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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.03.2000
Aktenzeichen: 22 U 146/99
Rechtsgebiete: BGB, BeurkG


Vorschriften:

BGB § 313
BGB § 157
BeurkG § 9
BeurkG § 13
BeurkG § 13 a
§§ 313, 157 BGB; §§ 9, 13, 13 a BeurkG

1. Außerhalb einer Urkunde liegende Umstände können zur Auslegung formbedürftiger Willenserklärungen nur herangezogen werden, wenn der aus ihnen ermittelte rechtsgeschäftliche Wille in der Urkunde wenigstens andeutungsweise - wenn auch unvollkommen - ausgedrückt ist. Dies gilt jedoch nicht für Fälle irrtümlicher Falschbezeichnung (falsa demonstratio non nocet).

2. Eine Beurkundung ist wirksam, obwohl entgegen §§ 9, 13, 13 a BeurkG eine in Bezug genommene Urkunde weder verlesen noch beigefügt war und hierauf auch nicht verzichtet wurde, wenn es sich bei der in Bezug genommenen Urkunde um eine den Fonnvorschriften genügende öffentliche Urkunde unter denselben Beteiligten handelt.

Urteil des 22. Zivilsenat v. 09.03.2000 - 22 U 149/99 -


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 149/99 OLG Hamm 12 O 122/99 ER LG Münster

Verkündet am 09. März 2000

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht Gottwald und Aschenbach sowie den Richter am Amtsgericht Dr. Kirsten

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Juni 1999 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet.

Die Parteien können Sicherheiten auch durch selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.

Die Beschwer des Klägers beträgt 175.000,00 DM.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Übertragung des 1/2 Miteigentumsanteils der Beklagten an dem Grundstück in auf sich.

Die Parteien waren miteinander verheiratet; ihre Ehe ist seit dem 31.12.1998 rechtskräftig geschieden. Am Tag der Eheschließung, dem 29.12.1989, schlossen sie die notariellen Eheverträge UR-Nr. 475/89 und UR-Nr. 476/89 des Notars in mit denen sie Gütertrennung und für den Fall der Ehescheidung einen wechselseitigen Verzicht auf Trennungs- und Scheidungsunterhalt, auf Durchführung des Versorgungsausgleich sowie auf Teilung des Hausrats, der vollständig bei dem Kläger bleiben sollte, vereinbarten. Die Beklagte sollte gestaffelt nach Ehedauer eine Abfindung von 10.000,00 DM bis 50.000,00 DM erhalten.

Die Parteien bewohnten einen von Frau gemieteten Fachwerkspieker auf dem Grundstück in Mit not. Vertrag vom 20.02.1992 erwarben sie zu je 1/2 Miteigentumsanteil von Frau ein Fachwerkhaus (= ehemaliges Backhaus) auf demselben Grundstück zum Preis von 350.000,00 DM. Dieses Haus diente den Parteien nicht zu Wohnzwecken; es war vermietet und erhielt später die Lagebezeichnung.

Für das Backhaus fehlte eine Baugenehmigung, was den Vertragschließenden bekannt war. Deshalb vereinbarten sie in § 9 des Kaufvertrages die Verpflichtung der Verkäuferin zur Rückabwicklung, wenn Bemühungen, eine Baugenehmigung zu erlangen, scheitern würden.

In Ziffer 2 eines not. Ehevertrages vom 29.07.1992 (UR-Nr. 273/92 des Notars in , mit dem der Vertrag UR-Nr. 476/89 modifiziert werden sollte, verpflichtete sich die Beklagte, ihren 1/2 Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück im Fall der Ehescheidung ohne Gegenleistung auf den Kläger zu übertragen. Außerdem erklärten die Parteien in Ziffer 1. dieses Vertrages, dass es bei dem Unterhaltsverzicht und dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs bleiben solle. Im übrigen regelten sie die Hausratsteilung und die Abfindung der Beklagten neu.

Am 28.08.1996 schlossen die Parteien einen weiteren not. Ehevertrag (UR-Nr. 237/96 des Notars , in dem es eingangs heißt:

"Wir beziehen uns auf unsere ehevertraglichen Regelungen vom 29.12.1989 sowie 29.07.1992, Urkundennummern 476/1989 und 273/1992 des amtierenden Notars. Wir ändern und ergänzen die Vereinbarungen erneut wie folgt:

Ziffern 1 und 2 der Vereinbarungen vom 29.07.92 haben unverändert Bestand. Die Ziffern 3 und 4 aus dem Vertrag vom genannten Datum fassen wir wie folgt neu:

..."

