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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 20 U 145/05
Rechtsgebiete: StPO, AKB
Vorschriften:
StPO § 170 Abs. 2 | |
AKB § 12 Abs. 1 I b Satz 1 | |
AKB § 12 Abs. 1 I b Satz 2 |
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. Februar 2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer für einen Pkw Cobra-Cravetti im Jahre 1998 genommenen Teilkaskoversicherung wegen einer behaupteten Unterschlagung des Pkw durch den Zeugen T - hilfsweise wegen eines Diebstahls durch Unbekannte - in Anspruch. Die vereinbarte Selbstbeteiligung beträgt 300,00 DM; die maximale Entschädigungsleistung 79.200,00 DM (40.494,32 €). Dem Versicherungsvertrag liegen die "Besonderen Vereinbarungen für Oldtimerfahrzeuge" und die AKB zugrunde.
Im Sommer 2001 gelangte der Pkw über eine Drittfirma auf Veranlassung des Zeugen B, dem Lebensgefährten der Klägerin, zum Zeugen T, der sich zum damaligen Zeitpunkt mit der Instandsetzung solcher Wagen beschäftigte. Zunächst sollte nur die Auspuffanlage verändert werden. Später erhielt der Zeuge T noch den Auftrag, die Elektrik neu zu verlegen. Im Verlaufe der Arbeiten durch den Zeugen T wurden weitere Arbeiten am dem Pkw erforderlich, zu deren Durchführung die Klägerin bzw. der Zeuge B Aufträge erteilten. So erhielt der Pkw neue Sitze. Hierüber verhalten sich die Rechnungen der Fa. T2 vom 01.02.2002 und vom 25.11.2002. Die Motorarbeiten wurden durch die Fa. S durchgeführt. Hierüber verhält sich die Rechnung vom 19.07.2002. Um die Arbeiten durch die Fa. S und die Fa. T2 durchführen zu lassen, hatte der Zeuge T den Pkw jeweils dort hingebracht. Nach Fertigstellung der Arbeiten holte der Zeuge T den Pkw auch wieder ab.
Ende des Jahres 2002/Anfang 2003 kam es zwischen dem Zeugen B, der sich im Auftrage der Klägerin um die technische Abwicklung kümmerte, und dem Zeuge T zu Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Bezahlung der Rechnungen. Der Zeuge T berechnete der Klägerin mit Rechnung vom 18.11.2002 - die der Klägerin aber erst Anfang Januar 2003 zuging - einen Betrag in Höhe von 9.353,78 €, die jedoch nicht bezahlt wurden. Insoweit behauptet die Klägerin, dass ein Pauschalpreis von 7.000,00 DM vereinbart worden sei. Aufgrund dieser Streitigkeiten bauten sowohl der Zeuge T als auch die Fa. S diverse von ihnen eingebaute Teile wieder aus.
Die Fa. S teilte dem Zeugen B mit Schreiben vom 29.01.2003 mit, dass sie die Ersatzteile aus dem Pkw demontiert habe.
Mit (Ein-)Schreiben vom 14.04.2003 forderte der Zeuge B den Zeugen T auf, mitzuteilen, wann der Pkw zur Abholung bereitstünde. Der Zeuge T beantwortete dieses Schreiben nicht. Nachdem die Klägerin einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatte, der am 06.05.2003 um Mitteilung des Verbleibs des Pkw bat, meldete sich im Auftrag des Zeugen T am 19.05.2003 Frau RAin N, die u. a. mitteilte, dass der Pkw bereits am 22.02.2003 mit einem Anhänger abgeholt worden sei.
Im August 2003 erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen den Zeugen T; im September 2003 teilte sie der Beklagten mit, dass der Pkw verschwunden sei. In der Schadensanzeige nahm die Klägerin unter der Rubrik "Werterhöhende Arbeiten /Reparaturen" Bezug auf die Rechnungen T und S.
