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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.04.2005
Aktenzeichen: 20 U 239/04
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 252
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 06. Oktober 2004 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 61.374,05 Euro nebst 4 % Zinsen ab 22. Oktober 2002 bis zum 08. Februar 2004 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seither zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 18 % und die Beklagte zu 82 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung

in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages beibringt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt aus einer bei der Beklagten genommenen Geschäftsversicherung, welche auch das Risiko des Einbruchsdiebstahls umfasst, Zahlung von 74.854,15 EUR nebst Zinsen.

Er hat behauptet, zwischen Freitag, dem 18., ca. 18.00 h, und Montag, dem 21.10.2002, ca. 9.00 h, sei in seine Wohn- und Büroräume in S eingebrochen worden. Er habe in dieser Zeit - nach einem Essen im Restaurant und dem Besuch eines Cafés in S am Freitagabend - einen Kurzurlaub an der N gemacht. Ein Tresor mit 325 kg Leergewicht, welchen der Kläger unstreitig im April 2002 erworben hatte, sei gestohlen worden. Darin hätten sich eigener Schmuck zum Netto-Kaufpreis (März bis September 2002) von 49.385,83 EUR sowie 13.480 EUR an Bargeld befunden, ferner Schmuck als Kommissionsware (welcher nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits ist). Der Kläger habe den Einbruch am Montagmorgen in Anwesenheit seines - inzwischen verstorbenen - Mitarbeiters T entdeckt. Vor dem Senat ist hierzu unstreitig gewesen, dass die Wohnungstür typische Aufbruchspuren aufwies, dass der Bodenbelag Schäden aufwies, welche offenbar durch das Abtransportieren des Tresors entstanden waren, dass diese Schäden an Tür und Boden einen Betrag von 4.632,59 EUR ausmachten und dass der Tresor einen Wert von 7.355,63 EUR hatte.

Der Kläger hat weiter u.a. behauptet, er habe sich im Jahre 2001 entschlossen, - neben seinen anderen beruflichen Beschäftigungen, insbesondere Marketing und Immobilienvermittlung - Schmuck im Internet zu verkaufen. Er habe im Jahr 2001, insbesondere im Oktober und November, Schmuck im Wert von über 20.000 EUR erworben; dieser sei auf dem Postwege verloren gegangen, als der Kläger den Schmuck Ende Januar 2002 verschickt habe, um Digitalfotos davon fertigen zu lassen. Der Kläger habe dann im März, Juli, August und September erneut Schmuck erworben und diesen in dem Tresor aufbewahrt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlichen Antrag weiter. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in dieser Instanz wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten 60 Js 6391/04 Staatsanwaltschaft Wuppertal haben zu Informationszwecken vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf eine Versicherungsleistung wegen des Schmucks, des Tresors und der entstandenen Beschädigungen.

1.

Die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung ist unwirksam. Eine arglistige Täuschung durch den Kläger lässt sich nicht feststellen. Wenn der Kläger bei der Antragstellung am 04.06.2002 auf die Frage nach Vorschäden den Verlust des Postpakets nicht offenbarte, so ergibt sich daraus nicht, dass er (bedingt) vorsätzlich eine falsche Angabe machte. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei einer allgemeinen Frage nach Vorschäden an den vorangegangenen eigens durch die Post versicherten Verlust eines Postpakets hätte denken müssen. Näheres zu der Fragestellung hat die Beklagte nicht vorgetragen.

2.

Der - für den Versicherungsnehmer erleichterte (vgl. nur Römer, in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 49 Rn. 21 ff. m.w.N.) - Beweis eines Einbruchdiebstahls ist erbracht.

a)

Das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls ist gegeben.

aa)

Die Wohnungstür wies am Morgen des 21.10.2002 typische Einbruchspuren auf.

bb)

Ein Diebstahl in der von dem Kläger behaupteten Begehungsweise war möglich. Dies folgt mit hinreichender Gewissheit aus der von der Polizei und der Beklagten unternommenen Tatnachstellung (Bl. 40 f. der Beiakte).

Daraus dass bei dieser Nachstellung der Aufzug zunächst aussetzte, lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Unstreitig weist der Aufzug eine Tragkraft von 450 kg aus; jedenfalls aber wäre es dem Täter oder den Tätern - wie bei der Nachstellung - möglich gewesen, den Tresor und eine spezielle "Sack-"Karre ohne Personenbegleitung im Aufzug nach unten zu transportieren.