Es folgen dann Regelungen, insbesondere zur Verteilung der von den Parteien in der Zwischenzeit erworbenen drei Tabakwarengeschäfte.

Da eine Baugenehmigung nicht zu erlangen war, wurde der Kaufvertrag über das Backhaus mit Grundstücksvertrag zwischen den Parteien und Frau vom 11.09.1996 rückabgewickelt. Mit demselben Vertrag erwarben die Parteien von Frau zu je 1/2 Miteigentumsanteil das streitgegenständliche Grundstück wobei der Kaufpreis des neuen Grundstücks dem des alten entsprach und mit dem Rückzahlungsanspruch verrechnet wurde; Frau verpflichtete sich zudem, hierauf einen Fachwerkspieker zu errichten. Dabei handelt es sich um den Spieker, den die Parteien schon seit längerem als Mieter bewohnten; er musste - ebenso wie das Backhaus - aufgrund einer Bauordnungsverfügung am alten Standort abgerissen werden.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug die Ansicht vertreten, Ziffer 2 des Vertrages vom 29.07.1992 sei auch auf das neue Grundstück anzuwenden. Er hat dazu behauptet, die Parteien seien anläßlich der letzten Änderung des Ehevertrages davon ausgegangen, dass sich die Übertragungsverpflichtung an dem neuen Objekt hätten fortsetzen sollen. Darüber sei nach seiner Erinnerung auch im Notartermin gesprochen worden. Das neue Grundstück sei zudem an die Stelle des alten getreten. Der Wert des neuen Grundstücks entspreche dem des alten. Außerdem sei bei Abfassung der Ergänzung vom 28.08.1996 der 14 Tage später beurkundete Grundstückstausch bekannt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihren 1/2 Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von verzeichneten Grundstück Flur Flurstück zur Größe von 632 qm Betriebsfläche auf den Kläger zu übertragen und die Auflassung zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, ein Anspruch des Klägers auf Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem gemeinsamen Grundstück ergebe sich nicht aus den zwischen den Parteien geschlossenen Verträgen. Sie hat behauptet, es sei keine Ersatzregelung für den Fall getroffen worden, dass das alte Grundstück nicht mehr vorhanden ist. Es habe sich bei dem Neuerwerb auch nicht um eine Ersatzbeschaffung gehandelt. Das Grundstück mit dem Backhaus habe der Vermögensbildung dienen sollen. Bei dem wesentlich größeren und komfortableren Spieker auf dem neuen Grundstück handele es sich aber um ein Liebhaberobjekt, mit dem sich die Parteien einen Lebenstraum verwirklichen wollten. Außerdem hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert hätten.

Das Landgericht Münster hat durch am 16.06.1999 verkündeten Urteil die Klage als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt, ein Übertragungsanspruch hinsichtlich des 1/2 Miteigentumsanteils an dem neuen Grundstück ergebe sich auch nicht durch Auslegung aus den notariellen Verträgen vom 29.07.1992 und vom 28.08.1996. Zu Äußerungen der Parteien im Beurkundungstermin habe der Notar nicht vernommen werden können, da der Kläger diesen als Zeuge angeboten habe, sofern die Beklagte ihn von der Schweigepflicht entbinde, was nicht geschehen sei. Dafür, dass am 28.08.1996 das Grundstücksgeschäft vom 11.09.1996 bekannt gewesen sei, fehle ein Beweisantritt. Auch im übrigen rechtfertige der Inhalt der notariellen Verträge nicht die Erstreckung der Ziffer 2 der Vereinbarung vom 29.07.1992 auf das neu erworbene Grundstück. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Bl. 90 - 96 d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Der Kläger behauptet, anlässlich der Beurkundung des Vertrages vom 28.08.1996 sei ausdrücklich die Rede davon gewesen, dass sich Ziff. 2 der Vereinbarung vom 29.07.1992 auch auf das Grundstück beziehen sollte. Um dies klarzustellen sei die Vereinbarung vom 29.07.1992 einvernehmlich in die Vereinbarung vom 28.08.1996 aufgenommen worden. Es sei lediglich vergessen worden, die neue Adresse in den Vertrag mit aufzunehmen. Der Kläger meint zudem, auch aus der Kenntnis der Beklagten von dem Zusammenhang der bevorstehenden Rückabwicklung des Vertrages über das Grundstück und des bevorstehenden Kaufs des Grundstücks ergebe sich, dass sich die Übertragungsverpflichtung auch auf dieses Grundstück erstrecke. Nur so sei die Verweisungsklausel zu verstehen.

