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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 20 U 179/05
Rechtsgebiete: MB/KT 94, ZPO


Vorschriften:

MB/KT 94 § 1 Nr. 3
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Juni 2005 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat bei der Beklagten eine Krankentagegeldversicherung genommen. Gemäß § 1 Nr. 3 der vereinbarten MB/KT 94 liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, diese auch nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Die Klägerin betreibt ein Reformhaus. Dieses ist mindestens von Montag bis Freitag von 9 bis 13 h sowie von 15 bis 18 h und am Samstag von 9 bis 13 h geöffnet, also wöchentlich mindestens 39 h. Die Klägerin hat eine Angestellte, die Zeugin T. Diese arbeitet normalerweise an drei Nachmittagen in der Woche jeweils drei Stunden.

Die Klägerin meldete eine Arbeitsunfähigkeit ab 19.12.2003. Die Beklagte erbrachte Leistungen für die Zeit bis 25.05.2004.

Mit Schreiben vom 25.06.2004 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Vertrages und gab zur Begründung an, die Klägerin habe ihre berufliche Tätigkeit auch während des geltend gemachten Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit ausgeübt.

Die Klägerin hat beantragt, das Fortbestehen des Vertrages festzustellen sowie die Beklagte zur Zahlung von 3.476,84 EUR (ohne Zinsen) zu verurteilen. Dieser Betrag bezieht sich auf die Zeit vom 26. bis 30.05.2004 und vom 24.06. bis 25.08.2004.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit welcher sie die Erstattung von Ermittlungskosten nebst Zinsen begehrt hat. Dabei hat sie von unstreitigen Kosten i.H.v. 2.030 EUR nur 916,89 EUR geltend gemacht; hinsichtlich des übrigen Kostenteils hat sie erklärt, sie verrechne diesen - u.a. - mit einem (unterstellten) Leistungsanspruch für die Zeit vom 26. bis 30.05.2004.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Anträge weiter und begehrt nunmehr zudem Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins ab 15.07.2004 (auf den gesamten Betrag von 3.476,84 EUR). Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz.

Die Beklagte verteidigt das Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in dieser Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Der Senat hat die Angestellte der Klägerin, T, als Zeugin vernommen; dazu wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die fristlose Kündigung als wirksam angesehen, den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch abgewiesen und - auf die Widerklage - die Klägerin zur Erstattung von Ermittlungskosten verurteilt.

1.

Die fristlose Kündigung ist wirksam (§ 14 Nr. 2 MB/KT 94, §§ 314 Abs. 1 und 2, 323 Abs. 2 BGB).

Allerdings ist ein Krankentagegeldversicherer nur unter engen Voraussetzungen zur fristlosen Kündigung berechtigt. Die private Krankentagegeldversicherung ersetzt vielfach - und so auch hier - den fehlenden Sozialversicherungsschutz. Auch wiederholte Verstöße gegen vertragliche Pflichten des Versicherungsnehmers rechtfertigen deshalb nicht ohne weiteres die für diesen sehr einschneidende fristlose Kündigung des Vertrages. Ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt erst dann vor, wenn der Versicherungsnehmer in besonders schwerwiegender Weise die Belange des Versicherers seinem Eigennutz hintanstellt (vgl. BGH, VersR 1985, 54; Senat, VersR 1991, 452; OLG Saarbrücken, VersR 1996, 362, und - von der Beklagten vorgelegt - Urt. v. 23.11.2005 - 5 U 70/05-8; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2005, 1119).

Ein solcher Fall aber liegt hier vor. Denn die Klägerin hat versucht, sich Versicherungsleistungen zu erschleichen.

a)

Die Klägerin machte Ansprüche auch für Juni 2004 geltend. Tatsächlich aber arbeitete sie jedenfalls in diesem Zeitraum mit einiger Regelmäßigkeit zumindest stundenweise an mehreren Tagen in der Woche.

aa)

Hiervon muss der Senat bereits aus folgendem Grund ausgehen:

Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, sind ihre vorprozessualen und erstinstanzlichen Angaben, wonach das Reformhaus mit maßgeblicher Hilfe mehrerer Familienmitgliedern weiterbetrieben worden sei, unrichtig; richtig sei vielmehr, dass - abgesehen von einer ganz vereinzelten, stundenweise Mithilfe einer Schwägerin in insgesamt einer Handvoll Fälle während des Zeitraums von Dezember 2003 bis August 2004 - allein ihre Angestellte T den Betrieb weiter geführt habe.

