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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.05.2000
Aktenzeichen: 20 U 191/99
Rechtsgebiete: AVB, ZPO
Vorschriften:
AVB § 12 Abs. 1 | |
AVB § 13 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 713 |
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
20 U 191/99 OLG Hamm 4 0 51/99 LG Bochum
Verkündet am 3. Mai 2000
In dem Rechtsstreit
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knappmann und die Richter am Oberlandesgericht Rüther und Meißner
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 14. Juli 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat bei der Beklagten mit Wirkung ab 01.12.1966 eine Rentenversicherung abgeschlossen. Mit Ablauf der Beitragszahlung (01.12.1995) machte er von seinen vertraglichen Wahlrecht Gebrauch, statt einer monatlichen Rente eine einmalige Kapitalabfindung zu beanspruchen. Mit Abrechnungsschreiben vom 15.10.1995 teilte ihm die Beklagte die Höhe der Kapitalzahlung mit 57.087,00 DM (Kapitalabfindung von 30.280,00 DM zzgl. Überschußbeteiligung von 26.807,00 DM) mit, die in der Folgezeit ausgezahlt wurde.
Mit der Klage begehrt der Kläger eine weitere Überschußbeteiligung in Höhe von 10.484,65 DM. Unter Bezugnahme auf mehrere während der Beitragszahlungszeit ihm von der Beklagten zugesandten "Berichte über den Stand Ihrer Überschußbeteiligung" hält er die gezahlte Oberschußbeteiligung für zu gering.
Die Beklagte meint demgegenüber, die dem Kläger ausgezahlte Überschußbeteiligung entspreche ihrem aktuellen Gewinnbeteiligungssystem, das mit Zustimmung des BAV eingeführt worden sei, sowie den vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Versicherung von Leibrenten (AVB).
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete zulässige Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Dem Kläger ist zuzugeben, daß es der Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz gelungen ist, ihr Überschußbeteiligungssystem - konkretisiert auf den zwischen den Parteien geschlossenen Leibrentenversicherungsvertrag - hinreichend nachvollziehbar und verständlich darzustellen. Ob die von der Beklagten vorprozessual und dem ersten Rechtszug gezeigte Zurückhaltung hinsichtlich der Erläuterung ihrer Überschußbeteiligungsabrechnung rechtlichen Ansprüchen genügt, ist indes nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Der Senat hatte ausschließlich darüber zu befinden, ob dem Kläger über die erhaltenen 26.807,00 DM hinaus ein weiterer Überschußbeteiligungsanteil von 10.485,65 DM zusteht. Dies ist zu verneinen.
Auf das bei Vertragsabschluß im Jahr 1966 geltende Gewinnbeteiligungssystem, wie es in dem vom Kläger vorgelegten Prospekt (Bl. 51 d A.) beschrieben ist, kann er sich nicht stützen, weil es unstreitig von der Beklagten mit Zustimmung des BAV inzwischen geändert worden ist. Zu diesen Änderungen war der Versicherer befugt (§§ 12 Abs. 1, 13 AVB). Der Kläger will ohnehin nicht nach dem zu Vertragsbeginn geltenden Gewinnbeteiligungssystem abrechnen, weil dieses - wie seine eigene im Senatstermin vorgelegte Berechnung (Bl. 174 d. A.) zeigt - zu einem Ergebnis führt, das für ihn nachteiliger ist als die von der Beklagten vorgenommene Abrechnung.
Da die Überschußbeteiligung sich bedingungsgemäß nach dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan der Beklagten richtet (§ 12 Abs. 1 AVB), ist eine zivilrechtliche Überprüfung der Höhe der Gewinnbeteiligung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH VersR 1995, 77) ausgeschlossen.
Es kommt daher maßgeblich allein darauf an, ob die von der Beklagten vorgenommene Berechnung der Überschußbeteiligung von 26.807,00 DM (vgl. Bl. 29, 139 d. A.) dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan der Beklagten entspricht. Das ist von der Beklagten in der Berufungsinstanz substantiiert vorgetragen und vom Kläger nicht widerlegt worden.
Die Beklagte hat dargelegt, dass es in der Zeit zwischen Versicherungsbeginn (01.12.1966) und Ablauf der Beitragszahlung (01.12.1995) in ihren Überschußbeteiligungssystem zwei - jeweils vom BAV zugunsten der Versicherten geforderte und deshalb auch genehmigte - Geschäftsplanumstellungen gegeben hat (zum 01.01.1984 und 01.12.1992). Sachlich ging es dabei darum, daß die ursprünglich höheren Schlußüberschußanteile, die erst und nur bei Ablauf der Beitragszahlungsdauer fällig wurden, zugunsten einer früheren Fälligstellung verringert worden sind.
- Durch die Geschäftsplanänderung zum 01.01.1984 wurden Schlußüberschußanteile (und damit auch die dafür zu bildenden Rückstellungen) gesenkt, wodurch sich die jährlich sofort auszuweisenden Gewinngutschriften (sog. Direktgutschriften von überschußanteilen) erhöhten. Bezüglich der verbliebenen - verringerten - Schlußüberschußanteile wurde den Versicherten zudem ein jährlich steigender Rückkaufswert für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung gewährt.
- Mit Wirkung ab 01.12.1992 wurde das Überschußbeteiligungssystem entsprechend den Forderungen des BAV nach möglichst exakter und zeitnaher Überschußbeteiligung erneut geändert: Die Höhe des Schlußüberschusses wurde zugunsten der laufenden jährlichen Überschußbeteiligung weiter herabgesetzt. Außerdem wurde der Zuteilungstermin vom Bilanztermin (31.12. des Kalenderjahres) auf den je nach Versicherungsvertrag individuellen Versicherungsjahrestag umgestellt.