Die Nachstellung hat zugleich gezeigt, dass ein Abtransportieren des Tresors ohne Beisein des Klägers auch nicht etwa deshalb unmöglich war, weil dies die Aufmerksamkeit von Nachbarn erregt hätte. Denn auch die Nachstellung erregte keine Aufmerksamkeit.

cc)

Schließlich steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Tresor am Abend des 18. noch in der Wohnung vorhanden war und am Morgen des 21.10.2002 nicht mehr vorhanden war.

Aus den Beschädigungen am Bodenbelag ergibt sich mit hinreichender Gewissheit, dass der Tresor aus der Wohnung geschafft wurde. Dafür dass dies schon vor dem Abend des 18.10. erfolgt wäre, spricht nichts. Solches wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Sie bezeichnet es vielmehr als wahrscheinlich, dass der Kläger in der Zeit des angeblichen Kurzurlaubs den Diebstahl vorgetäuscht habe.

dd)

Diese Umstände genügen vorliegend zur Feststellung des äußeren Bilds eines Einbruchdiebstahls.

Die Frage, ob Schmuck und Bargeld in dem Tresor waren, betrifft nicht die Anspruchsvoraussetzung des äußeren Bilds, sondern allein die Schadenshöhe (§ 287 ZPO). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es für das äußere Bild eines Diebstahls allgemein ausreicht, wenn (nur) einer der als gestohlen behaupteten Gegenstände vor dem gemeldeten Diebstahl vorhanden war und danach nicht mehr vorhanden war (vgl. dazu etwa Senat, VersR 1998, 316). Vorliegend jedenfalls ist das äußere Bild des Diebstahls allein durch das Wegschaffen des Tresors geprägt: Ein Zeuge, welcher das Aufbrechen der Tür und das Wegschaffen des (geschlossenen) Tresors, nicht aber dessen Inhalt gesehen hätte, wäre ohne Zweifel geeignet zum Beweis des äußeren Bildes.

b)

Es lässt sich nicht feststellen, dass der Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht ist. Dazu genügen bloße Auffälligkeiten, welche Anlass zu Vermutungen geben, nicht. Vielmehr müssten unstreitige oder von der Beklagten bewiesene Tatsachen vorliegen, welche - insgesamt - mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf eine Vortäuschung schließen ließen (vgl. Römer, a.a.O., Rn. 18). Das ist nicht der Fall.

aa)

Der Senat hat hierbei den Sachverhalt selbständig zu würdigen. Er ist nicht an die gegenteilige Feststellung des Landgerichts gebunden; denn es bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Dies gilt schon deshalb, weil das Landgericht - insgesamt und bezüglich der Frage der von dem Kläger behaupteten Darlehen - "entscheidend" darauf abgestellt hat (S. 5 letzter Absatz des Urteils), dass das erste Darlehen in dem entsprechenden Kassenbericht nicht auftauche. Diese - nach dem Prozessstand in erster Instanz durchaus berechtigte - Annahme ist, wie vor dem Senat unstreitig gewesen ist, tatsächlich unrichtig; der Kassenbericht ist in erster Instanz unvollständig vorgelegt worden (Bl. 85 d.A.), nämlich nur die Kopie der Vorderseite des entsprechenden Kassenblatts (Bl. 204, 204 R).

bb)

Im Einzelnen gilt hiernach Folgendes:

(1)

Es lässt sich nicht feststellen, dass die Behauptung des Klägers, von den Eltern in den Jahren 2001 und 2002 Darlehen in Höhe von 50.000 DM und 30.000 EUR erhalten zu haben, unrichtig ist.

Aus dem bereits genannten Grund hat der Senat auch in diesem Punkt den Sachverhalt selbständig zu würdigen. Da die Mutter des Klägers vor dem Senat das Zeugnis verweigert hat (§ 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), ist der Senat hierbei, soweit es um ihre Angaben geht, auf den Inhalt des landgerichtlichen Protokolls über ihre Zeugenvernehmung angewiesen. Dieses Protokoll bleibt verwertbar, eine entsprechende Anwendung des § 252 StPO ist nicht geboten (vgl. etwa OLG Köln, VersR 1993, 335).

