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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.07.2001
Aktenzeichen: 22 U 90/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 276
BGB § 826
1.

Zu den Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit eines Eigentumswohnungskaufvertrages.

2.

Zur Haftung aus cic und § 826 BGB bei Sittenwidrigkeit eines Eigentumswohnungskaufvertrages.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 90/00 OLG Hamm

Verkündet am 12. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2001 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Kaufmann sowie den Richter am Oberlandesgericht Gottwald und den Richter am Amtsgericht Klein

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Kläger wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten im übrigen das am 23.2.2000 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 216253,71 DM Zug um Zug gegen Rückübereignung der hinsichtlich Abt. III lfd. Nr. 4 und 5 des Grundbuchs von, Blatt, lastenfreien Wohnung in nebst des Aufteilungsplans zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß sich der Beklagte hinsichtlich der Rückübereignung der Wohnung in Annahmeverzug befindet.

Der Beklagte wird verurteilt, die Kläger von der Forderung (Verwalter) der Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe von 18948,28 DM nebst Zinsen gemäß Beschluß des Amtsgerichts Hamm vom 29.12.1999 - 21 K 158/99 -, GA 384, 385, freizustellen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 6,55 % Zinsen aus 216253,71 DM seit dem 10.12.1997 zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern als Gesamtgläubigern den weitergehenden Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist oder noch entsteht, daß sie den am 18.2.1997 beurkundeten Wohnungskaufvertrag mit ihm abgeschlossen haben. Schäden aus gezahlten oder zu zahlenden Lebensversicherungsprämien zur Darlehnsfinanzierung können die Kläger allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus dieser Lebensversicherung verlangen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger zu 9 % und der Beklagte zu 91 %. Die Kosten der Berufungsinstanz werden den Klägern zu 8 % und dem Beklagten zu 92 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit vor der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet. Die Höhe der von den Klägern vor ihrer Vollstreckung zu leistenden Sicherheit beträgt 328000,- DM, die des Beklagten vor seiner Vollstreckung 3000,- DM.

Den Klägern wird gestattet, Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen.

Das Urteil beschwert die Kläger in Höhe von 23746,29 DM, den Beklagten in Höhe von 265701,99 DM.

Tatbestand:

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 18.2.1997 (UrkNr. 84/1997) des Notar in erwarben die Kläger vom Beklagten einen 859/100.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur Flurstück und verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung des Hauses nebst Keller, Nr. des Aufteilungsplans zu einem Kaufpreis von 240000,- DM. In § 3 des Vertrages wurde der Notar angewiesen, vom eingehenden Kaufpreis nach Ablösung von Belastungen 111300,- DM an die Fa. Immobilien in auszuzahlen und über den Restbetrag nach Weisung des Verkäufers zu verfügen. Gemäß § 15 des Vertrages sollten die Kosten des Vertrages und seiner Durchführung einschließlich der Grunderwerbssteuer sowie die Kosten der Verwalterzustimmung die Käufer tragen. Daten zum Vertrag hatte zuvor der Zeuge mit Schreiben vom 14.2.1997, GA 313, dem Notar mitgeteilt.

Wegen des näheren Inhalts des Vertrages wird auf die bei den Akten befindliche Kopie, Anlage (A) Bl. 13 ff. verwiesen.

Gleichfalls am 18.2.1997 schlössen die Kläger und die bank einen Darlehensvertrag zur Finanzierung des Kaufpreises von 240000,- DM über einen Zinssatz von 6, 55 %, dieser fest bis 30.3.2007. Die Tilgung der Darlehn sollte durch eine an die Bank abzutretende Kapitallebensversicherung erfolgen. Die Kläger schlössen deshalb einen Lebensversicherungsvertrag mit einer monatlichen Prämie von 328,- DM ab. Zur Sicherung der Darlehn wurden in Abt III lfd. Nr. 4 und 5 des Grundbuchs Grundschulden eingetragen. Da die Kläger kein Eigenkapital hatten, überwies das Immobilienbüro an die Kläger, das für sie vermittelnd tätig war, am 12./13.3.1997 insgesamt 28675,- DM als Darlehn zur Erlangung der Finanzierung.

Daraufhin zahlte die Bank am 11.4.1997 unter Treuhandauflage 238930,34 DM an den Notar aus. Mit Schreiben vom 3.6.1997, GA 314, teilte der Zeuge dem Notar mit, daß sämtliche Kosten, die die Kläger aus dem Kaufvertrag zu leisten hätten, insbesondere die Grunderwerbssteuer, aus dem Kaufpreis beglichen werden könnten. Die vom Notar darauf hin erteilte Abrechnung, GA 29, weist aus, daß nach Ablösung von Darlehn des Beklagten gemäß der Treuhandauflage in Höhe von 142904,03 DM, Zahlung einer Maklerprovision von 2220,08 DM für den Beklagten, vgl. Abtretung GA 344, 8400,- DM zur Zahlung der Grunderwerbssteuer, 235,- DM für die Gerichtskosten der Auflassungsvormerkung und 2188,45 DM zur Begleichung der Notargebühren verwandt wurden. Der Rest von 84052,44 DM ging an den die Fa. die aus dem Betrag am 27.6.1997, GA 294, 81500,- DM gemäß der Rechnung vom 24.3.1997, GA 419, an das Büro überwies.

Die Kläger wurden am 26.6.1997 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 28.7.1997 und 15.8.1997, GA 61 ff., forderte die Maklerin mit Kündigung das Darlehn von 28675,- DM von den Klägern zurück.

