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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.08.2008
Aktenzeichen: 21 U 78/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HOAI, HGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 255
BGB § 273
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 634 Nr. 4
HOAI § 55 Abs. 2 Nr. 8
HGB § 128
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. April 2007 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 127.595,41 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. November 2004 zu zahlen.

Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Parteien stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:

Die als Generalunternehmerin tätige Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1), die sie gemäß Vertrag vom 20.02.2002 (K1, Bl. 11f. GA) mit der Vollarchitektur der Erschließung des Baugebietes C-Straße/M-Straße in T beauftragt hat, und von den Beklagten zu 2) und 3) als Gesellschaftern der Beklagten zu 1) insgesamt 127.595,41 € Schadensersatz, weil sie für Erschließungsleistungen aufgrund einer unrichtigen Rechnungsprüfung der Beklagten zu 1) zu viel Werklohn an die mittlerweile in Insolvenz gefallene L GmbH gezahlt habe.

Die Beklagte zu 1) hatte die Arbeiten ausgeschrieben, die Vertragsverhandlungen geführt und einen schriftlichen Vertrag mit der L GmbH entworfen. Nach diesem Entwurf hatte die L GmbH eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10% der Auftragssumme zuzüglich etwaiger Nachträge zu stellen. Andernfalls sollte die Klägerin das Recht haben, Abschlagszahlungen in dieser Höhe einzubehalten (K2 im grünen AnlBd).

Der für die Klägerin tätige Zeuge H führte mit den Geschäftsführern B und L ein sog. Finalgespräch, in dem es neben der Beauftragung eines zusätzlichen Loses lediglich noch um die Preisgestaltung ging. Nachdem man sich auf Preisreduzierungen, für ein Los aber auch auf eine Erhöhung geeinigt hatte, bestätigte die Klägerin der L GmbH mit Schreiben vom 22.01.2002 (K4 im grünen AnlBd = K11, Bl. 101f. GA) die vereinbarten Pauschalfestpreise, die sich auf insgesamt 779.000 DM netto beliefen, und rief einen Teilauftrag im Wert von 198.000 € netto ab. Die Klägerin übersandte das Schreiben den Beklagten am 23.01.2002 per Fax (K5 AnlBd) zur Kenntnis.

Die L GmbH erstellte im Zuge der Arbeiten insgesamt 15 Abschlagsrechnungen, die zumindest ab der dritten Rechnung von der Beklagten zu 1) durch den Zeugen S geprüft, an die Klägerin weitergeleitet und von dieser durch die Zeugin U - teilweise unter Abweichung von der Höhe des Prüfergebnisses - bezahlt wurden. Von der 15. Abschlagsrechnung nahm die Zeugin U einen von den Beklagten nicht berücksichtigten Gewährleistungseinbehalt von 25.013,31 € vor.

Ohne Beachtung blieb bei den von den Beklagten vorgenommenen Rechnungsprüfungen und bei den von der Klägerin geleisteten Zahlungen, dass die L GmbH im Finalgespräch Preisabschläge zugestanden und keine Vertragserfüllungsbürgschaft gestellt hatte.

Einschließlich später beauftragter Nachträge belief sich der Auftragsumfang schließlich auf insgesamt 623.441,58 € (K6 AnlBd).

Die L GmbH stellte im Jahre 2004 Insolvenzantrag und führte die Arbeiten nicht weiter. Ihre Schlussrechnung vom 31.03.2004 (K7 AnlBd) wurde von den Beklagten am 21.07.2004 geprüft, wobei sie eine Überzahlung von 65.251,26 € errechneten. Dieser Betrag beruht neben Massen- und Preiskürzungen darauf, dass sie wegen der beim Finalgespräch pauschal vereinbarten Nachlässe jetzt erstmals prozentuale Abzüge von den Ansätzen des ursprünglichen Einheitspreisangebotes der L GmbH vornahmen.

In Fortführung der Tätigkeit der L GmbH führte eine T2 GmbH die Erschließungsarbeiten weiter. Deren Schlussrechnung (K15, Bl. 341ff. GA) wird von der Klägerin teilweise nicht anerkannt.

Die von der Klägerin mit der Klage geforderten 127.595,41 € setzen sich aus der von den Beklagten ermittelten Überzahlung von 65.251,26 € und einem unterbliebenen Abzug von 62.344,15 € wegen der nicht gewährten Vertragserfüllungsbürgschaft zusammen.

Die Klägerin hat behauptet, die Fortführung der von der L GmbH nicht beendeten Erschließungsmaßnahmen werde einen weitaus höheren Betrag als 62.344,15 € kosten. Sie hat gemeint, die Beklagte zu 1) habe ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungsprüfung verletzt, indem sie nicht nur das Fehlen einer Vertragserfüllungsbürgschaft, sondern auch die beim Finalgespräch erzielten Preisnachlässe unberücksichtigt gelassen und den von der L GmbH ausgeführten Leistungsumfang unrichtig bewertet habe. Die Preisänderungen seien für die vier Lose durch einen Vergleich des Angebotes der L GmbH vom 18.11.2001 mit den Pauschalbeträgen gemäß Schreiben vom 22.01.2002 wie folgt als prozentuale Abschläge/Zuschläge ersichtlich gewesen:

