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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 30.05.2001
Aktenzeichen: 20 W 30/00
Rechtsgebiete: VVG, ZPO


Vorschriften:

VVG § 39
VVG § 12 Abs. 3
ZPO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

20 W 30/00 OLG Hamm

In Sachen

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers vom 15.9.2000 gegen den Prozeßkostenhilfe ablehnenden Beschluß der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 4.9.2000 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beklagte als Gebäudeversicherer (VGB 88) hat nach einem Brand des versicherten Gebäudes mit Schreiben vom 11.6.1999, das dem Kläger zeitnah zugegangen ist, die Leistung verweigert und sich auf Leistungsfreiheit gem. § 39 VVG berufen. Gleichzeitig hat sie den Kläger, gem. § 12 Abs. 3 VVG belehrt. Den Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Klage hat der Kläger erst nach Ablauf der Sechsmonatsfrist am 25.4.2000 eingereicht. Er bestreitet, eine qualifizierte Mahnung gem. § 39 VVG erhalten zu haben, und ist der Ansicht, es sei treuwidrig, wenn die Beklagte sich jetzt auf Verfristung berufe. Die Parteien hätten vereinbar, daß der Kläger zunächst keine Klage erheben und abwarten solle, wie sich der Rechtsstreit zwischen der Hypothekengläubigerin und der Beklagten entwickle. Eine solche Vereinbarung bestreitet die Beklagte.

Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zunächst mit der Begründung zurückgewiesen, eine solche Vereinbarung sei nicht schlüssig vorgetragen. Der Beschwerde des Klägers hat es nicht abgeholfen, weil der in der Beschwerdebegründung enthaltene Sachvortrag hinsichtlich der Einhaltung der Frist gem. § 12 Abs. 3 VVG genauso unwahrscheinlich sei. Nachdem die für die 38. Kalenderwoche 1999 angekündigte Stellungnahme der Beklagten, ob eine vergleichsweise Regelung in Betracht komme, nicht eingegangen sei, sei er gehalten gewesen, die Klage noch fristwahrend bis zum 11.12.1999 anhängig zu machen.

II.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die beabsichtigte Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO. Insoweit kommt es derzeit nur darauf an, ob sich die Beklagte mit Erfolg auf eine Verfristung der Klage gem. § 12 Abs. 3 VVG berufen kann. Das wäre bei einem Verzicht auf die mit Schreiben vom 11.6.1999 in Gang gesetzte Klagefrist oder auch dann nicht der Fall, wenn die Nichteinhaltung der Frist entschuldigt wäre oder die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf wegen ihres danach gezeigten Verhaltens treuwidrig erschiene.

Von einem Verzicht kann schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht ausgegangen werden. Denn danach hat sein Prozeßbevollmächtigter die mit dem Sachbearbeiter der Beklagten im September 1999 geführten Verhandlungen, ob eine vergleichsweise Regelung in Betracht komme, stets unter der Prämisse geführt, daß "die Sache von den Fristen her nicht eilbedürftig" sei. Hätte die Beklagte auf die fristsetzende Wirkung ihres Ablehnungsschreibens vom 11.6.1999 gänzlich verzichten wollen, wäre diese Überlegung, innerhalb welcher Frist die Klärung über die Vergleichsbereitschaft der Beklagten herbeigeführt werden müsse, überflüssig gewesen.

Die Beklagte verhält sich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf den Ablauf der Frist nach § 12 Abs. 3 VVG beruft. Die Beklagte hat eingeräumt, daß der Klägervertreter bei ihr am 6.9.1999 hinsichtlich einer vergleichsweisen Beilegung des Streits vorgesprochen habe. Ihr Sachbearbeiter habe die Frage nicht sofort beantworten können, sondern erst eine interne Abklärung abwarten müssen und deshalb zugesagt, sich danach wieder zu melden. Das habe er, nachdem die Beklagte zu einer außergerichtlichen Regelung nicht bereit gewesen sei, aber nicht mehr getan. Bei einem solchen Verhalten liegt die Annahme treuwidrigen Verhaltens nicht fern; denn wer auf eine entsprechende Antrage Vergleichsverhandlungen nicht ablehnt, sondern eine Prüfung vornehmen will und zusagt, deren Ergebnis bekanntzugeben, sich an diese Zusage aber nicht hält, darf daraus, daß der andere durch das Warten auf diese Antwort eine Frist, versäumt, keinen Vorteil ziehen. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, daß diese Stellungnahme des Sachbearbeiters der Beklagten bis zum Ende der 38. Kalenderwoche, also bis zum 25.9.1999, angekündigt war. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 12 Abs. 3 VVG noch lange nicht abgelaufen. Die Nichteinhaltung der Zusage der Beklagten hat deshalb die Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht herbeigeführt. Nachdem der Sachbearbeiter der Beklagten seine Zusage, bis zum Ende der 38. Kalenderwoche eine Stellungnahme zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung abzugeben, nicht eingehalten hatte, war bis zum Ablauf der Klagefrist im Dezember noch hinreichend Zeit zur Entschließung des Klägers, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.

Auch soweit der Kläger behauptet, es sei mit der Beklagten vereinbart worden, vor Einreichung der Klage den Ausgang des vor dem Landgericht Düsseldorf anhängigen Rechtsstreits der Hypothekengläubigerin gegen die Beklagte abzuwarten, ist die Beklagte nicht gehindert, sich auf den Fristablauf zu berufen. Dabei kann es dahinstehen, ob die Abrede als stillschweigende Verlängerung der Frist nach § 12 Abs. 3 VVG zu verstehen war, deren Ende nicht durch ein konkretes Datum bestimmt werden muß, sondern auch an ein Ereignis geknüpft werden kann (vgl. Römer in Römer/Langheid), VVG, § 12 Rn 64).

Der Kläger hat nämlich auch nach Ende der Verlängerung, d. h. nach dem Eintritt der Erledigung des vor dem LG Düsseldorf anhängigen Rechtsstreits, nicht innerhalb der ihm zu gewährenden Entschließungsfrist Klage erhoben bzw. um Prozeßkostenhilfe nachgesucht. Nachdem die Beklagte am 19.11.1999 Zahlung an die Hypothekengläubigerin geleistet hatte, hat diese durch ihre Prozeßbevollmächtigten den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 19.11.1999 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist durch Versäumnisurteil gegen die Beklagte vom 12.1.2000 festgestellt worden. Der Eintritt des erledigenden Ereignisses war dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers ausweislich der beigezogenen Akten 15 O 144/00 LG Münster, die ein PKH-Gesuch der Ehefrau des Klägers betreffen, jedenfalls im Januar 2000 bekannt.

Innerhalb eines Zeitraums von allenfalls 2 Wochen nach Kenntnis vom Eintritt des die verlängerte Frist beendenden Ereignisses hätte die Klage eingereicht werden müssen (vgl. dazu Römer a.a.O. Rn 64). Der Kläger hat jedoch erst weit nach Ablauf dieses Zeitraums im April 2000 um PKH für eine Klage nachgesucht.

Bei dieser Sachlage hat seine Klage im Hinblick auf § 12 Abs. 3 VVG keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Beschwerde ist deshalb zurückzuweisen.



Ende der Entscheidung

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