Mit Schreiben vom 18.9.1997, Anlage A 25, forderten die Kläger den Beklagten unter Hinweis, daß der Kaufpreis von 240000,- DM sittenwidrig überteuert und der Vertrag deshalb nichtig sei, zur Rückzahlung des Kaufpreises von 240000,- DM Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wohnung auf. Mit Schreiben vom 3.11.1997, Anlage A 26 f., an die Kläger lehnte der Beklagte die Rückzahlung ab.

Die Kläger vertreten die Auffassung, der Vertrag sei wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig und müsse rückabgewickelt werden. Sie haben behauptet, die Eigentumswohnung sei bei Kaufvertragsschluß höchstens 130000,- DM wert gewesen. Vergleichbare Wohnungen in demselben Haus würden für 99000,- DM von Maklern angeboten. Sie dagegen hätten 240000,- DM gezahlt. Die Zahlung der Maklerin in Höhe von 28675,- DM könne vom Kaufpreis von 240000,- DM nicht abgesetzt werden, da dieser Betrag als Darlehn gegeben und von der Maklerin nach Abschluß des Kaufvertrages zurückverlangt worden sei. Die sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises sei dem Beklagten schon deshalb bekannt gewesen, weil er aus dem Kaufpreis nur einen annähernd dem tatsächlichen Wert der Wohnung entsprechenden Betrag erhalten habe.

Zu den in erster Instanz im übrigen geltend gemachten Zahlungsanträgen haben die Kläger vorgetragen, sie hätten aus sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB einen Anspruch auf Ersatz von 8388,25 DM an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlendes Wohngeld (monatlich 405,- DM) und 4920,- DM Lebensversicherungsprämien (monatlich zu zahlen 328,- DM). Weiter stehe ihnen ein Anspruch auf Ersatz der Darlehnszinsen von 6.55 % seit 11.4.1997 und der Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zu, sie von allen Kosten aus der Rückabwicklung des Vertrages freizustellen.

Die Kläger haben beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 240000,- DM Zug um Zug gegen Rückübereignung der hinsichtlich Abt. III lfd. Nr. 4 und 5 des Grundbuchs von Blatt lastenfreien Wohnung in Obergeschoß nebst zugehörigen Stellplatz zu bezahlen;

2.

den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 6,55 % Zinsen aus 240000,- DM seit dem 11.4.1997 zu zahlen;

3.

den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 4920,- DM nebst 6,55 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4.

den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 8388,25 DM nebst 6,55 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

5.

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, sie von jeglichen Kosten, die aus der Rückabwicklung des Wohnungskaufvertrages vom 18.2.1997 resultieren, freizustellen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Meinung, der Kaufvertrag vom 18.2.1997 sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Er hat bestritten, daß die Wohnung nur einen Wert von 130000,- DM habe. Angesichts ihrer guten Lage betrage ihr Wert zwischen 2700,- DM und 3100,- DM/qm entsprechend dem Eigentumswohnungsindex für die Stadt. Darüber hinaus könne als Kaufpreis nicht 240000,- DM zugrunde gelegt werden : von ihm seien die Zahlung der Grunderwerbssteuer, der Gerichts- und Notargebühren sowie die Zahlung an die Makler und abzuziehen, so daß ein Kaufpreis von 198900,- DM in die Bewertung von Leistung und Gegenleistung einzustellen sei. Bei dem Verkauf habe es sich um einen Notverkauf gehandelt, deshalb könne aus dem Umstand, daß 1113000,- DM an die Makler gegangen seien, nicht auf einen Wert von 130000,- DM geschlossen werden. Er selbst habe die Wohnung 1986 für 161128,81 DM erworben.

Wohngelderstattung könnten die Kläger bereits deshalb nicht ersetzt verlangen, weil sie es nicht gezahlt hätten.

Das Landgericht Dortmund hat zum Wert der Wohnung und zum Nutzungswert Beweis durch Einholung des schriftlichen Gutachtens des Gutachterausschusses für Grundstücke in der Stadt erhoben. Auf das Gutachten vom 7.7.1999 in der Anlage zu den Akten wird verwiesen.

Das Landgericht Dortmund hat der Klage in den Anträgen 1,2, und 5 stattgegeben. Die Anträge zu 3 und 4 hat es mit Nutzungsvorteilen verrechnet, die den Klägern von April 1997 bis 23.2.2000 in Höhe von monatlich 682,50 DM Mietwert angerechnet werden müßten. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat das Vorliegen eines Rückzahlungsanspruchs aus § 812 BGB Zug um Zug gegen Rückübereignung der Wohnung wegen Sittenwidrigkeit bejaht, wobei es von einem Verkehrswert der Wohnung bei Kaufvertragsabschluß in Höhe von 120000,- DM und einem Kaufpreis von 240000,- DM ausgegangen ist. Somit übersteige, so das Landgericht, der Kaufpreis den Wert der Wohnung um das Doppelte, woraus auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten zu schließen sei. Der Kaufpreis sei nicht um die Kosten des Vertrages und der Grunderwerbssteuer zu vermindern, da diese gemäß § 15 des Vertrages von den Klägern neben dem Kaufpreis zu tragen seien. Der Betrag von 28675,- DM sei bereits deshalb nicht vom Kaufpreis abzuziehen, da er als Darlehn von dem Büro hingegeben worden sei und zurückgefordert werde. Darüber hinaus hat das Landgericht bezüglich der weiteren Zahlungsanträge, des Zinsantrages und des Feststellungsbegehrens einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB bejaht.

Wegen des weiteren Inhalts des Urteils wird auf die Entscheidungsgründe, GA 147 - 153, Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet.

