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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.05.2001
Aktenzeichen: 20 U 199/00
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 12
1)

Würdigung einer Belehrung nach § 12 III VVG. (Hilfserwägung: Eine Belehrung, die die Folgen einer Fristversäumung zu weitgehend darstellt, schadet nicht.)

2)

Wird ein PKH-Antrag endgültig abgelehnt, kann die Frist nicht durch die Stellung eines erneuten PKH-Antrags gewahrt werden.

3)

Wirkungen einer Fristversäumnis in der BU-Versicherung: Ausgeschlossen sind alle Ansprüche aus der Vergangenheit. Für die Zukunft sind jedenfalls solche Ansprüche ausgeschlossen, die mit einem unveränderten Gesundheitszustand des VN begründet werden.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 199/00 OLG Hamm

Verkündet am 04. Mai 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 04. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knappmann, die Richterin am Oberlandesgericht Brumberg und den Richter am Oberlandesgericht Ruther

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 14. September 2000 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien können eventuelle Sicherheitsleistungen durch Bankbürgschaft erbringen.

Tatbestand:

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit 1991 eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die für den Fall der Berufsunfähigkeit Beitragsbefreiung in der Hauptversicherung und eine jährliche Rente von 30.000,00 DM vorsieht. Insoweit wird auf den Versicherungsschein Bl. 129f. d.A. und wegen der dem Vertrag zugrundeliegenden Bedingungen auf Bl. 254f. und 283ff. d.A. verwiesen. Ein Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bestellt ab einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 %. Der Kläger hat den Beruf eines Schreiners erlernt und bis 1992 -- seit 1988 zusammen mit einem Architekten in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts -- ausgeübt. Seit 1991 leidet er an Handgelenksbeschwerden an der linken Hand und behauptet, seit dem 01.06.1992 berufsunfähig zu sein. Mit Schreiben vom 27.05.1992, wegen dessen Inhalts auf Bl. 133 d.A. verwiesen wird, teilte er der Beklagten mit, er sei seit dem 11.11.1991 ununterbrochen krankgeschrieben, und bat um Zahlung der in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vereinbarten Rentenleistungen sowie Beitragsbefreiung in der Hauptversicherung ab 01.06.1992. Nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme vom 10.06.1992 (Bl. 134f. d.A.) und eines fachorthopädischen Gutachtens des Prof. Dr. K. vom 12.03.1993 (Bl. 145ff. d.A.) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 02.04.1993, das dem Kläger ausweislich der Kopie des auf Bl. 252 d.A. befindlichen Einschreiben-Rückscheins am 10.04.1993 zugegangen ist, Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab, weil der Grad der Berufsunfähigkeit nur 20 % betrage. Das Schreiben enthält folgende Belehrung:

Abschließend weisen wir darauf hin, daß innerhalb einer Frist von 6 Monaten, gerechnet vom Tage nach Erhalt dieses Schreibens an, vermeintliche Ansprüche auf Leistung gerichtlich geltend gemacht werden können. Nach Ablauf dieser Frist sind wir als Versicherer von unseren Verpflichtungen aus dem Vertrag frei und etwaige Ansprüche können nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden, da sie allein durch Fristablauf erlöschen (§ 12 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz).

Wegen des weiteren Textes wird auf Bl. 139f. d.A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 14.09.1993 verlängerte die Beklagte "die Frist nach § 12 Abs. 3 VVG bis zum Ablauf des 31.10.1993". In der Folgezeit beantragte der Kläger für die klageweise Geltendmachung der auch jetzt in diesem Rechtsstreit begehrten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Prozeßkostenhilfe, und zwar erstmals mit Antrag vom 25.10.1993, eingegangen beim Landgericht Bochum am 27.10.1993, in dem Verfahren 2 O 500/93 LG Bochum. Dieses Prozeßkostenhilfegesuch wurde durch Beschluß des Landgerichts Bochum vom 07. Januar 1994 und -- nach Beschwerde des Klägers vom 16. Februar 1994 -- durch Beschluß des Senats vom 06.05.1994 -- 20 W 18/94 -- zurückgewiesen.

