Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.10.2007
Aktenzeichen: 21 U 57/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HOAI, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 288
ZPO § 290
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 195 a.F.
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 634a Abs. 1 Nr. 2
BGB § 634a Abs. 3
BGB § 635 a.F.
BGB § 638 Abs. 1 a.F.
BGB § 638 Abs. 1 S. 1
HOAI § 15 Nr. 8
HOAI § 64 Nr. 8
EGBGB Art. 229 § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Februar 2007 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Parteien stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:

Die Klägerin, die als Bauträgerin Mehrfamilienhäuser in T, S-Straße hat errichten lassen, meint, die von ihr als Architekten beauftragten Beklagten nach Ablauf der üblichen Verjährungsfrist im Hinblick auf ein Organisationsverschulden bzw. Arglist auf Schadensersatz wegen einer unzureichenden Überwachung der durch eine C GmbH und T2 GmbH durchgeführten Betonierungsarbeiten (Bauvertrag Bl. 66 BA I) in Anspruch nehmen zu können.

Die Klägerin betraute die Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 29.06.1990 (K 1) mit der Vollarchitektur einschließlich Bauüberwachung und Tragwerksplanung. Die Stadt T beauftragte die Beklagten zudem mit der Durchführung von Bewehrungskontrollen (Prüfprotokolle B 3, Bl. 38-55 GA). Die Klägerin bezahlte die Schlussrechnung der Beklagten ohne Vorbehalte im Jahre 1992.

Nachdem ein Dipl.-Ing. N am 21.11.2002 Schäden an den Sichtbetonflächen des Objekts festgestellt hatte (Bl. 33-37 BA I = Bl. 37-41 BA II), die auf einer unzureichenden Betonüberdeckung der Armierungseisen beruhten, forderten die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft mit Schreiben vom 03.01.2003 (Bl. 38-40 BA I) die Klägerin und mit Schreiben vom 20.01.2003 (Bl. 35-37 GA) die Beklagten auf, ihre Pflicht zur Mangelbeseitigung anzuerkennen. Mit Schriftsatz vom 12.05.2003 leiteten sie gegen die Klägerin wegen der Angelegenheit ein selbständiges Beweisverfahren ein (Aktz. 2 OH 5/03 LG Wuppertal). Die Klägerin verkündete den Beklagten und der C GmbH in jenem Verfahren den Streit (Bl. 55ff. BA I). Der gerichtliche bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. D erstellte am 13.11.2003 ein Gutachten (Bl. 91-123 BA I = K2 AnlBd. GA), das er am 19.03.2004 ergänzte (Bl. 142-147 BA I = K2 AnlBd. GA). Er stellte bei Stichproben an den Stützen und einem Unterzug der Tiefgarageneinfahrt sowie an der Stirnseite des Balkons über der Tiefgarageneinfahrt statt einer notwendigen Überdeckung der Bewehrungsstäbe von 25 mm (DIN 1045 Stand 1988) lediglich Stärken zwischen 2 und 14 mm fest. Weiter heißt es in dem Gutachten (Bl. 97 BA I):

Alle übrigen Betonbauteile wiesen im Großen und Ganzen ähnliche Schadensbilder auf, nämlich Risse, Betonabplatzungen und Betonaufwölbungen, so dass dort von ähnlich geringen Betonüberdeckungen auszugehen ist.

Infolge der zu geringen Überdeckungshöhe kann der Bewehrungsstahl - der im Regelfall durch das alkalische Milieu des Zementsteins für die Standzeit des Bauwerks geschützt ist - korrodieren, was stets mit einer Volumenzunahme und zumeist mit Betonabplatzungen verbunden ist.

Derartige Erscheinungen haben auf Dauer gesehen Einfluss auf die Standsicherheit des Bauwerks.

In seinem Ergänzungsgutachten wies der Sachverständige D darauf hin, zur Gewährleistung der richtigen Einbaulage der Stahleinlagen während des Betoniervorgangs müssten genügend Abstandhalter und Abstandsböcke vorhanden bzw. die Bewehrungskörbe genügend steif durch Verbindungen ausgebildet sein. Weiter heißt es (Bl. 147 BA I):

Der Mangel der zu geringen Betonüberdeckung hätte bei dieser Baumaßnahme schon bei der Einschalung vermieden werden müssen und zumindest bei der Bewehrungsabnahme erkannt werden können, wobei es eine Rechtsfrage ist, wer für die Bewehrungsabnahme verantwortlich zeichnet.