Er behauptet, zwischen den Parteien habe von Anfang an Einigkeit darüber bestanden, daß die Kosten des Vertrages und seiner Durchführung einschließlich der Grunderwerbssteuer entgegen §§ 3, 15 des Vertrages im Kaufpreis von 240000,- DM enthalten sein sollten. Entsprechend habe der Notar abgerechnet. Darüber hinaus sei man sich einig gewesen, daß auch das zunächst von gewährte Darlehn zur Erlangung der Finanzierung in Höhe von 28675,- DM vom Kaufpreis abzusetzen sei, so daß sich der Kaufpreis in Wahrheit auf 198900,- DM belaufen habe. In der Tat sei das Darlehn dann durch Zahlung des Zeugen an zurückgezahlt worden. Der Kaufpreis von 198900,- DM stehe jedoch nicht in einem sittenwidrigen Verhältnis zum Wert der Wohnung. Dabei sei zu berücksichtigen, daß der Wert der Wohnung höher gewesen sei als von den Sachverständigen des Gutachterausschusses veranschlagt. Das Gutachten des Gutachterausschusses vom 7.7.1999 sei nämlich unrichtig : so erkläre es einerseits ausdrücklich, der aus den Vergleichsobjekten ermittelte Durchschnittsquadratmeterpreis beziehe sich auf Wohnungen ohne Tiefgaragen- oder Stellplatz; trotzdem zöge das Gutachten dann einen Betrag von 3000,- DM für das Fehlen eines Stellplatzes als Mangel ab. Darüber hinaus habe das Gutachten des Gutachterausschusses wie das von den Klägerin aus dem Zwangsversteigerungsverfahren vorgelegte Gutachten vom 3.3.2000 - dieses befindet sich in der Anlage C zur Akte; hierauf wird verwiesen - den Wert der Wohnung lediglich nach dem Vergleichswert- und Ertragswertverfahren ermittelt. Dabei sei das Sachwertverfahren zur Wertermittlung heranzuziehen. Im freihändigen Verkauf sei für eine vergleichbare Wohnung 1997 zumindest 2500,- DM/qm erzielt worden. Jedenfalls aber fehlten die subjektiven Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit: angesichts des früheren Kaufs für 161000,- DM sei er davon ausgegangen, daß die Wohnung inzwischen einen Wert von 227600,- DM erlangt habe.

Bezüglich des Anspruchs auf Erstattung von Lebensversicherungsprämien weist der Beklagte hilfsweise darauf hin, daß die Kläger bei Schadensersatzgewährung im Wege der Vorteilsausgleichung Ansprüche aus der Lebensversicherung nach Rückabtretung durch die Bank an ihn abtreten müßten. Insoweit werde ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht.

Bezüglich des Wohngeldes könnten die Kläger allenfalls Freistellung von den Wohngeldkosten begehren.

Der Beklagte beantragt,

in teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Kläger beantragen,

1.

die gegnerische Berufung zurückzuweisen,

2.

ihnen zu gestatten, eine von ihnen zu leistende Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer Großbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen, im Wege der Anschlußberufung beantragen sie,

1.

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 240000,- DM Zug-um-Zug gegen Rückübereignung der hinsichtlich Abt. III lfd. Nr. 4 und 5 des Grundbuchs von Blatt lastenfreien Wohnung in Obergeschoß zu zahlen,

2.

den Beklagten zu verurteilen, sie von der Forderung in Höhe von 18948,28 DM nebst Zinsen gemäß beigefügten Beschluß des Amtsgerichts Hamm vom 29.12.1999 (GA 384, 385) freizustellen,

3.

festzustellen, daß sich der Beklagte hinsichtlich der Rückübereignung der Wohnung Obergeschoß in Annahmeverzug befindet,

4.

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihnen als Gesamtgläubigern den Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist und noch entsteht, daß sie den am 18.2.1997 beurkundeten Wohnungskaufvertrag mit dem Beklagten abgeschlossen haben.

Die Kläger behaupten, sie hätten mit dem Beklagten einen Kaufpreis von 240000,- DM vereinbart. Es habe sich nicht um einen Bruttopreis gehandelt, in dem Grunderwerbssteuer, Notar- und Gerichtskosten sowie das Eigenkapital ersetzende und von dem Büro ihnen hingegebene Darlehn von 28675,- DM enthalten gewesen sei. Im Verhältnis des Kaufpreises zum Wert der Wohnung von 120000,- DM bzw. 122000,- DM - den das Gutachten des Gutachterausschusses ebenso wie das Gutachten zutreffend ermittelt hätten - liege ein grobes Mißverhältnis iSd § 138 BGB vor. Die subjektiven Voraussetzungen würden vorliegen : dem Beklagten sei bei Vertragsschluß der niedrige Wert der Wohnung und die dies ergebenden tatsächlichen Verhältnisse bekannt gewesen: Die Wohnung habe vor dem Verkauf an sie ca. 9 Monate unstreitig leer gestanden; der Wohnkomplex zeichne sich durch schwere Verkäuflichkeit und Vermietbarkeit aus; in ihm hätten Zwangsversteigerungen in erheblichem Maße stattgefunden.

Mit der Rückübereignung befinde sich der Beklagte in Annahmeverzug.

Darüber hinaus ständen ihnen wegen des sittenwidrigen Verhaltens des Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluß und § 826 BGB Schadensersatzansprüche zu.

So seien sie berechtigt, vom Beklagten Freistellung bezüglich der Forderung der Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe von 18948,28 DM Wohngeld zu verlangen. Der Feststellungsantrag sei zulässig und rechtfertige sich, da der entstandene und entstehende Schaden nicht abschließend beziffert werden könne. So würden sie beispielsweise bis zur endgültigen Rückabwicklung des Kaufvertrages für zwischenzeitlich entstandene öffentlichrechtliche Abgaben, Lebensversicherungsprämien und Wohngeld haften. Sie wären bereit, nach Rückabtretung durch die Bank Lebensversicherungsansprüche an den Beklagten abzutreten.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlußberufung zurückzuweisen.