Mit Antrag vom 01.06.1994, eingegangen beim Landgericht Bochum am 06.06.1994, beantragte der Kläger erneut Prozeßkostenhilfe für eine entsprechende Klage, die ihm durch Beschluß des Landgerichts Bochum vom 14.07.1994 und Beschluß des Senats vom 29.09.1994 -- 20 W 28/94 -- verweigert worden ist. Auch ein drittes Prozeßkostenhilfegesuch des Klägers, das am 17.12.1996 beim Landgericht Bochum eingereicht worden ist, wurde durch Beschluß des Landgerichts Bochum vom 09.09.1997 und durch Beschluß des Senats vom 21.07.1998 -- 20 W 70/98 -- abschlägig beschieden.

Der Kläger hat nunmehr mit der am 02.10.1998 beim Landgericht eingereichten und mit am 13.10.1998 eingegangenem Schriftsatz ergänzten und am 03.11.1998 zugestellten Klage Freistellung von den laufenden Beitragszahlungen und Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente begehrt. Er hat behauptet, er sei seit dem 11. November 1991 in seinem zuletzt ausgeübten Beruf berufsunfähig erkrankt. Wegen dieser Erkrankung, die ihn zumindest zu 50 % in seiner Berufsausübung hindere, sei auch eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit nicht möglich. Der Kläger hat sich zum Beweis für seine Berufsunfähigkeit auf ein Gutachten des Prof. Dr. R. berufen, das dieser in dem Rechtsstreit des Klägers gegen die Deutsche Beamtenlebensversicherungs AG -- 5 O 28/93 LG Bochum = 20 U 351/94 OLG Hamm -- erstattet hat und wegen dessen Inhalts auf Bl. 24ff. d.A. verwiesen wird. In diesem Gutachte hat Prof. Dr. R. unter anderem ausgeführt, der Kläger sei aufgrund einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung seit dem 01.06.1992 auf Dauer als berufsunfähig zu erachten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1.

ihn von laufenden Beitragszahlungen in monatlicher Hohe von 534,20 DM für die private Rentenversicherung nebst Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit der Versicherungsschein-Nummer 486219-7 ab dem 01.08.1998 für die Zukunft freizustellen und von ihm bis zur Beendigung seiner Berufsunfähigkeit keine (weiteren) Beitragszahlungen für die oben genannte Versicherung in oben genannter Hohe mehr zu verlangen,

2.

an ihn 39.530,80 DM nebst 12,5 % Zinsen von jeweils 534/20 DM ab dem 01.06.1992 und dann jeweils aus 534,20 DM ab dem Folgemonatsersten bis November 1992 zu zahlen,

3.

an ihn, beginnend mit dem 01.06.1992 eine Berufsunfähigkeitsrente in Hohe von 2.500,00 DM fortlaufend zum ersten eines jeden Folgemonats zu zahlen, und zwar nebst 4b % Zinsen ab dem 01.06.1992 aus jeweils 2.500,00 DM ab dem Folgemonatsersten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich in erster Linie auf eine Verfristung der Klage nach § 12 Abs. 3 VVG berufen und im übrigen eine Berufsunfähigkeit des Klägers von mehr als 25 % bestritten.

Das Landgericht hat über die Frage, ob der Kläger seit dem 29.08.1996 berufsunfähig sei, Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. R. (Bl. 366ff. d.A.). Es hat sodann die Klage abgewiesen, weil die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht gewahrt sei.