Die Beklagte ermittelte einen Wiederbeschaffungswert von 35.000,00 €. Der Sachverständige Bentrop kommt in einem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten vom 30.10.2003 zu einem Wiederbeschaffungswert von 44.000,00 €.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 18.10.2004 eine Regulierung endgültig ab.
Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat das gegen den Zeugen T eingeleitete Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil die Einlassung des Zeugen T nicht zu widerlegen sei.
Die Klägerin hat behauptet, dass der Zeuge T den Pkw unterschlagen habe. Hilfsweise hat sie sich darauf berufen, dass der Pkw in der Zeit von Sommer 2001 bis zum 22.02.2003 vom Gelände des Zeugen T gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers entwendet worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.494,32 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin den Pkw habe abholen lassen bzw. dass ein nicht versicherter Sachbetrug vorliege. Hierzu hat sie behauptet: Der Zeuge B sei vom Zeugen T mit Telefaxschreiben vom 15.02.2003 darüber informiert worden, dass der Pkw ab dem 20.02.2003 zur Abholung bereit stünde. Der Pkw sei am 22.02.2003 gegen 15.00 Uhr von 3 Männern, die sich als vom Zeugen B bevollmächtigt ausgegeben hätten, mittels eines Anhängers mit roten Nummernschildern abgeholt worden. Die Männer hätten den Originalfahrzeugschein vorgelegt und seien auch im Besitz eines Originalschlüssels gewesen. Ergänzend hat sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzungen berufen. Die Klägerin habe den Schaden verspätet gemeldet. Sie habe bzgl. des Wertes des Pkw falsche Angabe gemacht. So habe sie auf eine Werterhöhung durch Bezugnahme auf die Rechnungen T und S hingewiesen, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass Teile der eingebauten Teile ausgebaut worden seien. Letztlich hat sie den Wiederbeschaffungswert bestritten.
Das Landgericht hat die Zeugen T und B vernommen und die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:
Die Klage sei nicht schon deshalb unbegründet, weil eine nicht versicherte Form der Unterschlagung vorliegen würde. Dem Zeugen T sei das Fahrzeug nicht zum Gebrauch überlassen worden. Die Klage sei aber unbegründet, weil die Klägerin nicht habe beweisen können, dass der Pkw durch den Zeugen T unterschlagen oder durch Dritte entwendet worden sei. Den Versicherungsnehmer treffe die Beweislast dafür, dass ein Pkw nicht durch Sachbetrug abhanden gekommen sei.
Die Kammer sei zwar nicht davon überzeugt, dass der Pkw am 22.02.2003 von drei Personen abgeholt worden sei. Auf der anderen Seite sei sie aber auch nicht davon überzeugt, dass der Zeuge T gelogen habe. Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass sich Dritte - sei es in oder ohne Zusammenarbeit mit dem Zeugen B - durch Vorspiegelung falscher Tatsachen den Pkw erschlichen hätten.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin:
Das Landgericht habe die Beweislast verkannt. Das vom BGH bei der Kaskoversicherung geforderte "äußere Bild" eines Versicherungsfalles sei unstreitig gegeben. Der Pkw sei dem Zeugen T zur Reparatur übergeben worden und befände sich dort nicht mehr. Es sei Sache der Beklagten zu beweisen, dass der Pkw durch einen nicht versicherten Sachbetrug abhanden gekommen sei. Diesen Beweis könne sie aber durch die Aussage des Zeugen T nicht führen, was bereits aus den Ausführungen des Landgerichts folge.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte abändernd zu verurteilen, an sie 40.494,32 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil wie folgt:
Die Klage sei unschlüssig. Eine versicherte Unterschlagung liege nicht vor. Jedenfalls sei die Klage deshalb unbegründet, weil die Klägerin nicht bewiesen habe, dass ein Versicherungsfall vorliege. Die Klägerin verkenne, dass der Versicherungsnehmer in jedem Fall (voll) beweisen müsse, dass der Pkw an einem bestimmten Ort abgestellt worden und später nicht mehr vorgefunden worden sei. Es müsse mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen angesehen werden können, dass der Versicherungsnehmer selbst oder ein anderer mit seinem Willen den Pkw vom Abstellort weggefahren habe. Die Klägerin könne den Vollbeweis, dass der Pkw nicht mit ihrem Willen oder im Willen des von ihr beauftragten Zeugen B vom Abstellort weggefahren worden ist, nicht führen.
