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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.05.2000
Aktenzeichen: 22 U 25/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117 II
ZPO § 119
ZPO § 233
§§ 117 II, 119, 233 ZPO

Leitsatz:

Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung ist zu versagen, wenn bei Ablauf der Rechtsmittelfrist der Prozesskostenhilfeantrag unvollständig oder eine Bezugnahme auf die Prozesskostenhilfeunterlagen erster Instanz wegen deren Unvollständigkeit nicht ausreichend war und deshalb ein Antrag auf Widereinsetzung keine Aussicht auf Erfolg hat.

Beschluss des 22. Zivilsenates vom 08.05.2000 - 22 U 25/00 -


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

22 U 25/00 OLG Hamm 7 O 353/99 LG Dortmund

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm durch den Richter am Oberlandesgericht Gottwald, den Richter am Oberlandesgericht Aschenbach und den Richter am Amtsgericht Dr. Kirsten

am 8. Mai 2000 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten zu 1) vom 31.01.2000 und der Antrag des Beklagten zu 2) vom 02.02.2000 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Berufung werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Berufung gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 23.12.1999 war zu versagen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hätte wegen der bereits abgelaufenen Berufungsfrist nur dann Erfolg, wenn die innerhalb der Berufungsfrist eingegangenen Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe Grundlage eines Antrags auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist (§ 233 ZPO) sein könnten. Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann Mittellosigkeit einer Partei nur dann als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht werden, wenn er spätestens am letzten Tag der Rechtsmittelfrist derart um Prozesskostenhilfe nachgesucht hat, dass er mit einer Bewilligung rechnen konnte. Hieran fehlt es, wenn dem Antrag nicht die nach § 117 II ZPO notwendigen Unterlagen rechtzeitig beigefügt waren (vgl. BGH FamRZ 1994, 1098 [1099 f]; 1993, 688; MDR 1991, 902; VersR 1985, 396; 1985, 287). So liegt der Fall hier.

Dem Beklagten zu 1) wurde das Urteil, für dessen Anfechtung er Prozesskostenhilfe begehrt, am 29.12.1999 zugestellt. Sein Prozesskostenhilfeantrag ist zwar per Fax am Montag den 31.01.2000, dem letzten Tag der Berufungsfrist eingegangen, jedoch ohne die nach § 117 II ZPO notwendige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechender Belege. Diese Unterlagen sind erst per Fax am 10.02.2000 und damit nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangen.

Die rechtzeitige Vorlage der Unterlagen war nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil der Beklagte zu 1) bereits in erster Instanz um Prozesskostenhilfe nachgesucht hatte. Gemäß § 119 ZPO erfolgt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug gesondert, so dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen erneut und ohne Bindung an das Ergebnis der Vorinstanz zu beurteilen hat (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 20. Aufl., § 119 Rn. 52). Dieser Umstand war dem Beklagten zu 2) auch bewusst, denn in seiner Antragsschrift heißt es insoweit: "Der Beklagte zu 1) reicht außerdem eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit den erforderlichen Belegen ein."

Eine Ausnahme von der Verpflichtung, sämtliche nach § 117 II ZPO notwendigen Unterlagen vorzulegen, ist in der Rechtsprechung für den Fall anerkannt, dass sich gegenüber den bereits in erster Instanz erklärten und belegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Veränderung ergeben hat. Hierzu ist erforderlich, dass in der neuen Antragsschrift auf die bereits vorliegenden Unterlagen Bezug genommen und deren unveränderte Gültigkeit versichert wird (std. Rspr. BGH FamRZ 1994, 1098 [1100]; 1993, 688 [689]).

Der Beklagte zu 1) hat zwar in seiner Antragsschrift eine solche Erklärung abgegeben. Dort heißt es: "... Eine entsprechende Erklärung hat der Beklagte zu 1) bereits in erster Instanz vorgelegt. Auf diese Erklärung wird ergänzend verwiesen, da die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zu 1) unverändert sind." Diese Erklärung ist jedoch nur dann ausreichend, wenn die in Bezug genommenen Unterlagen den gesetzlichen Anforderungen genügen und eine Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ermöglichen. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil der Beklagte in erster Instanz nur das ausgefüllte Formblatt über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht aber die erforderlichen Belege eingereicht hat. Damit konnte sein Prozesskostenhilfegesuch am letzten Tag der Rechtsmittelfrist nicht abschließend geprüft werden, so dass der Beklagte zu 1) auch nicht mit einem positiven Bescheid rechnen konnte.

Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zu 2), dem das erstinstanzliche Urteil am 03.01.2000 zugestellt wurde und der mit diesem Antrag im laufenden Rechtsstreit erstmals um Prozesskostenhilfe nachsucht, ist am 02.02.2000 per Fax eingegangen. Ihm waren jedoch die nach § 117 II ZPO notwendige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechender Belege nicht beigefügt. Gleiches gilt für die am 03.02.2000, dem letzten Tag der Rechtsmittelfrist, per Fax erneut eingegangene Antragsschrift. In beiden Schriftsätzen heißt es lediglich: "Der Beklagte zu 2) ist aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, den Prozess zu führen. Wir überreichen insoweit eine Kopie des Sozialhilfebescheides vom 26.07.1999 zur Gerichtsakte."

Diese Erklärung ist erkennbar unvollständig und nicht prüffähig, da bereits sämtliche Erklärungen zu den persönlichen Verhältnissen fehlen, wie sie in dem amtlichen Vordruck zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgegeben sind. Die Beifügung des letzten Sozialhilfebescheides macht nur die Angaben zu den Abschnitten E bis J des amtlichen Vordruckes zunächst entbehrlich (siehe Hinweis auf dem amtlichen Vordruck; vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 20. Aufl., § 117 Rn. 15). Hinzu kommt, dass ein Sozialhilfebescheid vom 26.07.1999 weder per Fax am 02.02.2000 noch am 03.02.2000 übermittelt wurde und damit innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht vorlag.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1 GKG, 118 I 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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