Wegen des Inhalts des Vortrags der Parteien im einzelnen wird auf die zwischen den Parteien gewechselte Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Auf die in der Anlage befindlichen Kopien aus der Grundakte Grundbuch von Blatt wird Bezug genommen.

Der Beklagte und der Zeuge haben in den mündlichen Verhandlungen vor dem Senat Unterlagen überreicht. Auf diese - GA 342 ff., GA 418 ff. - wird verwiesen. Gleichfalls wird auf das Fax des Notar vom 11.1.2001 nebst Anlagen - GA 311 ff.- Bezug genommen; diese Unterlagen haben die Parteien zur Kenntnis in Kopie erhalten.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.5.2001 die Zeugen und über die in ihr Wissen gestellten Tatsachen vernommen.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls in Verbindung mit dem Berichterstattervermerk, GA 432 ff., Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat nur teilweise Erfolg. Die Anschlußberufung der Kläger ist begründet.

Den Klägern steht gegen den Beklagten aus §§ 812, 138 BGB und Verschulden bei Vertragsschluß/ § 826 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, um die Anrechnung der Nutzungsvorteile auf 216523,71 DM vermindert, Zug um Zug gegen Rückübereignung der Wohnung zu (A.). Mit der Rückzahlung des Betrages von 216523,71 DM ist der Beklagte in Annahmeverzug (B.). Darüber hinaus können die Kläger aus Verschulden bei Vertragsschluß/ § 826 BGB Freistellung von der Inanspruchnahme aus der Forderung der Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe von 18948,28 DM vom Beklagten verlangen (C.).

Die Kläger haben im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf Zahlung von 6,55 % Zinsen (D.) und das Recht zur Feststellung der Pflicht des Beklagten zum Ersatz weitergehenden Schadens (E.).

A.

I.

Aus §§ 812, 138 BGB rechtfertigt sich der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen Sittenwidrigkeit des Wohnungskaufvertrages, weil der Kaufpreis den Wert der Wohnung mit 96,7 % in besonders groben Mißverhältnis übersteigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig, wenn ein besonders grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Das bejaht die Rechtsprechung, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung ist. Ein solches grobes Mißverhältnis läßt in der Regel den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (BGH NJW 2001, 1127; NJW 2000, 1487; NJW 1996, 1204; NJW 1994, 1346; NJW 1992, 899). Dieses grobe Mißverhältnis hat der Bundesgerichtshof bereits bei Prozentsätzen von 77,7 % (BGH WM 1980, 597), 81,8 % (NJW-RR 1991, 589)und 82,9 % (WM 1984, 874) bejaht.

a)

Ein besonders grobes Mißverhältnis zwischen der Leistung, der Übertragung von Miteigentum am Grundstück und Sondereigentum an der Wohnung, und dem Kaufpreis liegt vor.

aa)

Der Wert der Leistung betrug im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 122000,- DM.

Dieses ergibt sich aus der Heranziehung des Gutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt vom 7.7.1999. Das Gutachten hat den Wert des Objekts im Vergleichs - und im Ertragswertverfahren ermittelt und die so errechneten Werte zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt. Allerdings hat der Senat entsprechend dem Angriff des Beklagten den von den Gutachtern ermittelten Endwert von 120000,- DM auf 122000,- DM erhöht: die Gutachter haben von dem im Vergleichswertverfahren erzielten Wert der Wohnung in Höhe von 127530,- DM neben einem - gerechtfertigten - Abschlag wegen Mängel und Schäden einen weiteren in Höhe von 3000,- DM abgesetzt - vgl. Bl. 15 Gutachten - und zur Begründung angeführt, das Fehlen eines Stellplatzes bzw. Tiefgaragenplatzes sei ein Mangel.

Diese Bewertung ist unrichtig : unstreitig haben die Kläger durch den Erwerbsvertrag keinen Stell- oder Tiefgaragenplatz erworben. Auch der Erwerbsvertrag des Beklagten in der Anlage führt einen Stellplatz nicht auf. Entsprechend haben die Gutachter bei der Ermittlung des Vergleichswertes einen Tiefgaragen- oder Stellplatzanteil - nicht werterhöhend berücksichtigt. Ist aber die Wohnung ohne Stellplatz veräußert, so kann das Fehlen eines nicht mitverkauften Stellplatzes nicht als Mangel vom Verkehrswert abgezogen werden.

Schlägt man deshalb den Abzug von 3000,- DM dem im Vergleichswertverfahren ermittelten Verkehrswert von 122530,- DM wieder zu, ergeben sich abgerundet 125000,- DM. Stellt man diesen Vergleichswert in die auf Bl. 17 des Gutachtens vorgenommene Verkehrswertberechnung aus Vergleichs- und Ertragswert ein -75 % Vergleichswert und 25 % Ertragswert -, so ergeben 75 % von 125000,- DM und 25 % von 114000,- DM abgerundet einen Verkehrswert von 122000,- DM.

Der Wertansatz des Gutachterausschusses wird durch das Gutachten im Zwangsversteigerungsverfahren der Wohnung nicht erschüttert. Nach Ermittlung des Vergleichswertes und des Ertragswertes der Wohnung hat der Sachverständige allerdings nicht zum Stichtag des Kaufvertrages, sondern zum 28.2.2000, ebenfalls einen Verkehrswert von 122000,- DM errechnet.

Im Senatstermin vom 18.1.2001 ist der Sachverständige nicht gehört worden. Die Parteien haben auf eine erneute Ladung des Sachverständigen zum 31.5.2001 im Senatstermin vom 18.1.2001 verzichtet.