Sie sei auch wegen der dargelegten Obliegenheitsverletzungen der Klägerin leistungsfrei geworden; der Wiederbeschaffungswert werde weiterhin bestritten.
Der Senat hat die Klägerin persönlich angehört und die Zeugen B und T ergänzend vernommen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 18.01.2006 verwiesen. Die Akten 452 Js 6646/04 StA Darmstadt sind beigezogen worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet, weil der Klägerin der aus der Teilkaskoversicherung geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zusteht. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der Verlust des Fahrzeugs auf eine versicherte Entwendung zurückzuführen ist (§ 12 Abs. 1 I b AKB).
1.) Die Klägerin beruft sich in erster Linie auf eine Unterschlagung des Fahrzeuges durch den Zeugen T.
a) Eine Unterschlagung stellt in der Teilversicherung grds. einen (versicherten) Fall des Verlustes des Fahrzeuges durch Entwendung nach § 12 Abs. 1 I b Satz 1 AKB dar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Unterschlagung durch jemandem begangen wird, dem der Versicherungsnehmer das Fahrzeug unter Eigentumsvorbehalt veräußert hat oder dem es zum Gebrauch überlassen worden ist (§ 12 Abs. 1 I b Satz 2 AKB). Es handelt sich dabei um einen Risikoausschluss; für das Vorliegen seiner Voraussetzungen ist der Versicherer beweisbelastet (BGHZ 79, 55).
b) Der Anspruch der Klägerin scheitert nicht bereits daran - unabhängig von der Frage, ob eine Unterschlagung durch T tatsächlich erfolgt ist -, dass der Risikoausschlusstatbestand des § 12 Abs. 1 I b Satz 2 AKB in der - hier nur einschlägigen - Form der "Überlassung zum Gebrauch" vorliegt. Die Klägerin hat dem Zeugen T das Fahrzeug nicht "zum Gebrauch" überlassen.
(1) Zum "Gebrauch" bedeutet zunächst, dass eine selbständige Benutzung des Pkw vorliegen muss. Darüber hinaus greift § 12 Abs. 1 I b Satz 2 AKB aber nur ein, wenn das erhöhte Risiko einer Unterschlagung gegeben war, weil der Dritte das Fahrzeug im eigenen Interesse gebrauchen kann und ihm eine selbständige Verfügungsmacht über das Fahrzeug eingeräumt worden ist. Dieses erhöhte Risiko soll u. a. bei einem angestellten Fahrer entfallen (Senat VersR 1995, 1477; Stiefel-Hoffmann, AKB, 17. Aufl. zu § 12 RdNr. 51).
(2) Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob dem Zeugen T eine selbständige Verfügungsmacht eingeräumt war. Eine "Überlassung zum Gebrauch" liegt gleichwohl nicht vor. Nach Auffassung des Senats setzen die Begriffe "Benutzung" und "Gebrauch" nach allgemeinem Sprachempfinden eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers voraus, dass die Überlassung zu dem Zwecke erfolgt, zu dem Fahrzeuge im Regelfall hergestellt und zugelassen werden, nämlich zur Fortbewegung und /oder zum Transport (so auch Stiefel-Hoffmann aaO). Vorliegend ist unstreitig, dass der Zeuge T das Fahrzeug lediglich instand setzen sollte, es ihm - wie die Beklagte im Schriftsatz vom 30.12.2005 selbst vorträgt (Bl. 113 d.A.) "im wesentlichen zwecks Reparaturarbeiten überlassen" worden war. Die Beklagte behauptet somit selbst nicht, dass der Zeuge T das Fahrzeug im vorgenannten Sinne "benutzen" sollte und auch konnte. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass das Fahrzeug im Hinblick auf die rd. 18 Monat dauernden Reparaturarbeiten an der Elektrik und am Motor nicht fahrbereit war, so dass es auch nicht "benutzt" hätte werden können.
