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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.01.2005
Aktenzeichen: 21 U 34/04
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 240
GKG § 19 Abs. 1 S. 3 a. F.
GKG § 25 Abs. 2 S. 3
GKG § 25 Abs. 3 S. 2 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die als Gegenvorstellung zu behandelnde Eingabe der Kläger vom 15.11.2004 wird der Senatsbeschluß vom 21.10.2004 abgeändert.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 12.656,96 €, für die erste Instanz - einschließlich der Widerklage - bis zum 19.11.1003 auf 13.219,12 € und ab dem 20.11.2003 auf 12.656,96 € festgesetzt.

Gründe: I. Die Kläger erwarben von der Beklagten ein Grundstück mit einem darauf zu errichtendem Einfamilienhaus. Der Gesamtpreis in Höhe von 316.745,32 € war in Raten entsprechend dem Baufortschritt zu zahlen. In § 13 des notariellen Vertrages vom 28.9.2001 wurde vereinbart: "Die Vertragsparteien erklären die Auflassung wie folgt: Wir sind darüber einig, daß das Eigentum an dem (...) Grundbesitz von der Verkäuferin auf die Käufer zu je 1/2 Anteil übergeht. Die Vertragsteile weisen den Notar unwiderruflich an, diese Auflassungserklärung dem Grundbuchamt zum Vollzug erst vorzulegen, wenn der Verkäufer dem schriftlich zustimmt; hierzu ist der Verkäufer verpflichtet, wenn der geschuldete Kaufpreis einschließlich etwaiger Verzugszinsen und Bezahlung von Sonderwünschen bezahlt ist. (...)" Die letzte Rate in Höhe von 13.219,12 € (einschließlich Zusatzleistungen) zahlten die Kläger nicht, weil sie sich Gegenansprüche wegen Bauzeitüberschreitung, fehlender Leistungen pp. in Höhe von 8.615,42 € errechneten. Vor dem Landgericht nahmen sie die Beklagte auf "Bewilligung der Eigentumsumschreibung durch Erklärung gegenüber dem Urkundsnotar, Zug um Zug gegen Zahlung eines Restkaufpreises von 4.603,70 €" in Anspruch. Die Beklagte erkannte die Gegenansprüche nur zu einem geringfügigen Teil an und erhob ihrerseits Widerklage auf Bezahlung der nach ihrer Berechnung verbleibenden Restforderung von 12.656,96 €. Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf die begehrte Erklärung, solange nach ihrem eigenen Vortrag noch ein Kaufpreisrest offenstehe, weil sie nach dem Wortlaut der o. g. Vertragsklausel vorleistungspflichtig seien. Der Beklagten könne kein Zahlungsanspruch zuerkannt werden, weil sie ihre Forderung an eine Sparkasse abgetreten und die behauptete Rückabtretung nicht belegt habe. Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Wenige Tage später ist das Verfahren gemäß § 240 ZPO durch Insolvenz der Beklagten unterbrochen worden. Nachdem es daraufhin sechs Monate lang nicht betrieben worden ist, hat der Senat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 316.745,32 € und den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren einschließlich der Widerklage - der vom Landgericht mit 13.219,12 + 12.656,96 = 25.876,08 € angenommen worden war - auf 329.402,28 € festgesetzt. Hiergegen haben die Kläger Erinnerung, hilfsweise sofortige Beschwerde, weiter hilfsweise Beschwerde eingelegt, mit der sie das Ziel verfolgen, den Streitwert auf den von der Beklagten beanspruchten Restkaufpreisbetrag von 12.656,96 € zurückzuführen. II. Die Eingabe der Kläger kann nur als formlose Gegenvorstellung angesehen werden, weil eine Wertfestsetzung durch das Rechtsmittelgericht gemäß § 25 Abs. 3 S. 2 (a. F.) GKG nicht der Anfechtung unterliegt. Die Gegenvorstellung hat dem Senat jedoch Anlaß zur Prüfung gegeben, ob eine nach § 25 Abs. 2 S. 2 GKG zulässige Abänderung in Betracht kommt. § 25 Abs. 2 S. 3 GKG steht einer Abänderung nicht entgegen, weil eine rechtskräftige Entscheidung in der Sache nicht ergangen ist und eine Verfahrensunterbrechung gemäß § 240 ZPO auch keine sonstige Erledigung darstellt. Aufgrund der Überprüfung ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, daß das Begehren der Kläger sachlich berechtigt ist. Zwar verbleibt der Senat bei seiner ständigen Rechtsprechung, wonach bei einer Auflassungsklage auch dann der volle Grundstückswert in Ansatz zu bringen ist, wenn die Auflassung von Verkäuferseite nur wegen einer verhältnismäßig geringen Restkaufpreisforderung