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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.12.2005
Aktenzeichen: 20 U 54/05
Rechtsgebiete: VVG, BGB, ABBUZ, ZPO


Vorschriften:

VVG § 12
VVG § 12 Abs. 2
VVG § 12 Abs. 3
VVG § 22
BGB § 123
BGB § 242
ABBUZ § 7 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.01.2005 verkündete Urteil der 15.Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin. Die Streithelfer tragen ihre außergerichtlichen Auslagen selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages erbringt.

Gründe:

I.

Die Klägerin beantragte am 17.05.1998 den Abschluß einer Risiko-Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) für ihren damals 17 Jahre alten Sohn W, der seinerzeit AZUBI im Bauhandwerk (Maurer) war.

Die Beklagte nahm den Antrag an; vereinbart sind die "Allgemeinen Bedingungen für Berufsunfähigkeitsleistungen" der Beklagten.

Im Jahr 2002 wurden Leistungen aus der BUZ für den versicherten W beantragt mit der Begründung, er könne wegen inzwischen erlittener Bandscheibenvorfälle seinen erlernten Beruf als Maurer nicht ausüben.

Die Beklagte betrieb daraufhin Nachforschungen und brachte eine vorvertraglich stattgehabte psychotherapeutische Behandlung des Versicherten in Erfahrung, die in den Antworten auf die Gesundheitsfragen im Antrag vom 17.05.1998 nicht angegeben worden war.

Mit Schreiben vom 15.10.2002, gerichtet an die Klägerin, erklärte die Beklagte die Anfechtung des gesamten Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung, setzte eine Frist gemäß § 12 III VVG und belehrte die Klägerin über die Folgen einer Versäumung der Frist.

Die Klägerin hat in dem Verfahren 15 O 165/03 LG Münster = 20 U 183/03 OLG Hamm unter dem 02.04.2003 Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß die von der Beklagten mit Schreiben vom 15.10.2002 erklärte Anfechtung des von der Klägerin bei der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrages Nr. ####### (versicherte Person W) unwirksam ist und der Versicherungsvertrag wirksam fortbesteht.

In zweiter Instanz (Senatsurteil vom 13.02.2004) hat die Klägerin mit diesem Feststellungsantrag obsiegt; das Urteil ist rechtskräftig.

Mit Anwaltsschreiben vom 05.03.2004 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 13.02.2004 auf, die bereits beantragten Versicherungsleistungen nunmehr unverzüglich zu erbringen.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 10.03.2004 ab, u.a. unter Hinweis auf den Ablauf der Frist des § 12 III VVG.

Die Klägerin hat die Beklagte mit der am 01.10.2004 eingegangenen Klage auf Zahlung rückständiger Rente, auf Rückzahlung von Beiträgen bzw. auf Beitragsfreistellung in Anspruch genommen und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, an sie bedingungsgemäße Leistungen aus der BUZ ab dem 01.09.2004, längstens bis zum 01.09.2038, zu erbringen.

Die Klägerin hat behauptet, der versicherte W sei wegen seiner Rückenbeschwerden seit Oktober 2000 in seinem erlernten Beruf eines Maurers berufsunfähig.

Die Beklagte hat sich auf Leistungsfreiheit gemäß § 12 Abs. III VVG berufen und überdies die Berufsunfähigkeit des Versicherten bestritten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte wegen Fristablaufs leistungsfrei (§ 12 III VVG) sei. Auf das am 20.01.2005 verkündete Urteil wird - auch wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz - Bezug genommen.

Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an.

Sie hält die Vorschrift des § 12 III VVG für nicht mehr zeitgemäß. Jedenfalls aber sei die Beklagte gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich auf den Fristablauf zu berufen:

Zum einen sei die erteilte Belehrung nicht hinreichend klar.

Zum anderen habe die Klägerin mit ihrer Klage in dem Verfahren 15 O 165/03 LG Münster hinreichend deutlich gemacht, daß sie Rechtsschutz auch hinsichtlich der Leistungspflicht der Beklagte anstrebe.