(3) Der Versicherungsfall "Entwendung durch Unterschlagung" ist deshalb nicht bereits durch § 12 Abs. 1 I b Satz 2 AKB ausgeschlossen.
c) Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist aber nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass der Zeuge T (eine andere Person kommt auch nach Vortrag der Klägerin nicht in Betracht) das Fahrzeug unterschlagen hat.
aa) Die Klägerin ist für das Vorliegen der von ihr behaupteten versicherten Unterschlagung durch den Zeugen T (voll) beweisbelastet. Diesen Beweis hat sie nicht geführt.
Entgegen ihrer Auffassung kann sich die Klägerin nicht erfolgreich auf das Vorliegen von Beweiserleichterungen berufen. Soweit sie darauf abstellt, dass sie das "äußere Bild" bewiesen habe, weil sie - was unstreitig ist - dem Zeugen T das Fahrzeug übergeben hat und sich das Fahrzeug nicht mehr beim Zeugen T befindet, so teilt der Senat diese Auffassung nicht. Soweit ersichtlich, wird das "äußeres Bild" einer versicherten Unterschlagung weder in Literatur noch in Rechtsprechung beschrieben. Nach Auffassung des Senats besteht auch kein Bedürfnis, dem Versicherungsnehmer in Fällen, in denen er sich auf eine versicherte Unterschlagung durch einen ihm bekannten Dritten beruft, Beweiserleichterungen zu gewähren. Die dem Versicherungsnehmer im Falle eines behaupteten Diebstahls von der Rechtsprechung gewährten Beweiserleichterungen (Anzeichenbeweis) rechtfertigen sich vor dem Hintergrund, dass es dem Versicherungsnehmer nur in seltenen Ausnahmefällen gelingen wird, den Vollbeweis eines Diebstahls zu erbringen. Dieser Beweis kann nur erbracht werden, wenn Zeugen für die unmittelbare Entwendung vorhanden sind und/oder der Täter gefasst wird. Daher genügt es nach der Rechtsprechung, dass der Versicherungsnehmer einen Sachverhalt darlegt und beweist, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Fahrzeugdiebstahl zulässt. Dazu reicht es aus, dass der Versicherungsnehmer darlegt und beweist, dass er das Fahrzeug an einem bestimmten Ort abgestellt hat und dort nicht wieder aufgefunden hat. Bei dieser Beweiserleichterung handelt es sich um eine von den Vertragsparteien gewollte, dem Vertrag innewohnende Verschiebung des Eintrittsrisikos und damit um eine materiell-rechtliche Risikozuweisung (vgl. BGH, VersR 1984, 29; BGH VersR 1995, 909; BGH VersR 1993, 571).