1. Innere Erschließung 387.000 DM statt 450.000 DM netto, also Reduzierung auf 86%

2. Rohdungs- und Abbruchmaßnahmen Nicht ausgeschrieben, bei Finalgespräch mit 38.000 DM netto vereinbart

3. Freianlagen 150.000 DM statt 203.487,50 DM netto, also Reduzierung auf 73,71%

4. Ausbau M-Straße 204.000 DM statt 180.000 DM netto, also Erhöhung auf 113,33%

Die Klägerin hat sich bereit erklärt, der Beklagten zu 1) den ihr wegen der fehlenden Vertragserfüllungsbürgschaft zu ersetzenden Einbehalt zu erstatten, soweit der Betrag im Hinblick auf die Höhe des Nichterfüllungsanspruches gegen die L GmbH nicht verbraucht werde. Ebenso werde ein im Insolvenzverfahren realisierter Betrag zurückgewährt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 127.595,41 € nebst Zinsen von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben gemeint, die Abschlagsrechnungen korrekt auf fachtechnische und rechnerische Richtigkeit geprüft zu haben. Über Preisnachlässe, die beim Finalgespräch zwischen den Zeugen H und L erzielt worden seien, seien sie nicht hinreichend informiert worden. Das ihnen zugänglich gemachte Auftragsschreiben vom 22.01.2002, das im Übrigen eine Beauftragung nur eines Teilbereiches enthalten habe, gebe nur pauschale Festpreise wieder. Die Nachlässe hätten nicht einfach im Wege des Dreisatzes umgesetzt werden können. Es hätte weiterer Informationen bedurft. Angesichts der Umstände, die dadurch gekennzeichnet gewesen seien, dass die Klägerin noch einmal eigenständig geprüft und bei den Zahlungen auf die Abschlagsrechnungen 8, 9, 10, 11, 14 und 15 von den Freigaben abgewichen sei, sei ihr Verhalten für einen Schaden der Klägerin auch nicht ursächlich gewesen. Zumindest treffe die Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden.

Schließlich haben die Beklagten die Schadensberechnung der Klägerin bestritten. Die L GmbH sei nicht überzahlt. Bei der Schlussrechnungsprüfung seien sie im Rahmen der Ermittlung der Überzahlung nicht von den tatsächlichen Zahlungen der Klägerin, sondern von den höheren von ihnen freigegeben Beträgen ausgegangen. Zur Darlegung des Umfangs der der L GmbH zu vergütenden Leistungen reiche es nicht aus, dass die Klägerin schlicht auf ihre, der Beklagten, Prüfung der Schlussrechnung vom 31.03.2004 Bezug nehme.

Die Klägerin müsse sich im Übrigen Beträge anrechnen lassen, die sie gegenüber der L GmbH im Insolvenzverfahren durchsetzen könne.

Den Eingang der Vertragserfüllungsbürgschaft hätte die Klägerin selbst überwachen müssen. Sie, die Beklagten, hätten nicht gewusst, was insoweit beim Finalgespräch vereinbart worden sei. Die beiden ersten Abschlagsrechnungen seien im Übrigen von der Klägerin durch einen im Jahre 2002 verstorbenen Herrn U geprüft worden, so dass ihnen ein unterbliebener Abzug wegen der unterbliebenen Bürgschaftserteilung ohnehin nicht angelastet werden könne. Der Klägerin sei zudem kein Nichterfüllungsschaden in Höhe eines eventuell unterbliebenen Einbehalts von 62.344,15 € entstanden. Schließlich sei ein Einbehalt ohnehin nur bezogen auf den Hauptvertrag und nicht auch hinsichtlich der Nachträge in Betracht gekommen.

Die Kammer hat die Zeugen H, S und B vernommen. Wegen des Inhaltes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 10.10.2006 (Bl. 206ff. GA) und 13.02.2007 (Bl. 222ff. GA) verwiesen.

Mit am 20.04.2007 verkündetem Urteil, wegen dessen näheren Inhaltes auf Bl. 229ff. GA verwiesen wird, hat die Kammer die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegenüber der Klägerin bestehende Pflichten verletzt hätten. Zwar umfasse § 55 Abs. 2 Nr. 8 HOAI auch die Kostenfeststellung und -kontrolle. Die Beklagten hätten jedoch die ihnen bekannten Zahlungsmodalitäten berücksichtigt. Ihnen seien lediglich die reduzierten Endpreise mitgeteilt worden, nicht jedoch welche Abschläge auf bestimmte Leistungen und welche Nachlässe auf die eingehenden Rechnungen zu gewähren seien. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Zeuge H dem Zeugen S auf dessen Nachfrage lediglich erklärt habe, er könne sich die Nachlässe selbst ausrechnen. Mangels detaillierter Informationen über die Finalverhandlung habe keine Verpflichtung bestanden, selbsttätig den Gesamtnachlass im Wege des Dreisatzes auf die Einzelleistungen umzurechnen.

Die Rechnungsprüfung durch die Beklagten sei im Übrigen nicht kausal für einen etwaigen Schaden, weil die Klägerin die Überweisungen hinsichtlich mehrerer Abschlagsrechnungen abweichend von den Freigaben der Beklagten getätigt und teilweise andere Bauvorhaben einbezogen habe.

Den Beklagten könne auch nicht vorgeworfen werden, die Nichtgewährung der Vertragserfüllungsbürgschaft unbeachtet gelassen zu haben. Mangels Unterrichtung durch die Klägerin hätten sie davon ausgehen können, die L GmbH habe die Bürgschaft gestellt.

Schließlich seien ein aufgrund der Insolvenz der L GmbH entstandener Nichterfüllungsschaden und eine Überzahlung auf die erbrachten Leistungen nicht dargelegt.

Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihre Forderung in voller Höhe weiter. Sie meint, die Beklagte zu 1), bei der sich die gesamten Unterlagen befunden hätten und auf deren Rechnungsprüfung sie sich umfassend habe verlassen dürfen, hätte vor der Freigabe der Abschlagszahlungen bei ihr nachfragen müssen, ob die geschuldete Vertragserfüllungsbürgschaft eingegangen sei. Zudem habe es die Beklagten zu 1) versäumt, die Abschlagsrechnungen hinsichtlich Art und Umfang der erbrachten Leistungen und der angesetzten Preise unter Berücksichtigung der gewährten Nachlässe ordnungsgemäß zu überprüfen. Dies sei erst bei der Schlussrechnung erfolgt, deren Prüfung richtigerweise eine Überzahlung von 65.251,26 € ausweise. Die Beklagte zu 1) habe die Forderung der L GmbH damals zu recht herunter korrigiert. Dass dabei wegen der bei der Finalbesprechung gewährten Nachlässe auch prozentuale Abschläge vorgenommen worden seien, ohne dass die Beklagten zwischenzeitlich weitere Informationen erhalten hätten, zeige, dass sie hierzu entgegen der kaum nachvollziehbaren Begründung des Landgerichts auch schon im Rahmen der Prüfung der Abschlagsrechnungen in der Lage gewesen wären, weil sie über alle relevanten Informationen verfügt hätten.

Unerheblich sei, dass sie, die Klägerin, in wenigen Fällen bei den Zahlungen an die L GmbH von den von der Beklagten zu 1) freigegeben Beträgen abgewichen sei. Die Differenzen hätten allein buchhalterische Gründe gehabt. Eine sachliche Prüfung habe sie nicht vorgenommen. Lediglich bei der 15. Abschlagsrechnung sei ihrer Angestellten U durch einen glücklichen Zufall das Fehlen eines Gewährleistungseinbehaltes aufgefallen, der jedoch mit der fehlenden Vertragserfüllungsbürgschaft nichts zu tun habe. Es spiele auch keine Rolle, dass im Rechnungs- und Zahlungsverkehr einzelne Positionen aufgetaucht seien, die an sich anderen Bauvorhaben zuzurechnen seien. Die von den Beklagten errechnete Überzahlung von 65.251,26 € beziehe sich allein auf das streitbefangene Vorhaben. Mit der Überzahlung sei gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch entstanden, der nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass gegen die L GmbH Rückzahlungsansprüche bestehen könnten. Dass entgegen dem Ergebnis der Rechnungsprüfung der Beklagten zu 1) keine Überzahlung erfolgt sei, müssten die Beklagten darlegen und beweisen.

Die Beklagten behaupten, den jeweiligen Leistungsstand bei der Prüfung der Abschlagsrechnungen ordnungsgemäß bewertet zu haben. Die Klägerin habe nicht dargelegt, inwiefern die Zahlungen unter Berücksichtigung des Bautenstandes und etwaiger Mängel nicht gerechtfertigt gewesen seien. Die Nachlässe hätten sie auch nicht auf die Positionen der Abschlagsrechnungen herunter rechnen können, weil die Abschläge auf eigenen, von der Klägerin bestimmten und nicht immer nachvollziehbaren Maßstäben beruht hätten. Das Landgericht habe auch damit Recht, dass die von ihnen durchgeführte Prüfung für die Höhe der von der Klägerin geleisteten Zahlungen nicht ursächlich sei, wie daraus folge, dass die Zahlungen nicht den Prüfergebnissen entsprochen hätten. In Höhe eines Betrages von 50.000 €, der für Arbeiten im Garten des Zeugen H gezahlt, aber über das streitbefangene Bauvorhaben abgerechnet worden sei, könne sich die Klägerin ohnehin auf keinen Schaden berufen. Ein Schaden entstehe bei einer Überzahlung im Übrigen erst, wenn Rückforderungsansprüche nicht durchgesetzt werden könnten. Dies habe die Klägerin weiterhin nicht dargelegt. Schließlich treffe die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden.

Eine Pflichtverletzung habe das Landgericht richtigerweise auch im Zusammenhang mit der Vertragserfüllungsbürgschaft verneint. Da - wie unstreitig ist - die L GmbH die Bürgschaft der Klägerin habe zukommen lassen sollen, habe diese den Eingang zu überwachen gehabt. Eine Bürgschaft habe die L GmbH zudem nur in Höhe von 10% der Hauptauftragssumme, also in Höhe von 37.868,28 €, geschuldet. Ein Nichterfüllungsschaden der Klägerin sei nicht dargetan. Die Klägerin habe die erste Abschlagsrechnung durch den Bauoberleiter U selbst geprüft.

Der Senat hat die Zeugen S und U vernommen. Wegen des Inhaltes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle nebst Berichterstattervermerken zu den Senatsterminen vom 24.01.2008 (Bl. 375ff. GA) und 07.08.2008 (Bl. 403ff. GA) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat im Wesentlichen Erfolg.

Die Klage ist bis auf eine Zinsmehrforderung begründet.

Die Beklagte zu 1) schuldet ihr aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Höhe von 127.595,41 €, weil sie als Architektin die nach dem geschlossenen Vertrag bestehende Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungsprüfung schuldhaft verletzt hat. Die Beklagten zu 2) und 3) haften als Gesellschafter der Beklagten zu 1) entsprechend § 128 HGB für die Verbindlichkeit (s. Palandt-Sprau, 67. Aufl., § 714 Rn. 12).