Die Wohnungseigentümer nahmen die Klägerin gemäß Klageschrift vom 06.05.2004 beim LG Wuppertal (Aktz. 2 O 139/04) aus abgetretenem Recht der Veräußerin der Eigentumswohnungen, der J GmbH & Co. KG, auf Zahlung des von dem Sachverständigen D ermittelten Mangelbeseitigungsaufwandes von 38.294,50 € nebst Zinsen in Anspruch. Das Landgericht gab der Klage mit am 11.03.2005 verkündetem Urteil (Bl. 232-243 BA II) aus § 635 BGB a.F. statt. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil der Klägerin ein Organisationsverschulden vorzuwerfen sei. Auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen D im selbständigen Beweisverfahren stehe ein gravierender Mangel an einem besonders wichtigen Bauteil fest, der für die Bauleitung auch augenfällig gewesen sei, weil eine unzureichende Anbringung von Abstandhaltern bei der Bewehrungsabnahme leicht hätte erkannt werden können. Dementsprechend hätte die Klägerin (damalige Beklagte) die von ihr getroffenen Organisationsmaßnahmen zur Überwachung des Herstellungsprozesses und der Überprüfung vor Ablieferung darlegen müssen, um ein Organisationsverschulden auszuräumen. Hierzu habe nicht gereicht, sich auf die Beauftragung eines Architekten zu berufen. Aufschluss über die Organisation der Kontroll- und Überwachungsaktivitäten der Architekten sei nicht gegeben worden. Das OLG Düsseldorf wies die dagegen gerichtete Berufung mit Urteil vom 22.11.2005 (I-21 U 52/05, Bl. 358ff. BA II) zurück und stellte auf die Anschlussberufung der Wohnungseigentümer zusätzlich fest, dass die Klägerin (damalige Beklagte) auch zu weitergehendem Schadensersatz verpflichtet sei. Das Oberlandesgericht schloss sich in den Gründen der Auffassung des Landgerichts an, die Art des Mangels indiziere ein Organisationsverschulden. Er lasse darauf schließen, dass die mit der Bauleitung betrauten Architekten die Bewehrungsabnahme nicht hinreichend sorgfältig durchgeführt hätten. Dass praktisch sämtliche Sichtbetonflächen betroffen seien, deute darauf hin, dass es sich nicht um ein fahrlässiges Individualfehlverhalten, sondern um einen strukturellen Mangel bei der Organisation der Bauüberwachung gehandelt habe. Unter diesen Umständen sei ein Organisationsverschulden nicht dadurch ausgeräumt, dass sich die Klägerin (damalige Beklagte) pauschal auf die Bauleitung durch zwei Architekten berufe.

Im hiesigen Rechtsstreit verlangt die Klägerin von den Beklagten die Erstattung der ihr wegen der Inanspruchnahme durch die Wohnungseigentümer entstandenen Kosten abzüglich von der C GmbH ersetzter 12.000 €

 42.354,54 € Urteilsbetrag Vorprozess einschl. Zinsen (Belege K3, 4)
22.148,58 € Verfahrenskosten Vorprozess (Belege K5-10)
- 12.000,00 € Zahlung durch C GmbH
52.503,12 €

und begehrt die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten hinsichtlich weiterer Schäden.

Sie hat gemeint, ihre Forderung sei nicht verjährt. Da die praktisch auf der gesamten Sichtbetonfläche zu geringe Betonüberdeckung, zu der es mangels ordnungsgemäßer Abstandhalter gekommen sei, für die Bauleitung augenfällig gewesen sein müsse, sei von einem arglistigen Verhalten oder jedenfalls von einem Organisationsverschulden der Beklagten auszugehen, das nicht nur dann in Betracht komme, wenn der Architekt die Bauüberwachung arbeitsteilig ausführe, sondern auch wenn er selbst tätig werde. Die Betonierungsarbeiten hätten wegen ihrer Gefahrenträchtigkeit besonderer Kontrolle bedurft. Der unterlassene Hinweis, dass die Kontrolle noch nicht einmal stichprobenhaft durchgeführt worden sei, begründe zudem Arglist. Wären die Beklagten bei den Bewehrungsabnahmen zugegen gewesen, was durch die von ihnen als Anlagenkonvolut B 3 vorgelegten Unterlagen nicht belegt werde, hätte ihnen die mangelhafte Lage der Abstandhalter auffallen müssen.

Das Landgericht hat die Klage mit am 07.12.2006 verkündetem Versäumnisurteil abgewiesen.