Im Falle einer - wie im vorliegenden Fall - behaupteten und grds. versicherten Unterschlagung durch jemand, dem der Versicherungsnehmer das Fahrzeug übergeben hat, befindet sich der Versicherungsnehmer nicht in einer vergleichbaren Beweisnot wie im Falle eines behaupteten Diebstahls. Denn der Versicherungsnehmer weiß, wem er das Fahrzeug anvertraut hat. Besteht neben der versicherten Entwendung eine andere, nicht versicherte Möglichkeit des Verlustes des Fahrzeuges, wie z. B. der nichtversicherte Sachbetrug, so hat der beweisbelastete Versicherungsnehmer diesen jedenfalls auszuschließen. Der (Trick-)Diebstahl wird vom (Sach-)Betrug dadurch abgegrenzt, dass nicht lediglich eine Gewahrsamslockerung im Einverständnis mit dem Verfügungsberechtigten erzielt und durch eine weitere Handlung der "Gewahrsamsrest" gebrochen wird (dann Diebstahl), sondern dass der Verfügungsberechtigte den Gewahrsam unmittelbar infolge einer Täuschungshandlung aufgibt (vgl. zur Abgrenzung Trickdiebstahl und Sachbetrug, OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 1250; Senat VersR 1973, 660). Beim (Sach-)Betrug handelt es sich nicht um eine Form der versicherten Entwendung (Prölss/Martin-Knappmann, VVG, 27. Aufl., zu § 12 AKB, RdNr. 16 m.w.N.)
Bleibt offen, ob der Verlust des versicherten Fahrzeuges durch eine - unstreitig versicherte - Unterschlagung oder durch einen - nichtversicherten - (Sach-)Betrug eingetreten ist, so besteht keine Leistungspflicht des Versicherers (vgl. OLG Thüringen, VersR 1999, 305).
bb) Der Senat kann aufgrund des Ergebnisses der - ergänzend durchgeführten - Beweisaufnahme nicht feststellen, ob der Zeuge T das Fahrzeug unterschlagen hat oder ob Dritte das Fahrzeug durch einen - nicht versicherten - Sachbetrug erlangt haben. Der Zeuge T hat vor dem Senat - ebenso wie vor dem Landgericht - die Behauptung der Klägerin, wonach er - T - das Fahrzeug unterschlagen hat, nicht bestätigt. Er hat den Verlust des Fahrzeugs mit einer Abholung durch drei Männer, die sich - nach seiner Darstellung - durch Vorlage der Fahrzeugpapiere und des Autoschlüssels als von der Klägerin legitimiert und beauftragt dargestellt haben, erklärt. Ebenso wie das Landgericht ist auch der Senat zwar nicht davon überzeugt, dass der Zeuge T in allen Punkten die Wahrheit gesagt hat. So hält der Senat seine Darstellung, dass er dem Zeugen B am 17.02.2003 mit einem Fax angezeigt habe, der Wagen könne jetzt abgeholt werden, nicht für nachvollziehbar. Der Zeuge T hat ein solches Fax nicht vorlegen können. Die dafür abgegebene Erklärung, das Fax sei im Computer generiert und er gelange nicht mehr an die Daten, da er - was unstreitig ist - im Jahre 2004 insolvent geworden sei und sich deshalb keine Geschäftsunterlagen in seinem Besitz befänden, überzeugt den Senat nicht. Dem Zeugen musste sich bereits im Verlaufe des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens im Jahre 2003 aufdrängen, dass dieses Fax eine entscheidende Bedeutung haben könnte. Denn damit hätte er nachvollziehbar nachweisen können, dass die Klägerin bzw. der Zeuge B den Wagen zeitnah im Zusammenhang zu seiner Abholungsaufforderung abgeholt hätte. Der Inhalt eines solchen Schreibens hätte seine Schilderung glaubhafter erscheinen lassen. Im Jahre 2003 waren die vorgetragenen geschäftlichen Schwierigkeiten aber noch nicht aufgetreten, so dass es dem Zeugen möglich gewesen wäre, das Fax auszudrucken und zu seinen Akten zu nehmen. Die Schilderung des Zeugen in Bezug auf ein angebliches Antwortfdax des Zeugen B vom 20.02.003 ist ebenfalls geeignet, Misstrauen gegen den Zeugen T zu begründen. So hat er in seiner Vernehmung vor der Polizei am 06.11.2003 die Existenz eines Faxschreibens, wonach der Zeuge B am 20.02.2003 die Abholung des Wagens ankündigte, erwähnt. Gegenüber dem Landgericht hat der Zeuge jedoch bekundet, dass ihm ein solches Fax nicht erinnerlich sei und er sich auch nicht vorstellen könne, ein solches Fax erhalten zu können. Vor dem Senat hat er jedoch wiederum erklärt, der Zeuge B habe ihm ein Antwortfax geschrieben. Diesen Widerspruch hat der Zeuge nicht aufzuklären vermocht. Widersprüchlich sind auch seinen Angaben zu den Fahrzeugpapieren, die ihm die abholenden Männer vorgelegt haben sollen. Sowohl im Ermittlungsverfahren als auch vor dem Landgericht hat der Zeuge angegeben, dass die Männer den Originalfahrzeugschein vorgelegt hätten. Im Senatstermin hat er erklärt, dass die Männer ihm eine Kopie des Fahrzeugbriefes gezeigt hätten. Auch diesen Widerspruch hat der Zeuge nicht hinreichend erklärt. Er hat sich lediglich darauf berufen, dass bei seiner Aussage vor dem Landgericht alles in frischerer Erinnerung gewesen sei.
