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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 29.11.2000
Aktenzeichen: 20 U 34/00
Rechtsgebiete: AKB


Vorschriften:

AKB § 12
Leitsatz:

Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls wegen Unglaubwürdigkeit von Zeuge und VN nicht erbracht.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 34/00 OLG Hamm 15 O 387/98 LG Münster

Verkündet am 29. November 2000

Lammers, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knappmann, die Richterin am Oberlandesgericht Brumberg und den Richter am Oberlandesgericht Meißner

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 18. August 2000 bleibt aufrecht erhalten.

Dem Kläger werden auch die weiteren Dösten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger verlangt vom Beklagten, seinem Kaskoversicherer, Entschädigung für sein Leasingfahrzeug Mercedes Benz das ihm am 27.12.1997 zwischen 19.50 Uhr und 21.00 Uhr in B gestohlen worden sei. In der Schadenanzeige gab der Kläger an, er habe beim Kauf des Fahrzeugs, welches er als Neufahrzeug übernommen habe, insgesamt zwei Schlüssel mitgeliefert bekommen und keine nachfertigen lassen. Die Beklagte holte zwei Schlüsselgutachten ein, die beide zu dem Ergebnis gelangten, daß einer der beiden der Beklagten abgegebenen Fahrzeugschlüssel ältere, von Gebrauchsspuren überlagerte Kopierspuren trage. Die Beklagte schloß daraus daß noch ein dritter Schlüssel existieren müsse und lehnte die Entschädigung wegen einer Obliegenheitsverletzung ab. Im darauf folgenden Klageverfahren stützte die Beklagte ihre Leistungsablehnung wegen Obliegenheitsverletzung auch auf falsche Angaben des Klägers zu früheren Versicherungsfällen. Sie bestritt außerdem das äußere Bild des Diebstahls und die Aktivlegitimation des Klägers. Das Landgericht hat nach einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht aktivlegitimiert sei. Dagegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers, mit dem er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Im Senatstermin vom 18.08.2000 ist seine Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen worden. Dagegen hat er Einspruch eingelegt.

Er beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts den Beklagten zu verurteilen, an ihn 55.933,75 DM nebst 12,5 % Zinsen seit dem 28.04.1998 zu zahlen,

hilfsweise,

die Verurteilung zur Zahlung die M K zu Leasingvertrag-Nr. auszusprechen.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Bruders des Klägers, des Zeugen G und durch Anhörung des Klägers im Senatstermin vom 29.11.2000. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen.

Das Rechtsmittel des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsvertrag gem. §§ 1, 49 VVG, 12 I AKB. Er hat den Beweis eines Diebstahls nicht erbracht.

Der Senat hat die Beweisaufnahme des Landgerichts wiederholt und den zum äußeren Bild eines Diebstahls benannten Zeugen, den Bruder des Klägers J G erneut vernommen. Die Angaben dieses Zeugen überzeugen den Senat aber nicht davon, daß der Pkw des Klägers vor dem Zeitpunkt des Diebstahls an dem bezeichneten Ort vorhanden und danach nicht mehr vorhanden gewesen ist. Zwar bestätigte dies der Zeuge, wie schon zuvor beim Landgericht. Er gab an, sein Brüder, der Kläger, habe ihn über die Weihnachtsfeiertage 1997 besucht. Am Abend des 27.12. habe es sich ergeben, daß er etwas in seinen Geschäftsräumen im 25 km entfernt gelegenen N zu tun gehabt habe, wie eigentlich jeden Tag. Sein Bruder habe sich kurzfristig entschlossen, ihn zu begleiten, und das Fahrzeug gefahren. Sie hätten es in einer Seitenstraße, keine 100 m von seinen Geschäftsräumen entfernt gelegen, abgestellt. Er selbst sei Beifahrer gewesen. Er könne sich jetzt auch, anders als noch beim Landgericht, an den konkreten Straßenverlauf erinnern. Sein Bruder habe den Wagen in einer Parkbucht, die schräg zur Fahrtrichtung angeordnet gewesen sei, abgestellt. Als er das Fahrzeug verlassen habe, habe er noch das "Klicken" der Zentralverriegelung des Fahrzeugs vernommen. Deshalb sei er überzeugt davon, daß sein Bruder das Fahrzeug auch verschlossen habe. Als sie zum Abstellplatz zurückgekommen seien, sei das Fahrzeug nicht mehr da gewesen.

