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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.07.2005
Aktenzeichen: 21 U 130/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VOB/B, AGBG


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 133
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 154
BGB § 155
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 286 a.F.
BGB § 371
BGB § 768
BGB § 776
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative
VOB/B § 17
VOB/B § 17 Nr. 3 Rdn. 8
VOB/B § 17 Nr. 8
AGBG § 1
AGBG § 3
AGBG § 5
AGBG § 9
1) Zur Auslegung eines aus mehreren Vertragsteilen bestehenden Bauvertrags.

2) Die Klausel eines Bauvertrags, die einen lediglich durch unbefristete Bürgschaft ablösbaren Sicherheitseinbehalt vorsieht, benachteiligt - sofern es sich nicht um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt - den Auftragnehmer nicht unangemessen und ist daher erst Recht nicht als Individualvereinbarung sittenwidrig.

3) Übergibt der Auftragnehmer dem Auftraggeber zur Ablösung eines Sicherheitseinbehaltes eine unbefristete Bürgschaft, worin der Bürge - ohne entsprechende vertragliche Verpflichtung - weitgehend auf Einreden und Rechte verzichtet, dann ist der Auftraggeber nicht zum Austausch der gestellten Bürgschaft gegen Übergabe einer einfachen unbefristeten Bürgschaft berechtigt, es sei denn ein entsprechendes Austauschrecht ist vertraglich vereinbart worden.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.7.2004 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: A. Von einer Sachverhaltsdarstellung wird gem. § 540 Abs. 2 in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen. B. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Beurteilung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden materiellen Recht (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Zu Recht hat das Landgericht die auf Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaftsurkunde und auf Erstattung von Avalzinsen nebst Verzugszinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaftsurkunde der H-AG vom 1.8.1996 im Original (I.) noch einen Anspruch auf Erstattung von Avalzinsen für den Zeitraum vom 8. Dezember 2000 bis zum 31. Juli 2004 in Höhe von 164,09 € nebst Verzugszinsen (II.). I. Die Klägerin kann die Herausgabe der streitgegenständlichen Gewährleistungsurkunde nicht verlangen und zwar weder gemäß § 371 BGB oder nach § 17 Nr. 8 VOB/B (1), noch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB (2) und auch nicht gemäß § 242 BGB (3). Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin als Sicherungsgeberin überhaupt grundsätzlich berechtigt ist, die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich selbst zu verlangen oder ob nur ein Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen in Betracht kommt; (nach OLG Düsseldorf, BauR 2002, 1714 = NJW-RR 2003, 668 ist grundsätzlich nur ein Anspruch des Sicherungsgebers auf Herausgabe der Bürgschaft an den Bürgen gegeben). 1. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaftsurkunde gemäß § 371 BGB oder nach § 17 Nr. 8 VOB/B besteht jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht, weil die Gewährleistungsfrist von zehn Jahren und einem Monat aus dem zu Grunde liegenden Bauvertrag unstreitig noch nicht abgelaufen ist. 2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Gewährleistungsbürgschaftsurkunde gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB - auch nicht Zug um Zug gegen Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft. Denn die Beklagte besitzt die Gewährleistungsbürgschaftsurkunde nicht ohne Rechtsgrund. Der Rechtsgrund für den Besitz der Bürgschaftsurkunde ergibt sich jedenfalls bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist aus der Regelung über die Ablösung des Gewährleistungseinbehaltes durch Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft (Sicherungsabrede) aus dem zwischen der Klägerin und der "B Bürogebäude" (B) geschlossenen Bauvertrag vom 19.5.1995. Die Beklagte ist - was zwischen den Parteien unstreitig ist - als ehemalige Mitgesellschafterin der B, nach dem Ausscheiden der einzigen anderen Mitgesellschafterin - der I AG -, nunmehr alleinige Vertragspartnerin der Klägerin aus dem Bauvertrag. Der Bauvertrag enthält die folgende Sicherungsabrede: "Bei der Schlußzahlung wird eine Sicherheit in Höhe von 5% des Bruttorechnungsbetrages für die Dauer der Gewährleistungsfrist einbehalten, die der AN durch eine unbefristete Bankbürgschaft ablösen wird."

