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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 20 U 98/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen dazu Stellung zu nehmen.

II.

Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Berufung (Begründung Bl. 311 ff. d.A.) hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen (Bl. 269 ff.).

Ein Anspruch besteht bereits deshalb nicht, weil die Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 und 3 Mannheimer VB-Unfall Invalidität '97 (Bl. 131) nicht vorliegen.

Allerdings hat der Kläger "vorsorglich bestritten" (Seite 3 des Schriftsatzes vom 01.06.2004, Bl. 192), dass er das Schreiben der Beklagten vom 20.08.2001 (Bl. 186 f.) erhalten habe. Es dürfte daher davon auszugehen sein, dass der Kläger nicht schriftlich darauf hingewiesen wurde, dass die Invalidität bis 24.05.2002 durch einen Arzt schriftlich festgestellt werden müsse. Gemäß § 1 Nr. 3 der Regelung wird sich daher die Beklagte auf "die Nichteinhaltung der in Nr. 1 Satz 1 genannten Fristen" nicht berufen können.

Wenn dies so ist, bleibt es aber - womit sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt hat - trotzdem dabei, dass eine schriftliche ärztliche Feststellung Anspruchsvoraussetzung ist. Die Beklagte kann sich dann lediglich auf die Nichteinhaltung der Frist nicht berufen. Aus § 1 Nr. 1 Satz 1 der Regelung sind lediglich die Ausführungen zu Fristen zu streichen. Der Satz ist nach dem ersten Halbsatz zu lesen wie folgt: "entsteht ein Anspruch, sofern die Invalidität von einem Arzt dem Grunde nach und unter Angabe der Beeinträchtigung, auf der sie beruht, schriftlich festgestellt wurde". Es bleibt bei der Anspruchsvoraussetzung, dass - jedenfalls später - eine ärztliche Feststellung stattgefunden haben muss.

§ 1 Nr. 1 der hier vereinbarten Regelung unterscheidet sich im vorliegenden Zusammenhang nicht von § 7 Abschnitt I Abs. 1 Unterabs. 2 der verbreiteten AUB 88/94; es entspricht dort der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass ein Anspruch in jedem Fall nur besteht, wenn eine ärztliche Feststellung existiert.

Es ist auch nicht etwa treuwidrig, wenn sich der Versicherer in einem Fall wie dem vorliegenden auf das Fehlen einer solchen Feststellung beruft. Würde man dies anders sehen, würde man dem Versicherungsnehmer ohne Not die Chance nehmen, dass sich ein Versicherer aus Kulanzerwägungen des Begehrens annimmt, obwohl die formellen Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen (vgl. nur Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 AUB 94 Rn. 16).

Eine ärztliche Feststellung liegt indes bis heute nicht vor.

Im Übrigen sei der Kläger auf Folgendes hingewiesen:

Gemäß § 4 Nr. 14 Mannheimer AB-Unfall Ž97 (Bl. 125, identisch mit § 2 Abschnitt IV der verbreiteten AUB 88/94) sind nach Auffassung des Senats jedenfalls solche Unfallfolgen vom Versicherungsschutz ausgenommen, welche sich allein durch eine psychische Reaktion erklären lassen (vgl. zuletzt Senat, Urteil vom 25.01.2006 - 20 U 89/05m ZfS 2006, 335). Daran ändert das von der Berufung zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.03.2003 (VersR 2003, 634 - "Stresshormone") nichts. Aber auch aus den weiteren Urteilen vom 23.06.2004 (BGHZ 159, 360 = VersR 2004, 1039 - Klausel wirksam) und (VersR 2004, 1449 - Tinnitus) wird man nichts anderes entnehmen können (vgl. Senat, ebd.).

Es gibt nun aber, selbst wann man annehmen wollte, dass die vom Kläger beklagten Beeinträchtigten (auch) durch den Unfall verursacht seien, keinen Anhaltspunkt dafür, dass es sich dabei um Folgen handeln könnte, welche sich anders erklären ließen als allein durch eine psychische Reaktion. Der Sachverständige Professor Dr. U hat ausgeführt, dass die Beeinträchtigung des Bewegungsbildes eindeutig nicht als organisch bedingt einzuordnen sei (S. 19 des Gutachtens); es finde sich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet auch sonst keine organisch begründete Folge des Unfalls (ebd. S. 22). Nichts anderes hatten zuvor die anderen (freilich von der Beklagten beauftragten) Gutachter geäußert.

Der Streitfall ist daher mit den Fällen, in welchen der Bundesgerichtshof (vorläufig) zugunsten des Versicherungsnehmer entschieden hat, nicht vergleichbar. In dem Fall des von der Berufung zitierten Urteils vom 19.03.2003 gab es nach Beurteilung des Bundesgerichtshof überhaupt keinen psychischen Reaktionszusammenhang, sondern eine rein physiologische Veränderung. In dem Fall des Urteils vom 23.06.2004 hatte der Tinnitus nach den bisherigen sachverständigen Feststellungen eine organische Ursache.

Ende der Entscheidung

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