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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.04.2001
Aktenzeichen: 20 W 6/01
Rechtsgebiete: ARB


Vorschriften:

ARB § 15
Separate Klage anstatt einer Klageerweiterung als unnötige Kostenerhöhung nach § 15 I d cc ARB 75.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

20 W 6/01 OLG Hamm

In Sachen

Tenor:

wird die Beschwerde der Klägerin vom 30.1.2001 gegen den Beschluß der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 27.11.2000 zurückgewiesen.

Gründe:

Die Antragstellerin -- Versicherungsnehmerin der Antragsgegnerin -- verlangt von dieser Deckungsschutz für eine beabsichtigte Klage nach einem Verkehrsunfall ihres mitversicherten Ehemanns gegen den Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer auf Zahlung von Schmerzensgeld, das sie in Höhe von weiteren mindestens 148.000 DM als angemessen erachtet, von Haushaltsführungsschaden in Höhe von 19.204,99 DM, Verdienstausfall von 23.335,24 DM, entgangener Auslösung von 31.020 DM und entgangenem Trinkgeld von 6.000 DM sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Erstattung weiteren Zukunftsschadens.

Die Beklagte hat den Deckungsschutz abgelehnt, weil sie das verlangte Schmerzensgeld für deutlich überzogen und die Erhebung dieser weiteren Klage insgesamt für unnötige Kosten verursachend erachtet, da sie der Klägerin selbst für eine Klage im eigenen Interesse wegen desselben Verkehrsunfalls -- sie war Fahrerin, ihr Ehemann Beifahrer -- bereits Deckungsschutz erteilt hatte und sie in der Erweiterung dieser Klage, wozu sie Deckungsschutz zu erteilen bereit sei, eine die Klägerin oder ihren Ehemann nicht unbillig beeinträchtigende Alternative sah. Das Landgericht -- die Kammer, vor welcher der Rechtsstreit der Klägerin gegen den Unfallgegner bereits anhängig ist -- hat sich dieser Argumentation angeschlossen und das Prozeßkostenhilfegesuch zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde, mit welcher sie ihr Ziel weiterverfolgt. Die Beschwerde ist unbegründet. Der beabsichtigten Klage fehlt die hinreichende Erfolgsaussicht.

Nach § 15 Abs. 1 d. cc. ARB 75 ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten verursachen könnte. Der Rechtsschutzversicherer ist nach näherer Maßgabe von §§ 15 Abs. 2, 6 Abs. 3 VVG bei Verstößen leistungsfrei. Die Erhebung der beabsichtigten separaten Klage anstelle der denkbaren Erweiterung der bereits anhängigen Klage der Versicherungsnehmerin wäre ein solcher Verstoß. Die Beklagte ist deshalb nicht verpflichtet, für die beabsichtigte zweite Klage Deckungsschutz zuzusagen.

Eine Erhöhung der vorliegenden Klage wäre unstreitig der kostengünstigere Weg. Die Bedenken der Klägerin, ob eine derartige Klageerweiterung prozessual zulässig wäre, greifen nicht. Die Eheleute könnten als Streitgenossen gem. § 60 ZPO eine einheitliche Klage erheben. Bei Ansprüchen mehrerer Geschädigter aus einem Verkehrsunfall -- wie hier -- liegt ein typischer Fall der Gleichartigkeit von Ansprüchen eines im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grundes vor (Zöller/Vollkommer, Rn 7 zu § 60 ZPO). Hypothetische Erwägungen, wie sich die Rechtslage bei einem komplexeren Verkehrsunfall mit mehr Beteiligten und Verletzten als hier gestaltete, ändern im konkreten Fall daran nichts.

Durch die Klageerweiterung anstelle einer separaten Klageerhebung werden die Interessen der Klägerin nicht unbillig beeinträchtigt. Sie ist der Ansicht, eine separate Klageerhebung sei schon deshalb angezeigt, weil die Eheleute einander im jeweils anderen Rechtsstreit als Zeugen zur Verfügung ständen. Andere Beweismittel seien z.T. gar nicht vorhanden. Die Möglichkeit, einander als Zeugen zur Verfügung zu stehen, ist hier aber nur ein scheinbarer Vorteil. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß die formale Stellung als Zeuge oder Partei in dem einen oder anderen Rechtsstreit keine grundlegenden Unterschiede im Beweiswert der jeweiligen Angaben der Eheleute begründe.

Hinzu kommt, daß das erkennende Gericht in dem angefochtenen Beschluß zu erkennen gegeben hat, daß es die Verhandlung sämtlicher geltend gemachten und noch angekündigten Ansprüche in nur einem Rechtsstreit für sinnvoll erachtet. Eine -- nach dem Vorstehenden sinnvolle und gem. § 147 ZPO zulässige -- Verbindung der Rechtsstreite für den Fall separater Klageerhebung läge deshalb nahe.

Zweck einer Rechtsschutzversicherung ist es, daß ein VN, der sich die Abwälzung von Rechtskostenrisiken durch freiwillige Beitragszahlung zu einer Rechtsschutzversicherung erkauft, seine Rechte ohne die Kostenüberlegungen wahrnehmen kann, die ein Nichtrechtsschutzversicherter in gleicher Lage anstellen würde. Lediglich die Finanzierung sinnloser oder wirtschaftlich in hohem Maß unvernünftiger rechtlicher Maßnahmen einzelner muß mit Rücksicht auf die Gefahrengemeinschaft der Versicherten ausgeschlossen sein. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo sich das Verhalten des VN mit dem einer vernünftigen unversicherten Partei, bei der finanzielle Überlegungen keine Rolle spielen, nicht mehr in Einklang bringen läßt. Zweifel müssen sich dabei zugunsten des VN auswirken (so Senat VersR 1999, 964; 1993, 310 und 1989, 736; Harbauer aaO § 1 Rdn. 40 und Prölss/Martin aaO § 15 Rdn. 3). Eine nicht rechtsschutzversicherte Partei würde hier den deutlich kostengünstigeren Weg einer Klageerweiterung wählen. Rechtliche Nachteile wären damit nicht verbunden. Eine separate Klage würde hier nur den Gebühreninteressen des Klägervertreters dienen. Das ist nicht Zweck der Rechtsschutzversicherung.

Hinsichtlich der Ausführungen zur Höhe des verlangten Schmerzensgelds wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß Bezug genommen, die durch das Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumt werden. Angesichts der bisher vorgetragenen Unfallfolgen erscheint der gesetzte Rahmen für das Schmerzensgeld von weiteren 48.000 DM ausreichend. Eine kostenempfindliche, vernünftige Partei würde nicht eine Mindestvorstellung von 150.000 DM als Schmerzensgeld in das Verfahren einführen. Die damit verbundenen Kosten wären unnötig i. S.v. § 15 Abs. 1 d. cc. ARB 75.

Ende der Entscheidung

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