Diese in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls vom 12.5.1995 enthaltene Regelung ist Bestandteil des Bauvertrages geworden und entgegen der Ansicht der Klägerin nicht wegen widersprüchlicher Regelungen in anderen Vertragsteilen bzw. wegen Intransparenz gemäß §§ 5, 9 AGBG oder §§ 154, 155 BGB unwirksam (a). Sie ist auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung der Klägerin durch ihre inhaltliche Ausgestaltung gemäß § 9 AGBG oder wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam (b). Die Regelung stellt schließlich entgegen der Ansicht der Klägerin einen Rechtsgrund im Sine von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB für den Besitz der streitgegenständlichen Bürgschaftsurkunde dar, obwohl die Bürgin in der Urkunde - ohne entsprechende Verpflichtung der Klägerin im Bauvertrag - auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung, der Vorausklage, auf die Einrede aus § 768 BGB und auf das Recht aus § 776 BGB verzichtet hat (c). a) Die Sicherungsabrede in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls vom 12.5.1995 ist Bestandteil des Bauvertrags zwischen den Parteien geworden. Die nur eine Seite umfassende Bauvertragsurkunde vom 19.5.1995, in der keine besondere Regelung über die Ablösung des Gewährleistungseinbehaltes enthalten ist, bezieht nämlich ausdrücklich die Vereinbarungen, die die Vertragsparteien im Verhandlungsprotokoll getroffen haben, in den Bauvertrag ein. Hierzu gehört auch die Regelung in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls. Soweit die Klägerin der Ansicht ist, diese Klausel sei unwirksam, weil sie Regelungen aus anderen Vertragsteilen widerspreche, nämlich zum einen einer Sicherungsabrede in den "Zusätzlichen Vertragsbedingungen zur VOB (ZVB Hochtief Nr. 6)" und zum anderen dem von der B dem Bauvertrag beigefügten Muster einer Gewährleistungsbürgschaft, hat das Landgericht dies zu Recht verneint. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei den Bestimmungen des Verhandlungsprotokolls um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGBG handelt oder nicht. Die Unwirksamkeit der Klausel in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls wegen widersprüchlicher bzw. intransparenter Regelungen in anderen Vertragsteilen ergibt sich weder aus den §§ 5, 9 AGBG noch aus den §§ 154, 155 BGB, weil der Bauvertrag tatsächlich keine widersprüchlichen Regelungen zur Sicherungsabrede enthält. Die Auslegung des Vertrags gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt nämlich, dass die Klausel in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls als speziellere Regelung den abweichenden Regelungen in den ZVB Hochtief Nr. 6 und in dem beigefügten Bürgschaftsformular vorgeht und diese damit verdrängt. Dies folgt aus Ziffer 13 des Verhandlungsprotokolls. Dort ist geregelt, dass Grundlagen des Vertrages in der aufgeführten Reihenfolge seien sollen: Das Verhandlungsprotokoll, das Angebot des Auftragnehmers, die ZVB-Hochtief Nr. 6 und die VOB. Weitergehende Bedingungen oder Einschränkungen sollen danach nicht Vertragsbestandteil sein. Damit ist eine Rangfolge der einzelnen Vertragsbestandteile zwischen den Vertragsparteien festgelegt. Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Regelung werden durch die Parteien nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Auch wenn es sich bei den Klauseln des Verhandlungsprotokolls entsprechend der Ansicht der Klägerin um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 AGBG handeln sollte, würde es sich bei der Regelung der Rangfolge der einzelnen Vertragsbestandteile nicht um eine überraschende oder intransparente Klausel im Sinne der §§ 3, 5, 9 AGBG handeln. Ziffer 13 des Verhandlungsprotokolls enthält damit eine wirksame Festlegung der Rangfolge der einzelnen Vertragsbestandteile, wovon die Parteien auch übereinstimmend ausgehen. Durch diese Regelung ist die in den ZVB-Hochtief Nr. 6 enthaltene Klausel, die inhaltlich mit der Sicherungsabrede in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls weitestgehend identisch ist, aber noch den Zusatz enthält, dass die Bankbürgschaft dem Muster des Auftraggebers entsprechen müsse, ausdrücklich nicht Vertragsbestandteil geworden. Ebenfalls