Die Klägerin, die gegen dieses Versäumnisurteil fristgerecht Einspruch eingelegt hat, hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 52.503,12 € nebst Zinsen in Höhe fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu zahlen sowie

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr alle weiteren vergangenen oder zukünftigen Schäden aus Baumängeln an dem Bauvorhaben S-Straße in T entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen D im selbständigen Beweisverfahren des Landgerichts Wuppertal 2 OH 5/03 vom 13.11.2003 bzw. 19.03.2004 zu ersetzen.

Die Beklagten haben beantragt,

das Versäumnisurteil vom 07.12.2006 aufrecht zu erhalten.

Sie haben sich ausdrücklich nicht gegen das Vorliegen der von dem Sachverständigen D festgestellten Mängel gewandt (S. 3 des Schriftsatzes vom 27.11.2006, Bl. 23 GA), haben aber einen Überwachungsfehler bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben. Sie haben behauptet, die Betonierungsarbeiten anlässlich der Durchführung der öffentlich-rechtlichen Bewehrungsabnahme minutiös überwacht zu haben. Jedes mit einer Bewehrung versehene Bauteil sei von Ihnen persönlich gemäß § 64 Nr. 8 HOAI vor dem Betonieren kontrolliert worden. Das Ergebnis sei, wie sich dem Anlagenkonvolut B3 (Bl. 38-55 GA) und weiteren Unterlagen, die sich bei den Bauakten befinden müssten, entnehmen lasse, schriftlich festgehalten worden. Dabei sei jeweils auch die Zahl und Lage der Abstandhalter geprüft worden. Da sich zudem in jedem Protokoll der Hinweis (Bl. 38ff. GA)

Auf die richtige Höhenlage der Bewehrungseisen und ihre Sicherung gegen Heruntertreten beim Betonieren sowie auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestabstände ist besonders zu achten befunden habe, könne ihnen kein Vorwurf gemacht werden.

Jedenfalls hätten sie sich nicht bewusst der Kenntnis einer fehlerhaften Ausführung der Betonierungsarbeiten verschlossen, so dass Arglist ausscheide. Ebenso sei kein Organisationsverschulden ersichtlich, da sie Vorkehrungen getroffen hätten, dass jedes Betonteil vor dem Gießen auch hinsichtlich der Abstandhalter kontrolliert worden sei. Dies folge schon daraus, dass gegenüber der Stadt T umfassende Berichtspflichten wahrgenommen worden seien.

Mit am 15.02.2007 verkündetem Urteil, wegen dessen näheren Inhaltes auf Bl. 102ff. GA verwiesen wird, hat das Landgericht das klageabweisende Versäumnisurteil aufrecht erhalten. Die Kammer hat etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin, die sich aus § 635 BGB a.F. ergeben könnten, für verjährt gehalten. Die fünfjährige Frist des § 638 Abs. 1 BGB a.F. habe jedenfalls im Jahre 1997 geendet, weil das Architektenwerk im Jahre 1992 abgenommen worden sei. Eine längere Verjährungsfrist komme nicht in Betracht, weil den Beklagten weder Arglist noch ein Organisationsverschulden zur Last gelegt werden könne. Zwar habe ein Fehler nach dem Gutachten D bereits bei bzw. vor dem Betonieren auffallen müssen. Die Beklagten seien jedoch nach den vorgelegten Abnahmeprotokollen bei einer Vielzahl von Betongüssen anwesend gewesen, so dass sie Mängel weder bewusst verschwiegen noch sich bewusst unwissend gehalten hätten.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie meint, bei richtiger Würdigung der im selbständigen Beweisverfahren 2 OH 5/03 LG Wuppertal eingeholten Gutachten stehe ein Überwachungsfehler der Beklagten fest. Da es sich bei der fehlerhaften Anbringung der Abstandhalter um gravierende und besonders augenfällige Mängel gehandelt habe, könne nach der Rechtsprechung auf ein Organisationsverschulden und Arglist geschlossen werden. Der Vortrag der Beklagten sei nicht geeignet, sie von diesem Vorwurf zu entlasten. Sie hätten nicht näher dargelegt, dass, wann und in welcher Weise Kontrollmaßnahmen durchgeführt worden seien. Abgesehen davon, dass die vorgelegten Protokolle die Anwesenheit der Beklagten und die Ordnungsgemäßheit der Bewehrungsabnahmen nicht belegten, bezögen sich die Protokolle nur auf Innenbereichsflächen und nicht auf die schadensträchtigen Außenbetonteile und Betonstützen. Aus ihnen folge schließlich nicht, dass eine Kontrollperson auch beim Betonguss zugegen gewesen sei.