Der Kläger beantragt,

das am 16.06.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Münster abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von

verzeichneten Grundstück,

Flur Flurstück zur Größe von 632 qm, Betriebsfläche auf den Kläger zu übertragen und die Auflassung zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bestreitet weiterhin eine Einigung über die Erstreckung der Übertragungsverpflichtung auf das neue Grundstück.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Notars als Zeugen und der Beklagten als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2000 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung ihres Miteigentumsanteils an dem Grundstück in . Ein derartiger Anspruch könnte sich nur aus dem notariellen Ehevertrag v. 28.08.1996 in Verbindung mit Ziffer 2 des notariellen Ehevertrags vom 29.07.1992 ergeben. Obwohl die in Bezug genommene Urkunde entgegen §§ 9, 13, 13 a BeurkG weder verlesen noch beigefügt war und hierauf auch nicht verzichtet wurde, läge gleichwohl eine wirksame Beurkundung vor, weil es sich bei der in Bezug genommenen Urkunde um eine den Formvorschriften genügende öffentliche Urkunde unter denselben Beteiligten handelt (Staudinger/Wufka, BGB, 3. Bearb. 1995, § 313 Rdnr. 207, 208).

Der Kläger hat aber nicht bewiesen, dass sich aus den genannten Urkunden der Wille der Parteien ergibt, die Übertragungsverpflichtung der Beklagten auch an dem neuen Grundstück fortzusetzen.

I. Nach dem Wortlaut des Vertrages vom 28.08.1996 besteht die Verpflichtung der Beklagten nicht. Der wörtliche Regelungsgehalt der dort beurkundeten Vereinbarung, Ziffer 2 der Vereinbarung vom 29.07.1992 habe unverändert Bestand, läßt keine Übertragungsverpflichtung für das streitgegenständliche Grundstück erkennen. Denn die in Bezug genommene Regelung im notariellen Ehevertrag vom 29.07.1992 begründet für den Fall der Ehescheidung ausdrücklich nur die Verpflichtung der Beklagten, ihren 1/2 Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhaus - letzte Lagebezeichnung - in ohne Gegenleistung auf den Kläger zu übertragen.

II. Auch bei der Auslegung beurkundeter Erklärungen kommt es aber nicht nur auf den Wortlaut an; nach gefestigter Rechtsprechung geht ein übereinstimmender Wille der Parteien dem Vertragswortlaut und jeder anderen Interpretation vor (BGH NJW 1992, 2489; NJW 1994, 1528). Bei der Ermittlung des tatsächlich Gewollten sind auch bei beurkundungsbedürftigen und beurkundeten Rechtsgeschäften die außerhalb der Erklärung liegenden Umstände zu berücksichtigen, die der Aufhellung und der Aufdeckung des Parteiwillens dienen können (BGH, NJW 1984, 721; 1987, 2437, 2438). Maßgebend sind das Gesamtverhalten der Erklärenden einschließlich etwaiger Vorbesprechungen und der Zweck der Erklärung. Wird der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung bewiesen und hat der andere sie ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts (BGH, aaO). Allerdings kann bei formbedürftigen Erklärungen die Auslegung auf außerhalb einer Urkunde liegende Umstände nur gestützt werden, wenn der aus ihnen ermittelte rechtsgeschäftliche Wille in der Urkunde wenigstens andeutungsweise - wenn auch nur unvollkommen - ausgedrückt ist (st. Rspr., vgl. BGH NJW 1969, 131, 132; NJW 1987, 2437, 2438 mit weiteren Nachweisen; Staudinger/Wufka, BGB, 3. Bearb. 1995, § 313 Rdnr. 201; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 313 Rdnr. 76; MünchKomm/Kannleiter, BGB, Bd. 2, 3. Aufl., § 313 Rdnr. 62). Hiervon macht die Rechtsprechung allerdings in den Fällen irrtümlicher Falschbezeichnung (falsa demonstratio non nocet) eine Ausnahme (für den Fall falscher Katasterbezeichnung BGH NJW 1983, 1610; vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 313 Rdnr. 37; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl. § 313 Rdnr. 77 m.w.N.).