ausdrücklich ausgeschlossen ist dadurch die abweichende Sicherungsabrede aus dem Bürgschaftsmuster der B, wonach die Bürgin - zusätzlich - auf die Einreden der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage, auf die Einrede gemäß § 768 BGB, auf das Recht aus § 776 BGB und auf das Recht zur Hinterlegung zu verzichten hat. Denn aufgrund der ausdrücklichen Vereinbarung des Vorrangs der vertraglichen Regelung in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls sind die anders lautenden Regelungen in den ZVB-Hochtief Nr. 6 und in dem Bürgschaftsmuster nicht Vertragsbestandteil geworden. Selbst ohne eine derart klare vertragliche Regelung der Rangfolge der einzelnen Vertragsbestandteile wäre die Sicherungsabrede in Ziffer 7.3 des Verhandlungsprotokolls nicht durch den Verweis auf das Bürgschaftsmuster der B in den ZVB-Hochtief Nr. 6 modifiziert worden. Denn es ist auch ohne eine ausdrückliche Regelung der Rangfolge verschiedener Vertragsanlagen davon auszugehen, dass die inhaltliche Ausgestaltung der zu stellenden Bürgschaft in der Sicherungsabrede im Regelfall abschließend ist. Ein durch Verweis in der Sicherungsabrede als Anlage zum Bauvertrag beigefügtes Bürgschaftsmuster mit abweichenden Regelungen zu den Anforderungen an die zu stellende Bürgschaft hat nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich regelmäßig keine vertragsändernde Wirkung (vgl. BGH, BauR 2004, 841 ff. = MDR 2004, 805 f. = NJW-RR 2004, 814 f.; so auch Werner/Pastor, 11. Auflage, Rdn. 1254). b) Die Regelung in Nr. 7.3 des Verhandlungsprotokolls ist wegen ihrer inhaltlichen Ausgestaltung entgegen der Ansicht der Klägerin weder gemäß § 9 AGBG noch gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Auch insoweit kann offen bleiben, ob es sich hierbei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 1 AGBG handelt oder nicht. Denn die Sicherungsabrede benachteiligt die Klägerin schon als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht unangemessen und ist deshalb erst Recht als Individualvereinbarung nicht sittenwidrig. Die Sicherungsabrede, wonach der Auftragnehmer den Gewährungseinbehalt in Höhe von 5% des Bruttorechnungsbetrages durch eine unbefristete Bankbürgschaft ablösen "wird", ist nach Ansicht des Senats bei verständiger Würdigung gemäß §§ 133, 157 BGB so verstehen, dass die Auftragnehmerin berechtigt sein soll, den vereinbarten Gewährleistungseinbehalt (nur) durch eine unbefristete Bankbürgschaft abzulösen (so auch zur gleichen Klausel OLG Hamm (24. Zivilsenat), Urteil vom 2. Juli 1998 - 24 U 187/97). Das Wahlrecht des Auftragnehmers unter verschiedenen Sicherheiten und die Ersetzungsmöglichkeit gemäß 17 VOB/B sind durch diese Regelung ausgeschlossen. Es handelt sich nicht um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern. Die Klausel eines Bauvertrages, die einen durch unbefristete Bürgschaft ablösbaren Sicherheitseinbehalt vorsieht, benachteiligt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sogar in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - sofern es sich nicht um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt - den Auftragnehmer nicht unangemessen (vgl. BGH, BauR 2004, 325 f. = NJW 2004, 443 und BauR 2004, 841 ff. = MDR 2004, 805 f. = NJW-RR 2004, 814 f.) und ist daher erst Recht nicht als Individualvereinbarung sittenwidrig. Denn die Nachteile des Auftragnehmers, die ihm im Fall der Bürgschaftsstellung durch die Avalzinsbelastung und der Einschränkung seiner Kreditlinie entstehen, sind in Anbetracht des Sicherungsinteresses des Auftraggebers in der Gewährleistungszeit gerechtfertigt und vom Auftragnehmer hinzunehmen (vgl. BGH, BauR 2004, 325 f. = NJW 2004, 443 und BauR 2004, 841 ff. = MDR 2004, 805 f. = NJW-RR 2004, 814 f.). Dies gilt sogar, wenn - wie hier - die Bürgschaft als einziges zulässiges Mittel zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts vereinbart wurde (vgl. BGH, BauR 2004, 841 ff. = MDR 2004, 805 f. = NJW-RR 2004, 814 f.). Denn die Beschränkung des Wahlrechts und der Ersetzungsmöglichkeit des Auftragnehmers nach § 17 VOB/B auf die unbefristete Bürgschaft als einzige Möglichkeit zur Ablösung des Gewährleistungseinbehaltes ist ebenfalls grundsätzlich zulässig, sofern es sich nicht