Auf dieser Grundlage (allein) der protokollierten Angaben der Mutter sowie der übrigen Umstände vermag der Senat nicht zu der Überzeugung gelangen, dass es die vom Kläger behaupteten Darlehen tatsächlich nicht gegeben hat.

Allerdings bestehen, wie vom Landgericht dargelegt, hinsichtlich der Begleitumstände der beiden Geldübergaben Widersprüche zwischen der Aussage der Mutter und den eigenen Angaben des Klägers. Als Indizien für die - positiv festzustellende - Unrichtigkeit der Behauptung des Klägers wiegen diese Widersprüche aber nicht sehr schwer. So kann es durchaus sein, dass der Kläger seiner Mutter jeweils mit "einigen" bzw. "angemessenen" Worten dankte und sie am Tage der ersten Darlehenshingabe - möglicherweise beim Abschied - in den Arm nahm, dass er aber bei seiner Anhörung vor dem Landgericht "Erklärungen der Dankbarkeit oder ähnliche Gesten" nicht mehr in Erinnerung hatte. Ebenso können sich der Kläger und/oder seine Mutter in der Erinnerung daran getäuscht haben, ob und, wenn ja, wer bei den Übergaben die Geldscheine durchzählte.

Dass über Sicherheitsabreden erst nach dem zweiten Darlehensvertrag gesprochen worden sei, obwohl die beiden (im Text weitgehend identischen) schriftlichen Verträge dazu eine Bestimmung enthalten, ist nach Auffassung des Senats durchaus vorstellbar. Der Kläger hat dies nachvollziehbar damit erklärt, dass er einen vorgefertigten, nicht von ihm formulierten Text verwandt habe und die Beteiligten das Risiko der Eltern als gering einschätzten. Im Übrigen ist nicht widerlegbar, dass der Kläger vor dem zweiten Darlehen mit seinem Vater über das - vermeintlich - geringe Risiko bei den geplanten Schmuckkäufen gesprochen hatte; die Mutter des Klägers hat vor dem Landgericht bekundet, sie sei bei dem Gespräch zwischen Vater und Sohn nicht zugegen gewesen. Hiernach ist durchaus vorstellbar, dass die Eltern des Klägers bereit waren, diesem im Oktober 2001 einen Betrag von 50.000 DM und im Juli 2002 einen Betrag von 30.000 EUR zur Verfügung zu stellen.

Dass über die Herkunft der Mittel nicht gesprochen worden sein soll, ist nach Auffassung des Senats nicht in erheblicher Weise auffällig. Dass die Eltern des Klägers ihre Ersparnisse in bar zu Hause hatten, erscheint ungewöhnlich, ist aber gleichfalls durchaus vorstellbar. Die angegebene Erklärung, dass der Vater lange Jahre Unterhalt für seine Großmutter habe zahlen müssen und seither einer - dem Staat nicht zu verbergenden - Geldanlage bei einer Bank misstraut habe, ist nicht zu widerlegen.

Gar nicht gegen die Behauptung des Klägers lässt sich - entgegen der Auffassung des Landgerichts - anführen, dass die Steuerberaterin des Klägers (oder einer deren Mitarbeiter) im Kassenbericht von Juli 2002 eine Korrektur anbrachte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass insofern nicht ein bloßer Fehler des Steuerbüros, sondern eine gezielte Vorbereitungshandlung des Klägers für den geplanten "Diebstahl" vorliege, bestehen nicht.

Hinsichtlich des Kassenberichts von Oktober 2001 ist, wie bereits angesprochen, in dieser Instanz unstreitig, dass dort ein Darlehen von 30.000 DM vermerkt wurde.

Kein erhebliches Gewicht kann im vorliegenden Zusammenhang dem Umstand zugemessen werden, dass der Kläger die Darlehensverträge erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vorgelegt hat und für den Schmuckerwerb keine Zeugen benannt hat. Dies gilt schon deshalb, weil die Umstände, welche für die Vortäuschung des Diebstahls relevant sind, zur Beweislast der Beklagten stehen.

Auch bei einer Gesamtwürdigung der vorgenannten Umstände - und auch der weiteren, unten noch zu erörternden Umstände - gelangt der Senat nicht zu der Überzeugung, dass es die vom Kläger behaupteten Darlehen tatsächlich nicht gegeben hat. Der Umstand, dass die Mutter des Klägers vor dem Senat das Zeugnis verweigert hat, kann nicht gegen den Kläger verwertet werden.