1) Aufgrund des Architektenvertrages hatte die Beklagte zu 1) gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 8 HOAI die Bauoberleitung zu übernehmen, zu der die Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen und der fortgeschriebenen Kostenberechnung gehört. Ein Architekt muss deshalb auch Abschlagsrechnungen daraufhin kontrollieren, ob z.B. die eingesetzten Preise mit den vereinbarten übereinstimmen, die eingesetzten Mengen mit den ausgeführten in Einklang stehen und ob Sonderkonditionen und Rabatte berücksichtigt sind (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1510; siehe auch BGH BauR 2002, 1112; BGH BauR 1998, 869; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., § 15 Rn. 192, 219).

Die Klägerin wirft der Beklagten zu 1) die Vernachlässigung ihrer Rechnungsprüfungspflicht zu Recht zu zwei Aspekten vor.

a) Die Beklagte zu 1) ist zum einen bei der Prüfung der Abschlagsrechnungen der L GmbH von zu hohen Preisen und zu weitgehenden Ausführungsständen ausgegangen. Dies hat zu einer Überzahlung von 65.251,26 € durch die Klägerin geführt.

aa) Die Beklagte zu 1) hätte die Abschlagsrechnungen der L GmbH zur Bezahlung durch die Klägerin nur insoweit freigeben dürfen, wie dies dem jeweils erreichten Ausführungsstand und den vereinbarten Preisen entsprach. Wie ihrer eigenen Schlussrechnungsprüfung vom 21.07.2004 (K7 AnlBd) zu entnehmen ist, die eine Überzahlung von 65.251,26 € ausweist, ist sie dieser Pflicht nicht umfassend nachgekommen. Zur geschuldeten Überprüfung der fachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Abschlagsrechnungen gehörte neben der Bewertung des tatsächlichen Umfangs der von der L GmbH erbrachten Leistungen - anders als das Landgericht gemeint hat - auch die Berücksichtigung der Preisabsprachen, die Herr H für die Klägerin mit den Geschäftsführern der L GmbH bei dem sog. Finalgespräch getroffen hatte. Die im Finalgespräch erzielten Preisveränderungen hätten sich anteilig auf die Höhe der Abschlagsrechnungen auswirken müssen, so dass die entsprechende Beachtung der Nachlässe bzw. des für ein Los gewährten Aufschlages ebenfalls eine Frage der rechnerischen Richtigkeit war. Eine Pflichtverletzung könnte der Beklagten zu 1) insoweit nur dann nicht vorgeworfen werden, wenn sie schuldlos entweder schon nichts von den Abschlägen wusste oder die Abschläge wegen schuldlos unzureichender Informationen nicht sachgerecht umsetzen konnte. Beides ist zu verneinen. Die Klägerin hat der Beklagten zu 1) mit Fax vom 23.01.2002 (K5 AnlBd) das Schreiben vom 22.01.2002 (K4 AnlBd), in dem die ausgehandelte Gesamtsumme aufgeschlüsselt nach vier Leistungskomplexen aufgeführt war, zugeleitet. Der Beklagten zu 1) wäre es daraufhin auch ohne weitere Hinweise problemlos möglich gewesen, der Rechnungsprüfung die im Finalgespräch vereinbarten Preise zugrundezulegen. Die der L zustehende Vergütung ergab sich nämlich nicht aus einer detaillierten Neufestsetzung der zunächst angebotenen Einheitspreise. Vielmehr waren bei der Finalbesprechung lediglich die von der L GmbH auf der Basis ihrer ursprünglich angebotenen Einheitspreise ermittelten Gesamtpreise für die drei Lose Lothringer Straße, C-Straße und Freianlagen (siehe Angebot der L GmbH vom 18.12.2001 im Leitzordner) pauschal um bestimmte Beträge gekürzt bzw. erhöht worden. Entsprechend der jeweiligen prozentualen Änderung hätte die Beklagte zu 1) auf der Basis der zu den Losen zunächst angebotenen Einheitspreise die Ansätze schon bei der Prüfung der Abschlagsrechnungen kürzen können und müssen, wie sie dies hinsichtlich der Schlussrechnung später auch praktiziert hat.

bb) Dadurch, dass die Beklagte zu 1) der L GmbH bei der Prüfung der Abschlagsrechnungen einen zu hohen Ausführungsstand und zu hohe Preise zugebilligt hat, ist der Klägerin ein Schaden von 65.251,26 € entstanden. Die Klägerin bezieht sich zur Begründung der Höhe des Betrages im Ergebnis zu Recht auf die diese Summe ausweisende Schlussrechnungsprüfung, bei der die Beklagte zu 1) eine Gesamtwerklohnforderung der L GmbH von 410.001,58 € und von der Klägerin gezahlte Abschläge von 475.252,84 € ermittelt hat. Wenngleich nicht aufgeschlüsselt ist, inwieweit sich die Differenz anteilig auf die beiden Aspekte Ausführungsstand und Preise verteilt und welche konkreten Fehler bei der Freigabe der einzelnen Abschlagsrechnungen gemacht worden sind, steht fest, dass der Fehlbetrag auf schuldhaft unrichtigen Prüfungen der Beklagten zu 1) beruht. Die Prüfung der Schlussrechnung ist, wie im Folgenden noch auszuführen ist, korrekt, so dass die vorausgegangen Prüfungen der Abschlagsrechnungen, die zu den Überzahlungen geführt haben, in entsprechendem Umfang unrichtig gewesen sein müssen.