Und schließlich: Wenn schon § 12 III VVG eingreife, könne das nur für Ansprüche aus der Vergangenheit gelten; sie habe jedoch mit Schreiben vom 15.06.2004 erneut Ansprüche geltend gemacht.

Die Streithelfer der Klägerin - die erstinstanzlichen Anwälte aus dem Verfahren 15 O 165/03 LG Münster - machen geltend, die Belehrung sei an den falschen Adressaten gerichtet. Es sei der Versicherte W gewesen, der eigene Ansprüche geltend gemacht habe. Mit ihm sei die Vorkorrespondenz geführt worden. Ihm sei keine Frist gesetzt und keine Belehrung zuteil geworden.

Die Klägerin greift dieses Argument auf; der versicherte W hat der Klägerin eigene Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten.

Die Klägerin beantragt,

abändernd

den Beklagten zu verurteilen, an sie 39.841,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2004 zu zahlen, den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 976,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Bsiszinssatz seit dem 16.07.2004 zu zahlen,

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an sie die bedingungsgemäßen Leistungen aus der BUZ, Versicherungsscheinnumer: ####### ab dem 01.09.2004 bis längstens zum 01.09.2038 zu erbringen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, an sie zu Händen ihres Sohnes W 39.841,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2004 zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, an sie zu Händen ihres Sohnes W weitere 976,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2004 zu zahlen,

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an sie zu Händen ihres Sohnes W die bedingungsgemäßen Leistungen aus der BUZ, Versicherungsscheinnumer: ####### ab dem 01.09.2004 bis längstens zum 01.09.2038 zu erbringen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Sie bestreitet, daß der Versicherte W Anspruchsteller war. Anspruchstellerin sei die Klägerin gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht wegen Ablaufs der Frist des § 12 Abs. III VVG abgewiesen.

1) Die Klage aus eigenem Recht der Klägerin als Versicherungsnehmerin ist verfristet; die Beklagte ist deshalb gegenüber der Klägerin von jeder Leistungspflicht aus dem behaupteten Versicherungsfall frei geworden.

a) Nach § 12 Abs. III VVG ist der Versicherer allein wegen Fristablaufs von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht fristgemäß gerichtlich geltend gemacht wurde.

Das Schreiben der Beklagten vom 15.10.2002 enthielt eine zutreffende Belehrung über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis und hat die Frist des § 12 Abs. III VVG in Gang gesetzt. Die erteilte Belehrung ist entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht nicht geeignet, den Empfänger irrezuleiten und irgendwelche Irrtümer darüber zu erregen, wie und gegen wen Ansprüche gerichtlich geltend zu machen sind.

Die entscheidenden Sätze dazu lauten:

Wir fechten den Versicherungsvertrag daher gemäß § 22 des Versicherungsvertragsgesetzes in Verbindung mit § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung an. Aufgrund der Anfechtungserklärung entfällt unsere Leistungspflicht und der Versicherungsvertrag erlischt. Wenn Sie mit unserer Entscheidung nicht einverstanden sind, können Sie Ihren Anspruch gerichtlich geltend machen. Das muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Zugang dieses Schreibens geschehen. Ansonsten sind wir gemäß § 12 des Versicherungsvertragsgesetzes schon aufgrund des Fristablaufs von der Verpflichtung zur Leistung frei.

Diese Belehrung entspricht der gesetzlichen Vorgabe und den Anforderungen der Rechtsprechung zum Inhalt einer wirksamen Belehrung (vgl. dazu nur Römer in Römer/Langheid, VVG, § 12 Rn. 74 mit Nachweisen). Hierauf kommt es an (§ 12 Abs. 3 S. 2 VVG). Die Belehrung ist deshalb wirksam, auch wenn die Bedingungen (§ 7 Abs. 1; Bl. 27 GA) zu Unrecht Klageerhebung fordern.