Gegen diese Entscheidung, wegen deren Einzelheiten -- auch hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien -- auf ihren Inhalt verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers. Der Kläger bleibt unter Bezugnahme auf das in dem Rechtsstreit 5 O 28/93 LG Bochum = 20 U 351/94 OLG Hamm erstattete Gutachten des Prof. Dr. R. und dessen in diesem Rechtsstreit eingeholten Ergänzungsgutachten bei seiner Behauptung, er sei wegen der von diesem Sachverständigen diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung seit dem 01.06.1992 zu mehr als 50 % berufsunfähig. Er rügt, die Belehrung der Beklagten im Ablehnungsschreiben vom 02.04.1993 genüge nicht den von der Rechtsprechung an eine entsprechende Belehrung gestellten Anforderungen. Dies sei insbesondere deshalb nicht der Fall, weil die Beklagte bei Versäumung der Frist nicht von den Verpflichtungen aus dem gesamten Vertrag frei werde, wie die Belehrung jedoch besage. Der Kläger meint, von einer etwaigen Versäumung der Frist nach § 12 Abs. 3 VVG würden zudem nur solche Ansprüche erfaßt, die erhoben worden seien, und nicht auch zukünftige Ansprüche, die noch nicht erhoben worden seien, aber aus demselben Lebenssachverhalt abgeleitet werden könnten. Schließlich könne es dem Kläger auch nicht verwehrt werden, sich auf die von Prof. Dr. R. festgestellte Erkrankung einer somatoformen Schmerzstörung zu berufen, von der er bei erstmaliger Erhebung der Ansprüche im Jahr 1992 noch keine Kenntnis gehabt habe. Der Versicherungsfall nach Maßgabe des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. R. habe erst im Jahre 1995 namhaft gemacht werden können. Für diesen Versicherungsfalls habe die Beklagte aber ihre Eintrittspflicht nicht abgelehnt.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Bochum vom 14.09.2000 abzuändern und die Beklagte entsprechend dem Schlußantrag in der ersten Instanz zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Landgerichts. Sie hält die Belehrung in ihrem Schreiben vom 02.04.1993 für wirksam, um den Lauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG in Gang zu setzen. Sie meint, die Versäumung der Frist bewirke, daß nicht nur die bis zur Ablehnung geltend gemachten Ansprüche endgültig verloren seien, sondern daß die Ansprüche erst wieder "entsperrt" würden, wenn nach Fristablauf eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintrete. Der Kläger verfolge jetzt jedoch die ursprünglich angemeldeten Ansprüche lediglich mit einer neuen Begründung für seine nach wie vor behauptete Berufsunfähigkeit weiter. Es gehe ihm nämlich weiterhin um Berufsunfähigkeit wegen der aus dem Handgelenk resultierenden Schmerzen, die seit dem 11.11.1991 zu seiner Krankschreibung wegen Arbeitsunfähigkeit geführt hätten. Der Kläger berufe sich nicht auf eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nach Ablehnung der Ansprüche durch die Beklagte, sondern lediglich auf ein neues Gutachten. Die Richtigkeit dieses Gutachtens zieht die Beklagte in Zweifel.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Kläger hat Rechtsanwalt V. in B.-W. den Streit verkündet. Ein Beitritt ist nicht erfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die Beklagte ist gemäß § 12 Abs. 3 VVG von ihrer Leistungspflicht aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen der vom Kläger mit Schreiben vom 27.05.1992 erhobenen Ansprüche aufgrund der angeblich seit dem 01.06.1992 bestehenden Berufsunfähigkeit frei geworden.

1.

Die Beklagte hat mit ihrem Schreiben vom 02.04.1993, das dem Kläger am 10.04.1993 zugegangen ist, die vom Kläger erhobenen Ansprüche auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, abgelehnt und den Kläger über die mit dem Ablauf der Frist nach § 12 Abs. 3 VVG verbundenen Rechtsfolgen belehrt.

Die von der Berufung geäußerten Zweifel, ob eine ordnungsgemäße Belehrung im Sinne von § 12 Abs. 3 vorliege, sind unbegründet.

Die Rechtsbelehrung in einem Ablehnungsschreiben muß den Versicherungsnehmer klar und deutlich darüber aufklären, daß er durch bloßen Zeitablauf seinen materiellen Versicherungsanspruch verliert, wenn er ihn nicht vor Fristende gerichtlich geltend macht. An den Inhalt einer solchen Belehrung sind strenge Anforderungen zu stellen. So darf eine Rechtsfolgenbelehrung den drohenden Anspruchsverlust nicht verdunkeln oder in minder gefährlichem Licht erscheinen lassen (so: BGH VersR 1978, 313; Römer-Langheid, VVG, § 12 Rn. 74). Auch darf die Belehrung über die gerichtliche Geltendmachung die Wahrung der Frist nicht erschweren.

