nicht in Rede stehenden Gefahren eines Betriebs, Berufs, Dienstes oder Amtes versichert ist. Aus dem so vertraglich vereinbarten "Kern"bereich des versicherten Risikos wird durch die Regelung unter Ziffer III. 1 der RBE ("Nicht versichert ist die Haftpflicht.... als Tierhalter und Tierhüter") ein bestimmtes Risiko herausgenommen. Der darin zu sehende Risikoausschluss (vgl. hierzu zB Prölss/Martin: VVG, Rn 11 zu § 49 VVG (Kollhosser)) ist nach der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, der die Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig würdigt, auszulegen (BGH in VersR 1993, 957 und ständig; Römer/ Langheid: VVG, 2. Auflage, Rn 16 zu Vor § 1 VVG (Römer)). Dabei sind Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen, als der Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Zweckes und der gewählten Ausdrucksweise dies erfordern. Der VN braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (BGH VersR 03, 236; BGH VersR 04, 1039 zur AUB). Eine solch enge Auslegung muss auch dann erfolgen, wenn das ausgeschlossene Risiko wie hier anderweit versichert werden kann und versichert worden ist, aber nicht versichert werden muss. Denn das Ergebnis der Auslegung kann nicht davon abhängen, ob tatsächlich eine Zusatzversicherung abgeschlossen worden ist. U.a. ausgeschlossen worden ist die Haftung "als Tierhalter". Der verständige VN wird bedenken, dass ihn, wie in anderen Bereichen als Halter auch, eine Haftung auch dann treffen kann, wenn er die zugrunde liegende Situation nicht verschuldet hat und dass dieses über das normale Risiko hinausgehende besondere Risiko vom Versicherer nicht getragen wird. Er wird auch überlegen, dass ein solches Risiko mit Risiken aus pflichtwidrigem Verhalten zusammentreffen kann. Er wird aber den Gedanken verwerfen, dass letztere Risiken ebenfalls vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sein sollen, denn diese Risiken treffen ihn nicht "als Halter" sondern als pflichtwidrig handelnder Mensch, der eher zufällig daneben auch Halter ist. Die Klausel verdeutlicht ihm nicht hinreichend, dass ein ansonsten bestehender Versicherungsschutz nur deshalb entfallen soll, weil er das Tier auch hält. Wäre das gewollt gewesen, wären andere Formulierungen als die, dass nur die Haftung als Halter des Tieres ausgeschlossen ist, problemlos möglich gewesen. Insbesondere die vom Versicherer gewählte Ausdrucksweise wird ihn deshalb zu dem Schluss gelangen lassen, dass auch ein nicht allein dem Halter vorbehaltenes pflichtwidriges Verhalten auch dann versichert ist, wenn dies ein tierisches Verhalten ermöglicht, das seinerseits die Halterhaftung aus § 833 BGB begründen kann. Die Annahme der Beklagten, dass mit Ziffer III. 1 RBE jedwede Pflichtverletzung des Pferdehalters vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist, sofern sie in irgendeinem Zusammenhang mit dem Pferd steht, findet danach in den Versicherungsbedingungen keine Stütze. Hätte die Beklagte zu 2) nicht nur die Gefährdungshaftung des § 833 BGB, sondern jede Haftung ausschließen wollen, die mit dem Umgang mit Pferden in Zusammenhang steht, hätte dies in den von ihr selbst gestellten Versicherungsbedingungen hinreichend deutlich vereinbart werden müssen - daran fehlt es. b) Ausgehend davon ist das K zur Last gelegte, unzureichende Verschließen der Boxentür vom Ausschluss unter Ziffer III.1 RBE nicht erfasst. Das Öffnen oder Verschließen der Tür zur Box eines Pferdes in einem von einer Vielzahl von Personen genutzten Stallgebäude ist für sich genommen keine typischerweise dem Halter oder dem Hüter eines Pferdes zuzuordnende Handlung. Es ist zwar ein Handgriff, der in Zusammenhang mit einem Aufenthalt im Stallgebäude und damit regelmäßig im Umgang mit den dort befindlichen Pferden erfolgt. Er ist jedoch nicht dem Halter oder Hüter des in der Box einstehenden Pferdes vorbehalten und deshalb spezifisch mit dieser Eigenschaft in Verbindung zu bringen. Das Öffnen oder Schließen der Tür kann vielmehr von jedem Besucher und jedem Nutzer des Stallgebäudes aus unterschiedlichster Intention heraus vorgenommen werden - sei es, um das in der Box stehende Tier zu füttern, um es nur zu streicheln; sei es, um durch die Box auf nächstem Wege auf die dahinterliegende Weide zu gelangen oder um in der Box Reparaturen vorzunehmen. Auch der Umstand, dass K vorliegend die Boxentür geschlossen hat, nachdem sie in der Box Arbeiten verrichtete, nimmt dem Schließvorgang nicht seinen an sich neutralen Charakter. b) Dass im Übrigen zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) unstreitig ist, dass das Pony E später am Abend die Boxentür aufgedrückt und hierdurch (auch) eine Mitursache für die Flucht der Pferde gesetzt hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Selbst wenn hierdurch die Grundlage für eine K zusätzlich treffende Gefährdungshaftung aus § 833 BGB geschaffen worden wäre, stünde diese Haftung selbständig neben der Haftung K aus § 823 BGB für das zeitlich vorgelagerte, fahrlässig unzureichende Verschließen der Boxentür. Für das hat die Beklagte zu 2) - wie ausgeführt - einzustehen. c) Aus diesem Grund ist letztlich auch nicht von Bedeutung, ob - wie die Beklagte zu 2) nach der hier (s. oben, Ziff. II.1.a) cc) vertretenen Auffassung zu Unrecht meint - der 27. Senat in seinem Urteil vom 3. Juni 2003 mit Bindungswirkung für den vorliegenden Deckungsprozess - bezogen auf die Ansprüche der Geschädigten O - festgestellt hat, dass ein tierspezifisches Verhalten des Ponys E mitursächlich für den späteren Schaden geworden ist. III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 ZPO; 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 ZPO, insbesondere nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Soweit das OLG Düsseldorf (in VersR 1995, 1343) entschieden hat, dass der in den dort vereinbarten Versicherungsbedingungen enthaltene Risikoausschluss eine Verschuldenshaftung des Tierhalters umfasst, ist der Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Das pflichtwidrige Verhalten des Hundehalters stellt sich - anders als die K vorzuwerfende Handlung - nämlich als tierhalterspezifisch dar.

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