verweigert wird (vgl. zuletzt eingehend OLGR 2002, 427). Damit befindet er sich im Einklang mit der überwiegenden, wenn auch heftig umstrittenen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rn. 16 zu § 3 Stichwort "Auflassung", der selbst die Gegenauffassung vertritt). Im vorliegenden Rechtsstreit geht es hingegen nicht um die Auflassung selbst. Diese ist nämlich, wie es zwecks Ersparnis von Beurkundungskosten vielfach üblich und auch empfehlenswert ist, bereits in dem notariellen Kaufvertrag erfolgt, verbunden mit der Auflage an den Notar, sie erst nach Zustimmung des Verkäufers dem Grundbuchamt vorzulegen. Auch die "Bewilligung der Eigentumsumschreibung" im grundbuchrechtlichen Sinne ist trotz der mißverständlichen Antragsformulierung nicht Gegenstand des Prozesses. Der Zusatz "durch Erklärung gegenüber dem Urkundsnotar" macht vielmehr deutlich, daß die oben genannte Zustimmungserklärung zur Vorlage der Auflassungsurkunde an das Grundbuchamt gemeint ist. Der Streit der Parteien geht daher nicht mehr darum, ob die Beklagte zur Übereignung selbst verpflichtet ist, sondern nur noch darum, ob sie eine Hilfserklärung, die für den Vollzug der Eigentumsübertragung erforderlich ist, bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgeben muß. Für diesen Fall hat der BGH im Jahre 2001 (NJW 2002, 684) entschieden, daß nur derjenige Betrag, von dessen Zahlung der Verkäufer die Zustimmungserklärung abhängig macht, für die Streitwertbemessung maßgeblich ist. Inhalt dieser Erklärung sei nämlich, daß die Gegenleistung vollständig erbracht sei. Es handele sich damit um ein anderes Rechtsschutzbegehren als bei einer Auflassungsklage, weshalb offenbleiben könne, welcher der widerstreitenden Meinungen für den Fall der Auflassungsklage zu folgen sei. Dieser Auffassung des BGH schließt sich der erkennende Senat nunmehr an. Dem Senat ist zwar durchaus bewußt, daß eine Klage der vorliegenden Art im Ergebnis genauso wie eine Auflassungsklage darauf gerichtet ist, dem Käufer das Eigentum zu verschaffen. Das würde aber auch dann gelten, wenn der Käufer nur auf Feststellung, daß eine Restkaufpreisforderung des Verkäufers nicht mehr besteht, klagen würde. Auch mit einer solchen Feststellung könnte der Käufer die Eigentumsumschreibung erreichen, weil der Notar bei pflichtgemäßem Handeln auch auf das Feststellungsurteil hin die Umschreibung veranlassen würde; trotzdem dürfte kein Zweifel daran bestehen, daß der Streitwert einer solchen Feststellungsklage den streitigen Kaufpreisrest nicht überstiege. Entscheidender Gesichtspunkt ist, daß durch die Zugrundelegung des vollen Grundstückswertes die Parteien mit Kosten belastet werden, die zu dem tatsächlich im Streit stehenden Geldbetrag in keinem Verhältnis stehen, ihn oftmals sogar übersteigen. Eine derartige Kostenbelastung muß auf diejenigen Fälle beschränkt bleiben, in denen sie rechtlich unausweichlich ist, weil der Antrag auf die unmittelbare Vornahme der Übereignung selbst, also die Auflassung, gerichtet ist. Dient die beantragte Verurteilung hingegen - wie hier - nur mittelbar dem Ziel der Eigentumserlangung, muß die Angemessenheit der Kostenbelastung im Verhältnis zum tatsächlichen Kern des Streits den Vorrang gewinnen. Der Streitwert war daher auf den Betrag festzusetzen, den die Beklagte noch als Restkaufpreis beansprucht. Nach dem Vortrag in der Klageschrift sollte sich dieser auf 13.219,12 € belaufen; ab Eingang der Klageerwiderung (20.11.2003) stand fest, daß es sich nur noch um 12.656,96 € handelte. Eine weitere Reduzierung um die nach eigenem Vortrag der Kläger geschuldeten 4.603,70 € kommt hingegen nicht in Betracht, weil die Kläger selbst diesen Betrag nicht bezahlt haben und auch nach allgemeinen Grundsätzen eine Zug-um-Zug-Leistung nicht streitwertreduzierend wirkt. Eine Zusammenrechnung der Werte von Klage und Widerklage hat auf der Grundlage der oben dargelegten Erwägungen nicht mehr stattzufinden. Wenn bereits für die Klage der im Streit stehende Restkaufpreis wertbestimmend ist, dann liegt auch Identität mit dem Gegenstand der Widerklage i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 3 (a. F.) GKG vor.

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