Vorliegend heißt es in dem Schreiben der Beklagten vom 02.04.1993 unter anderem: "... müssen wir Ihnen jedoch leider mitteilen, daß wir keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Verfügung stellen können" und in der abschließenden -- vom Kläger beanstandeten -- Belehrung: "Ab schließend weisen wir darauf hin, daß innerhalb einer Frist von 6 Monaten, gerechnet vom Tage nach Erhalt dieses Schreibens an, vermeintliche Ansprüche auf Leistungen gerichtlich geltend gemacht werden können. Nach Ablauf dieser Frist sind wir als Versicherer von unseren Verpflichtungen aus dem Vertrag frei und etwaige Ansprüche können nicht mehr geltend gemacht werden, da sie allein durch Fristablauf erlöschen (§ 12 Abs. 3 ...)".

Die Belehrung über die gerichtliche Geltendmachung und den Fristenlauf ist zutreffend und wird zu Unrecht von der Berufung beanstandet. Der Versicherungsnehmer ist gerade nicht auf eine Klage, sondern auf die gerichtliche Geltendmachung, die auch die Einreichung eines Mahnbescheids einschließt, hinzuweisen. Eine Belehrung anderen Inhalts würde eine Erschwerung der Fristwahrung deuten.

Die Rechtsfolgenbelehrung ist zwar inhaltlich unrichtig, soweit es darin heißt "... sind wir von unseren Verpflichtungen aus dem Vertrag frei"; denn die Leistungspflicht des Versicherers aus dem Vertragsverhältnis bleibt -- anders als bei Rücktritt oder Kündigung -- grundsätzlich bestehen. Die vorgenannte Belehrung kann aber bei verständiger Würdigung des gesamten Schreibens nicht dahin mißverstanden werden, daß sich die Beklagte von allen Leistungen aus dem Vertragsverhältnis freizeichnen wollte. In der Einleitung des Schreibens ist nämlich darauf hingewiesen, daß es nur um Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und nicht auch um Ansprüche aus der Hauptversicherung, der Lebensversicherung geht, denn unter der Angabe der Versicherungsnummer heißt es: "Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung". In dem nachfolgenden Text wird dem Kläger sodann mitgeteilt, daß "wir keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Verfügung stellen können".

Die Rechtsfolgenbelehrung kann aufgrund ihres Wortlauts auch nicht, wie der Kläger wohl meint, dahin mißverstanden werden, daß der Kläger bei Fristversäumung auch zukünftige Ansprüche wegen eines neuen Versicherungsfalles aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung verliert, weil der Versicherer von seinen Verpflichtungen "aus dem Vertrag" insgesamt freigeworden ist. Dieser Satzteil muß nämlich im Zusammenhang mit dem übrigen Text gelesen werden und kann i.V.m. dem zweiten Halbsatz "etwaige Ansprüche können nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden ..." und dem der Belehrung vorangegangenen Text, der sich ausschließlich auf die derzeit bestehende Berufsunfähigkeit und ihr Ausmaß bezieht, nur auf die geltend gemachten Ansprüche aus dem eingetretenen Versicherungsfall bezogen werden.

Im übrigen wäre eine mißverständliche Formulierung der Belehrung, die einen weitergehenden als den tatsächlich eintretenden Anspruchsverlust als Rechtsfolge der Fristversäumung ankündigt, aber auch unschädlich. Unwirksam ist eine Rechtsfolgenbelehrung dann, wenn sie die mit Versäumung der Frist verbundenen Rechtsfolgen verharmlost. Wenn ein Versicherungsnehmer dagegen die Belehrung dahin mißversteht, daß der drohende Anspruchsverlust weitgeltender erscheint als er tatsächlich ist, knüpft er an die Fristversäumung Folgen, die in diesem Ausmaß nicht eintreten können. Durch eine derart mißverstandene Belehrung wird er aber nicht davon abgehalten, Ansprüche fristgerecht zu verfolgen.

