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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.02.2001
Aktenzeichen: 22 U 102/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 433
BGB § 779
Ist die gemeinsame Vorstellung der Parteien eines Prozeßvergleiches falsch, die im Vertrag vorgesehene Erfüllung durch lastenfreie Eigentumsübertragung eines Grundstücks sei erfolgt und man streite sich allein um die Höhe des Kaufpreises nach Aufrechnung mit Gegenforderungen, so kann der Veräußerer die unterlassene Herausgabe von Grundschuldbriefen und Löschungsbewilligungen nicht unter Berufung auf eine umfassende Abgeltungsklausel des Vergleiches verweigern, wenn der Einbehalt zu einem untragbaren Schaden des Käufers führt. In Anpassung des Vergleiches nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage hat der Verkäufer die Briefe und Löschungsbewilligungen der Gläubiger herauszugeben.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 102/00 OLG Hamm 11 O 417/99 LG Münster

Verkündet am 22. Februar 2001

Oberdorf, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2001 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Kaufmann und die Richter am Oberlandesgericht Gottwald und Aschenbach

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. März 2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin herauszugeben:

a)

Grundschuldbrief Nr. 105963 über 69.000,00 DM hinsichtlich der zugunsten der Verbandssparkasse eingetragenen Grundschuld über 69.000,00 DM (eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von Bl. 127 Abt. III Nr. 2) nebst Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 20.12.1996,

b)

Grundschuldbrief Nr. 1478246 über 70.000,00 DM hinsichtlich der zugunsten der Verbandssparkasse eingetragenen Grundschuld über 70.000,00 DM (eingetragen im Grundbuch de Amtsgerichts von Bl. 127 Abt. III Nr. 5) nebst Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 20.12.1996.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, die Löschung der zu Ziffer 1 a) und 1 b) genannten Grundschulden zu bewilligen.

3.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, die beiden Grundschuldbriefe zu den im Grundbuch von Blatt 127 Abt. III Nr. 2 und Abt. III Nr. 5 eingetragenen Grundschulden ohne Zustimmung der Klägerin zu eigenen Zwecken oder zu Zwecken Dritter zu verwenden.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 160.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 139.000,00 DM.

Tatbestand:

Durch notariellen Vertrag vom 27.3.1993 (UR-Nr. 41/1993 des Notars in Ahaus) setzten sich die bis zu diesem Zeitpunkt personell und geschäftlich verbundenen Parteien auseinander. In Ziff. 13 des Vertrages veräußerte die Beklagte der Klägerin das im Grundbuch von Amtsgericht Blatt 127, eingetragene Betriebsgrundstück Gemarkung , Flurstücke 8 und 9 in einer Größe von 5908 qm zu einem Kaufpreis von 1625000,- DM. Die Beklagte sollte dafür einstehen, daß die Übertragung " lastenfrei von irgendwelchen Rechten in Abteilung 3 " erfolgte, soweit sie zugunsten der Beklagten eingetragen oder in Anspruch genommen seien. In Abteilung III, lfd. Nr. 2 und 5, des Grundbuchs von Grundstück Gemarkung Flur 44 Flurstück 8 sind und waren zugunsten der Verbandssparkasse Grundschulden über 69000,- DM (Nr. 2) und 70000,- DM (Nr. 5) nebst Zinsen eingetragen, die Kredite der Beklagten sicherten. Gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Kopie des Vertrages, GA 7 ff., Bezug genommen.

Am 20.12.1996 erteilte die Rechtsnachfolgerin der Verbandssparkasse , die Sparkasse , der Beklagten Löschungsbewilligungen bezüglich der in Abt. III Nr. 2 und 5 eingetragenen Grundschulden und übersandte diese neben den Grundschuldbriefen dem Geschäftsführer der Beklagten. Dieser teilte unter dem 24.12.1996, GA 7 der Beiakte 24 O 36/97 Landgericht ; der Klägerin mit, daß die Aushändigung der Briefe samt der Löschungsbewilligungen erfolge, sobald die Kaufpreiszahlung in voller Höhe nachgewiesen sei.

Am 22.1.1997 erhob die Beklagte gegen die Klägerin im Urkundsverfahren Klage auf Kaufpreiszahlung vor dem Landgericht Münster - 24 O 36/97 -. Durch Vorbehaltsurteil vom 30.4.1997 wurde die Klägerin zur Zahlung von 1.438.360,48 DM nebst Zinsen verurteilt. Im Nachverfahren machte die Klägerin Gegenansprüche geltend.

Eingehend am 20.11.1997 bewilligte und beantragte der Notar beim Grundbuchamt (GA 191 ff. Grundakten) die Eigentumsumschreibung des Grundstücks von der Beklagten auf die Klägerin. Das Eigentum wurde am Grundstück, wurde am 24.11.1997 umgeschrieben; eine Löschung der in Abt. III Nr. 2 und 5 eingetragenen Grundschulden erfolgte nicht.

Am 18.2.1999 schlossen die Parteien im Rechtsstreit 24 0 36/97 LG Münster 22 U 64/98 OLG Hamm über die Kaufpreisforderung der Beklagten und Gegenforderungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Nutzung und Räumung des Grundstücks folgenden Vergleich (GA 656 Beiakte):

"1.

Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Beklagte (im vorliegenden Rechtsstreit die Klägerin) der Klägerin (hier: der Beklagten) einen Restkaufpreis von 1.246.592,70 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 2.1.1997 schuldet. Auf diese Forderung ist der von der Beklagten bereits aufgrund des Vorbehaltsurteils des Landgerichts Münster vom 30.4.1997 gezahlte Betrag nebst Zinsen zu verrechnen.

2.

Damit sind sämtliche Ansprüche der Parteien aus dem notariellen Vertrag vom 27.3.1993 und seiner Abwicklung gleich welcher Art - erledigt.

3.

Über die Kosten des Rechtsstreites einschließlich des Vergleiches soll gem. § 91 a ZPO entschieden werden, wobei auf eine Begründung verzichtet wird. "

Mit Schriftsatz vom 25.2.1999, GA 659 ff. Beiakte 24 O 36/97 LG Münster, focht die Beklagte (des vorliegenden Rechtsstreits) den Vergleich wegen Irrtums an. Sie trug hierzu vor, ihr Geschäftsführer habe sich bei Abfassung der Erledigungsklausel in Ziff. 2 des Vergleichs darüber im Irrtum befunden, daß noch zwischen den Parteien vor dem Landgericht Münster der Rechtsstreit 24 O 88/97 anhängig sei, in dem sie die Erstattung gezahlter Grundbesitzabgaben und Erstattung für die Zukunft von der Klägerin verlange, weil die Gemeinde sie auf Abgaben bis zur Eigentumsumschreibung in Anspruch genommen habe. Durch rechtskräftiges Urteil vom 15.4.1999 stellte der Senat fest, daß der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt sei.

In den Entscheidungsgründen führte der Senat aus, daß die Anfechtung unbegründet sei. Ein iSd § 119 BGB beachtlicher Erklärungs- oder Inhaltsirrtum liege nicht vor; der von der Beklagten des vorliegenden Verfahrens vorgetragene Irrtum betreffe eine außerhalb der Zustimmung zum Vergleich liegende Tatsache, daß die Parteien ansonsten keine Rechtsstreitigkeiten hätten. Es handle sich um einen Motivirrtum, der unbeachtlich sei. Eine Täuschung iSd § 123 BGB werde nicht vorgetragen. Auch sei der Vergleich nicht gemäß § 779 BGB unwirksam, da jedenfalls der Streit oder die Ungewißheit des Rechtsverhältnisses erst recht bei Kenntnis des noch laufenden weiteren Prozesses bei Vergleichsabschluß entstanden wäre. Wegen der Entscheidungsgründe im einzelnen wird auf GA 708 R bis 710 der Beiakte 24 O 36/97 LG Münster verwiesen.

Im Oktober 1999 wurde der Klägerin aufgrund des Schreibens der Sparkasse vom 11.10.1999, GA 21, bewußt, daß die Briefe der in Abt. III Nr. 2 und 5 eingetragenen Grundschulden samt Löschungsbewilligungen von der Sparkasse 1996 der Beklagten ausgehändigt und dort verblieben waren. In mehreren Schreiben (vom 21.10.1999, GA 22 und 23, und 26.10.1999, GA 24 f.) forderte die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe der Löschungsbewilligungen und Grundschuldbriefe. Die Beklagte hatte laut Schreiben vom 30.8.1999, GA 51, die Grundschulden an die Volksbank mit der Weisung abgetreten, die Grundschulden zu kündigen und ihr Kapital samt Zinsen in einer Gesamthöhe von 198820,- DM einzuziehen. Nachdem die Volksbank mit Schreiben vom 29.3.2000, Grundakten weißer Hefter, die Briefe samt Löschungsbewilligungen dem sie anfordernden Notar übersandt hatte, erwirkte diese nach Intervention der Beklagten gegen die Herausgabe an den Notar einen Beschluß des Landgerichts Münster vom 23.11.2000 - 5 T 903/00 -, mit welchem der Notar zur Rückgabe der Grundschuldbriefe samt Löschungsbewilligungen an die Volksbank angewiesen wurde. Die vom Notar erhaltenen Unterlagen gab daraufhin die Bank mit Schreiben vom 2.1.2001, GA 155, an die Beklagte zurück, bei der sich die Löschungsbewilligungen und die Briefe befinden, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 22.2.2001 unstreitig wurde.

Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe der Grundschuldbriefe und Löschungsbewilligungen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Grundstücks sei nicht durch den Vergleich vom 18.2.1999 erloschen; die Erledigungsklausel beziehe sich nur auf Zahlungsansprüche; jedenfalls sei ihr zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen, daß die Beklagte noch im Besitz der Urkunden gewesen sei. Die Einbehaltung der Briefe und der Löschungsbewilligungen verstoße gegen das Schikaneverbot, da sie allein zu dem Zweck erfolge, ihr Schaden zuzufügen.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie herauszugeben:

a)

Grundschuldbrief über 69000,- DM hinsichtlich der zugunsten der Verbandssparkasse eingetragenen Grundschuld über 69000,- DM (eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von , Blatt 127 Abt. III Nr. 2) nebst Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 20.12.1996,

b)

Grundschuldbrief über 70000,- DM hinsichtlich der zugunsten der Verbandssparkasse eingetragenen Grundschuld über 70000,- DM (eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von Blatt 127 Abt. III Nr, 5) nebst Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 20.12.1996,

2.

festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, die beiden Grundschuldbriefe zu den im Grundbuch von Blatt 127 Abt. III Nr. 2 und Abt. III Nr. 5 eingetragenen Grundschulden ohne Zustimmung der Klägerin zu eigenen Zwecken oder zu Zwecken Dritter zu verwenden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bestünden wegen des Vergleichs vom 18.2.1999 nicht mehr. Durch den Vergleich seien alle Ansprüche aus dem Vertrag zwischen den Parteien und seiner Abwicklung, gleich welcher Art, erledigt. Deshalb sei sie, die Beklagte, zur Beleihung der Grundschulden berechtigt.

