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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: 22 U 98/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.04.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld wird durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 II ZPO zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

Der Senat verweist zur Begründung zunächst auf die Gründe seines Hinweisschreibens vom 13.09.2007, durch welches der Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme gem. § 522 II S. 2 ZPO gegeben worden ist.

Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.09.2007 erhobenen Einwendungen führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung durch den Senat.

I.

Die Einwendungen gegen das Vorliegen einer Beratungspflichtverletzung und eine Haftung dem Grunde nach sind unbegründet.

1.

Keineswegs hat der Senat verkannt, dass die Unterdeckung des Mietpools im Jahre 2002 deutlich gesunken war. Dies ist explizit unter 1. a) des Schreibens vom 13.09.2007 ausgeführt.

2.

Auch wenn die Beklagte die von ihr im Jahre 2002 an den Mietpool vorgenommene Zahlung in Höhe von 46.016,27 € zum Ausgleich von Mindereinnahmen auf Grund von Leerständen im Zusammenhang mit dem Wohnungsverkauf vorgenommen hat, bleibt es auch unter Berücksichtigung dieses "Sondereffektes" bei einem negativen Mietpoolergebnis. Aus dem von der Beklagten insoweit zitierten Protokoll zur Mietpoolversammlung vom 04.11.2002 ergibt sich zudem per 31.10.2002 ein durchschnittlicher Leerstand in 2002 von 12 Wohnungen. Zum Verkaufszeitpunkt am 26.03.2003 hatte sich die Vermietungssituation wieder verschlechtert, was sich daraus ergibt, dass das Protokoll vom 07.04.2003 "zum jetzigen Zeitpunkt" 15 nicht vermietete Wohnungen ausweist und zudem auf zusätzliche Belastungen durch Außenstände hingewiesen wird.

3.

Auf die von der Beklagten vertretene Auffassung, es habe wegen der Konstruktion des Mietpools nicht einmal das "übliche" Mietausfallrisiko berücksichtigt werden müssen, kommt es nicht an. Fest steht, dass die Beklagte bei ihrer Mietkalkulation von 3,32 €/m² (vor Abzug von Verwaltungskosten) die sich aus den Leerständen ergebenden Ausfälle, die ein "übliches" Mietausfallrisiko weit überstiegen, nicht oder jedenfalls nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt hat.

Im Übrigen entnimmt der Senat der Entscheidung des BGH vom 20.07.2007 - V ZR 227/06 - (Rn 11), dass zumindest ("nicht nur") die Einkalkulierung eines Mietausfallrisikos erforderlich ist.

II.

Die Vermutung der Kausalität des Beratungsfehlers für den Kaufentschluss des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erschüttert. Für die Möglichkeit eines bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingetretenen Entscheidungskonfliktes gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Nach § 1 des Vertrages über Einziehung und Verwendung von Mieteinnahmen legte der Kläger Wert auf eine Sicherung vor vollständigen Mietausfällen während eventueller Leerstände seiner Wohnung. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass er auch im

Übrigen in Bezug auf die Höhe seines monatlichen Eigenaufwandes keine erkennbaren Risiken eingehen wollte und daher von dem Kauf der Wohnung abgesehen hätte, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass sich sein Eigenaufwand im Hinblick auf die in dessen Berechnung nicht oder nur unzureichend berücksichtigten Risiken deutlich erhöhen könnte (vgl. BGH a.a.O. Rn 19).

Es wäre auch keineswegs naheliegend gewesen, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung zwar den Kaufvertrag geschlossen hätte, nicht jedoch dem Mietpool beigetreten wäre. Dem Kläger kam es erkennbar darauf an, keinen eigenen Vermietungs- und Verwaltungsaufwand zu haben und diese Aufgaben, die - nach üblicher Darstellung der Beklagten in anderen Verfahren - nicht unerhebliche Kenntnisse beispielsweise bezüglich der Erstellung von Nebenkostenabrechnungen voraussetzen, einem professionellen Verwalter zu übertragen und einem Mietpool beizutreten.

III.

Die übrigen Einwendungen der Beklagten sind ebenfalls nicht stichhaltig.

1.

Es ist zwar zutreffend, dass der Kläger im Wege der Zug um Zug-Leistung die Wohnung auch frei von - außer der eingetragenen Grundschuld der Sparda-Bank I - eingetragenen Belastungen zurückzugeben hat. Dass tatsächlich weitere Belastungen auf der Wohnung liegen, die ebenfalls abgelöst werden müssen, behauptet die Beklagte selbst nicht.