Unabhängig davon ist der Einwand des Beklagten, die Gutachter hätten das Sachwertverfahren anwenden müssen, nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 7 der Wertermittlungsverordnung sind zur Ermittlung des Verkehrswertes das Vergleichswert -, das Ertragswert -, das Sachwertverfahren oder mehrere Verfahren heranzuziehen. Die Verfahren sind nach der Art des Gegenstands der Wertermittlung unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu wählen.

Das Gutachten des Gutachterausschusses führt auf Bl. 11 auf, daß der Verkehrswert von Wohnungseigentum vorzugsweise nach dem Vergleichswertverfahren zu ermitteln sei. Lasse sich dieses nicht durchführen, sei der Verkehrswert aus dem Ertrags- bzw. Sachwertverfahren abzuleiten. Vergleichspreise für Wohnungseigentum würden dem Gutachterausschuß in ausreichender Anzahl vorliegen. Zur Unterstützung werde das Ertragswertverfahren herangezogen.

Diese Beurteilung stimmt mit der Kommentierung von Aust/Jacobs (Die Enteignungsentschädigung, 4. Aufl., S. 45; vgl. auch BGHR BauGB § 194) überein. Danach kommt das Vergleichswertverfahren zur Anwendung, wenn und soweit Kaufpreise geeigneter Vergleichsgrundstücke/- Wohnungen in ausreichender Anzahl vorhanden sind. Es liegt auf der Hand, daß das Vergleichswertverfahren anhand der Kaufpreise von Vergleichsobjekten genauer und marktgerechter als die Sachwertermittlung ist, bei welcher der Verkehrswert nach dem Bodenwert und dem Bauwert der vorhandenen Gebäude und Anlagen ermittelt und je nach dem Alter der Objekte mit hohen, die Gefahr von Ungenauigkeit bergenden Abschlägen gearbeitet wird. Hierfür ist der vorliegende Fall exemplarisch, ist die im Wert zu schätzende Wohnung doch bereits 25 Jahre - nach dem Expose Anlage A 1 sogar 27 Jahre - vor Abschluß des Kaufvertrages errichtet worden. Deshalb bietet sich das Sachwertverfahren zur Wertermittlung nur dann an, wenn ein Markt nicht vorhanden ist. Das ist gerade bei Eigentumswohnungen anders.

Auch der Sachverständige hat nicht das Sachwertverfahren angewandt, sondern - wie das Gutachten des Gutachterausschusses - auf Vergleichswert- und Ertragswertverfahren zur Wertermittlung abgestellt. Daß und weshalb ein Obergutachten entgegen den Ausführungen der Sachverständigen und den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHR BauGB § 194) aufgestellten Regeln dem Sachwertverfahren den Vorzug geben muß, ist nicht dargelegt.

Im Rahmen des Vergleichswertverfahrens hat der Gutachterausschuss 14 Vergleichsverkäufe berücksichtigen können, die sämtlich aus derselben, immerhin 5 km vom Zentrum in liegenden Wohnanlage stammen, in der auch die Wohnung der Kläger liegt, und einen gemittelten Preis von 1635,- DM/qm errechnet. Daß diese Wohnungen durchweg kleiner sind, ist bei Mindergrößen um nicht einmal 10 % zu vernachlässigen.

Weitere Umstände sprechen für die Richtigkeit einer Bewertung in Höhe von 122000,- DM und gegen die Behauptung des Beklagten, vergleichbar seien nur die Durchschnittspreise bei Wohnungsverkäufen in 1996 und 1997 in Höhe von 2500,- bis 3100,-DM/qm:

Der Beklagte selbst hat 1985 für die 1972 (oder gar nach dem Expose 1970) errichtete und 78 qm große Wohnung 144183,25 DM netto gezahlt (vgl. S. 11 der notariellen Urkunde - UR-Nr. 1961/1983 des Notars - vom 5.12.1983). Daß er wertsteigernde Investitionen in der Wohnung vorgenommen hat, ist vom Beklagten nicht vorgetragen worden.

Die von ihm vorgelegte Mehrerlösvereinbarung mit dem Zeugen GA 342, nennt einen Verkaufspreis von 128700,- DM. Dementsprechend sollten gemäß § 3 des Kaufvertrages der Parteien vom Verkaufspreis von 240000,- DM 111300,- DM an die Fa. gezahlt werden.

bb)

Der Wert der Gegenleistung der Kläger beläuft sich auf einen Kaufpreis von 240000,- DM.

Dieser übersteigt mit 96,7 % den Wert der Leistung. Damit liegt der Kaufpreis quasi doppelt so hoch wie der Wert der Wohnung.

Nach dem Inhalt der Vertragsurkunde und dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat ist die Behauptung des Beklagten widerlegt, zwischen den Klägern und dem Beklagten sei von Anfang an bei Vertragsschluß unter Berücksichtigung, daß aus dem Kaufpreis die Vertragskosten nebst Grunderwerbssteuer und ein Betrag von 28675,- DM an den Zeugen zurückgezahlt werden sollte, nur ein Kaufpreis von rund 198900,- DM vereinbart worden und deshalb entfalle eine Sittenwidrigkeit.

Nach dem Wortlaut von § 3 der Vertragsurkunde, die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat (Palandt - Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 125 Rdn 15), beträgt der Kaufpreis 240000,- DM, nicht 198900,- DM. Daß der Kaufpreis von vornherein vermindert um Kosten gezahlt werden sollte, ergibt sich aus dem Vertrag nicht - im Gegenteil : § 15 des Vertrages sieht vor, daß der Käufer die Kosten des Vertrages und seiner Durchführung einschließlich der Grunderwerbssteuer wie der Verwalterzustimmung trägt. Die Kläger sollten danach einen Kaufpreis von 240000,- DM auf Notaranderkonto zahlen und die Vertragskosten tragen.