1. Die Behauptung des Klägers, die Parteien hätten bei Abschluss des Vertrages vom 28.08.1996 einvernehmlich Ziffer 2 der Vereinbarung vom 29.07.1992 auf das neue Grundstück bezogen und dabei nur vergessen, die neue Adresse in den Vertrag aufzunehmen, kann zwar unter dem Blickwinkel der falsa demonstratio zu einer formwirksamen Erstreckung der Übertragungsverpflichtung auf das neue Grundstück führen. Der Kläger hat seinen Sachvortrag aber nicht beweisen können.

Der als Zeuge vernommene Notar hat die Behauptung des Klägers nicht bestätigt. Er hat ausgesagt, in seiner Gegenwart hätten die Parteien am 28.08.1996 nicht besprochen, dass sich die Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung des Miteigentumsanteils vom Objekt am Objekt fortsetzen sollte. Die Parteien hätten auch nicht eine entsprechende vorgefasste Vorstellung geäußert. Hätte er von einer solchen Absprache oder Vorstellung gewußt, wäre sie aufgenommen worden. Es sei auch nicht die Rede davon gewesen, dass die Parteien auch deshalb Anderungsbedarf bezüglich des Ehevertrages sahen, weil sie planten, ein neues Grundstück zu kaufen und die Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung des Miteigentumsanteils an diesem neuen Grundstück fortsetzen wollten. Er habe keine Erinnerung daran, dass am 28.08.1996 der Neukauf erörtert wurde, deshalb schließe er das aus.

Die Aussage des Zeugen ist in sich schlüssig und nachvollziehbar und damit glaubhaft. Es ist nicht erkennbar, dass der Zeuge eine Falschaussage zum Nachteil des Klägers gemacht hat. Soweit er sich in dem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren 29 Js 808/98 der StA Essen dahin eingelassen hatte, die Beklagte verweigere die Übertragung des Miteigentumsanteils mit juristisch völlig neben der Sache liegenden Argumenten, so mag darin die Rechtsansicht zum Ausdruck kommen, die Übertragungsverpflichtung setze sich quasi automatisch an anderen "Ersatzgrundstücken" fort. Derartiges klingt an, wenn der Zeuge in seiner Aussage vor dem Senat bekundet, er habe den Parteien auf die bei verschiedenen Besuchen geäußerte Frage, ob denn alles vertraglich geregelt werden müsse, was sich geändert habe, geantwortet, es sei doch alles von Anfang an klar geregelt, wenn ein Auto durch ein anderes ersetzt worden sei, ändere das nichts an dem Kern der Vereinbarung. Vor diesem Hintergrund begründet die Einlassung im Ermittlungsverfahren keine Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussage, dass nämlich im Beurkundungstermin ein Grundstücksneukauf und die Erstreckung der Übertragungsverpflichtung auf das neue Grundstück weder besprochen noch sonst wie thematisiert worden ist. Dann ist aber ein wesentliches Indiz dafür, dass die Parteien entsprechend der Behauptung des Klägers über die Fortsetzung der Übertragungsverpflichtung an dem neuen Grundstück einig gewesen und nur die Beurkundung der neuen Adresse vergessen worden sei, nicht bewiesen.

Auch aus der Aussage der als Partei vernommenen Beklagten ergibt sich nichts dafür, dass die Behauptung des Klägers zutreffen könnte. Im Gegenteil hat die Beklagte bekundet, dass weder vor dem 28.08.1996 noch im Beurkundungstermin zwischen den Parteien eine Erstreckung der Verpflichtung zur Übertragung ihres Miteigentumsanteils auf das neue Grundstück besprochen worden sei. Anzeichen dafür, dass die Beklagte die Unwahrheit gesagt hat, bestehen nicht.

2. Aus anderen Umständen ergibt sich ebenfalls nicht, dass die Verpflichtung zur Übertragung des Miteigentumsanteils auch für das neue Grundstück gelten sollte.

Aus der Kenntnis der Parteien von dem Zusammenhang der bevorstehenden Rückabwicklung des Vertrages über das Grundstück und des bevorstehenden Kaufs des Grundstücks kann nicht gefolgert werden, die Übertragungsverpflichtung beziehe sich auch auf das neue Grundstück. Denn es handelte sich nämlich nicht bloß um einen Austausch der Grundstücke. Das neue Hausgrundstück war, wie die Beklagte mehrfach nachvollziehbar dargelegt hat, von anderer Qualität, als das alte und daher nicht mit diesem zu vergleichen. Das alte Grundstück war mit einem kleinen Backhaus, welches vermietet war, bebaut. Es war nicht von den Parteien bewohnt worden. Als Wohnhaus diente vielmehr ein Fachwerkspieker, den die Parteien gemietet hatten, und zwar ebenfalls von Frau . Dieser Spieker musste ebenso, wie das "Backhaus" der Parteien, als bauordnungswidrig entfernt werden und wurde auf dem neuen Grundstück wieder aufgebaut. Die Parteien erhielten also für ihr kleines, 55 qm großes, nicht selbst genutztes "Backhaus" einen für eigene Wohnzwecke relativ aufwendig ausgestatteten Spieker mit einer Wohnfläche von 140 qm über drei Etagen mit zwei Bädern und Sauna. Auch, der nominell gleich hohe Preis von 350.000,00 DM kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich bei dem Neuerwerb nicht um ein "Surrogat" des alten Grundstücks handelt, für das auch die Übertragungsverpflichtung für den Fall der Scheidung gelten könnte.

Auch der Sinn und Zweck bzw. die Entstehungsgeschichte der Übertragungsverpflichtung lassen nicht den Schluss zu, diese Klausel sei erweiternd auch auf später erworbene Grundstücke anzuwenden. Zwar wird sowohl aus dem Vertrag vom 29.07.1992 als auch aus dem davor abgeschlossenen Ehevertrag vom 29.12.1989 deutlich, dass die Beklagte bei Ehescheidung lediglich auf "Ausgleichsansprüche" verwiesen seien sollte, während das in der Ehe erwirtschaftete Vermögen dem Kläger zustehen sollte. Motiv dieser Regelung war offenbar der Umstand, dass die Beklagte vermögenslos in die Ehe gegangen war. Die ehelichen Lebensverhältnisse sind aber einer dauernden Wandlung unterworfen. Die Parteien selbst haben das gesehen und die Notwendigkeit erkannt, die ergänzenden Verträge vom 29.07.1992 und vom 28.08.1996 zu schließen. Die Interessenlage der Parteien 1996 war mit der von 1989 und auch mit der von 1992 nicht zu vergleichen. Die unstreitig von beiden Parteien erworbenen Lottoannahmestellen/Tabakläden und die von der Beklagten aufgenommenen Kredite, seien diese nun für die Läden oder für den Ausbau des Spiekers bestimmt gewesen, zeigen, dass auch die Beklagte zum gemeinsamen Wirtschaften der Parteien beigetragen hat. Es kann daher nicht zwingend angenommen werden, die Parteien hätten die Übertragungsverpflichtung ohne Rücksicht auf die schon 1992 erkannte Möglichkeit der Änderung der ehelichen Lebensverhältnisse auch auf später zu erwerbende Grundstücke ausdehnen wollen. Schon der Grundsatz, dass der beurkundete Text die Vermutung der Vollständigkeit für sich hat, spricht gegen diese Annahme. Es ist außerdem nicht ausgeschlossen, dass die Parteien für zukünftigen Grundstückserwerb andere Regelungen in Aussicht genommen oder sogar zukünftige Regelungen bewußt offen gelassen haben. Hätten die Parteien eine Erweiterung der Übertragungsverpflichtung begründen wollen, hätte eine ausdrückliche Regelung in der Urkunde vom 28.08.1996 nahe gelegen. Ihr Fehlen spricht angesichts der Umstände eher gegen den rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien, die Übertragungsverpflichtung der Beklagten auch auf das neue Grundstück zu erstrecken.

3. Für eine ergänzende Vertragsauslegung ist schließlich kein Raum. Allgemein anerkannt ist, dass die ergänzende Vertragsauslegung den Geschäftsgegenstand nicht erweitern darf. Das würde aber geschehen, wollte man die Übertragungsverpflichtung auch auf das neue Grundstück erweitern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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