(2)

Es lässt sich nicht feststellen, dass die von dem Kläger behaupteten Schmuckkäufe tatsächlich nicht stattfanden.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Beklagten bei den vom Kläger benannten Verkäufern haben dessen Behauptungen nicht widerlegt. Die von der Beklagten hierzu behaupteten Besonderheiten (S. 3 des Schriftsatzes vom 16.07.2004, Bl. 104) besagen wenig: Es spricht nicht in erheblicher Weise gegen den Kläger, wenn der Verkäufer N seinerseits keine Ankaufbelege vorgelegt hat. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargetan und es ist auch nicht ersichtlich, warum es ausgeschlossen oder auch nur in erheblicher Weise auffällig sein sollte, dass N in der genannten Zeit Gebrauchtgold im Wert der Größenordnung 35.000 EUR erwarb und die einzelnen Stücke kurz beschrieb ("Lieferschein"). Es ist nicht dargetan, warum der von N angekaufte Schmuck einer Bearbeitung bedurft hätte, welche N nicht hätte leisten können.

Die Beklagte hat nicht dargetan, was sich daraus ergeben soll, dass der von ihr beauftragte Sachverständige nach Prüfung der Unterlagen des Klägers kein "Testat" erteilt habe. Auf die Erwiderung des Klägers, die Beklagte habe ein solches Testat möglicherweise gar nicht in Auftrag gegeben, ist die Beklagte nicht eingegangen.

Hinsichtlich der Unterlagen über die Schmuckkäufe hat der Kläger unwiderlegt erklärt, dass er allein die überreichten Rechnungen und den "Lieferschein" N erhalten habe. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Fehlen weiterer Unterlagen beim Kläger auffällig wäre. Hinsichtlich jenes "Lieferscheins" hat die Beklagte sogar geltend gemacht, eine derartige Einzelaufstellung sei bei dem hier in Rede stehenden Massenschmuck ganz ungewöhnlich.

Wie schon angesprochen ergibt sich für eine Vortäuschung auch nichts daraus, dass der Kläger seine Verkäufer in erster Instanz nicht als Zeugen benannt hat.

Auffällig ist allerdings, dass der Kläger von Oktober 2001 bis Januar 2002 (verlorenes Postpaket an den Fotografen) und dann wiederum von März bis Oktober 2002 Schmuck ankaufte, ohne bis zu den genannten Zeitpunkten die Präsentation im Internet näher vorzubereiten. Vor dem Senat hat der Kläger hierzu aber zum einen erklärt, dass sich eine solche Präsentation und insbesondere auch die Werbung dafür nur lohne, wenn ein sehr reichhaltiges Warenangebot vorhanden sei. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar. Er hat zum anderen erklärt, dass er darauf angewiesen gewesen sei, einen Großteil der zu präsentierenden Ware - ohne Bezahlung - als Kommissionsware zu erhalten und dass er die Kommissionsware nur habe erhalten können, nachdem er als regelmäßiger Schmuckkäufer aufgetreten sei. Dies ist durchaus vorstellbar; Gegenteiliges lässt sich nicht feststellen.

(3)

Der Senat ist - anders als das Landgericht und die Beklagte - nicht der Auffassung, dass die von dem Kläger behauptete Vorgehensweise bei dem Diebstahl in erheblicher Weise für eine Vortäuschung spreche.

Der Kläger hat nachvollziehbar - auch bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat - dargelegt, dass eine Vielzahl von Personen von dem Tresor und den Schmuckkäufen des Klägers wusste. Er hat vor dem Senat zudem, ohne dass die Beklagte dies bestritten hätte, erklärt, dass er am Wochenende häufig nicht zu Hause gewesen sei. Es kann daher durchaus sein, dass ein oder mehrere Täter in die Wohnung einbrachen, um den Tresor zu stehlen.

Ferner ist durchaus möglich, dass der oder die Täter zunächst mit untauglichen Mitteln versuchten, den Tresor zu öffnen, dass er oder sie aber zugleich "vorsorglich" eine zum Abtransport eines 325 kg schweren Tresors geeignete "Sack-"Karre mitgebracht hatten.