Mit ihrem Feststellungsantrag vom 02.04.2003 hat die Klägerin keine Leistungsanprüche eingeklagt. Ihren Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsvertrag hat sie vielmehr erstmals mit der am 01.10.2004 eingegangenen Klage gerichtlich geltend gemacht, mithin lange nach Ablauf der im April 2003 endenden Frist.

Die Rechtsprechung zur Teilklage kann die Klägerin nicht mit Erfolg gegen den Fristablauf fruchtbar machen.

Im Falle einer Teilklage auf Rentenrückstände ist anerkannt, daß damit auch hinsichtlich des noch nicht gerichtlich geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung laufender Rente die Frist gewahrt ist, wenn nichts die Annahme rechtfertigt, der Versicherungsnehmer wolle sich mit der Zahlung nur der aufgelaufenen Rückstände zufriedengeben (vgl. z.B. BGH, Urt.v. 27.02.1991 IV ZR 66/90 - VersR 1991, 450; zuletzt BGH, Beschl.v. 22.09.2004, ZfS 05, 82).

Eine auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Anfechtung gerichtete Klage ist jedoch keine "Teilklage" im Hinblick auf eine nicht erhobene Leistungsklage.

Umstände dafür, daß die Klägerin die Klagefrist ohne Verschulden hat verstreichen lassen, sind weder von ihr dargetan noch sonst ersichtlich; das Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten ist dem Versicherungsnehmer zuzurechnen (Senat, Urt.v. 23.02.2001 - 20 U 125/00 NVersZ 2001, 403).

Die Angriffe der Berufung gegen die Anwendung des § 12 Abs. III VVG rechtfertigen nicht die Abänderung der klageabweisenden Entscheidung der ersten Instanz.

Wenngleich die Abschaffung des § 12 Abs. III VVG de lege ferenda in der Diskussion ist, so ist die Vorschrift gleichwohl derzeit geltendes Recht und der Senat an sie gebunden (Art. 20 Abs. III GG).

Eine restriktive Auslegung der Norm entsprechend der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 22.10.2004 - 1 BvR 894/04 - VersR 2004, 1585 = NJW 2005, 814) führt nicht zu dem Ergebnis, daß die Klägerin mit der am 02.04.2003 erhobene Feststellungsklage (15 O 165/03 LG Münster) die Frist des § 12 Abs. III VVG gewahrt hat.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, der das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2004 (IV ZR 458/02 - VersR 2004, 629) zugrunde lag, betraf einen Sachverhalt, der dem vorliegenden Streitfall in keiner Weise vergleichbar ist. Dort ging es um eine rechtzeitig eingegangene Leistungsklage, die mit dem formalen Mangel einer fehlenden Unterschrift behaftet war; der Fehler wurde nach einem gerichtlichen Hinweis alsbald, wenngleich nach Fristablauf, geheilt. In seiner Entscheidung kritisiert das Bundesverfassungsgericht, daß der BGH diesen Fall in erster Linie nach prozeßrechtlichen Grundsätzen beurteilt habe, die in der Rechtsprechung für das Unterschriftserfordernis für bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozess entwickelt worden sind, ohne den materiellrechtlichen Charakter des § 12 Abs. II VVG hinreichend in den Blick zu nehmen und ohne sich mit den selbst im Prozeßrecht zugelassenen Ausnahmen angemessen auseinanderzusetzen.

Im Streitfall sind weder die Feststellungsklage vom 02.04.2003 noch die am 01.10.2004 eingegangene Leistungsklage mit formalen Mängeln behaftet, die auf einen gerichtlichen Hinweis hin zu beheben waren. Mithin liegt weder eine Fallgestaltung vor, in der das Gericht einen möglichen Hinweis verspätet erteilt hat, noch die, daß das Gericht durch "übertriebene Anforderungen an das formelle Recht einer Entscheidung über die eigentlichen materiellen Rechtsfragen" (so die Formulierung im Leitsatz des BVerfG, aaO.) ausweicht.

b) Umstände, wonach es der Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt sein könnte, sich auf den Fristablauf zu berufen, sind nicht festzustellen.

