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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.10.2000
Aktenzeichen: 22 U 53/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 179
BGB § 313
Leitsatz:

1. Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet nach § 179 BGB nur dann, wenn die fehlende Vertretungsmacht alleiniger Grund für die Unwirksamkeit des Vertrages ist. Ist der Vertrag aus einem anderen Grund unwirksam, so ist eine Haftung des Vertreters aus § 179 BGB ausgeschlossen.

2. Lässt sich die in einem notariellen Kaufvertrag veräußerte, noch nicht vermessene Grundstücksteilfläche weder nach dem Text der Vertragsurkunde; der in Bezug genommenen und beigefügten Skizze noch aus dem Text in Verbindung mit der Skizze eindeutig bestimmen, so ist der Kaufvertrag unwirksam.


OBERLANDESGERICHT HAMM

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

22 U 53/00 OLG Hamm 7 O 408/96 LG Bielefeld

Verkündet am 23. Oktober 2000

Oberdorf, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht Gottwald und Aschenbach sowie den Richter am Amtsgericht Dr. Kirsten

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21. Dezember 1999 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Alle Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerinnen beträgt 5.454,17 DM.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Beklagte verkaufte durch notariellen Vertrag vom 29.02.1996 namens des Eigentümers eine zu vermessende Grundstücksteilfläche an die Klägerinnen.

Das Landgericht hat den Beklagten, der für den Verkauf nicht die notwendige Vertretungsmacht hatte, gem. § 179 BGB verurteilt, an die Klägerinnen Schadensersatz i.H.v. 5.454,17 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Die Hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat Erfolg.

II.

Die Klägerinnen haben gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 179 BGB.

Der Beklagte haftet nach § 179 BGB, der nur das Vertrauen auf die Vertretungsmacht schützt (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 179 Rn. 1 m.w.N.), nicht, da unabhängig von der fehlenden Vertretungsmacht der am 29.02.1996 geschlossene Kaufvertrag aus einem anderen Grund unwirksam ist.

Der Kaufvertrag ist unwirksam, weil die verkaufte Teilfläche (Vertragsgegenstand) nicht hinreichend bestimmt bezeichnet ist (st. Rspr. vgl. BGH NJW-RR 1999, 1030, Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 313 Rn. 26 m.w.N.). Die verkaufte Teilfläche lässt sich weder nach dem Text der Vertragsurkunde, der beigefügten Skizze noch aus dem Text in Verbindung mit der in Bezug genommenen Skizze eindeutig bestimmen (vgl. BGH NJW 1999, 1030).

Durch den Vertragstext ist die Teilfläche nicht hinreichend bestimmt. In ihm wird die Teilfläche nur mit einer Größe von "ca. 105 m²" bezeichnet. Zur Lage der Teilfläche wird auf die anliegende Grundstücksskizze verwiesen, in der die Teilfläche rot gekennzeichnet sei.

Die dem Vertrag beigefügte Skizze reicht zur Bestimmung der Teilfläche nicht aus.

Anhand der eingezeichneten Lage lässt sich nur bestimmen, dass ein Grundstücksstreifen, der an der gemeinsamen Grenze zum Grundstück der Klägerinnen liegt, veräußert werden soll. Damit sind aber nur drei Grenzverläufe der Teilfläche im Norden, Osten (gemeinsame Grenze der Grundstücke) und Süden, die sich mit den vorhandenen Grenzverläufen der Gesamtfläche decken, bestimmt.

Der genaue Verlauf der Westgrenze lässt sich nicht bestimmen, da Bestimmungsmerkmale in der Skizze, anhand derer der Grenzverkauf festgestellt werden könnte, wie z.B. Gräben, Bäume, Hecken, Zäune oder Pflöcke (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 313 Rn. 26 m.w.N.), fehlen.

Maßangaben, anhand derer die Teilfläche bestimmt werden könnte, fehlen ebenfalls.

Die Teilfläche ist auch nicht durch den Maßstab der Skizze hinreichend bestimmt. Dies setzt eine maßstabsgerechte Zeichnung voraus (BGH NJW 1999, 1030), die - wie auf der Skizze ausdrücklich vermerkt ("ohne Maßstab") - nicht vorliegt.

Die Westgrenze lässt sich auch nicht anhand der Skizze und der Flächenangabe im Text der Urkunde bestimmen. Zwar ließe sich bei der hier gegebenen Grundstückssituation die vierte Seite grundsätzlich anhand der Größe der Teilfläche ermitteln, wenn die jeweils gegenüberliegenden Grundstücksgrenzen - dies ist allerdings anhand der Skizze nur zu vermuten - parallel zueinander verlaufen, indem die Fläche durch die Länge der gemeinsamen Grundstücksgrenze geteilt wird. Dies setzt jedoch eine genaue Angabe der Flächengröße voraus, die nicht vorliegt. Im Vertrag ist die Fläche nur mit "ca." 105 m² genannt. Dies reicht nicht, da die Parteien mit dem Zusatz "ca." selbst angeben, dass die Fläche nicht die von ihnen angenommene feste Bezugsgröße zur Bestimmung der Teilfläche ist, sondern das Ergebnis einer überschlägigen Berechnung aufgrund anderer Bezugsgrößen. Diese Bezugsgrößen sind aber weder im Vertragstext noch in der Skizze angegeben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO und die Feststellung der Beschwer aus § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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