Schließlich kann es durchaus sein, dass das Öffnen der Wohnungstür und der Abtransport des Tresors nicht die Aufmerksamkeit von Nachbarn erregte. Für das Gegenteil wird von der Beklagten nichts Näheres vorgebracht; die Tatnachstellung erregte solche Aufmerksamkeit nicht.

(4)

Es ist nicht zu widerlegen, dass der Kläger, wie er vor dem Senat näher erklärt hat, nach Verlassen der Wohnung am 18.10.2002 gegen 18.00 Uhr zunächst in einem Restaurant aß, anschließend noch ein Café aufsuchte, dann mit dem Auto losfuhr, um das Wochenende zu einem Kurzurlaub zu nutzen und noch eine Unterkunft zu finden, dann aber rasch ermüdete und auf dem Autobahnparkplatz Q einige Zeit schlief, anschließend weiterfuhr, in O tankte (Quittung) und am Samstagmorgen in I an der N ein Zimmer bis Montagmorgen nahm (Hotelrechnung).

Die Angaben des Klägers sind - auch bei der Anhörung vor dem Senat - in sich und auch im Vergleich mit früheren Angaben stimmig. Dass der Kläger noch relativ spät am Freitag losfuhr und dass er am Samstagmorgen das Hotel im Voraus bezahlte, mag ungewöhnlich erscheinen, erlaubt aber nicht die Feststellung, dass die Angaben zu dem Kurzurlaub unrichtig wären.

(5)

Aus den Angaben des Klägers zur Entdeckung der Tat ergibt sich nichts für eine Vortäuschung. Es lässt sich nicht mit auch nur einiger Sicherheit feststellen, dass der Kläger hierzu im Laufe der Zeit abweichende Aussagen gemacht hätte. Da die Entdeckung der Tat nach Behauptung des Klägers im Beisein des Mitarbeiters T erfolgte, dieser noch vor dem Kläger im Haus war, aber wegen eines Telefonats mit dem Handy nicht zuerst an der Wohnungstür war, kann es durchaus auf einem Missverständnis des aufnehmenden Polizeibeamten beruhen, dass in dem ersten Polizeibericht davon die Rede ist, dass die Tat durch T entdeckt worden sei. Die späteren polizeilichen Protokolle und die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten stimmen mit seinen Behauptungen überein. Der Vortrag im Schriftsatz vom 06.08.2004 (Bl. 116) beruht unwiderlegt darauf, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers, wie er vor dem Senat erklärt hat, insoweit den ersten Polizeibericht ungeprüft übernommen hat.

(6)

Schließlich spricht nicht für eine Vortäuschung des Diebstahls, dass Anfang des Jahres 2002 ein von dem Kläger versandtes Paket während des Transports verloren ging und nach Behauptung des Klägers Schmuck im Wert von 20.173,73 EUR enthielt.

In dem damaligen Rechtsstreits des Klägers gegen die Q AG ist unstreitig gewesen, dass ein von dem Kläger versandtes Paket verloren ging. Die Beweisaufnahme vor dem Landgericht Düsseldorf (Protokoll vom 30.10.2003 als Anlage zur Berufungsbegründung, Bl. 197 ff.) ergab keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der damaligen Behauptungen des Klägers. Vielmehr war es u.a. so, dass ein Steuerprüfer des Finanzamts ausdrücklich bestätigte, kurze Zeit vor der Versendung eine größere Menge Schmuck bei dem Kläger gesehen zu haben, und dass die Steuerberaterin des Klägers bekundete, der Kläger habe bereits vor der Versendung über seine Pläne bezüglich des Schmucks berichtet.

Es lässt sich hiernach nicht feststellen, dass der Kläger den Verlust eines Postpakets vortäuschte. Es lässt sich aber auch nicht feststellen, dass der Kläger den zufälligen Verlust eines Pakets mit anderem Inhalt dazu nutzte, mit der falschen Behauptung der Versendung von Schmuck zu Unrecht eine hohe Entschädigung zu erlangen.

(7)

Auch bei einer Gesamtwürdigung aller tatsächlich feststehenden Umstände lässt sich nach Auffassung des Senats nicht feststellen, dass der Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht wäre.

3.

Der Kläger hat hiernach einen Anspruch auf Versicherungsleistung, aber nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe:

a)

Wegen der Schäden in der Wohnung, welche der Höhe nach unstreitig sind, hat der Kläger Anspruch auf Zahlung von 4.632,59 EUR.

b)

Zu Recht auch beansprucht der Kläger Erstattung des unstreitigen Wertes des Tresors von 7.355,63 EUR.

c)

Der Kläger hat ferner Anspruch auf Zahlung von 49.385,83 EUR wegen des in seinem Eigentum stehenden Schmucks.