Diese Angaben des Zeugen reichen nicht aus, da der Senat ihn nicht für glaubwürdig hält. Er ist ein naher Verwandter des Klägers und hat deshalb - wie dieser - ein Interesse an dessen Obsiegen. Diese enge Verwandtschaft schlägt auch zur Überzeugung des Senats auf das Aussageverhalten des Zeugen durch. Dabei ist weniger von Belang, daß der Zeuge - was er vor dem Landgericht noch nicht konnte - die Örtlichkeiten im Einklang mit den Angaben des Klägers selbst bezeichnen konnte. Denn das warm, nachdem das Landgericht diesen Punkt bereits in erster Instanz angesprochen hatte, der Zeuge von seiner bevorstehenden erneuten Vernehmung wußte und Geschäftsräume in unmittelbarer Nähe unterhält, nicht anders zu erwarten. Als bedeutsamer und im Ergebnis ausschlaggebend erachtet der Senat aber, daß der Zeuge vor dem Senat wie schon vor dem Landgericht angegeben hat, an die Einzelheiten der Weihnachtsfeiertage heute keine präzise Erinnerung mehr zu haben, konkret, er wisse nicht, ob sein Bruder ihn damals allein oder mit seiner Familie besucht habe und wie lange sein Bruder insgesamt damals dort gewesen sei. Vor dem Hintergrund dieser schlechten Erinnerung überrascht die erstmals in seiner Vernehmung in der Berufungsinstanz abgegebene Schilderung eines originellen Details, nämlich, daß er sich an das "Klicken" der Zentralverriegelung noch genau erinnern könne. Daß eine derartige Nebensächlichkeit in der Erinnerung des Zeugen haften geblieben sein soll, während er sich an eindrucksvollere Dinge nicht erinnern konnte, erscheint dem Senat so ungewöhnlich, daß dies nur darauf beruhen kann, daß - bewußt oder unbewußt - das Interesse des Zeugen am Obsiegen seines Bruders in diesem Rechtsstreit zum Tragen gekommen ist, so daß insgesamt seiner Aussage kein ausreichender Beweiswert zuzumessen ist.

Auch durch seine eigenen Angaben kann der Kläger den Nachweis des äußeren Bilds des Diebstahls nicht führen. Auch der Kläger selbst ist unglaubwürdig. Er ist bereits wiederholt wegen Vermögensdelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten und deswegen bestraft worden. Auch sein Verhalten bei der Regulierung dieses Schadensfalls belegt, daß er es mit der Wahrheit nicht genau nimmt und auf seine Angaben eine entsprechende Überzeugung nicht gestützt werden kann. Denn auf den - wenn auch möglicherweise unrichtigen - Vorhalt des Versicherers, er müsse drei passende Fahrzeugschlüssel in Besitz gehabt haben, blieb er nicht bei seiner ursprünglichen und auch im Senatstermin als richtig bezeichneten Erklärung, nur zwei Fahrzeugschlüssel erhalten und diese auch abgegeben zu haben, sondern er paßte seinen Sachvortrag an und behauptete bewußt wahrheitswidrig, den dritten Schlüssel erst später gefunden und ihn der Geschäftsstelle der Beklagten nachgereicht zu haben. Auch der Kläger selbst ist deshalb unglaubwürdig.

Weitere Beweismittel zum Nachweis des äußeren Bildes stehen dem Kläger nicht zur Verfügung. Er ist nach alledem den erforderlichen Beweis fällig geblieben, mit der Folge, daß bereits deshalb die Klage abzuweisen war. Auf die Klärung der weiteren zwischen den Parteien streitigen tatsächlichen Fragen, namentlich, was die Identität der im Senatstermin vorgelegten Schlüssel angeht, kam es danach nicht mehr an.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Beschwer keiner Partei übersteigt 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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