Die Beklagten treten der Berufung entgegen. Die Forderung sei unabhängig davon, dass kein Pflichtverstoß zu verzeichnen sei, jedenfalls verjährt. Ihnen könne weder Arglist noch ein Organisationsverschulden vorgeworfen werden. Selbst die Klägerin behaupte nicht, dass ihnen der Mangel der Bauausführung bekannt gewesen sei.

Aus den Ausführungen des Sachverständigen D folge zudem nicht, dass die schadhaften Stellen einen größeren Umfang gehabt hätten.

Die Klägerin übersehe, dass die Figur des Organisationsverschuldens für eine arbeitsteilige Tätigkeit entwickelt worden sei, während sie, die Beklagten, die Überprüfungen selbst vorgenommen hätten. Zwar könnten je nach Schwere und Art des Mangels gewisse Rückschlüsse auf die Organisation zulässig sein. Dazu fehlten jedoch konkrete Angaben, wie auch dazu, dass ein Baumangel bei einer anderen Organisation entdeckt worden wäre. Ein Organisationsmangel könne auch nur im Falle des Fehlens jeglicher Vorkehrungen zu einer Verlängerung der Verjährung führen, weil ansonsten im Rahmen der Tätigkeit nach § 15 Nr. 8 HOAI die normale Verjährung ausgehebelt werde.

Für die Kosten des Vorverfahrens sei die Klägerin selbst verantwortlich. Insbesondere die Durchführung der Berufungsinstanz beruhe auf der alleinigen Entscheidung der Klägerin.

Der Senat hat ein mündliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. X2 eingeholt, wegen dessen Inhalts auf das Protokoll und den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 30.10.2007 verwiesen wird.

Die Beiakten 2 OH 5/03 LG Wuppertal (BA I), 2 O 139/04 LG Wuppertal (BA II) und 1238.90.11.3 Stadt T haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage zu recht abgewiesen.

Zwar ist die Klage auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zulässig. Es besteht ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO, weil die Klägerin auf Grund des von den Wohnungseigentümers gegen sie erwirkten Feststellungstitels damit rechnen muss, dass sie wegen der mangelhaften Betonüberdeckung auch über die im hiesigen Rechtsstreit mit dem Leistungsantrag geltend gemachten 52.503,12 € hinaus in Anspruch genommen wird.

Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 635 BGB in der nach Art. 229 § 5 EGBGB maßgeblichen bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung bestehen mangels Feststellbarkeit einer mangelhaften Überwachungstätigkeit der Beklagten nicht und wären im Übrigen jedenfalls verjährt.

1)

Im Anschluss an das im Senatstermin von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. X2 erstattete Gutachten ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten bei der von ihnen nach §§ 15 Nr. 8, 64 Nr. 8 HOAI geschuldeten Bauüberwachung gegenüber der Klägerin bestehende Pflichten verletzt haben und ihr Architektenwerk deshalb mangelhaft war.

Zwar hat der Sachverständige D im selbständigen Beweisverfahren Baumängel in Form einer zu geringen Überdeckung der Armierungseisen festgestellt. Die Beklagten haben diese Baumängel erstinstanzlich ausdrücklich eingeräumt und können hiervon wegen §§ 288, 290 ZPO oder jedenfalls § 531 Abs. 2 ZPO auch nicht mehr abgehen. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen X2 lässt sich aber auch aus Art und Umfang der Baumängel nicht der Schluss ziehen, dass die Beklagten ihre Bauüberwachungspflichten verletzt haben müssen. Aus dem Schadensbild folgt, dass vor den Betoniervorgängen Abstandhalter zur Gewährleistung einer hinreichenden Überdeckung der Bewehrungseisen angebracht worden sind. Ansonsten hätte sich, wie der Sachverständige X2 dargelegt hat, eine noch gravierendere Entwicklung der Außenansicht des Gebäudes zeigen müssen. Den Beklagten kann deshalb nicht widerlegt werden, dass sie regelmäßig Bewehrungsabnahmen durchgeführt haben. Dafür sprechen auch die von ihnen vorgelegten Protokolle (B 3, Bl. 38ff. GA), wenngleich - nach dem großen Zeitablauf verständlich - nicht mehr alle Protokolle eingereicht werden konnten.