Auch der beurkundende Notar schildert in seinem Fax vom 11.1.2001, GA 311 f., das vor dem Termin vom 18.1.2001 den Parteien zugegangen ist und daß diese nicht zum Anlaß genommen haben, den Zeugen zu seiner mündlichen Vernehmung zu laden, daß der Zeuge ihm mit den Vertrag vorbereitendem Schreiben der Sachbearbeiter, vom 14.2.1997, GA 313, einen Kaufpreis von 240000,- DM mitgeteilt habe. Da in seiner, des Zeugen, Gegenwart keine Verhandlungen geführt worden seien, etwa darüber, daß aus dem Kaufpreis Kosten bezahlt oder gar Darlehn abgelöst werden sollten, sei er von der Vereinbarung eines "ganz normalen" Kaufpreises von 240000,- DM ausgegangen. Erst später bei der Abwicklung über Notaranderkonto sei ihm mit Schreiben des Zeugen vom 3.6.1997, GA 314, mitgeteilt worden, daß sämtliche Kosten, die die Kläger aus dem Kaufvertrag zu leisten hätten, einschließlich der Grunderwerbssteuer aus dem abgetretenen Kaufpreisanspruch beglichen werden könnten.

Die vom Beklagten im Senatstermin vom 18.1.2001 überreichten Unterlagen, GA 342 ff., bestätigen einen Kaufpreis von 240000,- DM. So enthält die Abtretungsvereinbarung des Beklagten mit dem Zeugen GA 347, einen Kaufpreis von 240000,- DM, aus dem ein Betrag in Höhe von 111300,- DM an den Zeugen abgetreten wird. Exakt den Kaufpreis in Höhe von 240000,- DM und eine Abtretung in Höhe von 111300,- DM enthält der Kaufvertrag. Wenn der Zeuge oder der Beklagte mit den Klägern demgegenüber vor Vertragsschluß die Absprache getroffen hätten, die Kosten des Vertrages sollten aus dem Kaufpreis beglichen werden, so hätte sich diese Abrede in den Vereinbarungen des Beklagten mit dem Zeugen widerspiegeln müssen. Man hätte dann eine Kostentragungsabrede entweder unter Beteiligung des Beklagten oder seiner Freistellung getroffen. Eine solche fehlt.

Der Beklagte hat lediglich den Notar am 18.2.1997 angewiesen, aus dem Kaufpreis nach Hinterlegung ein Maklerhonorar in Höhe von 2220,07 DM ab die Fa. Immobilien GmbH zu zahlen, GA 344.

Die Vernehmung der Zeugen und führt nicht zur Widerlegung des durch das Schreiben des Notars vom 11.1.2001 bestätigten Inhalts der Urkunde. Der Zeuge hat zwar zunächst bekundet, es sei dem Notar mitgeteilt worden, daß aus dem Betrag von 111300,- DM im Kaufvertrag die Kosten der Kläger gezahlt werden sollten. Auf Vorhalt des Notarschreibens vom 11.1.2001, GA 311 f., korrigierte er sich aber dann und erklärte, sie hätten den Käufern mitgeteilt, wenn der Kaufpreis komme, würden die Kosten bezahlt. Der Zeuge wies allerdings darauf hin, bei Kaufvertragsabschluß sei nicht darüber gesprochen worden, daß das von der Fa. für die Erlangung der Bankfinanzierung des Kaufpreises hingegebene Darlehn von 28675,- DM oder gar Kosten der Küche aus dem Kaufpreis bezahlt werden sollten. Eingangs seiner Aussage hatte der Zeuge aber angegeben, die Kläger hätten Probleme mit der Finanzierung, der Renovierung (Einbau einer Küche) und der Provision gehabt und Herr habe erklärt, daß man einen höheren Kaufpreis vereinbaren könne, um diese Kosten herein zu rechnen.

Demgegenüber gab der Zeuge an, es sei vereinbart worden, daß neben den Vertragskosten auch das Darlehn von 28675,- DM abgelöst werden sollte. Gegen diese Aussage spricht bereits, daß der Zeuge mit Schreiben vom 28.7.1997, GA 61, über die Anwälte die Kläger zur Rückzahlung des Darlehns von 28675,- DM aufforderte und mit Schreiben vom 15.8.1997, GA 63, das Darlehn kündigte, obwohl er durch Überweisung vom 27.6.1997, GA 294, vom Zeugen 81500,- DM erhalten hatte. Dieser Betrag entstammt dem Auszahlungsbetrag des Notars in Höhe von 84052,44 DM, GA 29, den dieser an den Zeugen aus dem Kaufpreis ausgezahlt hatte. Wenn das Darlehn aus dem Kaufpreis getilgt werden sollte, hätte kein Anlaß für die später erfolgte Rückzahlungsforderung des Zeugen bestanden und die Kläger hätten die bereits erfolgte Zahlung umgehend entgegengehalten. Auch die vom Zeugen überreichte Rechnung des Zeugen vom 27.3.1997, GA 419, führt den Darlehnsbetrag nicht auf. Daß er in dem in der Rechnung aufgeführten Betrag von 32500,- DM steckte, wie der Zeuge bekundete, ist nicht nachvollziehbar. Denn der Darlehnsbetrag von 28675,- DM sowie die auf GA 29 aufgeführten Vertragskosten von 2188,45 DM plus Grunderwerbssteuer in Höhe von 8400,- DM, addiert 39263,45 DM, - die nach der Aussage des Zeugen aus dem Kaufpreis gezahlt werden sollten - übersteigen den Betrag von 32500,- DM erheblich. Gleichfalls enthalten das Schreiben des Zeugen an den Notar zur Gestaltung der Auszahlung, GA 314, und die Auszahlungsanordnung des Notars keinen Hinweis, daß das Darlehn mit der Auszahlung getilgt werden sollte.