Das Landgericht Münster hat durch Urteil vom 28.3.2000 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Die geltend gemachten Ansprüche rechtfertigten sich zum einen nicht aus §§ 985, 952 Abs. 2 BGB, da die Beklagte Inhaberin der Grundschulden geblieben sei. Auch aus dem sog. Spaltungsvertrag vom 27.3.1993 würden der Klägerin keine Ansprüche auf Herausgabe der Löschungsbewilligungen und der Grundschuldbriefe zustehen, da die Parteien im Vergleich vom 18.2.1999 vor dem Senat umfassend vereinbart hätten, daß sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag und seiner Abwicklung - gleich welcher Art - erledigt seien. Anhaltspunkte dafür, daß der Vergleich unwirksam sei, bestünden weder aus § 779 BGB noch infolge einer Anfechtung aus § 119 BGB. Auch sei nichts dafür dargetan, daß der Vergleich nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage durch Herausgabe der Urkunden anzupassen sei. Eine Verletzung des Schikaneverbots liege nicht vor, da die Beklagte nicht eine nur formale Rechtsposition ausnutze, denn der Anspruch auf lastenfreie Grundstücksübertragung sei durch den Vergleich hinfällig geworden. Wegen der Entscheidungsgründe im einzelnen wird auf GA 59 bis 62 Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr stehe mit dem Erwerb des Grundeigentums ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB auf die Unterlagen zu, deren Herausgabe die Beklagte mangels Recht zum Besitz nicht verweigern könne. Im übrigen regele der Vergleich vom 18.2.1999 abschließend nur Zahlungsansprüche, nicht die streitbefangenen Rechte. Jedenfalls sei der Vergleich partiell bezüglich der Erledigungsklausel gemäß § 779 BGB unwirksam. Bei einer Verneinung des § 779 BGB seien die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anwendbar, da die Parteien von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen seien. Bei Vergleichsabschluß seien sie davon ausgegangen, daß das Grundstückseigentum lastenfrei umgeschrieben worden sei. Erstmals im Spätsommer 1999 sei sie, die Klägerin, auf das Fehlen der Grundschuldbriefe von der Volksbank aufmerksam gemacht geworden. Daß die Beklagte nunmehr die Löschungsbewilligungen und der Briefe behalte, stelle mangels schutzwürdigen Eigeninteresses der Beklagten jedenfalls eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Die Klägerin beantragt,

das landgerichtliche Urteil wie folgt abzuändern:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Herauszugeben:

a)

Grundschuldbrief Nr. 105963 über 69000,- DM hinsichtlich der zugunsten der Verbandssparkasse eingetragenen Grundschuld über 69000,- DM (eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von Bl. 127 Abt. III Nr. 2) nebst Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 20.12.1996,

b)

Grundschuldbrief Nr. 1978296 über 70000,- DM hinsichtlich der zugunsten der Verbandssparkasse eingetragenen Grundschuld über 70000,- DM (eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von Bl. 127 Abt. III Nr. 5) nebst Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 20.12.1996.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, die Löschung der zu Ziff. 1a) und b) genannten Grundschulden zu bewilligen.

3.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, die beiden Grundschuldbriefe zu den im Grundbuch von Bl. 127 Abt. III Nr. 2 und Abt. III Nr. 5 eingetragenen Grundschulden ohne Zustimmung der Klägerin zu eigenen Zwecken oder zu Zwecken Dritter zu verwenden.

Hilfsweise wird beantragt, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

1.

die Klägerin von jedweden Zahlungsansprüchen aus den o.g. Grundschulden zu befreien,

2.

der Klägerin sämtlichen Schaden auszugleichen, der ihr daraus entsteht, daß die o.g. Grundschulden nicht gelöscht werden, sowie der Schäden, die aus einer Inanspruchnahme der Klägerin aus den Grundschulden und/oder deren Abwehr entstehen.

Weiter beantragt die Klägerin,

ihr nachzulassen, Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

1. die gegnerische Berufung zurückzuweisen;

2. ihr zu gestatten, eine etwa erforderliche Sicherheitsleistung auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft zu erbringen.