(1) Entsprechend der Schlussrechnungsprüfung der Beklagten zu 1) vom 21.07.2004 (K7 AnlBd) hätten der L GmbH Abschläge nur in Höhe von 410.001,58 € zugestanden. Die Beklagten stellen die Richtigkeit dieses Betrages nicht nachvollziehbar in Frage. Sie haben nicht darlegen können, weshalb und an welchem Punkt die eigene Berechnung unrichtig sein soll. Insbesondere haben sie nicht geltend gemacht, die in der Schlussrechnung von der L GmbH angesetzten Einheitspreise in der von der Beklagten zu 1) nur an wenigen Positionen geänderten Höhe sowie die wegen des Ergebnisses der Finalbesprechung bei der Prüfung vorgenommenen pauschalen Abschläge seien unrichtig. Auch den bei der Schlussrechnungsprüfung zugrunde gelegten Bautenstand stellen sie nicht nachvollziehbar in Frage. Insoweit berufen sie sich zwar darauf, dass die L GmbH den Ausführungsstand in der Schlussrechnung teilweise pauschal mit einem bestimmten Anteil angegeben und die Beklagte zu 1) diesen Anteil teilweise ebenfalls nur pauschal nach unten korrigiert habe, wobei ein gewisser Toleranzrahmen bestanden habe, der nunmehr bei der Bemessung eines gegen sie gerichteten Schadensersatzanspruches zu berücksichtigen sei. Aus ihrem Vortrag folgt jedoch nicht, dass die Beklagte zu 1) unangemessen hohe Kürzungen vorgenommen hat, die zu Nachforderungen der L GmbH hätten führen müssen. Vielmehr kann auch ihren Darlegungen nicht entnommen werden, dass sich die Beklagte zu 1) bei der Schlussrechnungsprüfung außerhalb des vertretbaren Rahmens bewegt hat. Die bei der Schlussrechnungsprüfung erfolgte Interessenwahrung der Klägerin wäre auch schon bei der Prüfung der Abschlagsrechnungen angezeigt gewesen, so dass die Beklagte zu 1) nur insgesamt 410.001,58 € hätte freigeben dürfen.

(2) Die Klägerin hat in Ausführung der ihr vom Senat mit Beschluss vom 24.01.2008 erteilten Auflage inzwischen im Einzelnen dargelegt und durch die Zeugin U bewiesen, dass sie auf die 15 Abschlagsrechnungen Leistungen in einer Gesamthöhe von 475.252,84 € erbracht hat (siehe Aufstellung A 16 im violetten AnlBd zum Schriftsatz vom 18.02.2008), wovon auch die Beklagte zu 1) bei der Schlussrechnungsprüfung vom 21.07.2004 ausgegangen ist (K7 im grünen AnlBd). Soweit die Klägerin zunächst in der Summe und hinsichtlich mehrerer Einzelpositionen abweichende Beträge vorgetragen hat, sind die Differenzen nunmehr geklärt. Die Höhe der erbrachten Zahlungen weicht zwar zu den Abschlagsrechnungen 8, 9, 10, 11, 14 und 15 nominell von den Beträgen ab, die die Beklagte zu 1) bei der Schlussrechnungsprüfung als Leistungen auf diese Rechnungen in Ansatz gebracht hat. Die Abweichungen beruhen jedoch allein darauf, dass die Buchhalterin der Klägerin, die Zeugin U, die Zahlungen mit Zahlungen für andere hier nicht relevante Arbeiten der L GmbH verbunden hat bzw. andere buchhalterische Umstände berücksichtigt hat, so dass es im Ergebnis dabei verbleibt, dass sich die auf die 15 Abschlagsrechnungen entfallenden Zahlungen auf 475.252,84 € belaufen. Im Einzelnen beruhen die Differenzen zwischen den tatsächlichen Zahlbeträgen und den auf die Abschlagsrechnungen 8, 9, 10, 11, 14 und 15 erbrachten Leistungen auf folgenden Gründen:

Abschlagsrechnung 8 Die Abschlagsrechnung 8, die über 23.865,82 € lautete, ist entgegen der Rechnungsprüfung der Beklagten zu 1) - wohl wegen eines Versehens bei der Klägerin - zunächst nicht nur in Höhe von 14.057,51 €, sondern in voller Höhe bezahlt worden, so dass es zu einer Überzahlung von 9.808,31 € gekommen ist.

Da die Klägerin, wie mit Schriftsatz vom 18.02.2008 dargelegt worden ist, den Differenzbetrag später in Höhe von 7.670,81 € auf eine andere hier nicht interessierende Rechnung verrechnet und den verbleibenden Betrag von 2.137,50 € zur Bezahlung der Abschlagsrechnung 10 verwandt hat, hat sie den auf die Abschlagsrechnung 8 gezahlten Betrag zu Recht nur in Höhe von 14.057,51 € + 2.137,50 € = 16.195,01 € in ihre Berechnung der an die L GmbH für die Erschließungsmaßnahmen gezahlten Abschläge eingestellt.

Abschlagsrechnung 9 Die Klägerin setzt insoweit eine von ihr ausgeglichene Summe von 56.437,30 € an, deren Höhe der Rechnungsprüfung der Beklagten zu 1) entspricht. Tatsächlich sind 58.095,34 € gezahlt worden, die sich folgendermaßen zusammensetzen:

56.437,30 € geprüfte Rechnung - 1.693,12 € abgezogener Skontobetrag + 3.351,16 € Zahlung auf anderweitige hier nicht relevante Re ##### 58.095,34 €

Die Berechnung der Klägerin ist somit korrekt.