(Nimmt man aber bereits den Betrag von 28675,- DM aus dem nach der Behauptung des Beklagten zu zahlenden Kaufpreis heraus, bleibt ein Preis von (198900,- DM + 28675,- DM =) 227575,- DM, der den Verkehrswert von 122000,- DM im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses um 86,5 % übersteigt. Auch das wäre ein grobes Mißverhältnis iSd § 138 BGB.)

Beide Zeugen haben auch nicht nachvollziehbar erklären können, weshalb sie eine andersartige Ausgestaltung des Vertrages zum Vorteil der Kläger nicht ermöglicht haben, wenn doch die Kosten des Vertrages aus dem Kaufpreis bezahlt werden sollten. Stattdessen haben sie - beide Zeugen waren bei Vertragsschluß anwesend - den einen Kaufpreis von 240000,- DM und unabhängig davon die Kostenpflicht der Kläger festschreibenden Vertragsregelungen hingenommen.

Die Aussagen der Zeugen und werden darüber hinaus auch durch die Bekundung des Zeugen und werden darüber hinaus auch durch die Bekundungen des Zeugen nicht bestätigt, der in die Finanzierung der Kläger eingeschaltet war. Der Zeuge ist davon ausgegangen, daß ein Kaufpreis von 240000,- DM und die Nebenkosten finanziert werden müßten. Darüber, daß die Kosten des Vertrages und der Finanzierung aus dem Kaufpreis bestritten werden sollten, sei, so der Zeuge, nie direkt gesprochen worden.

Die Zeugin schließlich gab lediglich an, sie wisse nicht, ob mit den Klägern über ein zu zahlendes Darlehn und darüber gesprochen worden sei, daß die Nebenkosten des Vertrages aus dem Kaufpreis finanziert würden.

Nach alledem ist davon auszugehen, daß die Parteien einen Kaufpreis von 240000,- DM vereinbart hatten, der Zeuge erst mit Schreiben vom 3.6.1997, GA 314, eine Zahlung von Vertragskosten und Grunderwerbssteuer aus dem Kaufpreis einleitete.

cc)

Übersteigt der Wert des Kaufpreises den des Grundstücks um 96,3 % nahezu um das Doppelte, läßt dieses den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten zu. Nach der Entscheidung des BGH, NJW 2001, 1127, ist der Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung sogar dann zulässig, wenn er keine Kenntnis von dem Wertverhältnis gehabt hätte; auf eine Kenntnis von einem außergewöhnlichen Zugeständnis kommt es nicht an. Besondere Umstände, die diese Vermutung erschüttern, liegen nicht vor. Im Gegenteil sprechen folgende Umstände für eine Kenntnis des Beklagten von dem Wertverhältnis: Der Beklagte wußte, daß er eine ältere Wohnung 1985 für 144183,25 DM netto, 160203,61 DM brutto samt Damnum für die Fremdfinanzierung und Geschäftsbesorgungshonorar von 2 % gekauft hatte. Daß er wertsteigernde Investitionen vorgenommen hatte, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Er hat selbst behauptet, daß ein Großteil der Wohnungen in der 5 km vom Zentrum liegenden Wohnanlage 1996 und 1997 zwangsversteigert wurde, GA 206, ein Umstand, der sich erfahrungsgemäß eher ungünstig auf den Verkaufswert von weiteren Wohnungen derselben Anlage auswirkt. Darüber hinaus haben die Kläger unbestritten behauptet, daß die Wohnung vor dem Verkauf an sie 9 Monate leer stand, GA 250; was dem Beklagten bekannt war. Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, daß die Vereinbarung des Beklagten mit über einen Mindestpreis von 128700,- DM bei einem Preis von 1650,- DM/m² für die Wohnung, GA 342, in etwa den tatsächlichen Wert der Wohnung dem Beklagten sichern und der Übererlös zu 240000,- DM als Anreiz und zur Provisionsabdeckung des Einsatzes mehrerer Makler zur Ermöglichung eines schwierigen Verkaufs dienen sollte. So ergibt sich aus der Mehrerlösvereinbarung, GA 342, bereits der Einsatz von zwei Maklern (Fa. und ). Das Maklerbüro kommt hinzu. Den vom Beklagten nach seinem Vortrag für die Wohnung behaupteten Preis von 2700,- bis 3100,- DM/qm (gute Wohnlage hat er selbst in seiner Mehrerlösvereinbarung mit dem Zeugen nicht angesetzt.

2.

Der Höhe nach ist der Anspruch aus §§ 812, 138 BGB auf 216253,71 DM begrenzt. Zug um Zug gegen Rückzahlung haben die Kläger das Sondereigentum an der Wohnung nebst Keller samt den Miteigentumsanteilen am Grundstück lastenfrei um die in Abt. III lfd. Nr. 4 bis 5 eingetragenen Grundpfandrechte zurück zu gewähren. Demgegenüber brauchen die Kläger die in Abt. III lfd. Nr. 6 zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen des Wohngeldes eingetragene Sicherungshypothek über 18948,28 DM deshalb nicht zu beseitigen, weil sie im Wege des Schadensersatzes Freistellung bezüglich des Wohngeldrückstandes von dem Beklagten verlangen können (siehe unten C.). Die Kläger haben mit ihrer Anschlußberufung ihren Zug-um-Zug-Antrag in einem anderen Punkt umgestellt : da ihnen ein Stellplatz nicht verkauft wurde, beantragen sie zu Recht, die vom Landgericht insoweit ausgesprochene Rückgewährpflicht entfallen zu lassen.