Die Klägerin selbst aber hat vor dem Landgericht erklärt, die Zeugin T habe während ihrer - der Klägerin - Arbeitsunfähigkeit an Bezahlung das Doppelte von dem erhalten, was sie normalerweise erhalte (S. 2 des Protokolls vom 15.06.2005, Bl. 130 d.A.). Da - auch nach dem Vortrag der Klägerin - auszuschließen ist, dass die Zeugin Mehrarbeit ohne Entgelt leistete, folgt aus dieser Erklärung der Klägerin, dass die Zeugin lediglich 18 Stunden in der Woche (statt vorher 3 x 3 Stunden) arbeitete. Während der übrigen von insgesamt jedenfalls 39 Stunden Öffnungszeit muss hiernach, da, wie gesagt, andere Personen die Klägerin abgesehen von ganz wenigen Ausnahmefällen nicht vertreten haben, die Klägerin selbst das Geschäft geführt haben.

Die Klägerin muss sich an ihrer vor dem Landgericht abgegebenen Erklärung festhalten lassen. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie behauptet, die Zeugin T habe während des Zeitraums von Dezember 2003 bis August 2004 Gehalt für wöchentlich 39 Arbeitsstunden (statt sonst neun Stunden) erhalten; im Hinblick auf die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über geringfügige Beschäftigungen sei das Gehalt "offiziell" aber nur mit 400 EUR im Monat angegeben worden, was einer Arbeitszeit von nur etwa 60 Stunden im Monat entsprochen habe; das Gehalt sei dann auch nach August 2004 in den Büchern zunächst weiterhin mit 400 EUR angegeben worden, obwohl die Zeugin dann tatsächlich wieder nur für wöchentlich neun Stunden bezahlt worden sei; erst als auf diese Weise die tatsächlichen Mehrzahlungen an die Zeugin während der Zeit bis August 2004 in den Büchern "ausgeglichen" gewesen seien, sei dort wieder das tatsächliche Gehalt für neun Stunden wöchentlich angegeben worden; dies sei etwa im August 2005 gewesen. Diese neue, von der Beklagten bestrittene Behauptung ist gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO prozessual unbeachtlich. Die Klägerin hat - auch auf Befragen - nichts vorgebracht, woraus sich die Zulässigkeit des neuen Vortrags ergibt; wenn es so gewesen sein sollte, dass sie einen Verstoß gegen steuer- und sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen nicht hat offenbaren wollen, ist Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO gegeben.

Im Übrigen ist der neue Vortrag auch nicht nachvollziehbar. Wenn die Zeugin vom 19.12.2003 bis 25.08.2004 tatsächlich Gehalt für wöchentlich 39 Stunden erhalten hätte, was im Monat etwa 168 Stunden entspricht, in den Büchern aber nur ein Gehalt für monatlich etwa 60 Stunden angegeben worden wäre, so hätte - nach der von der Klägerin jetzt behaupteten Vorgehensweise - über einen sehr viel längeren Zeitraum als bis August 2005 in den Büchern ein Gehalt von 400 EUR fortgeschrieben werden müssen, und zwar auch dann, wenn man - wie von der Zeugin angesprochen - zusätzliche Freizeit im Umfang etwa eines üblichen Jahresurlaubs mitberücksichtigt. Denn "nachzutragen gewesen" wäre die während eines Zeitraums von über 8 Monaten mit jeweils ca. 100 Arbeitsstunden pro Monat angefallene Mehrarbeit (über 400 EUR hinaus); "nachgetragen worden" wären aber ab September 2004 monatlich grundsätzlich nur etwa 22 Stunden (entsprechend der Differenz zwischen ausgewiesener Arbeit für 400 EUR und tatsächlich geleisteter Arbeit von 9 Stunden wöchentlich).

bb)

Aber auch wenn man nicht entscheidend auf die von der Klägerin in erster Instanz gemachten Angaben zu dem Gehalt der Zeugin T abstellt, ergibt sich nichts anderes. Der Senat muss nach dem gesamten Inhalt der Verhandlung einschließlich der Zeugenvernehmung (§ 286 ZPO) davon ausgehen, dass die Klägerin jedenfalls im Juni 2004 mit einiger Regelmäßigkeit zumindest stundenweise an mehreren Tagen in der Woche arbeitete.

(1)

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gewesen ist, nahm die Klägerin am 01.06.2004 gegen 10 h in ihrem Geschäft einen Telefonanruf entgegen; am 15.06.2004 war sie von jedenfalls 11.15 bis 11.49 h allein (also ohne die Zeugin ) in dem Verkaufsraum und bediente fünf Kunden, am 16.06.2004 war sie von 09.40 bis 10.45 h allein in dem Verkaufsraum und bediente zehn Kunden; am 17.06.2004 war sie wiederum zeitweise allein in dem Verkaufsraum, und zwar jedenfalls von 10.57 bis 11.06 h, dabei bediente sie jedenfalls einen Kunden.