Abschlagsrechnung 10 Die Klägerin setzt insoweit einen Betrag von 40.190,38 € an, der sich wie folgt zusammensetzt:

36.847,16 € Zahlbetrag + 1.205,72 € Skonto + 2.137,50 € Verrechnung mit Überzahlung aus AR 1 (siehe oben) 40.190,38 €

Die ausgeglichenen Rechnungsforderungen von 40.190,38 € ergeben sich ihrerseits nachvollziehbar aus folgender Berechnung:

88.956,87 € Rechnungsprüfung der Beklagten zu 1) + 7.670,81 € Forderung aus nicht relevanter Re ##### - 56.437,30 € von Bekl. zu 1) bei der Prüfung unbeachtete Zahlung AR9 40.190,38 €

Abschlagsrechnung 11 Die von der Beklagten zu 1) nach Prüfung in Höhe von 49.258,45 € für berechtigt gehaltene Rechnung hat die Zeugin U nach buchhalterischer Richtigstellung der zuvor bereits geleisteten Abschläge auf 43.032,40 € korrigiert (s. letzte Seite Anlage A 16 Nr. 11 im violetten AnlBd). Dieser Betrag ist gezahlt worden, ohne dass ein Fehler zum Nachteil der Beklagten zu erkennen ist.

Abschlagsrechnung 14 Insoweit hat die Klägerin 34.140,65 € gezahlt, geht in ihrer Berechnung jedoch zu Recht davon aus, die Rechnung der L GmbH in Höhe des geprüften Betrages von 35.196,55 € ausgeglichen zu haben. Bei der Differenz handelt es sich um Skonto.

Abschlagsrechnung 15 Von der von der Beklagten zu 1) auf 50.159,06 € geprüften Rechnung hat die Zeugin U einen Gewährleistungseinbehalt von 25.013,31 € vorgenommen. Außerdem hat sie berücksichtigt, dass der Ausgleich der Abschlagsrechnung 14 nicht nur mit dem nominellen Zahlbetrag, sondern einschließlich Skonto anzusetzen war. Zieht man die beiden Beträge von 25.013,31 € (Gewährleistungseinbehalt) und 1.055,90 € (Skonto auf Abschlagsrechnung 14) ab, ergibt sich der gezahlte Differenzbetrag von 24.089,85 €. Auch das lässt keinen Fehler zum Nachteil der Beklagten erkennen.

Die Zeugin U hat bei ihrer Vernehmung durch den Senat glaubhaft bestätigt, dass die nominellen Abweichungen zwischen den tatsächlichen Zahlungen und den auf die Abschlagsrechnungen anrechenbaren Leistungen der Klägerin auf den oben dargestellten Umständen beruhen. Die entsprechenden Darlegungen im Schriftsatz der Klägerin vom 18.02.2008 beruhen auf von ihr nach Überprüfung der Buchhaltungsunterlagen erteilten Informationen. Da die Angaben schlüssig und ohne Weiteres nachvollziehbar sind, besteht kein Anlass, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln.

(3) Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist unerheblich, dass in der von der Beklagten zu 1) geprüften Schlussrechnung ein Betrag von 56.056,97 € enthalten ist (siehe Seiten 13, 16 K7 grüner AnlBd), der sich, wie der Zeuge S bei seiner Vernehmung durch den Senat bestätigt hat, nicht auf das hier maßgebliche Bauvorhaben bezieht, sondern eine private Maßnahme des Herrn H betrifft. Der Senat kann offen lassen, ob die von Herrn H gewünschte Abrechnung von privaten Verbindlichkeiten über eine der Klägerin erstellte Rechnung steuerrechtlich oder wegen eines auf Kosten der Klägerin eingetretenen persönlichen Vorteils gesellschaftsrechtlich etc. bedenklich ist. Für die Frage, inwieweit die Beklagte zu 1) ihre Rechnungsprüfungspflicht verletzt hat, ist der Umstand ohne Bedeutung, weil sie den Betrag ergebnisneutral sowohl auf der Seite der von der L GmbH erbrachten Leistungen als auch auf der Seite der von der Klägerin geleisteten Zahlungen berücksichtigt hat.

(4) Da die mit Schriftsatz vom 18.02.2008 erfolgte Erläuterung der Klägerin und die Vernehmung der Zeugin U ergeben hat, dass sich die Klägerin bei der Zahlung der Abschläge an den von der Beklagten zu 1) bei den Rechnungsprüfungen freigegebenen Beträgen orientiert hat und nominelle Abweichungen allein auf den oben beschriebenen buchhalterischen Gründen, nicht jedoch auf einer von der Klägerin durchgeführten nochmaligen Bewertung des Bautenstandes und der der L GmbH für die ausgeführten Leistungen zustehenden Vergütung beruhten, waren die der Beklagten zu 1) unterlaufenen Fehler für die Überzahlung von 65.251,26 € ursächlich.

(5) Dem daraus folgenden Schadensersatzanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Klägerin im Insolvenzverfahren der L GmbH möglicherweise Forderungen auf Rückzahlung überzahlten Werklohns durchsetzen könnte. Der Vermögensschaden der Klägerin ist zunächst unmittelbar durch die Überzahlung eingetreten. Der für eine Überzahlung verantwortliche Architekt hat einen solchen Schaden grundsätzlich auszugleichen (siehe z.B. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1510 Fußnote 317; Berding BauR 2007, 473; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 5. Aufl. Rn. 725). Aus § 255 BGB folgt, dass der Geschädigte vom Schädiger in der Regel auch dann vollen Wertersatz verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Dritter Herausgabe oder Rückgewähr schuldet (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 255 Rnrn. 1f.). Soweit in Literatur und Rechtsprechung teilweise - eventuell einschränkend gemeint - ausgeführt wird, ein Schadensersatzanspruch gegen den Architekten bestehe dann, wenn ein Rückzahlungsanspruch gegen den überzahlten Unternehmer nicht realisiert werden könne (siehe Locher/Koeble/Frik, HOAI, § 15 Rn. 219; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 12. Teil Rn. 430; KG BauR 2006, 400; OLG Celle BauR 2000, 1897), kann unter dem Aspekt der Rückforderbarkeit vom Unternehmer ein Anspruch gegen den Rechnungsprüfer nach Auffassung des Senats aber allenfalls dann verneint werden, wenn die Abrechnung des Bauvorhabens und der Abschlagszahlungen zwischen Unternehmer und Auftraggeber problemlos erfolgen kann, nicht jedoch, wenn - wie hier - etwaige Rückzahlungsanspruche wegen einer inzwischen eingetretenen Insolvenz des Unternehmers allenfalls noch im Insolvenzverfahren verfolgt werden können.