Aus diesen Auffälligkeiten kann aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass die Aussage des Zeugen in allen Punkten nicht stimmt. Für den Zeugen spricht seine detaillierte - und im wesentlichen gleichbleibende - Beschreibung der Vorgeschichte (Reparatur, Rechnungen etc.) und des Vorgangs der Abholung sowie der Umstand, dass das von ihm notierte Kennzeichen des Anhängers tatsächlich existiert und auch einem Autohaus zugeordnet werden konnte. Zwar sind die Ermittlungen der Polizei in letzterer Hinsicht im Sande verlaufen, weil die Polizei nach Auffassung des Senats nicht mit dem nötigen Nachdruck ermittelt hat (vgl. Bl. 30 ff., Bl. 68 BA). Der Zeuge hätte - im Falle der Angabe eines Fantasiekennzeichens - eine Überführung riskiert. Bei konsequenter Durchführung der Ermittlungen hätte die Polizei auch herausfinden können, wer zum angegebenen Datum - 22.02.2003 - den Anhänger in Gebrauch hatte bzw. hätte benutzen können bzw. dass der Anhänger zu diesem Zeitpunkt definitiv nicht benutzt worden war. Der Zeuge konnte aber nicht von vornherein sicher sein, dass die Ermittlungen ergebnislos ausgehen würden.
Eine mögliche Erklärung für die nach Auffassung des Senats nicht nachvollziehbaren Angaben des Zeugen zu den Faxschreiben könnte darin liegen, dass der Zeuge T - bei unterstellter Richtigkeit seiner weiteren Schilderung zum Abholen des Wagens befürchtete, von der Klägerin in Regress genommen zu werden, weil er den Wagen ohne hinreichende Legitimation der Abholenden herausgegeben hatte.
Aus dem Inhalt der Aussage des Zeugen B kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die Angaben des Zeugen T zu dem Kerngeschehen der Abholung des Fahrzeuges unzutreffend sind. Zwar steht die Aussage des Zeugen B, wonach er die Fahrzeugpapiere nie aus der Hand gegeben hat, im direkten Gegensatz zur Aussage des Zeugen T. Der Senat ist jedoch nicht mit der nötigen Sicherheit davon überzeugt, dass der Zeuge B wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Auffällig ist zunächst der Umstand, dass er sich nicht im zu erwartenden Umfang um das - wertvolle - Fahrzeug der Klägerin gekümmert hat. Er hat das Fahrzeug im Sommer 2001 zum Zeugen T bringen lassen. Rund eine Woche später ist er persönlich beim Zeugen T gewesen. Unstreitig ist er danach nicht wieder vor Ort gewesen, um sich persönlich über den Reparaturfortschritt zu informieren, obwohl er mit einer Instandsetzung von lediglich 10 Wochen gerechnet hatte. Der Senat geht weiterhin davon aus, dass sich die Klägerin bzw. der mit der Abwicklung der Instandsetzung beauftragte Zeuge B im Jahre 2002 in finanziellen Schwierigkeiten befanden. Unstreitig ist weder die Rechnung der Fa. S noch die Rechnung des Zeugen T beglichen worden. Die Erklärung des Zeugen B, er habe die Rechnung des Zeuge T u. a. deshalb nicht bezahlt, da dieser seine Arbeiten nicht fertig gestellt habe, hält der Senat nicht für überzeugend. Denn in der Strafanzeige vom 21.08.2003 ist die Zahlungsverweigerung ausschließlich damit begründet worden, die Rechnung sei überhöht, da ein Festpreis vereinbart worden sei.