(aa) Treuwidrigkeit läßt sich insbesondere nicht mit dem Hinweis auf Sinn und Zweck des § 12 Abs. III VVG begründen, wonach möglichst schnell zuverlässige Feststellungen der für den Versicherungsfall maßgeblichen Tatsachen zu sichern sind und Klarheit über die Rechtmäßigkeit der Deckungsablehnung des Versicherers erlangt werden soll. Im Hinblick auf diesen so formulierten Zweck der Norm hält es das Bundesverfassungsgericht (aaO.) für erforderlich, allerdings auch für ausreichend, daß der Versicherungsnehmer "unmißverständlich" Klage erhebt. Unmißverständlich ist aber nur eine Klage, mit der Ansprüche auf Leistungen eingeklagt werden, nicht jedoch die von der Klägerin im Vorprozeß gewählte Feststellungsklage, mit der gerade keine Ansprüche auf Leistungen verfolgt wurden.

Mit der Feststellungsklage wird der Zweck, die Deckungsablehnung schnell und abschließend zu klären, nicht erreicht. Eine Feststellungsklage macht Sinn, wenn vorab geklärt werden soll, ob überhaupt Versicherungsschutz besteht - so etwa für weitere in Zukunft denkbare Fälle der Berufsunfähigkeit infolge neu hinzutretender Erkrankungen. Es läßt sich der Klage vom 02.04.2003 nicht entnehmen, daß sie der Durchsetzung der zuvor geltend gemachten Leistungsansprüche dienen sollte. Ein solches Klageziel läßt sich weder dem formulierten Antrag entnehmen noch - entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht - aus dem Hinweis auf den Streitwert der Klage ableiten. Der angegebene Streitwert von 10.000,00 € deutet auch bei Berücksichtigung eines Feststellungsabschlags von 20 % nicht auf eine im Raum stehende Leistungsklage, die mit dem 3 1/2 fachen Jahresbetrag der Rente sowie dem 3 1/2 fachen Jahresbetrag der Prämie zu bemessen gewesen wäre. Mit dem Hinweis auf "mögliche Versicherungsleistungen bei Berufsunfähigkeit pp" berühmt sich die Klägerin auch keiner konkreten aktuellen Ansprüche, sondern sie stellt Ansprüche lediglich als möglich in den Raum.

Im übrigen würde es nicht einmal genügen, zum Ausdruck zu bringen, daß Leistungsanprüche aufrechterhalten werden sollten, da das Gesetz zur Erhaltung der Anspruche keine Klarstellung vorsieht, sondern verlangt, daß die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden.

Dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. III VVG, wonach der Anspruch auf die Leistung fristgemäß gerichtlich geltend zu machen ist, wird eine auf den wirksamen Fortbestand des Versicherungsvertrages gerichtete Feststellungsklage nicht gerecht.

Wieso danach die gewählte falsche Klageform ein treuwidriges Verhalten des Versicherers begründen soll, erschließt sich dem Senat nicht.

(bb) Daß die Beklagte im Vorprozeß die Berufsunfähigkeit des versicherten W bestritten hat, führt ebensowenig dazu, die Berufung auf den Fristablauf rechtsmißbräuchlich erscheinen zu lassen. Mit ihrem Bestreiten hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß sie anders als in der Berufungsbegründung unterstellt - an ihrer Ablehnung jedenfalls festhalten und nicht vorab den Fortbestand des Versicherungsvertrages geprüft wissen wollte. Einen Vertrauenstatbestand dahin, daß sie ihre Fristsetzung als erledigt ansehe, hat die Beklagte durch ihr Bestreiten nicht gesetzt.

c) Wegen Fristablaufs leistungsfrei ist die Beklagte nicht nur wegen in der Vergangenheit aufgelaufener Ansprüche geworden, sondern es besteht Leistungsfreiheit hinsichtlich der Ansprüche aus dem behaupteten Versicherungsfall.