Der Beklagte hat Gegenansprüche aus Wohnnutzungsvorteilen. Da angesichts des Vorliegens von § 138 BGB nicht die Saldotheorie gilt, findet keine automatische Ermittlung des Bereicherungsüberschusses statt (BGH NJW 2001, 1127). Der Beklagte hat aber mit Ansprüchen auf Erstattung von Wohnnutzungsvorteilen bereits in erster Instanz die Aufrechnung erklärt, GA 27. In Wahrheit handelt es sich um die Anrechnung von Vorteilen; abgesehen davon, daß der Anspruch der Kläger nicht nur aus unerlaubter Handlung, sondern auch aus § 812 BGB folgt, steht § 393 BGB dieser Anrechnung im Wege des Vorteilsausgleichs nicht entgegen (Palandt aaO § 393 Rdn 2). Der vom Landgericht in seinem Urteil bis 23.2.2000 ermittelte Betrag von 23746,29 DM - ausgehend von einem durch das Gutachten des Gutachterausschusses ermittelten Mietwert von 682,50 DM monatlich - ist in der Berufungsinstanz weder angegriffen noch erweitert worden. Da die Klägerin angegeben hat, die Wohnung werde durch sie und ihrem Mann nicht mehr genutzt, vermochte der Senat auch aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keine weitere Nutzungsvorteilsberechnung vornehmen.

II.

Aus Verschulden bei Vertragsschluß und § 826 BGB steht den Klägern ein Schadensersatzanspruch zu, der die Rückzahlungsforderung rechtfertigt. Dessen Voraussetzungen sind unten im Kapitel C. des Urteils dargelegt.

B.

Die Feststellungsklage bezüglich des Annahmeverzugs ist zulässig und begründet.

Annahmeverzug ist eingetreten, weil der Beklagte die ihm angebotene Rückauflassung abgelehnt hat. Verlangt der Grundstückskäufer bereits vorprozessual Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückauflassung - Schreiben vom 18.9.1997, Anlage A 25 - und lehnt der Verkäufer dieses ab - Schreiben vom 3.11.1997, Anlage A 26 -, so kommt er durch das wörtliche Angebot im Zahlungsantrag mit Klagezustellung in Annahmeverzug (BGH NJW-RR 1992, 201; Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf, 7. Aufl., Rdn 145).

C.

Aus Verschulden bei Vertragsschluß und § 826 BGB hat der Beklagte zum einen die auf 216253,71 DM verminderte Kaufpreisforderung zurück zu gewähren; darüber hinaus steht den Klägern ein Schadensersatzanspruch auf Freistellung von der Inanspruchnahme aus der Forderung der Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe von 18948,28 DM zu.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bejaht eine Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens desjenigen, der einen sittenwidrigen, einseitig ihn begünstigenden Vertrag zum Nachteil des anderen verwendet und daran festhält. Der Haftungsgrund besteht in der Verletzung vorvertraglicher Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Vertragspartner (BGH NJW 1996, 1204; NJW 1987, 639; Palandt aaO § 276 Rdn 77). Der Anspruch besteht unabhängig von § 826 BGB (BGH NJW 1987, 639). Der Beklagte wußte, daß die Kläger die Wohnung mit einem Kaufpreis von 240000,- DM bei weitem überteuert erwarben. Aus diesem Grunde haftet der Beklagte auch aus § 826 BGB. Der Beklagte hat den Klägern in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt, indem er ohne Rücksicht auf die Vermögensinteressen der Kläger diesen eine weitaus überteuerte Wohnung veräußerte, für deren Kauf sie unter Zugrundelegung des Marktpreises nur wenig mehr als die Hälfte des Kaufpreises hätten aufwenden dürfen.

Die sittenwidrige Überteuerung und der bei den Klägern eingetretene Schaden waren vom Vorsatz des Beklagten umfaßt.

Da der Schadensersatzanspruch der Kläger auf die Rückgängigmachung des Vertrages und seiner Folgen gerichtet ist, können die Kläger die Freistellung von der Inanspruchnahme aus der Forderung (Verwalter) der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Wohngeld in Höhe von 18948,28 DM nebst Zinsen gemäß dem Beschluß des Amtsgerichts Hamm vom 29.12.1999 - 21 K 158/99 - verlangen. Die Freistellung hat der Beklagte in der Berufungsbegründung ausdrücklich für den Fall der Unwirksamkeit des Vertrages angeboten, GA 192. Zum Anschlußberufungsantrag hat der Beklagte nicht eigens Stellung genommen.

D.

Der Beklagte hat 6,55 % Zinsen von 216253,71 DM zu zahlen. Auch dieser Schadensersatzanspruch ist aus Verschulden bei Vertragsschluß und § 826 BGB begründet. Der Zinssatz von 6,55 % wird den Klägern für die ihnen gewährten Darlehn der bank berechnet, GA 66. Die Wertstellung erfolgte zum 11.4.1997, GA 69 f.. Einwände gegen die Zinsverurteilung trägt der Beklagte im übrigen nicht vor.

E.

Auch der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Die Kläger können den weitergehenden entstandenen und entstehenden Schaden bislang nicht abschließend beziffern. Aus der Rückabwicklung des Vertrages, zumal aus der vorzeitigen Auflösung des Darlehnsvertrages, der Pflicht zur Zahlung öffentlichrechtlicher Grundabgaben und des zukünftigen Wohngeldes, sind den Klägern möglicherweise weitergehende Schäden als in den übrigen Verurteilungsaussprüchen berücksichtigte entstanden oder drohen ihnen. Auch gegen diesen Anschlußberufungsantrag trägt der Beklagte Einwände nicht vor.

Den Schaden bislang zur Tilgung des Darlehns gezahlter und zu zahlender Lebensversicherungsprämien können die Kläger im Wege der Vorteilsausgleichung allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung nach Rückabtretung durch die bank AG verlangen. Das bieten die Kläger ausdrücklich an, GA 251.

F.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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