Es steht nach Auffassung des Senats mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO, vgl. hierzu noch Römer, a.a.O., Rn. 31 f.) fest, dass eigener Schmuck des Klägers im Nettowert von 49.385,83 EUR entwendet wurde.

aa)

Der Kläger hat entsprechende Kaufrechnungen vorgelegt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Beklagten haben, wie dargelegt, keine verwertbaren Anhaltspunkte dafür gebracht, dass die behaupteten Käufe nicht erfolgt wären oder die Rechnungen sonst unrichtig wären. Auch weitere Überlegungen hierzu - oben 2 b bb (2) - ergeben solche Anhaltspunkte nicht. Die Angaben des Klägers sind auch im Übrigen insgesamt stimmig. Vor dem Senat hat er, wie erläutert, auch eine nachvollziehbare Erklärung für den zeitlichen Ablauf der behaupteten Schmuckkäufe gegeben. Nach Auffassung des Senats ist hiernach überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger den in Rede stehenden Schmuck tatsächlich erwarb. Die zu berücksichtigenden Auffälligkeiten der Darlehenshingaben stehen nicht entgegen; ihnen kommt bei der gebotenen Gesamtwürdigung kein derart erhebliches Gewicht zu. Die unstreitigen Umstände bezüglich der Darlehen sowie die Detail-Widersprüche zwischen den Angaben des Klägers und den protokollierten Aussagen der Mutter des Klägers vor dem Landgericht haben nach Auffassung des Senats vielmehr nur eine geringe Indizwirkung, welche angesichts der stimmigen Tatsachen zu den behaupteten Schmuckkäufen zurücktreten muss. Die Würdigung der Aussagen der Mutter durch das Landgericht kann, wie dargelegt, nicht zugrunde gelegt werden. Eine erneute Befragung durch den Senat ist nicht möglich gewesen.

Sodann spricht nichts dafür, dass der Kläger den Schmuck vor dem Diebstahlstag verkauft hätte; auch die Beklagte hat dafür nichts dargetan. Es spricht schließlich nichts dafür, dass der Kläger den Schmuck am Diebstahlstag woanders aufbewahrt hätte als in dem Tresor.

Hiernach steht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) fest, dass der Schmuck gestohlen wurde.

bb)

Es bestehen sodann keine Anhaltspunkte dafür - die Beklagte trägt Tatsachen dazu nicht vor -, dass der zum Nettopreis von 49.385,83 EUR erworbene Schmuck am Diebstahlstag einen geringeren Wiederbeschaffungswert gehabt hätte. Dann aber hat der Kläger - insoweit unstreitig - Anspruch auf Zahlung dieses Betrages.

d)

Kein Anspruch besteht hingegen wegen des nach Behauptung des Klägers entwendeten Bargeldes.

Dass tatsächlich Bargeld in dem vom Kläger genannten Umfang von 13.480 EUR oder in bestimmtem anderen Umfang im Tresor lag, lässt sich auch nicht mit bloß überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen. Objektive Indizien (wie die Rechnungen und die Ergebnisse der Ermittlungen hinsichtlich des Schmucks) fehlen hier. Das entsprechende Blatt des Kassenbuchs beruht allein auf den Angaben des Klägers, von denen sich nicht einmal feststellen lässt, dass sie vor dem Diebstahl gemacht wurden. Allein aufgrund der persönlichen Anhörung des Klägers vermag der Senat vorliegend nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass der vom Kläger genannte Geldbetrag tatsächlich im Tresor lag.

e)

Nach § 12 Nr. 2 der vereinbarten Bedingungen (Bl. 28 ff.) hat der Kläger Anspruch auf 4 % Zinsen seit der Schadensanzeige. Ein höherer Zinssatz steht dem Kläger nicht bereits - wie von ihm beantragt - ab dem 09.07.2003 zu; die Ermittlungen der Beklagten waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, die Beklagte hat sogar noch eine Wiederaufnahme der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erreicht. Der begehrte höhere Zinssatz steht dem Kläger aber seit Rechtshängigkeit am 09.02.2004 zu.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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