Diese Veränderungen des Gewinnbeteiligungssystems werden - konkretisiert auf die Leibrentenversicherung des Klägers - in der von der Beklagten vorgelegten Verlaufsberechnung der Überschußanteile (Blatt 139 d.A.) erkennbar. Die dem Kläger während der Zeit seiner Beitragszahlungspflicht von der Beklagten übersandten "Mitteilungen über den gegenwärtigen Stand Ihrer Überschußbeteiligung" stehen - wie die Beklagte in ihren Schriftsätzen vom 05.04.2000 und 27.04.2000 erläutert hat - dazu nicht in Widerspruch, wenngleich die Transparenz (und damit Vergleichbarkeit) dieser Mitteilungen - was der Kläger nicht ohne Anlaß rügt - sicherlich verbesserungswürdig ist.
Die vom Kläger nach Kenntnisnahme von der Berufungserwiderung der Beklagten im Senatstermin noch geäußerten Kritikpunkte sind wie folgt zu entkräften:
- Auf Grund der zulässigen Veränderungen des Gewinnbeteiligungssystems (§§ 12 Abs. 1, 13 AVB) liegt auf der Hand, daß die bei Vertragsschluß im Rahmen des damals geltenden Systems vorgesehene sog. "Ablaufdividende" (1 Monatsrente für jedes Beitragsjahr = 29 Jahre x 200,00 DM = 5.800,00 DM) dem Kläger bei Ablauf seiner Beitragszahlungspflicht nicht gutgebracht worden ist. Die Differenz ist ohnehin gering: Statt der damals vorgesehenen Schlußzahlung von 5.800,00 DM ist per 01.12.1995 tatsächlich ein Schlußüberschußanteil von 5.263,79 DM dem Kläger gutgeschrieben worden. Die von ihm errechnete Summe von 10.934,40 DM für die "Ablaufdividende" beruht auf einem Fehlverständnis des Begriffs "Monatsrente", die durchgängig 200,00 DM betragen und sich lediglich durch die rechtlich davon zu trennende Überschußbeteiligung erhöht hat.
- Daß in der Berechnung der Überschußbeteiligung (vgl. Bl. 29, 13.9 d.A.) das Jahr 1992 ausgespart worden ist, ist - wie die Beklagte plausibel erklärt hat - eine unzutreffende Annahme des Klägers. Nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Gewinnbeteiligungssystem wurden die Gewinnzuteilungen jeweils zum Bilanztermin (31.12. eines jeden Jahres) vorgenommen. Gutgeschrieben wurde dabei jeweils die Verzinsung für das laufende Versicherungsjahr. Mit der letzten Gewinngutschrift nach dem alten System am 31.12.1991 sind somit die Überschußanteile für das Versicherungsjahr vom 01.12.1991 bis zum 30.11.1992 - also zum Großteil vorschüssig - gutgeschrieben worden. Dieses System wurde mit Wirkung ab 01.12.1992 vom Bilanztermin (31.12.) auf den je nach Versicherungsvertrag individuellen Versicherungsjahrestag (hier: 01.12.) umgestellt.
Diese Darstellung der Beklagten ist zutreffend, wie ein Blick in ihre Abrechnung zeigt, in der die erste Überschußbeteiligung bereits zum 31.12.1968 ausgewiesen ist, obwohl vertraglich die erstmalige Gewinngutschrift nach zweijährigem Bestehen des Vertrags zum Ablauf des dritten Versicherungsjahres (01.12.1969) vorgesehen ist.
- Soweit der Kläger beanstandet, daß für die Jahre 1974 bis 1983 die bei Vertragsbeginn geltenden Sätze der Überschußbeteiligung (15 %, 25 % bzw. 40 % des zwölffachen TarifMonatsbeitrages) nicht immer gutgeschrieben worden sind, hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, die Höhe der jeweiligen Überschußanteile sei von ihrem Vorstand auf Vorschlag des verantwortlichen Aktuars unter Beachtung der maßgeblichen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen jährlich neu festgesetzt und in ihren Geschäftsberichten bekanntgegeben worden. Dies entspricht § 12 Abs. 4 AVB, wonach die Höhe des je Versicherung zur Gutschrift oder zur Verteilung gelangenden Gewinns in den jährlichen Geschäftsberichten der Gesellschaft bekanntgegeben wird. Bei der Festsetzung der Höhe der jährlichen Überschußbeteiligung handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung des Versicherers, die der VN grundsätzlich hinnehmen muß (BGH VersR 1983, 746, 747), weil eine gleichbleibende Höhe der bei Vertragsschluß geltenden Gewinnbeteiligung wegen der nicht prognostizierbaren Geschäftsentwicklung vom Versicherer nicht vertraglich garantiert wird.
- Die vom Kläger am Ende des Senatstermins persönlich geäußerte Auffassung, wonach die von ihm errechnete Rendite seiner Leibrentenversicherung von 5,8 %, miserabel und daher nicht akzeptabel sei, bedarf einer Beurteilung durch den Senat nicht. Der Kläger hat sich zum Abschluß einer derartigen Versicherung entschlossen, obwohl ihm aufgrund des ihm übergebenen Prospekts das bei Vertragsschluß geltende Überschußbeteiligungssystem bekannt und daher die daraus folgende Rendite berechenbar war. Diese seinerzeit prognostizierbare Rendite hat sich durch die Veränderungen des Gewinnbeteiligungssystems der Beklagten im Endergebnis sogar verbessert. Daß sich im Nachhinein andere Anlageformen möglicherweise als rentabler erwiesen haben, kann nicht zu einer vertragswidrigen Erhöhung der Leistungen der Beklagten führen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
Die Beschwer des Klägers beträgt 10.484,65 DM.
Ende der Entscheidung
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