2.

Der Kläger hat die mit Schreiben der Beklagten vom 02.04.1993 abgelehnten Ansprüche nicht innerhalb der bis zum Ablauf des 31.10.1993 verlängerten Frist durch Klageerhebung oder Beantragung eines Mahnbescheids gerichtlich geltend gemacht, sondern erst mit Einreichung der Klage in diesem Rechtsstreit am 02. Oktober 1998 weit nach Ablauf der Frist. Die Klagefrist ist zwar mit der Einreichung des Prozeßkostenhilfegesuchs am 27.10.1993 in dem Verfahren 2 O 500/93 LG Bochum zunächst gewahrt worden; denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß auch ein Prozeßkostenhilfegesuch die Frist des § 12 Abs. 3 VVG wahren kann. Der Versicherungsnehmer muß jedoch in diesem Fall alles ihm Zumutbare tun, damit die Zustellung der Klage "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO erfolgen kann. Er muß nicht nur Verzögerungen vermeiden, sondern auch im Sinne einer größtmöglichen Beschleunigung wirken. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Anforderungen erfüllt sind, ist auf den Zeitraum abzustellen, den ein Rechtsanwalt bei angemessener Sachbehandlung für eine ordnungsgemäße Prozeßführung benötigt. Dazu gehört nach Ablehnung von Prozeßkostenhilfe entweder die Einzahlung des für die Klage erforderlichen Gerichtskostenvorschusses innerhalb einer dem Versicherungsnehmer zuzubilligenden Frist von 2 Wochen oder -- falls noch keine Klageschrift dem Prozeßkostenhilfegesuch beigefügt war -- die Einreichung einer Klageschrift innerhalb dieser Frist oder -- als weitere Möglichkeit -- die Einlegung der Beschwerde gegen den prozeßkostenhilfeverweigernden Beschluß binnen eines Zeitraums von höchstens 2 Wochen. Nach Zustellung eines ablehnenden Beschlusses im Beschwerdeverfahren ist dann aber auch wiederum die Einzahlung des erforderlichen Gerichtskostenvorschusses bzw. die Einreichung einer Klageschrift binnen der vorgenannten Frist zu verlangen (vgl. dazu: BGH VersR 1987, 39 und VersR 1990, 882; OLG Hamm -- 6. Zivilsenat -- NVersZ 1998, 136). Der Kläger hat hier jedoch nach der zunächst fristwahrenden Einreichung des Prozeßkostenhilfegesuchs im Verfahren 2 O 500/93 nicht mehr alles ihm Zumutbare getan, damit die Zustellung der Klage "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO erfolgen konnte. Nachdem ihm Prozeßkostenhilfe durch das Landgericht Bochum und schließlich auch durch Beschluß des Senats vom 06.05.1994 in dem Beschwerdeverfahren 20 W 18/94 verwehrt worden war, hat er lediglich wiederholt erneut um Prozeßkostenhilfe nachgesucht. Mit neuen Anträgen auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Klage mit gleichen Anträgen konnte er jedoch die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht mehr wahren. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob bei Einlegung der Beschwerde gegen den prozeßkostenhilfeverweigernden Beschluß des Landgerichts Bochum vom 07. Januar 1994 die insoweit zuzubilligende Frist von höchstens zwei Wochen überhaupt eingehalten worden ist. Auch zwischen dem Zugang der Beschwerdeentscheidung des Senats vom 29.09.1994 in dem Verfahren 20 W 28/94 und dem dritten Prozeßkosbenhilfegesuchs des Klägers vom 16.12.1994 liegt ein weit längerer Zeitraum als zwei Wochen. Der Kläger räumt schließlich in der Klageschrift selbst ein, daß er nach Zurückweisung der Beschwerde durch Beschluß des Senats vom 29. September 1994 "dieses Verfahren zunächst nicht weiter fortgesetzt" habe (Bl. 4 d.A.). Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger die Frist nach § 12 Abs. 3 VVG ohne sein Verschulden oder das ihm zuzurechnende Verschulden seines damaligen Prozeßbevollmächtigten nach der Verweigerung von Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Klage versäumt hat, sind nicht ersichtlich.