Sie vertritt die Auffassung, der Klage stehe entgegen, daß alle Ansprüche aus dem Vertrag, damit auch die auf Lastenfreiheit der Grundstücksübertragung, durch den Vergleich erledigt seien. Deshalb könne sie, die Beklagte, über die Grundschulden zu recht verfügen. Die Klägerin könne im übrigen nicht bestreiten, sie habe bei Abschluß des Vergleichs Kenntnis davon gehabt, daß die streitigen Grundschulden nach wie vor auf dem umgeschriebenen Grundbesitz eingetragen gewesen seien. Ihre Kenntnis ergebe sich daraus, daß sie 1997 im Zusammenhang mit der Umschreibungsnachricht die vollständigen Grundstücksdaten erfahren und im Juni 1998 einen vollständigen Grundbuchauszug erhalten habe.

Wegen des Vortrags der Parteien im einzelnen wird auf die Schriftsätze und die in ihnen enthaltenen Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz Herrn Rechtsanwalt (Zugang laut EB am 18.09.2000) und Herrn Notar (Zugang laut EB am 29.09.2000) den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

Die Akten 24 O 36/97 LG Münster // 22 U 64/98 OLG Hamm sowie die Grundakten des Amtsgericht Grundbuch von Blatt 127 lagen als Beiakten vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

A.

In Anwendung der Grundsätze des Fehlens/Wegfalls der Geschäftsgrundlage steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Herausgabe der im Tenor näher bezeichneten Grundschuldbriefe samt der Löschungsbewilligungen der Sparkasse und der Abgabe der Löschungsbewilligungen der Beklagten selbst zu. Gleichfalls rechtfertigt sich aus dem genannten Rechtsgrund der Feststellungsantrag.

I.

Das Klagebegehren rechtfertigt sich bezüglich der Herausgabe der Briefe nicht bereits aus § 985 BGB, so daß eine Heranziehung der Regeln des Fehlens/Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht ausgeschlossen ist.

Der Anspruch aus § 985 BGB scheitert bereits daran, daß die Klägerin nie Eigentümer der Briefe geworden ist. Unstreitig sind die Grundpfandrechte Abt. III Nr. 2 und 5 seit jedenfalls 1996 nicht mehr valutiert; die Sparkasse als frühere Grundpfandgläubigerin hatte am 23.12.1996 Briefe und Löschungsbewilligungen an die Beklagte übersandt. Das geht aus dem Schreibender Sparkasse vom 11.10.1999 hervor. Durch das Erlöschen der Forderung und den Erwerb der Briefe erwarb die Beklagte entsprechend § 1143 BGB die Grundschulden als Eigentümergrundschulden (Palandt-Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 1191 Rdn. 10, 93). Bei späterer Übereignung des Grundstücks geht die Eigentümergrundschuld als solche nicht automatisch auf den Erwerber über. Sofern der Veräußerer sie nicht ausdrücklich mit abtritt, verbleibt sie dem (früheren) Eigentümer als Fremdgrundschuld (Palandt a.a.O. § 1163 Rdn. 15; Soergel-Baur, BGB, 11. Aufl., § 1177 Rdn. 3). Eine Abtretung der Grundschulden hat gerade nicht stattgefunden: gemäß Ziff. 13 Abs. 2 des Vertrages sollte das Grundstück bezüglich Grundschulden Rechten in Abt. III, die für die Beklagte eingetragen waren, lastenfrei erfolgen. Eine Übernahme von ehemals Schulden der Beklagten sichernden Eigentümergrundschulden war nicht vorgesehen.

Daß die Beklagte die Briefe behielt, ist unstreitig: im Schreiben vom 29.12.1996 an die Klägerin, GA 7, 75 Beiakte, machte die Beklagte deutlich, daß sie erst nach Zahlung des Kaufpreises der Klägerin die Briefe Nr. 2 und 5 nebst Löschungsbewilligungen aushändigen werde. Hierzu ist es auch nach Zahlung nicht gekommen. Unstreitig befinden sich die Briefe nach wie vor bei der Beklagten.

II.

Den Grundsätzen des Fehlens/Wegfalls der Geschäftsgrundlage gehen zwar vertragliche Regelungen samt den bei Unmöglichkeit oder Mängeln geltenden §§ 323 ff., 959 ff. BGB vor (PalandtHeinrichs a.a.O. § 292 Rdn. 116 ff.). Indes ist ein aus Ziff. 13 Abs. 2 des Vertrages vom 27.3.1993 auf Herstellung der Lastenfreiheit gehender Anspruch bei Zugrundelegung des Vergleichs vom 18.2.1999 in der Sache 22 U 69/98 OLG Hamm erledigt.

1.

Nach dem Inhalt des Kaufvertrages hatte die Beklagte das Grundstück bezüglich der Grundpfandrechte Abt. 2 und 5 lastenfrei zu übergeben; das heißt, die Beklagte hatte eine Löschungsbewilligung der Sparkasse gflls. gegen Zahlung der den Grundschulden zugrundeliegenden Forderungen zu beschaffen, der Notar hatte durch Vorlage der Briefe und Löschungsbewilligungen die Löschung zu veranlassen vgl. §§ 27, 41, 42, 46 GBO i.V.m. §§ 435, 875 BGB.

2.

Der Anspruch auf Lastenfreiheit ist durch den Vergleich vom 18.2.1999 erloschen. In Ziff. 2 des Vergleichs, Beiakte GA 656, heißt es:" Damit (mit diesem Vergleich oder der Festlegung des Kaufpreises in Ziff. 1) sind sämtliche Ansprüche der Parteien aus dem notariellen Vertrag vom 27.3.1993 und seiner Abwicklung - gleich welcher Art - erledigt."

