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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.10.2006
Aktenzeichen: 21 W 43/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 29 | |
ZPO §§ 1029 ff. | |
BGB § 269 | |
BGB § 270 Abs. 4 |
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Prozeßkostenhilfe versagende Beschluß des Landgerichts Dortmund vom 1.8.2006 - 1 O 87/06 - nebst dem Nichtabhilfebeschluß vom 25.8.2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Bescheidung des Prozeßkostenhilfeantrags an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Ob die Klausel unter Nr. 6.7. des vorgelegten Vertrages als Schiedsvereinbarung im Sinne der §§ 1029 ff. ZPO auszulegen ist, die die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte verdrängen würde, kann zwar zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden werden.
Die Entscheidung des Landgerichts, die diese Frage bejaht, kann aber jedenfalls deshalb nicht aufrechterhalten werden, weil sie sich in ihrer knappen Begründung mit dem Vorbringen des Antragstellers, das dieser sogar auf ausdrückliche Aufforderung des Gerichts ergänzt hat, überhaupt nicht auseinandersetzt. Der Antragsteller hat erläutert und durch Vorlage des russischen Originalvertrages untermauert, daß der in der deutschen Übersetzung gewählte Begriff "Schiedsgerichte" möglicherweise eine sachlich ungenaue Übertragung des russischen Begriffs "Arbitragegerichte" darstellt; bei letzteren soll es sich um staatliche Gerichte handeln. Dieser Argumentation hätte das Landgericht nachgehen müssen und hätte nicht ohne weiteres die vom Antragsteller vorgelegte Übersetzung für maßgeblich erklären dürfen.
Bei dieser Sachlage erscheint es angemessen, die Sache zur Nachholung der erforderlichen Überprüfung zurückzuverweisen. Dabei wird zumindest der Antragsgegnerseite Gelegenheit zur Stellungnahme zu den vom Antragsteller vorgetragenen Auslegungsgesichtspunkten einzuräumen sein. Vom Ergebnis wird es abhängen, welche weiteren Erkenntnisquellen sodann im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens heranzuziehen sind.
2.
Der Prozeßkostenhilfeantrag ist auch nicht aus anderen Gründen bereits jetzt abweisungsreif, so daß der angefochtene Beschluß im Ergebnis aufrechterhalten werden könnte.
Insbesondere fehlt es nicht von vornherein an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, welche aus deutscher Sicht der örtlichen Zuständigkeit nach der ZPO folgt.
Zwar ist danach eine Zahlungsklage grundsätzlich am Sitz des Schuldners zu erheben, weil dort der allgemeine Gerichtsstand (§§ 13, 17 ZPO) begründet ist und auch der Erfüllungsort (§ 29 ZPO) bei einem Zahlungsanspruch regelmäßig dort liegt (§§ 270 Abs. 4, 269 BGB). Der Sitz des Schuldners, hier des Antragsgegners, befindet sich in Rußland.
Im vorliegenden Fall steht jedoch noch gar nicht fest, daß die §§ 270 Abs. 4, 269 BGB überhaupt Anwendung finden. Nach überwiegender Auffassung (vgl. Nachw. in BGHZ 120, 347) ist der Erfüllungsort i. S. d. § 29 ZPO bei Fällen mit Auslandsberührung auf der Grundlage des in der Sache selbst anwendbaren materiellen Rechts zu bestimmen. Im vorliegenden Fall müßte also zunächst geklärt werden, ob der Vertrag deutschem oder russischem materiellen Recht unterliegt.
Sollte danach der Fall nach deutschem materiellen Recht zu entscheiden sein, so dürfte der Erfüllungsort für die hier streitige Zahlungsverpflichtung abweichend von §§ 270 Abs. 4, 269 BGB in Deutschland liegen.
a) So könnte es sich um einen Vertrag handeln, bei dem ähnlich wie bei vielen Dienst- und Werkvertragsverhältnissen wegen besonderer Ortsgebundenheit (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn. 24, 25 [Stichworte "Dienstvertrag", "Werkvertrag"] zu § 29) ein gemeinsamer Erfüllungsort für alle gegenseitigen Ansprüche, also auch Zahlungsansprüche, anzunehmen ist.
b) Darauf dürfte es aber nicht einmal ankommen. Bei dem geltend gemachten Anspruch handelt es sich nämlich um einen Schadensersatzanspruch. Der Erfüllungsort eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs (Sekundäranspruchs) aber folgt demjenigen der verletzten Primärpflicht (Zöller/Vollkommer Rn. 20, 23, 25 [Stichwort "Schadensersatz"] zu § 29 ZPO). Die Primärpflicht der Beklagten, auf dessen Verletzung der Kläger seinen Anspruch stützt, ist hier die Verpflichtung zur Aufführung der vereinbarten Anzahl von Ballettvorstellungen. Letztere wären nach dem Vertrag in Deutschland aufzuführen gewesen.
Ende der Entscheidung
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