Selbst wenn der Einwand bzgl. der Rechnung T zutreffend gewesen wäre, erschließt sich dem Senat nicht, warum die noch in Höhe von rd. 1.650,00 € offene Rechnung der Fa. S, die die bei ihr in Auftrag gegebenen Arbeiten durchgeführt hatte, nicht beglichen wurde, so dass sich die Fa. S veranlasst sah, einen Teil der eingebauten Teile wieder auszubauen.
Schließlich hält der Senat das Verhalten des Zeugen B nach dem Auftreten der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Rechnung T für nicht nachvollziehbar. Nach seiner Darstellung erhielt er Ende November 2002 die Rechnung des Zeugen T. Danach kam es zu bis Ende des Jahres 2002/Anfang 2003 zu diversen telefonischen Gesprächen, die zu keinem Ergebnis führten. Nach seiner Schilderung weigerte sich der Zeuge T, den Wagen herauszugeben.
Trotz des Umstandes, dass er die Rechnung des Zeugen T für unberechtigt hielt, sah sich der Zeuge B gleichwohl erst im April 2004, also zumindest drei Monate nach diesen Vorfällen, veranlasst, nach einem Abholtermin nachzufragen. Träfe die Darstellung des Zeugen zu, wäre zu erwarten gewesen, dass er unverzüglich - und evtl. unter Einschaltung eines Rechtsanwaltes - den Wagen herausverlangte.
Jedenfalls kann der Senat aus den Bekundungen der Zeugen B und T nicht zweifelsfrei positiv feststellen, dass der Zeuge T den Wagen unterschlagen hat. Der von dem Zeugen T geschilderte anderweitige Geschehensablauf ist bei Würdigung aller Umstände, insb. der Aussage des Zeugen B, ebenso wahrscheinlich. Die fehlende Aufklärbarkeit geht nach allgemeinen Grundsätzen zu Lasten der beweispflichtigen Partei, vorliegend zu Lasten der Klägerin (s.o.).
2.) Soweit sich die Klägerin - hilfsweise - pauschal darauf berufen hat, das Fahrzeug sei dem Zeugen T gestohlen worden, ist ihr Vortrag unschlüssig. Sie hat weder eine konkrete Diebstahlstat durch einen bestimmten Täter geschildert, noch das äußere Bild eines Diebstahls (Abstellen des Pkw und Nichtwiederauffinden), für dessen Vorliegen der Versicherungsnehmer voll beweispflichtig ist, vorgetragen. Auch der Zeuge T hat die Voraussetzungen eines versicherten Diebstahls nicht bekundet. Stellt man auf seine Aussage ab, dann ist der Verlust des Fahrzeuges durch - nicht versicherten Sachbetrug, (s.o.) - eingetreten und nicht durch Diebstahl. Der Zeuge T hat als Verfügungsberechtigter den Gewahrsam unmittelbar infolge einer Täuschungshandlung aufgegeben.
3.) Da das Vorliegen einer versicherten Entwendung nicht bewiesen ist, kam es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte wegen Obliegenheitsverletzungen der Klägerin leistungsfrei geworden ist. Aus diesem Grunde kann auch die zwischen den Parteien streitige Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges offen bleiben.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 543 ZPO).
Ende der Entscheidung
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