Wortlaut und objektiver Inhalt der Vereinbarung (vgl. BGH NJW 1995, 3258) sind eindeutig: nicht nur die streitbefangenen Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises und die zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche auf Kosten- und Nutzungserstattung, sondern sämtliche Ansprüche - gleich, welcher Art - sollten mit dem Vergleich erledigt sein, und zwar nicht nur aus dem Vertrag, sondern auch aus seiner Abwicklung. Die Herstellung der Lastenfreiheit von Grundschulden war aber gerade eine Vertragsverpflichtung, die im Rahmen der Abwicklung des Vertrages zu erledigen war.

Daß der Vergleich nach der Vorstellung der Parteien eine umfassende, über die rechtshängig gemachten Ansprüche hinausgehende Wirkung haben sollte, macht der Anfechtungsschriftsatz der Klägerin (hier Beklagte) vom 25.2.1999, GA 659 ff., deutlich. Die Anfechtung des Vergleichs ist darauf gestützt, daß die Abfindungsklausel in der Rechtsfolge zu weit formuliert worden sei: sie, die dortige Klägerin, habe bei der Zustimmung zum Vergleich nicht bedacht, daß ein von ihr rechtshängig gemachtes Klageverfahren über die Erstattung von Grundbesitzabgaben in erster Instanz vom Vergleich umfaßt sei; wäre ihr dieses bei Vergleichsabschluß bewußt gewesen, hätte sie den Vergleich auf die in dem Rechtsstreit 22 U 64/98 OLG Hamm berührten Ansprüche beschränkt.

Auch die Klägerin des vorliegenden Verfahrens (dort Beklagte) hat plausibel den umfassenden Charakter der Erledigungsklausel betont, mag dieses Vorbringen auch vorrangig von der Abwehr der Anfechtung motiviert worden sein: Sinn des Vergleichs sei es gerade gewesen, sämtliche Ansprüche aus dem bereits über 6 Jahre zurückliegenden Spaltungsvertrag einschließlich seiner Abwicklung zu erledigen, um das jahrelange andauernde Prozessieren der Parteien gegeneinander ein für alle Mal zu beenden. Die zahlreichen zwischen den Parteien geführten Prozesse - 15 C 148/97 AG Ahaus, 24 O 88/97, 24 O 219/93, 24 O 250/94, 11 O 393/93, jeweils LG Münster vgl. Innenseite der Akte 22 U 64/98 Band I - hätten in keinem Verhältnis zu dem durch sie verursachten Zeit- und Kostenaufwand gestanden. Sie hätte dem Vergleich nur zugestimmt, weil damit alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Vertrag einschließlich der ihr in diesem Moment durchaus bewußten Forderung auf Erstattung vom Grundbesitzabgaben erledigt sein würden. Gerade der konkrete Vergleichszweck ist aber für die Auslegung - wenn denn eine solche erforderlich ist (vgl. BGH NJW 1995, 3258) - maßgeblich (Staudinger - Marburger, BGB, 13. Aufl., § 779 Rdn. 56).

Daß der Vergleich sich nur über Zahlungsansprüche verhalten sollte, wie die Klägerin des vorliegenden Verfahrens meint, läßt sich seinem Inhalt nicht entnehmen, erst recht nicht, wenn man mit dem Vortrag der hiesigen Klägerin, im Parallelprozeß davon ausgeht, der Vergleich habe alle Ansprüche zur Vermeidung weiterer Prozesse erledigen sollen.

Daß weiterhin in der Abfindungsklausel der Passus "ob bekannt oder unbekannt" fehlt, steht einer generellen Wirkung gleichfalls nicht entgegen: wenn die Absicht der Parteien klar ersichtlich darauf gerichtet war, schlechthin alle ihre Rechtsbeziehungen durch den Vergleich zu regeln, erstreckt sich der Vergleich auch auf Forderungen, deren Bestehen dem einen oder anderen Teil unbekannt war (Staudinger - Marburger a.a.O. Rdn. 57). Deshalb dürfte der Umstand, daß die Klägerin bzw. ihr Anwalt beim Vergleichsabschluß nicht an die noch ausstehende Lastenfreistellung dachte, weil das Eigentum bereits 1997 übertragen war, der Abgeltungswirkung des Vergleichs nicht entgegenstehen.

3.

Auch scheidet eine Unwirksamkeit des Vergleichs auf Grund der Anfechtung oder der Geltung von § 779 BGB aus. Die Klägerin stellt das Urteil des Senats vom 15.4.1999 - 22 U 64/98 -, das die Anfechtung des Vergleichs für unbegründet erklärte, nicht in Zweifel und macht auch eine erneute Anfechtung wegen Abgeltung des Anspruchs auf Lastenfreiheit nicht geltend; sie sieht nur eine Teilunwirksamkeit des Vergleichs aus § 779 BGB oder den Grundsätzen des Fehlens/des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, soweit er irrig den Anspruch auf Verschaffung,der Lastenfreiheit abgelte; eine neue Klage ist auch nur zulässig, wenn die Beendigung des bisherigen Rechtsstreits nicht in Frage gestellt wird; der Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs ist dagegen durch die Fortsetzung des früheren Verfahrens auszutragen (Palandt-Sprau, a.a.O. § 779 Rdn. 31 m.w.N.).