um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt, vgl. OLG Hamm (24. Zivilsenat), Urteil vom 2. Juli 1998 - 24 U 187/97; Ingenstau/Korbion-Joussen, 15. Auflage, VOB/B § 17 Nr. 3 Rdn. 8. Trotz der Beschränkung des Wahlrechts und der Ersetzungsmöglichkeit des § 17 VOB/B wahrt auch eine derartige Regelung die Interessen beider Vertragsparteien noch in angemessener Weise. Die Möglichkeit des Auftragnehmers, den Sicherheitseinbehalt - lediglich - durch Stellung einer unbefristeten Bürgschaft ablösen zu können, stellt unter Berücksichtigung der Interessen beider Bauvertragsparteien noch einen hinreichenden Ausgleich für die Vereinbarung des Gewährleistungseinbehalts dar, vgl. OLG Hamm (24. Zivilsenat), Urteil vom 2. Juli 1998 - 24 U 187/97; Ingenstau/Korbion-Joussen, 15. Auflage, VOB/B § 17 Nr. 3 Rdn. 8. Dabei ist neben den schon genannten Nachteilen der Bürgschaft für den Auftragnehmer nämlich zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein schutzwürdiges Interesse an der Absicherung seiner Gewährleistungsansprüche hat. Die Sicherungsabrede benachteiligt die Klägerin auch nicht im Zusammenhang mit der weiteren Regelung in Ziffer 7.2 des Verhandlungsprotokolls unangemessen. Die Regelung in Ziffer 7.2 lautet: "Die Schlussrechnung wird nach restloser, ordnungsgemäßer Fertigstellung aller Leistungen in VOB-Frist ohne Skonto bezahlt." Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Sicherungsabrede im Zusammenhang mit dieser Regelung nicht vergleichbar mit der Klausel, die nach BGH, BauR 2004, 325 f. = NJW 2004, 443, den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird, wenn die Möglichkeit des Auftragnehmers zur Ablösung eines Gewährleistungseinbehaltes durch Stellung einer Bürgschaft in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zusätzlich davon abhängig gemacht wird, dass keine wesentlichen Mängel vorliegen. In einem derartigen Fall ist die Möglichkeit den Gewährleistungseinbehalt abzulösen so stark eingeschränkt, dass sie für den Auftragnehmer keinen angemessenen Ausgleich für die Nachteile des Gewährleistungseinbehalts darstellt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hier jedoch keine derartige Erschwerung der Möglichkeit zur Ablösung des Gewährleistungseinbehalts vereinbart. Denn hier wird die Möglichkeit zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch Stellung einer Bürgschaft nicht davon abhängig gemacht, dass keine wesentlichen Mängel vorliegen. Die Frage, ob Mängel vorliegen oder nicht, ist in der streitgegenständlichen Sicherungsabrede vielmehr ohne jeden Einfluss auf die Möglichkeit, den Gewährleistungseinbehalt abzulösen. Ziffer 7.2 des Verhandlungsprotokolls stellt nämlich nur eine Regelung zur Fälligkeit des Schlussrechnungsbetrages dar und enthält keine Modifizierung der Sicherungsabrede. c) Die Sicherungsabrede aus Nr. 7.3 des Verhandlungsprotokolls stellt - entgegen der Ansicht der Klägerin - einen Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB für die Beklagte dar, der sie zum Besitz der streitgegenständlichen Bürgschaftsurkunde berechtigt. Zwar weicht die in der Bürgschaftsurkunde enthaltene Bürgschaft von den Anforderungen in der Sicherungsabrede insoweit ab, als die Bürgin nicht nur eine unbefristete Bürgschaft abgegeben, sondern zusätzlich auf die Einreden der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage, die Einrede gemäß § 768 BGB und das Recht aus § 776 BGB verzichtet hat. Doch führt der weitgehende Verzicht des Bürgen auf mögliche Einreden nicht dazu, dass die streitgegenständliche Bürgschaft ein ganz anderes Sicherungsmittel als das nach der Sicherungsabrede geschuldete ist. Verzichtet der Bürge auf die Einreden der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage, die Einrede gemäß § 768 BGB und das Recht aus § 776 BGB entsteht dadurch nicht ein Sicherungsmittel eigener Art. Es handelt sich lediglich um eine besondere Form der Bürgschaftsverpflichtung, die den Sicherungsnehmer privilegiert. Insoweit ist der Unterschied zwischen den Bürgschaftsvarianten ähnlich wie der Unterschied zwischen einer selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft einerseits und einer selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern anderseits zu bewerten. Bezüglich