Im Übrigen ist der genannte Einwand von der Beklagten innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht vorgebracht worden, so dass es insoweit an einem zulässigen Berufungsangriff fehlt. Der Senat hat sich hiermit im Hinweisschreiben vom 13.09.2007 auch nicht befasst und hatte hierzu mangels Rüge auch keine Veranlassung.

2.

Eine Anrechnung der Mieteinnahmen im Wege des Vorteilsausgleichs auf den mit dem Klageantrag zu 1. verfolgten und bezifferten Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung ist nicht vorzunehmen.

Im Falle der Beschränkung des Schadensersatzes auf die Rückabwicklung des Leistungsaustausches (Immobilie gegen Kaufpreis) und auf die Erstattung der mit dem Vertragsschluss verbundenen Nebenkosten (Notargebühren, Maklerprovision u. ä.) braucht sich der Käufer einen nutzungsbedingten Vorteil nicht anrechnen zu lassen, wenn er seinerseits dem Verkäufer die aus der Kaufsumme gezogenen Nutzungen überlässt.

Lediglich dann, wenn der Käufer im Rahmen des großen Schadensersatzes nicht nur den Leistungsaustausch, sondern seine Investitionsentscheidung insgesamt rückgängig macht und auf dieser Grundlage Ersatz seiner Aufwendungen zur Finanzierung des Kaufpreises verlangt, dem Verkäufer also im wirtschaftlichen Ergebnis die Nutzungen des Kaufpreises nimmt, ferner dann, wenn der Käufer Erstattung der von ihm während seiner Nutzungsdauer für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Immobilie aufgewandten Kosten verlangt, muss er sich auf diese Schadenspositionen den Wert der Nutzungen anrechnen lassen (vgl. BGH NJW 2006, 1582, Rn 20 - 26).

Die Anrechnung der Mieteinnahmen kann daher zulässigerweise im Rahmen des Feststellungsantrages nach Berechnung und Bezifferung des weiteren Schadens vorgenommen werden. Der Feststellungantrag selbst braucht die Art der anzurechnenden Vorteile noch nicht zu umfassen. Der Antrag kann, muss aber nicht darauf gerichtet sein, bereits jetzt alle oder bestimmte, einzelne Streitpunkte des Rechtsverhältnisses zu klären (vgl. Zöller- Greger, 26. Aufl., ZPO, § 256 Rn 7 b). Ausreichend ist vorliegend der Antrag auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz des weiteren Vermögensschadens.

Da im Übrigen die Darlehensaufwendungen die Mieteinnahmen deutlich überstiegen haben (nach den Beratungsunterlagen wurde ein Eigenaufwand vor Steuern von 233,81 € errechnet), steht auch fest, dass dem Kläger im Ergebnis ein weiterer Schaden entstanden ist.

3.

Zur Frage der Anrechnung erzielter Steuervorteile verweist der Senat auf seine bisherigen Ausführungen.

Nach dem Tatbestand der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung BFH BB 2006, 2280 ging es um die Frage, ob die erhaltene Schadensersatzleistung in Höhe des Kaufpreises (im Umfang der in Anspruch genommenen AfA) als steuerlicher Veräußerungsgewinn zu bewerten war. Dazu, ob ein zugesprochener Schadensersatzbetrag, soweit er auf Finanzierungsaufwendungen beruht, als zurückerstattete Werbungskosten zu versteuern ist, enthält die genannte Entscheidung keine Aussage.

Da die von der Beklagten bezifferten Steuervorteile (1.146,99 € in 2003 sowie 2.303,01 € in 2004) geringer waren als die Unterdeckungen zwischen Zinsaufwendungen und Mieteinnahmen (beratungsgemäß monatlich 233,81 €), kann auch unter dem Gesichtspunkt anzurechnender Steuervorteile die Entstehung eines weiteren Schadens nicht verneint werden.

4.

Soweit die Beklagte die Berechtigung der Geltendmachung von Rechtshängigkeitszinsen bezweifelt, wird erneut auf die Entscheidung des BGH (NJW-RR 2005,170, 171) verwiesen.

Der Senat ist daher weiterhin davon überzeugt, dass das Rechtsmittel keine Erfolgsaussicht, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern

Die Berufung ist daher durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 II ZPO zurückgewiesen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 516 III, 97 I ZPO.

Ende der Entscheidung

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