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest (vgl. Urt.v. 04.05.2001 - 20 U 199/00 - NVersZ 2001, 548 = VersR 2002, 297, zuletzt Senat r+s 05, 278), daß der Ausschluß sich auch auf zukünftige Leistungen aus dem Versicherungsvertrag erstreckt, wenn es sich um einen und denselben Versicherungsfall handelt.

Wenn ein Versicherungsnehmer Ansprüche wegen behaupteter Berufsunfähigkeit stellt, so macht er damit regelmäßig nicht nur Ansprüche für die Vergangenheit geltend, sondern er will auch fortlaufende Leistungen erlangen. Daß die Klägerin im Jahr 2002 nur für eine zeitlich begrenzte Berufsunfähigkeit des versicherten W Ansprüche geltend gemacht habe, behauptet sie nicht. Verneint der Versicherer seine Eintrittspflicht, so lehnt er damit nicht nur in der Vergangenheit etwa aufgelaufene Ansprüche, sondern gerade auch geltend gemachte Ansprüche auf künftige, fortlaufende Leistungen ab. Das bedarf keiner besonderen Erwähnung in den Bedingungen, sondern folgt aus den beantragten Leistungen und dem Umfang der Ablehnung des Versicherers.

Nach § 12 Abs. III VVG sind die Ansprüche auf Leistungen, die der Versicherer abgelehnt hat, gerichtlich geltend zu machen, mithin sowohl gegenwärtige als auch künftige Ansprüche.

Ansprüchen aus einem neuen Versicherungsfall, etwa nach einer Verschlechterung des Gesundheitszustands oder wegen neu hinzutretender Erkrankungen, die von der früheren Ablehnung noch nicht erfaßt worden sind, kann der Fristablauf nicht entgegengehalten werden. Über einen neuen Versicherungsfall hat der Versicherer auch erneut - eventuell wiederum mit Fristsetzung nach § 12 Abs. III VVG - zu entscheiden.

Das Vorliegen eines neuen Versicherungsfalls behauptet die Klägerin nicht.

2) Auch soweit die Klägerin erstmals in zweiter Instanz aus abgetretenem Recht vorgehen will und Ansprüche des versicherten W verfolgt, die dieser nach § 7 Abs. 1 ABBUZ (Bl. 27 GA) womöglich neben der VN geltend machen kann, bleibt ihre Berufung erfolglos.

Die in der Verfolgung abgetretener Ansprüche liegende Klageänderung ist nicht zulässig (§ 533 ZPO). Denn die Klageänderung stützt sich auf Tatsachen, die erstmals in zweiter Instanz behauptet worden sind und dem Novenausschluß des § 531 Abs. II ZPO unterliegen.

In erster Instanz war es stets unstreitig, daß es die Klägerin war, die im eigenen Namen Ansprüche auf Leistungen aus der BUZ geltend gemacht hat.

Die Behauptung, nicht nur die Klägerin, sondern der versicherte W habe selbst Ansprüche aus der BUZ geltend gemacht und hätte folglich gemäß § 7 der "Allgemeinen Bedingungen für Berufsunfähigkeitsleistungen" belehrt werden müssen, ist erstmals in zweiter Instanz vorgetragen worden. Die Behauptung ist auch nicht unstreitig: Unstreitig ist zwar die Vorkorrespondenz, die mit Ausnahme des an die Klägerin gerichteten Ablehnungsschreibens vom 15.10.2002 mit dem versicherten W geführt worden ist. Die Beklagte hat jedoch behauptet, die zur Leistungsbearbeitung auszufüllenden Formulare hätten auf Wunsch der Klägerin an den Versicherten geschickt werden sollen. Der Versicherte W habe zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Anspruch geltend gemacht.

Die erstmals in zweiter Instanz behauptete Tatsache, auch W sei als Anspruchsteller aufgetreten, ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. II ZPO nicht vorliegen.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. I, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlaßt (§ 543 ZPO n.F.).

Ende der Entscheidung

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