dieser beiden Bürgschaftsformen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich nicht um verschiedene Arten von Sicherungsmitteln handelt, sondern um das gleiche Sicherungsmittel, welches sich lediglich jeweils hinsichtlich der Privilegierung des Sicherungsnehmers unterscheidet (vgl. BGH, NJW 2003, 2605 ff. = BauR 2003, 1385 ff. = MDR 2003, 1388 ff.; NJW 2002, 3170 = BGHZ 151, 236; NJW 1999, 2361 ff.; BGHZ 151, 229). Genauso ist auch der Unterschied zwischen einer unbefristeten Bürgschaft und einer unbefristeten Bürgschaft, bei der der Bürge weitgehend auf Einreden und Rechte verzichtet, zu bewerten. Da es sich auch hierbei nicht um unterschiedliche Arten von Sicherungsmitteln handelt, kann die Klägerin die streitgegenständliche Bürgschaftsurkunde nicht Zug um Zug gegen Stellung einer der Sicherungsabrede genügenden Bürgschaft herausverlangen. Denn die unbefristete Bürgschaft als solche ist geschuldet, nur die Privilegierung des Sicherungsnehmers durch den Verzicht des Bürgen auf Einreden und Rechte nicht. Die Sicherungsvereinbarung berechtigt die Beklagte demnach zwar nicht, die Privilegierungen aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen, wohl aber die unbefristete Bürgschaft unter Beachtung der Einreden und Rechte der Bürgin. Aus diesem Grund ist die Beklagte zum Besitz der Bürgschaftsurkunde berechtigt. Die Klägerin kann eventuell von der Beklagten verlangen, dass die Beklagte sich ihr und der Bürgin gegenüber schriftlich verpflichtet, die Privilegierungen aus der streitgegenständlichen Urkunde nicht in Anspruch zu nehmen und nur eine unbefristete Bürgschaft geltend zu machen. Einen derartigen Anspruch bejaht der Bundesgerichtshof für den Fall, dass der Sicherungsnehmer eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern besitzt, jedoch nach der Sicherungsabrede keinen Anspruch auf den Zusatz "auf erstes Anfordern" hat, BGH, NJW 2003, 2605 ff. = BauR 2003, 1385 ff. = MDR 2003, 1388 ff.). Da die Klägerin hier jedoch solch einen auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Anspruch nicht geltend macht, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Klägerin ein derartiger Anspruch zusteht. 3. Die Klägerin kann auch nicht die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde von der Beklagten gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben wegen einer behaupteten Übersicherung verlangen. Denn die Klägerin hat eine Übersicherung nicht schlüssig dargelegt. Soweit sie behauptet, ihr stünden noch Vergütungsansprüche aus dem Bauvertrag in Höhe von insgesamt 149.195,04 € zu, hat sie die tatsächlichen Voraussetzungen für diese Ansprüche bereits nicht substantiiert dargelegt. Selbst wenn ihr solche Ansprüche zustehen sollten, wäre - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - die Beklagte dadurch nicht übersichert. Denn etwaige Vergütungsansprüche des Auftragnehmers stehen dem Auftraggeber neben der streitgegenständlichen Bürgschaft nicht bis zum Ablauf der Gewährleistungszeit als Sicherheit zur Verfügung. Sie sind nämlich nicht neben der gestellten Bürgschaft mit in die Sicherungsabrede einbezogen. Der Auftragnehmer hat vielmehr die Möglichkeit, behauptete fällige Vergütungsansprüche jederzeit - auch vor Ablauf der Gewährleistungszeit - geltend zu machen. Er kann auch jederzeit mit ihnen aufrechnen. Er ist aber nicht berechtigt, eine einmal gestellte Gewährleistungssicherheit - die Bürgschaft - zurückzuverlangen und den Auftraggeber stattdessen auf bestrittene Vergütungsansprüche zu verweisen. Ein derartiges Austauschrecht ist vertraglich weder vereinbart noch wird es den berechtigten Sicherungsinteressen des Auftraggebers gerecht. II. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf Erstattung von Avalkosten für den Zeitraum vom 8. Dezember 2000 bis zum 31. Juli 2004 in Höhe von 164,09 € nebst Zinsen gemäß § 286 BGB a.F. Denn die Beklagte befindet sich nicht in Verzug mit der Verpflichtung zur Herausgabe der streitgegenständlichen Gewährleistungsbürgschaft. Vielmehr ist sie - wie bereits ausgeführt - (noch) nicht zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verpflichtet. III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor.

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