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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.12.2000
Aktenzeichen: 20 U 132/00
Rechtsgebiete: VVG, ZPO


Vorschriften:

VVG § 5 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 132/00 OLG Hamm 4 O 43/00 LG Bochum

Verkündet am 20. Dezember 2000

Spilker, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knappmann, die Richterin am Oberlandesgericht Brumberg sowie den Richter am Oberlandesgericht Rüther

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. Juni 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer für ihre Praxisräume als Heilpraktikerin genommenen Geschäftsversicherung aus Anlaß eines Leitungswasserschadens auf Entschädigungsleistung in Anspruch.

Unstreitig trat am 26.07.1998 in den versicherten Praxisräumen ein Leitungswasserschaden auf. Die Beklagte hat diesen Schaden - soweit die Inhaltsversicherung betroffen ist - in Höhe von 45.066,47 DM reguliert. Dabei hat sie eine deutliche Unterversicherung zum Nachteil der Klägerin berücksichtigt (Gesamtinhaltsschaden: 79.484,87; Versicherungswert 141.098,- DM).

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Differenz zwischen dem Regulierungsbetrag von 45.066,47 DM und dem unstreitigen Gesamtinhaltsschaden von 79.484,87. Sie meint, es sei ein Unterversicherungsverzicht vereinbart worden; zumindest habe der Agent dies den Eheleuten B bei Antragstellung erklärt.

Die Beklagte hält die Klägerin für ausreichend entschädigt. Sie bestreitet die Vereinbarung eines Unterversicherungsverzichts.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete zulässige Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Dem Versicherer ist zuzugeben, daß die landgerichtlichen Entscheidungsgründe, wonach sich aus dem Versicherungsschein ein Unterversicherungsverzicht ergeben soll, nicht tragfähig sind. Gleichwohl ist das Urteil im Ergebnis zutreffend, weil nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme feststeht, daß der Zeuge M der von beiden Parteien als Vermittlungsagent der Beklagten bezeichnet wird, bei Antragstellung bedingungswidrig zugesichert hat, der von ihm angebotene Versicherungsvertrag enthalte einen Unterversicherungsverzicht der Beklagten. Die entsprechende Behauptung der Klägerin ist nicht nur von ihrem Ehemann, dem Zeugen W B sondern auch vom Zeugen M glaubhaft bestätigt worden.

Für die Falschauskunft ihres Agenten haftet die Beklagte. Begründen läßt sich dies mit zwei unterschiedlichen rechtlichen Gesichtspunkten, die aber beide zum selben Ergebnis, einer Erfüllungshaftung des Versicherers, führen. Deshalb braucht der Senat die Ausgangsfrage, welcher Meinung zu folgen ist, nicht zu entscheiden.

Zum einen sind die Voraussetzungen der versicherungsrechtlichen Vertrauenshaftung gegeben. Ein erhebliches Eigenverschulden der Klägerin, die sich auf die Richtigkeit der Erklärungen des Agenten zu dem im Antragsformular enthaltenen Begriff der "Vorsorge zum Ausgleich einer etwaigen Unterversicherung" ohne den Vorwurf erheblichen Eigenverschuldens verlassen durfte, liegt ersichtlich nicht vor. Auch die Beklagte macht das nicht geltend.

Zum anderen bezog sich der Versicherungsantrag der Klägerin, wie er gegenüber dem Agenten M geäußert worden ist, (auch) auf die Vereinbarung eines Unterversicherungsverzichts. Da die Beklagte dem unstreitig im Versicherungsschein nicht widersprochen hat, gilt § 5 Abs. 3 VVG, so daß der Versicherungsvertrag mit dem Inhalt des Antrags - also mit Unterversicherungsverzicht - zustandegekommen ist (vgl. Römer/Langheid, VVG, § 5 Rdn. 16; Schwintowski in Berliner Kommentar zum VVG, § 5 Rdn. 8, OLG Nürnberg NJWE - VHR 1998, 193).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 34.418,40 DM.

Ende der Entscheidung

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