Letztlich konnte auch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass die Beklagten die Bewehrungsabnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erledigt haben. Hierfür spricht zwar, wie auch der Sachverständige D im selbständigen Beweisverfahren 2 OH 5/03 LG Wuppertal gemutmaßt hat, der beträchtliche Umfang der aufgetretenen Schäden. Der vom Senat hinzugezogene Sachverständige X2 hat jedoch ausgeführt, dass die Problematik nicht auf eine ursprünglich unsachgemäße Anbringung von Abstandhaltern, sondern auf spätere Fehler im Zuge des Betoniervorgangs zurückzuführen sein dürften, die bei der von den Beklagten geschuldeten Bauüberwachung nicht unbedingt zu verhindern waren. Beim Betonieren wird mit Rüttlern und anderen Gerätschaften gearbeitet. Erfolgt dies nicht sorgfältig, können zuvor korrekt angebrachte Abstandhalter herausfallen oder sich verschieben. Flächen werden zudem mit Brettern eingeschalt und teilweise belaufen, so dass Abstandhalter auch hereingedrückt oder heruntergetreten werden können. All dies erfolgt im Einzelfall, ohne dass es dem bauüberwachenden Architekt, der den häufig langwierigen Betoniervorgang weder zeitlich noch räumlich lückenlos kontrollieren kann und muss, jeweils aufzufallen hat. Auch wenn es beim Betonieren zu einer Vielzahl von Bauausführungsfehlern gekommen ist, ist somit ein sicherer Schluss auf ein fehlerhaftes Verhalten der Beklagten nicht gerechtfertigt. Der Baumangel ist zwar nahezu über die gesamten Sichtbetonflächen anzutreffen gewesen. Es handelte sich, wie der Sachverständige X2 im Senatstermin erläutert hat, jedoch um nur punktuelle Bewehrungsdefizite, die allerdings zu großflächigen Beeinträchtigungen führten.

2)

Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen einen Bauüberwachungsfehler der Beklagten für bewiesen hielte, wären sich daraus ergebende Schadensersatzansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt.

a)

Die nach altem Recht grundsätzlich fünfjährige Verjährungsfrist (§ 638 Abs. 1 BGB a.F.) begann mit der Abnahme des Architektenwerkes. Das Landgericht ist von einem Verjährungsbeginn im Jahre 1992 ausgegangen, weil die Beklagten unwidersprochen vorgetragen haben, ihre Schlussrechnung aus dem Jahre 1992 sei noch im selben Jahr vorbehaltlos bezahlt worden. Dass die Klägerin dadurch nach den damaligen Umständen gegenüber den Beklagten zum Ausdruck gebracht hat, dass sie das Architektenwerk für beendet hielt, und es als im Wesentlichen vertragsgemäß abnehmen wollte, hat sie auch im Anschluss an den mit der Ladungsverfügung vom 13.07.2007 erteilten Hinweis nicht in Abrede gestellt. Die Verjährungsfrist war somit längst abgelaufen, als die Klägerin den Beklagten im selbständigen Beweisverfahren mit Schriftsatz vom 13.06.2003 den Streit verkündete.

b)

Etwas anderes würde allerdings gelten, wenn die Beklagten einen Mangel ihres Architektenwerkes arglistig verschwiegen hätten. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden.

Im Falle einer Arglist wäre die Normalverjährung gemäß §§ 638 Abs. 1 S. 1, 195 BGB a.F. zunächst auf dreißig Jahre verlängert gewesen. Ab dem 01.01.2002 hätte nach der Neufassung des Bürgerlichen Gesetzbuches gemäß §§ 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 195, 199 Abs. 1 BGB eine Frist von drei Jahren ab Schluss des Jahres der Kenntniserlangung, mindestens jedoch von fünf Jahren gegolten, die rechtzeitig gehemmt worden wäre.

Die Rechtsprechung hat die gesetzliche Regelung der Arglist durch Grundsätze über die Zurechnung der Kenntnis von Mitarbeitern und über die Verletzung von Organisationspflichten im Falle einer arbeitsteiligen Leistungserbringung erweitert. Diese Grundsätze gelten nicht nur für bauausführende Unternehmen, sondern prinzipiell auch für Architekten (Kniffka, ibr-online-Kommentar, Stand 17.08.2007, § 634a Rn. 73; Kniffka/Koeble, a.a.O., 12. Teil Rn. 493; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rn. 2333; Knipp BauR 2007, 944, 951 jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

Die Beklagten haben die Bewehrungskontrollen nach ihrem Vortrag nicht durch Mitarbeiter oder arbeitsteilig durch andere Personen, sondern selbst in eigener Person vorgenommen. Die Grundsätze über die Zurechnung "fremder Arglist" oder über eine Organisationspflichtverletzung können somit als solche nicht zur Anwendung kommen. Vielmehr kommt es darauf an, ob in der Person der Beklagten selbst ein arglistiges oder arglistgleiches Verhalten feststellbar ist. Arglistig verschweigt derjenige einen Mangel, der den Mangel kennt und nach Treu und Glauben, insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung des Mangels, zur Offenbarung verpflichtet gewesen wäre.