Wenngleich die Klägerin auf Seite 6 ihres Schriftsatzes vom 11.11.2005 (Bl. 161 GA) die Abtretung eines ihr gegenüber dem Insolvenzverwalter der L GmbH zustehenden Rückforderungsanspruches angeboten hat, haben die Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 255, 273 BGB nicht erhoben, so dass sie einschränkungslos zur Zahlung zu verurteilen waren.

cc) Der gegen die Beklagten gerichtete Anspruch der Klägerin auf Erstattung der an die L GmbH in Höhe von 65.251,26 € erbrachten Überzahlung ist nicht gemäß § 254 Abs. 1 BGB wegen eines Mitverschuldens der Klägerin zu kürzen. Ein Mitverschulden ist nicht ersichtlich. Die Klägerin konnte sich auf die Richtigkeit der der Beklagten zu 1) übertragenen Rechnungsprüfung verlassen, ohne diese noch einmal kontrollieren zu müssen. Ein Mitverschulden käme insoweit allenfalls in Betracht, wenn sie aufgrund besonderer Umstände hätte erkennen müssen, dass die Prüfung der Beklagten zu 1) unzureichend war und von dieser freigegebene Beträge wegen offenbarer Rückstände oder Mängel bzw. unrichtiger Preisansätze nicht berechtigt waren (siehe BGH BauR 2002, 1112). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.

b) Desweiteren steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 62.344,15 € zu, weil die Beklagte zu 1) bei der Rechnungsprüfung einen Abzug von 10% wegen der von der L GmbH nicht geleisteten Vertragserfüllungsbürgschaft versäumt hat.

aa) Auch insoweit ist der Beklagten zu 1) entgegen der Meinung des Landgerichts eine schuldhafte Pflichtverletzung unterlaufen. Dabei kann offen bleiben, ob der Architekt bei der Rechnungsprüfung generell eine Klausel über eine Vertragserfüllungsbürgschaft und die Folgen einer ausbleibenden Vorlage einer solchen Bürgschaft beachten muss. Eine Pflicht zur Nachfrage ist zweifelhaft, wenn die vertragliche Gestaltung ohne seine Mitwirkung zustande gekommen ist und er mit einer solchen Vereinbarung nicht rechnen muss. Hier ist der Vertrag jedoch von der Beklagten zu 1) entworfen und bis auf die endgültige Höhe des Werklohns und einen zusätzlich beauftragten Komplex auch mit der L GmbH verhandelt worden. Unter diesen Umständen musste die Beklagte zu 1) davon ausgehen, dass die Regelung zur Vertragserfüllungsbürgschaft gemäß ihrem Entwurf Vertragsbestandteil geworden war. Wenngleich die Bürgschaft nicht ihr, sondern der Klägerin vorzulegen war, durfte sie sich angesichts der ihr umfassend übertragenen Rechnungsprüfung nicht darauf verlassen, die Bürgschaft sei fristgerecht gestellt, falls sie von der Klägerin von der Angelegenheit nichts mehr hörte. Vielmehr hätte sie sich erkundigen müssen, bevor sie Zahlungen freigab.

bb) Die Beklagten können sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die beiden ersten Abschlagsrechnungen seien ohne ihre Mitwirkung durch einen Herrn U geprüft worden. Wie aus dem Prüfvermerk vom 22.05.02 folgt, gilt das zumindest für die 2. Abschlagsrechnung (K13, Bl. 106f. GA) nicht (anders eventuell 1. Abschlagsrechnung, s. K12, Bl. 104f. GA). Im Übrigen hätte die Beklagte zu 1) jedenfalls zu Beginn ihrer Prüfungstätigkeit nachfragen müssen, damit ein eventuell unterbliebener Einbehalt noch hätte nachgeholt werden können.

cc) Weiterhin berufen sich die Beklagten zu Unrecht darauf, der Einbehalt von 10% hätte nur von der Auftragssumme des Hauptvertrages vorgenommen werden dürfen. Vielmehr bezieht sich die Klausel ausdrücklich auch auf Nachträge (s. K2 AnlBd). Ein Gesamtauftragsumfang von 623.441,58 € ist unstreitig, so dass sich der zurückzubehaltende Betrag auf 62.344,15 € hätte belaufen müssen.