Die Beklagte verhält sich auch nicht rechtsmißbräuchlich, wenn sie sich nunmehr auf eine Verfristung der Klage beruft. Der Kläger hat nämlich nichts dazu vorgetragen, daß die Beklagte ihm gegenüber den Eindruck erweckt habe, sie wolle sich nicht auf den Ablauf der Frist berufen. Dagegen spricht auch der Umstand, daß der Kläger das erste Prozeßkostenhilfegesuch noch innerhalb der Frist eingereicht hat. Soweit die Beklagte zu späterer Zeit Herrn Prof. Dr. K. mit der Erstattung eines zweiten Gutachtens, das dieser am 15. Mai 1996 erstellt hat, beauftragt hat, ist dies ihm Rahmen einer erneuten Überprüfung ihrer Leistungspflicht bezüglich der weiterhin behaupteten Berufsunfähigkeit des Klägers geschehen. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 12 Abs. 3 VVG für die erhobenen Ansprüche aber längst abgelaufen. Die Beklagte hat durch die erneute Prüfung deshalb nicht den Eindruck erweckt, als wolle sie sich nicht auf die Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen. Sie hat schließlich durch diese erneute Prüfung nach Fristablauf den Kläger auch nicht davon abgehalten, seine Ansprüche fristgerecht gerichtlich zu verfolgen.

3.

Die Geltendmachung der mit der Klage verfolgten Ansprüche ist gemäß § 12 Abs. 3 VVG ausgeschlossen.

Ansprüche auf Rentenleistungen und Beitragsbefreiung aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die bei Ablehnung der Leistungspflicht durch den Versicherer in der Vergangenheit bereits entstanden sind -- wie hier die mit dem Klageantrag zu 3) unter anderem verfolgten Ansprüche für den Zeitraum vom 01.06.1992 bis 02.04.1993 -- können schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nach Versäumung der Frist nicht mehr geltend gemacht werden. Der Ausschluß erstreckt sich aber auch auf zukünftige Leistungen aus dem Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag, wenn der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers, auf den die behauptete Berufsunfähigkeit gestützt wird, unverändert geblieben ist und keine Verschlechterung erfahren hat. Nur wenn der Versicherungsnehmer eine tatsächliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes dargetan und bewiesen hat, beruft er sich auf den Eintritt eines neuen Versicherungsfalles, über den der Versicherer noch nicht mit Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG entschieden hat (vgl. dazu Senat NJW RR 1999, 469).

Ob jede Änderung im Sinne einer Verschlechterung oder nur eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers als neuer Versicherungsfall zu qualifizieren ist, über den der Versicherer durch erneute Beschlußfassung zu befinden hat, braucht hier nicht entschieden zu werden; denn der Kläger behauptet nicht, daß sich sein Gesundheitszustand seit 1992 bzw. 1993 verändert hat. Er stützt vielmehr die Rentenansprüche auf die von ihm behauptete Berufsunfähigkeit, die aus dem selben Lebenssachverhalt resultiert, der schon bei Erhebung der Ansprüche mit seinem Schreiben vom 27.05.1992 und der Ablehnung der Beklagten vom 02.04.1993 gegeben war. Ob die Beschwerden des Klägers seinerzeit zutreffend festgestellt und richtig diagnostiziert worden sind, ist unerheblich, denn es kommt allein entscheidend darauf an, ob sich der Gesundheitszustand des Klägers seither verändert bzw. verschlechtert hat, und nicht darauf, ob damals den vom Kläger geäußerten Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen die richtige ärztliche Diagnose zugrunde gelegt worden ist. Der Kläger beruft sich in der Berufungsinstanz zur Begründung seiner Berufsunfähigkeit wie auch schon in der Klageschrift auf "das Gutachten von Prof. Dr. R. und die von ihm festgestellte Erkrankung" (Bl. 5/22/476 d.A.). Er behauptet dazu wie schon bei Erhebung der Ansprüche mit dem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 27.05.1992, seit dem 01.06.1992 wegen ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit seit dem 11.11.1991 berufsunfähig zu sein.

Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ist seinerzeit seit dem 11. November 1991 auf eine fehlende Gebrauchsfähigkeit der linken Hand gestützt worden, wie unter anderem das ärztliche Attest vom 04.06.1993 (Bl. 132 d.A.) belegt. Der Kläger klagt seither über Handgelenksbeschwerden, die ihn an der Ausübung seines Berufes hindern. Er hat diese Beschwerden zwar bei Erhebung der Ansprüche im Jahr 1992 auf körperliche Ursachen auf orthopädischem Gebiet zurückgeführt und stützt die behauptete Berufsunfähigkeit jetzt unter Berufung auf das Gutachten des Prof. Dr. R. zusätzlich auf neurologische Gründe. Dieser Änderung seines Vortrags liegt jedoch nicht eine Veränderung des Lebenssachverhalts oder Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zugrunde, sondern lediglich eine Änderung der Begründung der Berufsunfähigkeit wegen zwischenzeitlich gewonnener weiterer Erkenntnisse aufgrund eines eingeholten neurologischen Gutachtens. Auf eine Veränderung oder Verschlechterung seines Gesundheitszustandes beruft sich der Kläger nicht.

Auch in seinem Schreiben vom 17.08.1996, wegen dessen Inhalts auf Bl. 416 d.A. verwiesen wird, behauptet der Kläger nicht etwa den Eintritt eines neuen Versicherungsfalles wegen einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. EL bittet die Beklagte vielmehr unter Beifügung des Senatsurteils vom 21. Juni 1996, daß er in dem gegen die Deutsche Beamten Lebensversicherungs AG geführten Rechtsstreit -- 5 O 28/93 LG Bochum = 20 U 251/94 OLG Hamm -- erstritten hat, um Mitteilung, "ob unter diesen veränderten Voraussetzungen ihrerseits die Berufsunfähigkeitsrente auch gezahlt wird". Die vom Kläger angeführten "veränderten Voraussetzungen" lagen aber keineswegs in einer Veränderung/Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, sondern in einer von der Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Klägers durch orthopädische Sachverständige abweichenden Begutachtung der Handgelenksbeschwerden des Klägers durch einen Sachverständigen der neurologischen Fachrichtung. Schließlich geht auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. P. vom 08.03.2000 (Bl. 366ff. d.A.) und dem Gutachten vom 20.12.1995 (Bl. 24ff. d.A.) hervor, daß nicht ein neuer Versicherungsfall eingetreten ist, sondern daß der Kläger seit dem 11.11.1991 wegen Handgelegenksbeschwerden krank geschrieben ist. Diese Schmerzzustände führt der Sachverständige Prof. Dr. R. auf eine somatoforme Schmerzstörung und nicht auf orthopädische Ursachen zurück, die jedenfalls seit dem 01.06.1992 auf Dauer bestehen und zur Berufsunfähigkeit des Klägers geführt haben sollen. Diese somatoforme Schmerzstörung ist auch nach dem Vortrag des Klägers Ursache für seine Handgelenksbeschwerden, die seine Arbeitsunfähigkeit und seit 1992 bestehende Berufsunfähigkeit ausgelöst haben. Die Schmerzstörung ist nicht etwa erst nach Ablehnung der Leistungen durch die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 02.04.1993 eingetreten.

Der Umstand, daß der Kläger die medizinische Ursache für seine die Berufsunfähigkeit auslösenden Beschwerden bei Erhebung der Ansprüche gegenüber dem Versicherer nicht gekannt hat, ist unerheblich. Die Geltendmachung der Ansprüche aus einem Versicherungsfall bleibt auch dann nach § 12 Abs. 3 ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nach Ablauf der Frist die Leistungspflicht des Versicherers auf neu gewonnene Erkenntnisse stützt, sich das Beschwerdebild aber nicht geändert hat.

Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Ziff. 10 und 711 ZPO.

Die Beschwer des Klägers liegt über 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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