Selbst die Klägerin behauptet nicht, dass die Beklagten von einer unsachgemäßen Lage der Abstandhalter und einer daraus folgenden zu geringen Überdeckung der Bewehrungseisen positiv wussten. Ausreichend kann jedoch auch sein, wenn ein Architekt weiß, dass er seine Überwachungsaufgabe nicht ordnungsgemäß ausgeführt hat und den Auftraggeber darüber im Unklaren lässt. Die Voraussetzungen einer Arglist muss zwar grundsätzlich die Klägerin beweisen. Die Darlegungs- und Beweislast ist jedoch durch die Grundsätze des Anscheinsbeweises erleichtert, wenn ein Mangel derart augenfällig ist, dass nach der Lebenserfahrung der Schluss gerechtfertigt ist, dass der Auftragnehmer ihn erkannt und als Mangel eingeordnet hat (Kniffka, a.a.O., § 634a Rn. 64; siehe auch Knipp Baur 2007, 944, 952f. jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). In ähnlicher Weise nimmt die Rechtsprechung Beweiserleichterungen hinsichtlich des Vorliegens eines Organisationsmangels an (siehe Kniffka, a.a.O., § 634a Rn. 75). Steht eine Arglist des Architekten wegen des Verschweigens einer ungenügenden Bauüberwachung in Rede, ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich, dass die Überwachung eines Gewerks insgesamt unterblieben ist. Zwar ist richtig, dass nicht jeder Überwachungsfehler zur Annahme von Arglist führen kann. Soweit der Architekt jedoch weiß, dass er seine Überwachungspflichten nicht korrekt wahrgenommen hat und er deshalb damit rechnen muss, einen wesentlichen Ausführungsmangel übersehen zu haben, ist ein arglistiges Verschweigen des Mangels der Architektentätigkeit schon nach allgemeinen Grundsätzen zu bejahen, ohne dass auf die verschiedenen Ansätze zur Weiterentwicklung des Arglistbegriffes durch die Rechtsprechung zurückgegriffen werden muss. Ähnlich hat das KG formuliert, das eine Arglist nicht nur dann für möglich hält, wenn überhaupt keine Bauüberwachung stattgefunden hat, sondern bereits dann, wenn hinsichtlich eines abgrenzbaren und besonders schadensträchtigen Teils der Baumaßnahme keine Kontrolle stattgefunden hat und eine Arglist erst dann ausschließt, wenn wenigstens stichprobenhaft überprüft worden ist (BauR 2006, 1778). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Beklagten angeführten Entscheidung des hiesigen 24. Zivilsenats (BauR 2002, 1706, 1708), in der ein Organisationsverschulden des Architekten verneint worden ist, weil nicht feststellbar sei, dass sein Mitarbeiter der Überwachungspflicht überhaupt nicht nachgekommen sei. Dabei ging es um die Verletzung von Organisationspflichten, während im hiesigen Fall das eigene Verhalten und Wissen der Beklagten im Hinblick auf eine Arglisthaftung bewertet werden muss.

Eine Arglisthaftung der Beklagten wäre somit zu bejahen, wenn der Baumangel nach der Lebenserfahrung aus technischer Sicht den Schluss rechtfertigte, dass die Beklagten die Bauüberwachung unzureichend durchgeführt haben, dass sie den Mangel ansonsten entdeckt hätten und dass ihnen als erfahrenen Architekten ihre Kontrollfehler und deren Gefahrträchtigkeit bewusst gewesen sein müssen, so dass sie nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wären, die Klägerin über den Mangel der von ihnen geschuldeten Bauüberwachungstätigkeit aufzuklären.

Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Wie oben bereits dargelegt, kann aus den Baumängeln noch nicht einmal der Schluss gezogen werden, dass die Beklagten die Bewehrung und Betonierung unzureichend überwacht haben. Erst recht steht nicht fest, dass ihnen ein eigenes fehlerhaftes Verhalten und ein darauf beruhendes Übersehen eines möglichen Baumangels bewusst gewesen sein muss.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück