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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.09.1999
Aktenzeichen: 22 U 174/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 138
BGB § 242
§ 134 BGB § 138 BGB § 242 BGB

1. Zur Frage der Anwendbarkeit von §§ 134, 138 BGB bei Verträgen im Zusammenhang mit der Ausübung von Prostitution.

2. Erwirbt ein Käufer eine zu überdurchschnittlichem Mietzins vermietete Eigentumswohnung in der Erwartung, diesen nur durch die in der Wohnung betriebene Prostitution erzielbaren Mietzins auch nach Kaufabschluß zu erzielen, verläßt die Prostituierte aber in der Folgezeit wegen behördlichen Einschreitens die Wohnung, kann er nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage den nun für ihn ungünstigen Vertrag rückgängig machen.

OLG Hamm Urteil 30.09.1999 - 22 U 174/98 - 9 O 10/98 LG Detmold


hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Dreher und die Richter am Oberlandesgericht Gottwald und Aschenbach für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 22. Oktober 1998 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Der Beklagten wird gestattet, Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete oder selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Kläger sind in Höhe von 161.350,00 DM durch dieses Urteil beschwert.

Durch Kaufvertrag vom 02. 05. 1997 erwarben die Kläger von der Beklagten eine Eigentumswohnung in dem Haus ... zu einem Kaufpreis von 161.350,00 DM. Der Ausbau des Dachgeschosses zu einer Wohnung war aufgrund der Baugenehmigung vom 22. 01. 1993 der Stadt ..., Bl. 146 ff., erfolgt. Durch auf unbestimmte Zeit laufenden Mietvertrag vom 27. 01. 1996 war die Wohnung vermietet. Auf den Mietvertrag Bl. 84 ff. d. A. wird Bezug genommen. So enthält auch der Kaufvertrag in § 3 letzter Absatz die Angabe, das der Kaufgegenstand vermietet sei und der Käufer ab Übergabe in die bestehenden Mietverträge eintrete. § 5 des Kaufvertrages hat folgenden Wortlaut:

Der Kaufgegenstand geht auf den Käufer über in dem Zustand, in dem er sich heute befindet und dem Käufer, wie dieser erklärt, bekannt ist.

Der Verkäufer übernimmt keine Gewähr für eine bestimmte Größe, Güte und Beschaffenheit des Kaufgegenstandes, eine Haftung für Fehler und Mängel wird ausgeschlossen.

Mit den Vertragsparteien wurde die vorstehende Gewährleistungsregelung eingehend erörtert. Der Notar hat den Käufer über die einschneidenden Rechtsfolgen des Haftungsausschlusses des Verkäufers für Mängel des Kaufgegenstandes belehrt, ihn insbesondere auf das Risiko hingewiesen, daß er auftretende Mängel auf eigene Kosten beseitigen muß.

Der Verkäufer versichert jedoch, daß ihm versteckte Mängel nicht bekannt sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die bei den Akten befindliche Kopie Bl. 9 ff. verwiesen. Die Übergabe des Objektes fand gemäß § 3 des Vertrages am 01. 09. 1997 statt. Am 08. 09. 1997 zahlten die Kläger den Kaufpreis an den Notar.

Im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses war die Wohnung an eine Prostituierte vermietet. Nachdem die Stadt im August 1997 eine Verordnung erließ, die das gesamte Stadtgebiet für die Ausübung der Prostitution zum Sperrgebiet erklärte und die Stadt es erreichte, daß die örtlichen Tageszeitungen keine Inserate der Prostituierten mehr entgegennahmen und abdruckten, verließ die Prostituierte und Mieterin die Wohnung mit unbekanntem Aufenthaltsort. Die Kläger holten nunmehr durch den Architekten ... ein Verkehrswertgutachten hinsichtlich der erworbenen Eigentumswohnung ein. Dieser erstellte es am 22. 10. 1997 und kam zu dem Ergebnis, daß die in der Wohnung gelegenen Räume als Wohnräume nicht zu nutzen und nicht bewohnbar seien. Auf das Privatgutachten wird, soweit es überreicht worden ist, Bezug genommen, vgl. Bl. 15 ff. Gestützt auf das Gutachten erklärten die Kläger mit Schreiben vom 23. 10. 1997 gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Kaufvertrages, vorsorglich die Wandlung. Sie begründeten dieses damit, nach dem Gutachten sei die Wohnung samt Kellerraum und Einstellplatz mit schwerwiegenden Mängeln behaftet. Deshalb sei sie nicht nutzbar. Bezüglich der Wandlung erwarteten die Kläger in dem genannten Schreiben eine Einverständniserklärung der Beklagten bis zum 04. 11. 1997. Auf das Schreiben Bl. 52 ff. wird Bezug genommen. Die Beklagte ließ mit Schreiben vom 05. 11. 1997, Bl. 54 d. A., mitteilen, daß gemäß § 5 des Vertrages sämtliche Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen seien und sie deshalb die Anfechtungs- sowie die Wandlungserklärung zurückweise.

Die Kläger haben behauptet, die Wohnung habe aufgrund ihres baulichen Zustandes nicht vermietet werden dürfen. Die Beklagte habe jedoch die Vermietung der Wohnung zugesichert. Es lägen folgende Mängel vor: Die Eingangstür sei zu schmal. Es fehle eine Wohnungsabschluß- oder Eingangstür. Es bestehe kein Brand- oder Schallschutz. Eine Klingelanlage in Verbindung mit einem automatischen Türöffner sei nicht vorhanden. Es lägen Feuchtigkeitsschäden, sichtbar an den Innenwänden, verursacht durch den Dachschaden vor. Der Fußbodenbelag in allen Räumen sei nicht bewohnbar und müsse herausgerissen werden. Raum 2, die sogenannte Küche, sei von der Größe her kein Wohnraum und daher als Küche nicht zu nutzen. Der vorhandene Grundriß entspreche nicht den letzten Baugenehmigungen. Das Badezimmer sei gleichfalls nicht zu nutzen. Die Wandverkleidung bestehe aus Spanplatten, obwohl zumindest Feuchtraumplatten erforderlich seien. Die Badewanne sei nicht fachgerecht eingebaut worden. Die Wärmedämmung in den Dachschrägen sei nicht ausreichend. Diese Mängel seien der Beklagten bekannt gewesen, von ihr gegenüber den Klägern aber verschwiegen worden. In erster Linie haben deshalb die Kläger Wandlung des Kaufvertrages, hilfsweise Minderung des Kaufpreises verlangt.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 161.350,00 DM zu zahlen Zug um Zug gegen Rückübertragung des 180,50/1.000 Miteigentumsanteils, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 des Aufteilungsplanes in Größe von ca. 50 qm, nebst einem mit gleicher Ziffer bezeichneten Kellerraum, eingetragen im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts ... von ... Blatt ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ..., auf Frau

hilfsweise

die Beklagte zu einer Minderung des Kaufpreises zu verurteilen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Mieterin habe die Wohnung erst Ende August 1997, nämlich zwischen Abschluß des Kaufvertrages und Übergabe der Eigentumswohnung mit unbekanntem Aufenthaltsort verlassen. Die Erklärung im Kaufvertrag hinsichtlich des vermieteten Zustands der Wohnung sei mithin richtig gewesen. Eine Zusicherung der Vermietbarkeit an Prostituierte sei nicht erfolgt. Die von den Klägern behaupteten Mängel würden bestritten. Sie seien der Beklagten nicht bekannt gewesen. Jedenfalls seien sie für die Kläger offensichtlich gewesen. Den Klägern gehe es in Wahrheit deshalb um eine Rückabwicklung des Vertrages, weil ihre Mietgewinnerwartung durch Auszug der Prostituierten fehlgeschlagen sei.

Das Landgericht Detmold hat durch das am 22. 10. 1998 verkündete Urteil die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat einen Anspruch aus Wandlung verneint, weil in § 5 des notariellen Vertrages die Gewährleistung ausgeschlossen sei und die von den Klägern gerügten Mängel durchweg im Rahmen einer Besichtigung erkennbar waren. Selbst wenn eine solche Erkennbarkeit nicht gegeben sein sollte, fehle es an einer Darlegung arglistigen Handelns der Beklagten. Die nicht mehr fortbestehende Vermietung stelle keinen Mangel dar. Auch scheitere ein Anspruch aus § 463 BGB. Schließlich stehe ein Kondiktionsanspruch gemäß § 812 BGB den Klägern nicht zu, da die von ihnen erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht begründet sei.

Wegen der Entscheidungsgründe im einzelnen wird auf Bl. 96 Rückseite GA bis Bl. 97 Rückseite GA verwiesen.

Mit der hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Berufung tragen die Kläger vor, das Landgericht habe nicht erkannt, daß der Kaufvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage abgewickelt werden müsse. Beide Parteien seien von der Vermietbarkeit des Objektes zu "liebesgewerblichen" Zwecken ausgegangen. Die gemeinsame Vorstellung falle auch in den Risikobereich der Beklagten, denn sie sei entscheidend in die Bildung des weit marktüberdurchschnittlichen Preises eingeflossen. Die Erwartung des Fortbestehens dieser Nutzungsmöglichkeit sei mit dem Erlaß der Sperrgebietsverordnung fehlgeschlagen. Eine Anpassung des Kaufvertrages scheide aus, weil eine Nutzung der Wohnung zur Kapitalanlage ohne Vermietung an eine Prostituierte faktisch ausgeschlossen sei. Darüber hinaus berufen sich die Kläger darauf, daß der Ortsteil ... von ..., in dem sich das streitbefangene Objekt befinde, bereits seit 1984 zum Sperrgebiet erklärt worden sei. Diese Sperrgebietsverordnung hätte die Beklagte bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gekannt bzw. kennen müssen.

Hilfsweise machen die Kläger einen Anspruch aus § 463 BGB wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft geltend. Denn die im Kaufvertrag angegebene Wohnfläche sei in Wahrheit nicht gegeben. Weiter hilfsweise berufen sich die Kläger auf ein arglistiges Verschweigen der Beklagten bezüglich der bereits in erster Instanz geltend gemachten Mängel. Insbesondere verweisen sie darauf, daß die Wohnung aufgrund ordnungsbehördlicher und baurechtlicher Mängel überhaupt nicht zu Wohnraumzwecken genutzt werden dürfe. In erster Linie verlangen die Kläger Rückgängigmachung des Vertrages hilfsweise Anpassung/Minderung.

Die Kläger beantragen,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 161.350,00 DM zu zahlen Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung des 180,50/1000stel Miteigentumsanteils, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 des Aufteilungsplanes in Größe von ca. 50 qm nebst Kellerraumes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts ... von ... Bl. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ...;

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag von 80.000,00 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1. die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

2. ihr zu gestatten, eine Sicherheitsleistung nach § 711 ZPO auch durch Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Beklagte bestreitet, sie habe im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gewußt, daß der Ortsteil bereits zum Sperrgebiet erklärt worden sei. Sie verweist darauf, daß die Kläger die Beweislast für die Behauptung trügen, der Kaufvertrag sei von beiden Parteien in der Erwartung abgeschlossen, daß die Wohnung weiterhin als Bordell genutzt werden könne. Die Behauptung, der Kaufpreis sei extrem überhöht, werde bestritten. Aber selbst wenn man unterstelle, daß nur ein gemeinschaftlicher Irrtum über die zukünftige Gewinnerwartung zum Kaufvertrag geführt habe, folge daraus ein Rückgabe- bzw. Anpassungsanspruch der Kläger nicht. Diese könnten die Wohnung nach wie vor als Kapitalanlage nutzen. Die Behauptung, eine Vermietung sei allenfalls zu einem Mietpreis möglich, der die Hälfte des im Vertage vom 27. 01. 1996 vereinbarten ausmache, werde bestritten. Jedenfalls sei die Differenz zwischen dem früher durch das Sozialamt finanzierten monatlichen Mietzins von 780,00 DM und den im Vertrag vom 27. 01. 1996 vereinbarten so gering, daß ein Festhalten am Vertrag zumutbar sei. Ein Anspruch der Kläger wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft bezüglich der Wohnungsgröße oder des arglistigen Verschweigens offenbarungspflichtiger Mängel scheide aus. Die Mängel lägen nicht vor. Zumindest seien sie ihr, der Beklagten, nicht bekannt gewesen. Jedenfalls seien sie für die Kläger bei der Besichtigung erkennbar gewesen, so daß eine Offenbarungspflicht entfalle.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.

I.

Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübertragung der Eigentumswohnung steht ihnen aus § 812 BGB nicht zu.

Weder der zugrundeliegende Kaufvertrag noch die Eigentumsübertragung sind gemäß §§ 138 BGB oder 134 BGB nichtig noch sind sie gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar. Nach der Rechtsprechung sind Pacht-, Kauf- und Gesellschaftsverträge über Bordelle nicht von vornherein unwirksam. Sie sind vielmehr wirksam, wenn der Betrieb des Bordells nach § 180 a StGB straffrei ist und das Entgelt nicht in einem auffälligen Mißverhältnis zum Wert der Leistung steht (BGH NJW 1975, 638; Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 138 Rdnr. 52). Die Voraussetzungen von § 180 a StGB sind nicht gegeben. Sie liegen nur vor, wenn jemand gewerbsmäßig einen Bordellbetrieb unterhält oder leitet und die Prostituierten in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten werden oder die Prostitution zur Ausübung durch Maßnahmen gefördert wird, welche über das bloße Gewähren von Wohnung, Unterkunft oder Aufenthalt hinausgehen. Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, daß die Prostituierten in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit im Zeitpunkt des Kaufvertrages gehalten wurden oder die Förderung der Prostitution durch Maßnahmen, etwa durch Zuhälterei, erfolgt ist.

Auch ist ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Entgelt und Gegenleistung des Kaufvertrages nicht erkennbar.

Stellt man auf die Kläger ab, so sind diese von vornherein nicht schutzbedürftig. Denn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses - worauf allein abzustellen ist - hatte die Wohnung eine hohe Rendite von über 14,64 DM pro qm. Insoweit dürfte der gezahlte Kaufpreis die Gegenleistung wert gewesen sein.

Stellt man auf die Mieter selbst, die Prostituierten, ab, so ist eine Ausbeutung im vorliegenden Fall nicht substantiiert, abgesehen davon, daß nicht der Kaufvertrag zwischen den Parteien die Ausbeutung schafft, sondern lediglich ein Eigentumswechsel bei ohnehin fortdauerndem Mietverhältnis eintritt. Daß Mietverhältnisse mit Prostituierten nicht ohne weiteres sittenwidrig sind, ergibt sich aus BGH NJW 1970, 1179. Schließlich haben die Kläger nicht substantiiert, sondern nur pauschal im Rahmen der Erörterung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorgetragen, um welches Mißverhältnis es sich zwischen Leistung und Gegenleistung handelt. Auf Bl. 116 d. A. sprechen sie von einem weit marktüberdurchschnittlichen Preis, ohne einen Vergleichspreis anzugeben. Auf Bl. 121 tragen sie vor, der normalerweise erzielbare Mietpreis dürfte die Hälfte des tatsächlich damals erzielten sein. Auch das ist nicht hinreichend dargelegt. Auf Bl. 121 behaupten sie gleichfalls unsubstantiiert, der gerechtfertigte Kaufpreis sei allenfalls die Hälfte des tatsächlich vereinbarten. Worauf sich die Annahme einer derartigen Wertspanne gründet, ist nicht dargelegt. Örtliche Mietpreise für vergleichbare Lagen, die einen Anhalt für eine Bewertung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung geben könnten, sind nicht genannt. Die Kläger haben es unterlassen, zum Verkehrswert des Gebäudes, aber auch der Wohnung vorzutragen, obwohl das von ihnen in Auftrag gegebene Gutachten hierüber Feststellungen treffen sollte. Die betreffenden Seiten des Gutachtens haben die Kläger nicht vorgelegt.

Somit scheidet ein Verstoß gegen § 138 BGB - zu dem die Kläger im übrigen nicht in der Berufungsinstanz vortragen - aus. Auch ein Verstoß gegen § 134 BGB ist nicht ersichtlich. Er ist nicht bereits gegeben, weil entgegen § 184 a StGB in dem Haus verbotene Prostitution ausgeübt wurde. Verboten war sie deshalb, weil bereits seit 1984 für den Bereich, in dem das Objekt liegt, die Sperrgebietsverordnung galt. Bereits BGH NJW 1987, 999 hat ausgeführt, daß Verträge über die Lieferung von Bier an ein Bordell auch dann nicht nichtig sind, wenn dieses in einer Gemeinde betrieben wird, in der die Ausübung der Prostitution durch Polizeiverordnung verboten ist. Entscheidend ist nämlich, ob sich das gesetzliche Verbot gerade gegen die Vornahme des Rechtsgeschäftes richtet. So ist auch ein zwischen einem inländischen Verkäufer und einem inländischen Käufer abgeschlossener Kaufvertrag, den der Verkäufer nur nach Beschaffung der Ware aus dem Ausland unter Verletzung von Einfuhrvorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes erfüllen könnte, nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, wenn die Einfuhr nicht Gegenstand oder Bestandteil der Vertragsleistung ist (BGH NJW 1983, 2873). Hier ist die Vermietung zur Ausübung der Prostitution nicht Vertragsbestandteil des Kaufvertrages. Darüber hinaus tragen die Kläger auch keinen Angriff aus § 134 BGB vor. Schließlich läßt sich ein Anspruch aus § 812 BGB auch nicht auf die von den Klägern ausgesprochene Anfechtung wegen arglistiger Täuschung stützen. Denn die Kläger haben nicht dargelegt, daß die Beklagte sie über für den Vertragsschluß wesentliche Umstände getäuscht hat. Daß im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses das Gebiet, in dem das Objekt mit der Wohnung liegt, bereits zum Sperrgebiet erklärt war, hat die Beklagte nach ihrem Vortrag nicht gewußt. Die Kläger haben dem gegenüber weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, daß die Beklagte Kenntnis vom bereits 1984 erfolgten Erlaß der Sperrgebietsverordnung hatte. Auch eine arglistige Täuschung der Beklagten über Mängel des Hauses scheidet - wie im folgenden ausgeführt wird - aus.

Der zwischen den Parteien abgeschlossene Kaufvertrag hat vielmehr Bestand. Auch ein Wandlungsanspruch der Kläger aus §§ 462, 459, 467, 346 BGB kommt nicht in Betracht. Da in § 5 des Kaufvertrages in zulässiger Weise jegliche Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen worden sind, kann er lediglich auf ein arglistiges Verschweigen von Mängeln im Sinne von § 476 BGB gestützt werden. Die gerügten Mängel waren aber einer Besichtigung zugänglich bzw. ansonsten ohne weiteres erkennbar, so daß eine Offenbarungspflicht von vornherein entfiel (BGH NJW RR 1994, 907), jedenfalls ist eine Kenntnis der Beklagten von den Mängeln im Sinne einer Arglist nicht nachgewiesen.

Daß die Eingangstür nicht die geforderte Mindestbreite hat, daß kein Brand- oder Schallschutz besteht, dürfte nicht von der Kenntnis der Beklagten, die Laie ist, umfaßt sein, zumal eine Baugenehmigung bezüglich des Ausbaus der Wohnung vorliegt. Gegenteiliges haben die Kläger nicht unter Beweisantritt dargelegt. Daß eine Wohnungsabschluß- oder Eingangstür nicht vorhanden ist, war auch von den Klägern zu sehen. Insofern scheidet ein Verschweigen aus. Daß eine Klingelanlage mit einem automatischen Türöffner fehlte, war einer Besichtigung der Kläger zugänglich und ansonsten ohne weiteres für sie erkennbar, so daß eine Offenbarungsverpflichtung der Beklagten ausscheidet. Daß Feuchtigkeitsschäden an den Innenwänden nicht erkennbar waren, ist nicht ersichtlich. Nach dem Inhalt des Privatgutachtens waren sie in der Wohnung an der Decke zu sehen (vgl. Bl. 83 d. A.). Dann aber besteht eine Offenbarungspflicht der Beklagten nicht. Selbst wenn sie aber an Wänden in der Wohnung und im Keller vorhanden waren und durch Möbel bei der Besichtigung verdeckt gewesen sein sollten, so läßt sich hieraus nicht auf eine Arglist der Beklagten schließen. Denn es ist zugunsten dieser nicht auszuschließen, daß die Mieterin, für die Beklagte unbekannt, die Möbel derart gestellt hat. Jedenfalls waren die Schäden bei der Übergabe der Wohnung am 01. 09. 1997, nachdem die Mieterin bereits ausgezogen war, zu sehen. Ein Vorbehalt ist entgegen § 464 BGB nicht gemacht worden. Daß der komplette Fußbodenbelag in allen Räumen nicht betretbar ist und herausgerissen werden muß, dürfte auch für die Kläger bei einer Besichtigung erkennbar sein. Daß der Raum zwei von der Größe her kein Wohnraum war und daher als Küche nicht zu nutzen war, ist nicht von der Kenntnis der Beklagten umfaßt, da sie ja die Baugenehmigung zum Ausbau der Wohnung erhalten hat; diese Wohnung wird im übrigen jetzt von den Kindern der Kläger bewohnt. Die Kläger tragen jedenfalls zur Kenntnis der Beklagten insoweit nicht vor. Gleiches gilt für die Kenntnis der Beklagten von der Größe der Wohnung. Auch hier ist nicht ersichtlich, daß sie von einer geringeren Wohnungsgröße als im Kaufvertrag angegeben wußte. Daß das Badezimmer nicht zu nutzen war, weil die Wandverkleidung nicht aus Feuchtraumplatten besteht, ist gleichfalls nicht von einer Arglist der Beklagten umfaßt. Auch insoweit tragen die Kläger zur Annahme einer Arglist nichts vor. Zu Gunsten der Beklagten ist von deren Fehlen auszugehen. Gleiches gilt für den nicht fachgerechten Einbau der Badewanne und des Fehlens einer ausreichenden Wärmedämmung in den Dachschrägen. Inwiefern hier die Beklagte von diesen Mängeln Kenntnis hatte, haben die Kläger nicht dargelegt. Daß die Wohnung nicht als Wohnung zu nutzen ist, ist angesichts der vorliegenden Baugenehmigung nicht dargelegt. Davon abgesehen ist eine Zusicherung einer Nutzung als Wohnung nicht ersichtlich. In Betracht kommt allein eine Beschaffenheitsangabe. Eine Arglist der Beklagten bezüglich eines bauordnungswidrigen Zustandes der Wohnung ist erst recht weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die Kläger können die Wandlung auch nicht aus dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft "Wohnungsgröße" stützen.

Zum einen ist eine Wohnflächengröße von ca. 50 qm im Kaufvertrag nicht zugesichert. Denn es liegt keine Gewährsübernahme vor. Die Wohnungsgröße ist lediglich in § 1, nicht in § 5 mit der Gewährleistungsregelung erwähnt. Im Gegenteil ist die Gewährleistung auch bezüglich der Größe ausgeschlossen. Gegen eine Zusicherung spricht auch die Umschreibung mit "ca.". Schließlich fehlt auch eine Bekräftigung im Vertrag im Sinne einer Zusicherung. Für eine solche ist erforderlich, daß der Verkäufer die Gewähr für das Vorhandensein der Eigenschaft übernimmt und zu erkennen gegeben hat, er wolle für alle Folgen des Fehlens verschuldensunabhängig einstehen (vgl. BGH NJW 1991, 912). Zum anderen sind Gewährleistungsansprüche aus dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft insoweit jedenfalls verjährt. Der Beklagte hat sich auf die Verjährung berufen. Das Objekt wurde am 01. 09. 1997 übergeben, also lief die Gewährleistungsfrist des § 477 BGB am 31. 08. 1998 ab. Erst mit der Berufungsbegründung vom 27. 01. 1999, also verspätet, wurde das Fehlen der Zusicherung Wohnungsgröße behauptet. Ansprüche wegen Fehlens einer Zusicherung "Vermietung" verfolgt die Berufung der Kläger zu Recht nicht mehr. Zum einen stellt die Angabe in § 3 Abs. 2 des Kaufvertrages, daß die Wohnung vermietet sei, keine Zusicherung dar, sondern ist ein Hinweis des Notars auf § 571 BGB. Darüber hinaus ist diese Angabe im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages und noch bei Übergabe am 01. 09. 1997 zutreffend, da der Mietvertrag vom 27. 01. 1996 noch Bestand hatte. Daß der Mietvertrag im Zeitpunkt des Auszuges des Mieters/der Prostituierten durch Kündigung ordnungsgemäß beendet war, ist nicht dargelegt. Der Vertrag hat eine Kündigungsfrist von 3 Monaten vgl. Bl. 84 d. A. Ein Mietverhältnis für längere Zeit war nicht zugesichert. Daß schließlich die Beklagte im Vertrag erklärte, sie sichere zu, daß ihr keine Mängel bekannt seien, stellt keine Zusicherung im Rechtssinne dar (vgl. BGH NJW 1991, 1181).

Ein Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB kommt aus den genannten Gründen weder wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft noch wegen arglistigen Verschweigens von Mängeln in Betracht.

Auch ein Anspruch aus Wegfall der Geschäftsgrundlage - der subsidär gegenüber solchen aus Gewährleistung ist - scheidet aus. Zwar mag die Vermietung der Wohnung zum Betrieb eines Bordells Geschäftsgrundlage geworden sein. Solche sind nämlich sämtliche bei Abschluß eines Vertrages erkennbar gewordene gemeinsame Vorstellungen beider Parteien bzw. die einer Partei, die der anderen erkennbar ist, über das Vorhandensein oder den Fortbestand bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille auch nur einer Partei hierauf aufbaut (BGH NJW 1997, 320, 323). Die Beklagte bestreitet nicht substantiiert den Vortrag der Kläger, diese hätten für die Beklagte erkennbar die Wohnung in der Vorstellung gekauft, die Vermietung zu einem günstigen Preis zum Zwecke der Prostitution fortsetzen zu können, wenn sie vorträgt, dieser Zweck sei (gerade) bei der Beurkundung nicht offenbart worden (Bl. 139). In erster Instanz hat die Beklagte selbst vorgetragen, daß die Kläger durch den Abschluß des Vertrages auf den hohen Mietzins spekuliert hätten, den man nur durch Vermietung zu Zwecken der Prostitution erzielen kann und mit einer normalen Vermietung nicht hätte erzielen können. Sie hätten den Wohnungskauf als Kapitalanlage gesehen. Durch die Verbotsverfügungen der Stadt in Ausübung der Sperrbezirksverordnung, dem von der Stadt veranlaßten Nichtabdruck der Inserate mit "Liebesdiensten" und dem daraufhin erfolgten Auszug der Prostituierten aus der Wohnung ist die Geschäftsgrundlage weggefallen. Der Fortbestand des Mietverhältnisses mit Prostituierten dürfte für die Kläger, erkennbar für die Beklagte, wohl auch so bedeutsam gewesen sein, daß sie bei Kenntnis der wahren Sachlage den Vertrag so nicht abgeschlossen hätten. Jedoch scheidet ein Anspruch auf Wegfall der Geschäftsgrundlage, sei es im Wege der Anpassung, sei es im Wege der Rückabwicklung, aus: Der unveränderte Fortbestand des Geschäftes ist den Klägern zuzumuten. Der Verkauf stellt sich als Spekulationsgeschäft dar, für das allein die Kläger das Risiko tragen. Wer ein solches Risikogeschäft abschließt, kann sich nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, wenn seine Gewinnerwartungen voraussehbar fehlschlagen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 242 Rdn. 127, 128). Es lag auf der Hand und war für die Kläger voraussehbar, daß ihre Gewinnerwartungen schnell fehlschlagen konnten. Es ist, wie der Senat mit den Parteien erörtert hat, offenkundig im Sinne von allgemeinkundig, daß private Bordelle in Wohnungen innerhalb von Siedlungsgebieten oft nicht auf Dauer betrieben werden können, weil sie entweder durch Nachbarproteste oder aufgrund behördlichen Einschreitens ihren Standort wechseln müssen. Gingen die Kläger dieses offenbare Risiko ohne vorherige Erkundigung nach jedenfalls der Erlaubnis zur Prostitution in diesem Bereich und insbesondere ohne eine vertragliche Absicherung für den Fall des Fehlschlagens ihrer Gewinnerwartung gegenüber der Beklagten ein, so können sie sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht berufen. Wenn sich die Kläger nämlich erkundigt hätten, hätten sie erfahren, daß bereits seit 1984 in dem Ortsteil ... von ... die Sperrgebietsverordnung galt. Daß ihre Geltung andererseits der Beklagten bekannt war, haben die Kläger nicht unter Beweisantritt dargelegt. Aber selbst wenn die Kläger diese Erkundigung unterlassen hätten, hätten sie durch entsprechende Ausgestaltung des Vertrages dieses Risiko ausschließen können. So wäre die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung oder eines Rücktrittsvorbehaltes für den Fall des Wegfalls der Nutzung zu Prostitutionszwecken angeraten gewesen. Darüber hinaus mußte den Klägern angesichts des auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrages ersichtlich sein, daß sie auf dessen Bestand ihre Gewinnerwartung nicht bauen konnten. Sie mußten vielmehr damit rechnen, daß der Mietvertrag jederzeit gekündigt werden konnte und der Abschluß eines neuen Mietvertrages mit einer anderen Prostituierten, etwa wegen behördlichen Einschreitens, nicht möglich war.

Eine Berufung auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, die nur dann statthaft ist, wenn dieses zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht vereinbarer und damit der betroffenen Vertragspartei nicht zumutbarer Folgen unabweisbar erscheint (BGH NJW 1996, 990, 992; NJW 1997, 320, 323), scheidet deshalb aus.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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