(2)

Es obliegt in einem Fall wie dem vorliegenden dem Versicherungsnehmer, derartige Tätigkeiten zu erklären (vgl. BGH, VersR 1984, 54 unter II 4). Eine solche, nachvollziehbare Erklärung hat die Klägerin nicht geben können.

Die Klägerin hat vor dem Senat erklärt, sie sei zwar wöchentlich zwei- bis dreimal für jeweils 10 bis 20 Minuten in dem Geschäft gewesen, habe sich dabei aber nur bei der Zeugin T allgemein nach dem Lauf der Dinge erkundigt; sie habe im Geschäft auch nicht etwa Belege zusammengestellt. Während ihrer Arbeitsunfähigkeit habe die Zeugin T das Reformhaus selbständig geführt. An den beiden Vormittagen des 15. und 16.06.2004 sei sie, die Klägerin, zufällig in dem Geschäft gewesen; die von der Beklagten beauftragte Ermittlerin habe ihr jeweils ein sehr ins Persönliche gehendes Gespräch aufgenötigt; die Zeugin T sei zu Beginn der Gespräche jeweils in einem angrenzenden, nicht mehr zum Verkaufsraum gehörenden Bereich gewesen; die Zeugin sei nicht in den Verkaufsraum zurückgekommen, da sie ihr, der Klägerin, so habe ermöglichen wollen, die Ermittlerin "abzuwimmeln"; nur deshalb sei sie, die Klägerin, am 15.06.2004 länger als eine halbe Stunde und am Folgetag länger als eine Stunde allein im Verkaufsraum gewesen und habe jeweils mehrere Kunden bedient. Am 17.06.2004 sei sie im Geschäft gewesen, weil die Steuerberaterin Unterlagen habe übergeben wollen; sie habe dann den Ermittler bedient, als die Zeugin T kurz in dem angrenzenden Bereich gewesen sei. Ansonsten habe sie nur ganz ausnahmsweise, während der Zeit von Dezember 2003 bis August 2004 insgesamt in vielleicht einem Dutzend von Fällen einen Kunden bedient, mit dem sie bei einem der Besuche im Geschäft ins Gespräch gekommen sei.

Diese für die unstreitigen Beobachtungen der Ermittler gegebenen Erklärungen sind nach Auffassung des Senats untauglich.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Zeugin T am 15. und 16.06.2004 jeweils ohne konkrete Absprache längere Zeit vom Verkaufsraum weggeblieben sein soll, nur damit die Klägerin die Ermittlerin "abwimmeln" könne, obwohl die Zeugin für die Führung des Geschäfts allein verantwortlich gewesen sein soll und während des in Rede stehenden Zeitraums jeweils mehrere andere Kunden bedient werden mussten und obwohl die Klägerin nur für ein kurzes Gespräch mit der Zeugin ins Geschäft gekommen sein soll und - wie die Zeugin unstreitig wusste - arbeitsunfähig krank geschrieben war. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin vor dem Senat auch erklärt hat, ihr seien während ihrer Krankheit häufiger Gespräche von Kunden aufgedrängt worden; sie habe dann regelmäßig erklärt, sie habe einen Termin, und habe das Geschäft verlassen. Ausgehend von der Erklärung der Klägerin hätte daher für die Zeugin nichts näher gelegen, als in den Verkaufsraum zurückzugehen und der Klägerin so einen Abbruch des Gesprächs mit der Ermittlerin zu ermöglichen.

Die Erklärung der Klägerin ist denn auch von der Zeugin T nicht bestätigt worden. Soweit die Zeugin zunächst bekundet hat, sie sei nicht in den Verkaufsraum gekommen, da sie das sehr persönliche Gespräch zwischen der Ermittlerin und der Klägerin nicht habe stören wollen, ist dies im Übrigen auch für sich genommen wiederum nicht nachvollziehbar; denn die Ermittlerin und die Klägerin hätten sich gerade ungestörter unterhalten können, wenn die Zeugin sich um die übrigen Kunden gekümmert hätte. Am Ende ihrer Befragung hat die Zeugin dann eingeräumt, dass sie konkrete Angaben zu den drei in Rede stehenden Tagen gar nicht machen könne.

Warum die Klägerin am 17.06.2004 den von der Beklagten beauftragten Ermittler bediente, hat sie ohnehin nicht konkret erklärt.