a)

Im übrigen entfällt ein Unwirksamkeitsgrund aus § 779 BGB, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Selbst wenn man annimmt, beide Parteien seien bei Abschluß des Vergleichs von dem feststehenden Sachverhalt ausgegangen, es bestünden außer Zahlungsansprüchen keine Ansprüche mehr zwischen den Parteien und diese Vorstellung unrichtig war, so hätte der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntnis der Sachlage genauso bestanden: sie hätten auch dann über den Bestand der gegenseitigen Zahlungsansprüche gestritten. Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens hätte den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises nicht nur mit einem Zurückbehaltungsrecht bis zur Herstellung der Lastenfreiheit, sondern vorrangig mit Gegenzahlungsansprüchen aus der gemeinsamen Nutzungszeit bekämpft.

b)

Das Landgericht hat gleichfalls zutreffend ausgeführt, daß eine Anfechtung der Abgeltungsklausel wegen Abgeltung auch des Anspruchs auf Lastenfreiheit schon mangels einer (erneuten) Anfechtungserklärung nicht in Betracht kommt: in den Schreiben vom 21.und 26.10.1999 der Klägerin, GA 22 und 23, in denen um Herausgabe der Urkunden gebeten wird, liegt sie nicht; weitere Erklärungen der Klägerin können schon deshalb nicht von Bedeutung sein, weil sie für eine Irrtumsanfechtung - und nur diese kommt in Betracht, da ein arglistiges Verhalten der Beklagten nicht ersichtlich ist - des bereits am 18.2.1999 abgeschlossenen Vergleichs ohnehin nicht mehr unverzüglich gewesen wären.

III.

Die Anwendung der Grundsätze des Fehlens/Wegfalls der Geschäftsgrundlage führen zu einer Anpassung des Vergleichs mit der Folge, daß der Klägerin gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Herausgabe der Grundschuldbriefe und Löschungsbewilligungen der Sparkasse wie auf Abgabe der Löschungsbewilligungen der Beklagten zustehen.

1.

Die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind neben § 779 BGB.- der ein Spezialfall der Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist, vgl. BGH NJW RR 1994, 434; BGH NJW 1984, 1746 - dann anwendbar, wenn die Voraussetzungen der Unwirksamkeit nach § 779 BGB nicht erfüllt sind (BGH a.a.O.; Palandt-Sprau a.a.O. Rdn. 13; Palandt - Heinrichs a.a.O. § 242 Rdn. 114, 169).

Die Voraussetzungen des § 779 BGB sind, wie festgestellt, nicht gegeben. Gerade, wenn eine oder beide Parteien von falschen tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sind und sich der Irrtum nicht auf streitausschließende Tatsachen bezogen hat, sind diese Grundsätze anwendbar (Palandt a.a.O. § 242 Rdn. 169).

2.

a)

Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung die bei Abschluß des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGH a.a.O.; Palandt a.a.O. Rdn. 113).

In der Tat stritten die Parteien im Parallelrechtsstreit um die Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs, die gemäß Ziff. 13 des Spaltervertrages von der Räumung des Grundstücks abhängig war, um die Räumung/Nutzung des Grundstücks nach einer Kündigung durch die Klägerin dieses Verfahrens und über die sich dann in diesem Zusammenhang ergebenden Erstattungs- oder Nutzungsentschädigungsansprüche. Der Eigentumsübergang wurde - da er vom Streit der Parteien nicht betroffen war - vom Notar veranlaßt, nachdem die Klägerin zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil des LG Münster vom 30.4.1997 - 24 O 36/97 - den titulierten Kaufpreisbetrag von 1438360,48 DM nebst Zinsen gezahlt hatte (Grundakten GA 191 ff.). Die noch zu schaffende Lastenfreiheit wurde dabei nicht beachtet: der Notar hätte ansonsten die Briefe und Löschungsbewilligungen angefordert gehabt und seinen Antrag auf Eigentumsumschreibung dann um die Löschung der Grundpfandrechte Abt. III Nr. 2 und 5 erweitert.

Somit ist von der gemeinsamen Vorstellung der Parteien im Zeitpunkt des Vergleichs auszugehen, die im Vertrag vorgesehene Erfüllung durch Eigentumsübertragung und Lastenfreistellung habe stattgefunden, man streite sich nur noch um die Frage, ob und in welchem Umfang der Kaufpreisanspruch der hiesigen Beklagten um Gegenforderungen der hiesigen Klägerin aus der Weiternutzung der Beklagten trotz Verkaufs/der Abwicklung des Spaltervertrages zu kürzen sei. Es handelte sich somit um eine gemeinsame Fehlvorstellung der Parteien.

Diese Vorstellung, die die Klägerin, für die Beklagte erkennbar, bei Vergleichsabschluß gehabt hat - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist das Vorhandensein dieser Vorstellung im Zeitpunkt des Vergleichs beim Geschäftsführer der Klägerin von der Beklagten nicht bestritten worden -, war unrichtig, denn die vorgesehene lastenfreie Eigentumsübertragung hatte nicht stattgefunden. Die Beklagte hatte Briefe und Löschungsbewilligungen behalten und diese trotz Zahlung des Kaufpreises nicht der Klägerin/dem Notar übergeben.

b)

Die Vorstellung der Parteien ist auch Geschäftsgrundlage des Vergleichs geworden.