dd) Diesen Betrag müssen die Beklagten der Klägerin zunächst einmal zahlen, um der Klägerin die Vermögenssituation zu verschaffen, in der sie sich befände, wenn der Betrag nicht an die L GmbH geleistet worden wäre. Wäre der Betrag einbehalten worden, hätte es sich um eine Sicherheit für den Fall einer fehlenden Vertragserfüllung durch die L GmbH gehandelt, die im Sicherungsfalle nur in Höhe eines der Klägerin entstehenden Nichterfüllungsschadens hätte verwertet werden können. Dies ist im Rahmen des gegen die Beklagten gerichteten Schadensersatzanspruches zu berücksichtigen und führt dazu, dass die Beklagten der Klägerin den Betrag - ähnlich wie einen Mangelbeseitigungsvorschuss - vorläufig zur Verfügung stellen müssen und dass die Klägerin über den Betrag abrechnen muss, sobald sie den Schaden, den sie durch den Abbruch der Arbeiten durch die L GmbH erlitten hat, beziffern kann. Eine solche Abrechnung ist zurzeit noch nicht abschließend möglich, weil die Klägerin mit der Nachfolgeunternehmerin, der T2 GmbH, über einzelne Positionen der zwischenzeitlich erstellten Schlussrechnung streitet. Auch die Beklagten wenden bisher nicht nachvollziehbar ein, dass die Klägerin den ihr durch den Abbruch der Arbeiten der L GmbH entstanden Nichterfüllungsschaden beziffern könne, obwohl sie das Bauvorhaben weiter betreuen.

ee) Die Klägerin muss sich gemäß § 254 Abs. 1 BGB auch kein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie die von der Beklagten zu 1) freigegebenen Abschlagsbeträge an die L GmbH ausbezahlt hat, ohne zuvor selbst noch einmal zu überprüfen, ob wegen einer ausstehenden Vertragserfüllungsbürgschaft ein Einbehalt möglich gewesen wäre. Zwar kann im Einzelfall die Annahme eines Mitverschuldens gerechtfertigt sein, wenn sich der Bauherr trotz ihm aufgrund der Umstände erkennbarer Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten auf die Rechnungsprüfung des Architekten verlässt (siehe BGH BauR 1998, 869; BGH BauR 2002, 1112). Bei der Beurteilung der beiderseitigen Verantwortungsbereiche ist jedoch von der vertraglichen Aufgabenverteilung auszugehen. Soweit eine Aufgabe dem Architekten zugewiesen ist, darf sich der Auftraggeber in der Regel auf die Richtigkeit ihm übermittelter Prüfungsergebnisse verlassen. Ihn trifft gegenüber dem Architekten grundsätzlich keine Obliegenheit, dessen Tätigkeit auf Fehler zu überprüfen. Wie die Erörterungen mit den Parteien im letzten Senatstermin noch einmal gezeigt haben, beruhten die Bedingungen des zwischen der Klägerin und der L GmbH geschlossenen Vertrages nach dem unstreitigen Vortrag beider Parteien auf einem allein von der Beklagten zu 1) ausgearbeiteten Vertragsentwurf. Dies gilt auch für die Pflicht der L GmbH zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft und das Recht eines Einbehaltes von Werklohn für den Fall, dass die Bürgschaft nicht gestellt würde. Zudem befand sich das Vertragswerk bei der Beklagten zu 1). Streitig ist lediglich, ob und wann sie der Klägerin Unterlagen zugänglich gemacht hat. Unabhängig davon war es nach der vereinbarten Aufgabenverteilung aber allein Sache der Beklagten zu 1), die Rechnungsprüfung sachgerecht durchzuführen und dabei alle für die Höhe der zu zahlenden Abschläge maßgeblichen Umstände zu beachten. Die Klägerin durfte sich darauf beschränken, die freigegebenen Beträge durch die Zeugin U buchhalterisch zu überprüfen, ohne dabei zu kontrollieren, ob das Vertragswerk weitere Kürzungen zuließ. Daran änderte nichts, dass die L GmbH die Vertragserfüllungsbürgschaft direkt der Klägerin zuleiten sollte. Da auch dies auf dem Vertragsentwurf der Beklagten zu 1) beruhte und sie nach den Umständen den Überblick über das gesamte Vertragswerk zu behalten hatte, hätte sie die Klägerin darauf hinweisen müssen, Informationen über den Eingang der Vertragserfüllungsbürgschaft im Hinblick auf die Rechnungsprüfung zu benötigen. Der Klägerin oblag gegenüber der Beklagten zu 1) nicht die Pflicht, den Vertrag zur Aufdeckung der Relevanz des Problems zu studieren und die Beklagte zu 1) anschließend von sich aus über die fehlende Vertragserfüllungsbürgschaft zu unterrichten.

Zwar hat die Klägerin hinsichtlich eines anderen Aspektes von sich aus eine sachliche Prüfung vorgenommen, indem sie auf Initiative der Zeugin U von der 15. Abschlagsrechnung einen Gewährleistungseinbehalt vorgenommen hat. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die Beklagte zu 1) annehmen konnte, bei der Klägerin würden allgemein mögliche Einbehalte auch wegen einer fehlenden Nichterfüllungsbürgschaft beachtet. Vielmehr entsprach es der Übung der Parteien, dass die Klägerin der Beklagten zu 1) die vertragsgemäße Abwicklung des Bauvorhabens unter Berücksichtigung der vereinbarten Vertragsklauseln überlassen hatte. Die Zeugin U hat, wie sie im Senatstermin ausgesagt hat, den Gewährleistungseinbehalt auch nur deshalb veranlasst, weil er nach ihrer Erfahrung im Falle einer Schlussrechnung, als die die 15. Abschlagsrechnung zunächst bezeichnet war, allgemein üblich war.

2) Die Klägerin kann gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2004 verlangen, weil sie die Zahlung mit Schriftsatz vom 03.11.2004 (K9 AnlBd) unter Fristsetzung bis zum 15.11.2004 angemahnt hat. Soweit sie darüberhinaus Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt, ist die Klage abzuweisen, weil es sich bei dem geltend gemachten Schadensersatz nicht um eine Entgeltforderung i.S.v. § 288 Abs. 2 BGB handelt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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