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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 21 U 43/07
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

EGBGB Art. 229 § 5 S. 2
BGB § 278
BGB § 282 a.F.
ZPO § 92 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 100
ZPO § 101
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Streithelferin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung des Landgerichts wie folgt abgeändert wird:

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin zu 47 % und die Beklagte zu 53 %, mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe. Diese trägt die Beklagte in vollem Umfang.

Die Kosten der Berufung trägt die Streithelferin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs.2, 313 Abs.1 S.1 ZPO)

Die Berufung der Streithelferin ist zulässig. Sie hat jedoch abgesehen von der abzuändernden Kostenentscheidung in der Sache keinen Erfolg.

Die Beklagte hat erfolgreich mit einem Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.070,93 € gegen die Klageforderung aufgerechnet. Der Schadensersatzanspruch ergibt sich aus Ziffer 3.7 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Reinigungsvertrages in Verbindung mit pVV.

Anzuwenden ist hier das vor der Schuldrechtsreform geltende Recht. Da der im Jahr 2001 abgeschlossene Vertrag angesichts der fortlaufenden Reinigungsverpflichtung ein Dauerschuldverhältnis darstellt, ist das Schuldrecht in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung gemäß Art. 229 § 5 S.2 EGBGB erst ab dem 01.01.2003 anwendbar. Zu diesem Zeitpunkt waren beide Schlüssel bereits verloren. Der durch den Verlust von Schlüsseln verursachte Schaden war zudem unstreitig bereits mit dem Verlust des ersten Schlüssels am 01.10.2001 entstanden.

Die Klägerin konnte unstreitig zwei Schlüssel nicht herausgeben, weil sie ihrem Reinigungspersonal abhanden gekommen waren.

Das Verschulden des Personals, das der Klägerin nach § 278 BGB zuzurechnen ist, ist nach § 282 BGB a.F. analog zu vermuten. Die Klägerin trägt keine Tatsachen vor, die diese Vermutung entkräften könnten. Auch die unstreitigen Tatsachen rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Putzfrau T nicht wenigstens leicht fahrlässig gehandelt hat: Frau T hat den Schlüssel in der Tür stecken lassen und sich mit ihren Putzutensilien zum nächsten Raum entfernt. Sie hat den Schlüssel jedenfalls für einen kurzen Zeitraum nicht im Blick gehabt. Neben dem Büropersonal der Beklagten und dem Reinigungspersonal der Klägerin haben sich auch Dritte in den Räumen aufgehalten, nämlich Bauhandwerker, Personal von Veranstaltern u.a. Den an die Verwahrung von Schlüsseln zu stellenden Sorgfaltspflichten genügt das Reinigungspersonal unter diesen Umständen nur, wenn es den Schlüssel nach Gebrauch abzieht und an sich nimmt.

Ein Mitverschulden der Beklagten, das nachweisbar Auswirkungen auf den hier streitgegenständlichen Schlüsselverlust hatte, ist nicht erkennbar.

Erstinstanzlich hat die Streithelferin hierzu vorgetragen, aufgrund der Vielzahl von Schlüsseldiebstählen sei ein völliger Kontrollverlust über die Stadionanlage zu beklagen gewesen. Warum die Beklagte diesen Kontrollverlust zu vertreten habe, hat die Streithelferin nicht vorgetragen. Auch auf die Höhe der Kosten für den Austausch der Schließanlage hat dieser Umstand keinen Einfluss gehabt. Selbst wenn die Beklagte in der fraglichen Zeit zahlreiche Schlüssel verteilt hat und es gehäuft zu Schlüsselmissbrauch gekommen ist, gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Verlust des Schlüssels am 01.10.2001 mit diesen Missständen zusammenhängt.

In der Berufungsinstanz trägt die Streithelferin vor, die Beklagte habe die Klägerin auf das Organisationschaos und die Diebstahlsgefahr hinweisen müssen, um die Wachsamkeit der Reinigungskräfte zu erhöhen. Worin das Organisationschaos besteht und was ein etwaiges Organisationschaos mit der Wachsamkeit der Reinigungskräfte zu tun hat, ist aber nicht ersichtlich.

Eine Diebstahlsgefahr ist überall vorhanden, so dass auf sie nicht besonders hingewiesen werden muss. Dass sie im vorliegenden Fall besonders groß war, ist zweifelhaft. Jedenfalls hat die Beklagte die Umstände, aus denen sich eine solche Erhöhung der Diebstahlsgefahr ergeben könnten, erst nachträglich festgestellt. Dass sie diese Feststellung früher hätte treffen und die Klägerin entsprechend hätte warnen können, trägt die Streithelferin nicht vor.

Durch den Verlust der Hauptschlüssel ist der Beklagten nach den Feststellungen des in erster Instanz beauftragten Sachverständigen auch ein Schaden in Höhe von 1.070,94 € entstanden.

Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist abzuändern.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen, § 92 Abs.2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat zutreffend den Streitwert der Nebenintervention auf 71.290 € festgesetzt. Denn offenkundig erfolgte der Beitritt der Streithelferin nur bezüglich der zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzforderung in dieser Höhe. Dies hat die Streithelferin in der Betrittserklärung vom 16.06.2004 mit dem Hinweis auf den Deckungsschutz der Klägerin für den geltend gemachten Schaden in Höhe von 71.920 € deutlich herausgestellt. Bezogen auf den Streitwert von 71.290 € ist die Streithelferin nur ganz geringfügig unterlegen und hat höhere Kosten im Sinne von § 92 Abs.2 Nr. 1 ZPO nicht veranlasst.

Die Quotelung zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist nur erfolgt, weil die von der Streithelferin unterstützte Klägerin wegen anderer Streitteile, die nicht die Streithelferin betrafen, unterlegen ist. In diesem Fall ist eine eigene Quote zwischen Streithelfer und Prozessgegner zu bilden (so auch Zöller-Herget, ZPO, 26.Auflage, § 101, Rdnr. 2, und MünchKomm-Belz, ZPO, 2. Auflage, § 101 Rdnr. 13). Legt man dem Streitwert das wirtschaftliche Interesse des Streithelfers zugrunde, ist allein die Kostenverteilung entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen bezogen auf diesen besonderen Streitwert sinnvoll. Die Regelung in § 101 ZPO und die Systematik der §§ 100, 101 ZPO spricht entgegen der Ansicht des OLG Celle (MDR 2005, 778) nicht gegen die hier vertretene Kostenverteilung. §§ 100, 101 ZPO regeln die Kostenverteilung nicht abschließend. Der Streithelfer und die von ihm unterstützte Partei sind nicht in jedem Fall kostenmäßig gleich zu behandeln. Ausnahmen sind allgemein anerkannt, z.B. soweit der Streithelfer die Partei wechselt oder wenn er allein ein Rechtsmittel einlegt.

Die Kosten der Berufung hat die Streithelferin zu tragen, da das Rechtsmittel keinen Erfolg hatte, § 97 Abs.1 ZPO. Erfolglos ist auch ein Rechtsmittel, das nur im Hinblick auf die Kosten Erfolg hat (Zöller-Herget, § 97 Rdnr.1; BGH NJW 1992, 2969).

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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