Nachvollziehbar ist, daß die Klägerin des vorliegenden Verfahrens für die Beklagte erkennbar zum Vergleich, der sie zur Zahlung des weitaus überwiegenden Teil des Kaufpreisanspruchs verpflichtete und sämtliche Ansprüche aus dem Spaltervertrag und seiner Abwicklung - egal welcher Art - erledigte, nur auf der Vorstellung bereit war, die Gegenleistung sei in vollem Umfang erbracht. Redlicherweise hätte sich die Beklagte bei Entdecken der fehlenden Lastenfreiheit noch vor Vergleichsabschluß auf die Löschung, jedenfalls auf die Verpflichtung zur Herausgabe der Briefe und der Löschungsbewilligungen, und eine diese ausnehmende Abgeltungsklausel einlassen müssen. Das Fehlen der von den Parteien vorausgesetzten Erfüllung der lastenfreien Eigentumsübertragung hätte für die Klägerin sonst zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis geführt.

Legt man das Schreiben der Beklagten vom 30.8.1999, GA 51, an die Volksbank zugrunde, ist die Beklagte zu einer Abtretung oder Kündigung der Grundschulden auch willens. Die Gefahr einer Inanspruchnahme der Klägerin aus den Grundschulden ist ohne Herausgabe der Briefe nach wie vor groß. Die Klägerin ist ohne Herausgabeanspruch unzumutbar weit über den durch den Vergleich gesteckten Rahmen hinaus forderungs- und risikobelastet: Der ihr möglicherweise drohende Schaden erschöpft sich nicht nur im Gegenwert der Grundschulden von 139000,- DM. Es droht ihr nicht nur ebenfalls die Vollstreckung der Zinsforderung zwischen 9,5 bis 12 1. des Nennbetrages der Grundschulden seit jedenfalls einigen Jahren; die Entscheidung ihrer Bank über eine weitere Kreditgewährung, jedenfalls der Umfang zukünftiger Kredite und ihre Konditionen werden zudem durch ein Fortbestehen vorrangiger Grundschulden in fremder Hand ungünstig beeinflußt. Unbestritten hat sich die Klägerin in der Berufungsbegründung vorgetragen, sie könne wegen der vorrangig eingetragenen Grundschulden die Beleihungsgrenze des Grundstücks nicht ausschöpfen; unter Umständen drohe eine Kreditkündigung, sollte die Klägerin nicht weitere Sicherheiten zur Verfügung stellen, GA 116.

3.

Der Anwendung der Grundsätze des Fehlens der Geschäftsgrundlage steht nicht entgegen, daß im Zeitpunkt des Vergleichs der Umstand des Fehlens der Lastenfreiheit erkennbar war: In dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der hiesigen Beklagten vom 24.12.1996, GA 7 der Beiakte, wird angegeben, die Kaufpreisrechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer sowie die Grundschuldbriefe Nr. 2 und Nr. 5 mit Löschungsbewilligung seien amtlich hinterlegt; die Aushändigung erfolge, sobald die Kaufpreiszahlung in voller Höhe nachgewiesen sei. Dieses Schreiben ist dann nochmals in beglaubigter Form überreicht worden, GA 75. Noch deutlicher wird die Erkennbarkeit für die Klägerin im Zeitraum vor dem Vergleich durch die Grundakten belegt: Am 28.4.1997 unterschrieb der Geschäftsführer der Klägerin eine Grundschuldbestellungsurkunde, in der die Grundschulden Abt. III Nr. 2 und 5 als valutierte Vorlasten aufgeführt sind vgl. GA Grundakte 211, 211 R. Unter dem 7.5.1998 beantragte und erhielt die Klägerin "für" (nicht an) ihren Wirtschaftsprüfer einen Grundbuchauszug, GA 222 Grundakten. Vorhersehbare nachteilige Umstände können zwar zu Lasten der sich auf das Fehlen/den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufenden Partei gehen (Palandt - Heinrichs a.a.O. Rdn. 128). Bedenkt man aber die durch den Behalt von Briefen und Löschungsbewilligung ausgelöste Gefahr einer überobligationsmäßigen Belastung der Klägerin - nicht nur eine fehlende erstrangige Absicherung und deshalb Kreditgefährdung und Kündigungsgefahr seitens der das Grundstücksgeschäft möglicherweise finanzierenden Bank, sondern die Zwangsvollstreckungsgefahr aus vorrangigen Fremdgrundschulden samt Zinsen -, so erscheint dieser Risikogesichtspunkt nicht durchgreifend: ein derartiges Risiko einer Partei aufzuerlegen, haben die Parteien bei Abfassung der Erledigungsklausel ersichtlich nicht im Auge gehabt; es kann die Klägerin nicht allein deshalb treffen, weil ihr, wie auch der Beklagten, dieser Punkt bei dem Vergleichsgespräch während des Senatstermins nicht bewußt war. Der damalige Vergleichsvorschlag des Senats griff allein den Streitstoff, nicht die Frage der Lastenfreiheit auf. Die Parteien hatten nach dem Vorschlag durch den Senat in kurzer Zeit eine Vielzahl streitiger Positionen an Hand der komplexen Sach- und Rechtslage zu überprüfen und eine Entscheidung zu fällen, ob ihr Prozeßrisiko eine Zustimmung zu dem Vorschlag rechtfertigte oder nicht. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Klägerin angesichts dieses Überlegungs- und Entscheidungsdrucks den Vergleich ohne Überprüfung der bisher unterstellten ordnungsgemäßen Erfüllung der Verpflichtung zur lastenfreien Eigentumsübertragung schloß, widerspricht es dem Gebot von Treu und Glauben, ihr unter Berufung auf die ausschließliche Abgeltung der Erledigungsklausel eine Anpassung des Vergleichs zu verwehren.