Schließlich kommt hinzu, dass die Angaben der Klägerin vor dem Senat in einem auch auf Nachfrage - nicht erklärten Widerspruch zu früheren Erklärungen stehen. Vorprozessual teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe täglich das Geschäft besucht, um notwendige Überweisungen zu tätigen; zudem sei sie im Monat an mindestens drei Tagen für ca. 1 bis 2 Stunden im Geschäft gewesen, um Belege zusammenzustellen; wenn mehrere Kunden im Geschäft gewesen seien, habe sie ggf. auch kurz die Kasse bedient (Anwaltsschreiben vom 29.06.2004 an die Beklagte, Bl. 42).

(3)

Die in sich widersprüchlichen Angaben der Klägerin und die in dem geschilderten Umfang unstreitigen Beobachtungen der Ermittler erlauben nach alledem - mangels nachvollziehbarer anderer Erklärung durch die Klägerin - insgesamt den Schluss, dass die Klägerin jedenfalls im Juni 2004 mit einiger Regelmäßigkeit zumindest stundenweise an mehreren Tagen in der Woche arbeitete.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa aus der Aussage der Zeugin T. Diese ist unglaubwürdig, ihre Aussage - soweit zugunsten der Klägerin - nach Auffassung des Senats insgesamt unglaubhaft. Die Zeugin ist ersichtlich nicht um wahrheitsgemäße Angaben bemüht gewesen, sondern darum, der Klägerin - vermeintlich zu helfen. Sie hat am Ende ihrer Befragung eingeräumt, teilweise falsch ausgesagt zu haben.

Auf die weiteren von den Ermittlern berichteten Aussagen von Nachbarn kommt es daher nicht an.

(4)

Bei den hiernach festzustellenden Tätigkeiten der Klägerin handelt es sich nicht um solche lediglich formeller oder untergeordneter Art (vgl. dazu BGH, VersR 1984, 54 unter II 3) und auch nicht etwa um neue, nur aufgrund der Erkrankung übernommene (Aufsichts-) Tätigkeiten (vgl. dazu Senat, VersR 1987, 1207) , sondern um die Kernarbeit der Betreiberin eines Reformhauses.

Es geht dabei auch nicht etwa um Arbeitsversuche zur Erprobung der eigenen körperlichen Leistungsfähigkeit (vgl. dazu BGH, a.a.O.; Senat, VersR 1991, 452 unter 2 a bb); auch die Klägerin macht dies nicht geltend.

b)

Die Klägerin hat hiernach versucht, sich Leistungen zu erschleichen. Dass sie geglaubt hätte, Anspruch auf Krankentagegeld zu haben, auch wenn sie mit einiger Regelmäßigkeit zumindest stundenweise an mehreren Tagen in der Woche arbeitete, macht sie selbst nicht geltend.

c)

Diese Pflichtverletzung ist so schwerwiegend, dass der Beklagten ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 314 Abs. 1 BGB).

Dabei führt die Abwägung der beiderseitigen Interessen zu dem Ergebnis, dass eine Abmahnung nicht geboten war (§§ 314 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB). Würde man dies anders sehen, so hätte jeder Versicherungsnehmer die Möglichkeit, einmal sanktionslos zu versuchen, den Versicherer in erheblicher Weise zu täuschen (ebenso OLG Saarbrücken, VersR 1994, 362 unter 2 a, und das bereits oben zitierte Urteil vom 23.11.2005 unter II 1 c); ein berechtigtes Interesse der Versicherungsnehmer daran besteht nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem obiter dictum in dem bereits zitierten Senatsurteil vom 24.08.1990 (VersR 1991, 452 unter 2b bb); die - etwaige - Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers in dem dort entschiedenen Fall wog, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, deutlich geringer als die hier festzustellende Pflichtverletzung der Klägerin.

d)

Die Erklärung der Kündigung erfolgte unstreitig unverzüglich und damit binnen angemessener Frist (§ 314 Abs. 3 BGB).

2.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin besteht - unabhängig von dem zuvor Gesagten - schon deshalb nicht, weil es, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, (jedenfalls) auch schon Ende Mai 2004 nicht so war, dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit in keiner Weise hätte ausüben können. Ebenso wie sie nach eigener Erklärung in der Lage war, ihren Haushalt zu führen und kranke Familienmitglieder beinahe täglich zu Behandlungen zu fahren, war sie auch in der Lage, - wenigstens teilschichtig - zumindest den Großteil der in dem Reformhaus anfallenden Arbeiten zu erledigen.

3.

Zur Widerklage wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (vgl. dazu auch OLG Oldenburg, VersR 1992, 1150; OLG Hamburg, VersR 1988, 482).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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