4.

Der Vergleich ist nicht aufzuheben, sondern, was in erster Linie in Betracht kämmt (Palandt a.a.O. Rdn. 130), anzupassen: die Briefe und die Löschungsbewilligungen sind von der Beklagten herauszugeben/zu erklären; die Erledigungsklausel im übrigen muß Bestand haben. Denn bei Kenntnis der Nichterfüllung der Lastenfreistellung hätten die Parteien redlicherweise die Beklagte - ohne zusätzliches Entgelt, da sie nach dem Vertrag zur Freistellungsvornahme selbst verpflichtet war - zur Herausgabe von Briefen und Löschungsbewilligungen verpflichtet. Die Anpassung des Vergleichs scheitert auch nicht daran, daß durch den Vergleich das Rechtsverhältnis der Parteien umgeschaffen worden wäre mit der Folge, daß der noch offen stehende Anspruch auf Lastenfreistellung materiell erloschen wäre: eine derartige Novation findet durch den Vergleich nicht statt (Palandt a.a.O. Rdn. 12).

Die Anpassung hat durch Herausgabe der Urkunden samt Löschungsbewilligungen der Sparkasse sowie durch Abgabe der Löschungsbewilligungen durch die Beklagte zu erfolgen. Zum einen läßt sich das Klagebegehren, das von der Beklagten neben der Bewilligung der Löschung bloße Herausgabe vorhandener Urkunden verlangt, als Minus gegenüber dem im Vertrag vorgesehenen Tätigwerden zur Erzielung der Lastenfreistellung auffassen; jedenfalls ist die Anpassung durch Herausgabe auf Grund des von der Beklagten vorprozessual gezeigten Verhaltens gerechtfertigt: die Beklagte hat die Löschung der Grundschul- den nicht herbeigeführt, so daß die Klägerin belastetes Eigentum erworben hat, an deren unverzüglicher Freistellung sie nunmehr zur Sicherung ihrer Kredite ein überragendes Interesse hat. Die Annahme, daß die Beklagte bei einer Verurteilung zur Löschung der Grundschulden dem Ausspruch umgehend Folge leisten, darf der Klägerin aufgrund des bisherigen Verhaltens der Beklagten als wenig gesichert erscheinen. Zu Recht kann die Klägerin darauf verweisen, daß die Beklagte bereits die Grundschuldbriefe mit der Erklärung der Abtretung weiter gegeben, sich geweigert hatte, an die Klägerin herauszugeben und statt dessen die Herausgabe von dem durch die Volksbank in den Besitz der Briefe gelangten Notar verlangt hatte. Die Gefahr einer Inanspruchnahme aus den vorrangigen Grundschulden, jedenfalls ihr Interesse an einer Sicherung ihrer Kreditwürdigkeit, rechtfertigt deshalb ein Herausgaberecht der Klägerin.

IV.

Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn man der Berufung der Beklagten auf die Abgeltungserklärung den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegensetzt (Münchener Kommentar - Pecher a.a.O. Rdn. 98). Die Kriterien sind die gleichen wie bei einer Anpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, die dem Einwand richtigerweise, weil besser zu strukturieren, vorgeht (vgl. Staudinger a.a.O. Rdn. 87). Das Festhalten an der Abgeltungsklausel bedeutet für die Klägerin eine außergewöhnliche Härte und überschreitet die zumutbare Opfergrenze (Münchener Kommentar a.a.O.). Staudinger - Marburger Rdn. 87 bejahen die Anwendbarkeit, wenn eine Partei mit ihrer Rechtsverteidigung eine Haltung einnimmt, die mit Treu und Glauben schlechthin unvereinbar ist. Wie ausgeführt könnte der Klägerin ein unzumutbarer Schaden zugefügt werden, der mit den Vorstellungen der Parteien bei Vergleichsabschluß und der Einhaltung des Grundsatzes von Treu und Glauben unvereinbar ist.

V.

Auch der in der Berufungsinstanz gestellte Feststellungsantrag ist begründet. Um der Gefahr einer Inanspruchnahme aus den vorrangigen in Abt. III Nr. 2 und 5 eingetragenen Fremdgrundschulden bis zu dem Zeitpunkt der Herausgabe der Grundschuldbriefe und Löschungsbewilligungen zu begegnen, ist der Feststellungsausspruch erforderlich, nämlich daß die Beklagte zu einer Verwendung der Briefe ohne Zustimmung der Klägerin nicht berechtigt ist.

B.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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