Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.05.2002
Aktenzeichen: 23 W 127/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 103
ZPO § 104
Lassen sich mehrere als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Rechtsanwälte durch unterschiedliche Prozessbevollmächtigte vertreten, sind ihre außergerichtlichen Kosten erstattungsfähig, es sei denn ihr Verhalten verstößt auf Grund der Umstände gegen Treu und Glauben.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

23 W 127/02 OLG Hamm

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 08. Mai 2002 auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 03. Januar 2000 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Paderborn vom 08. Dezember 1999 durch den Richter am Oberlandesgericht Schnapp, die Richterin am Oberlandesgericht Rautenberg und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Funke

beschlossen:

Tenor:

Der dem Beklagten zu 4) von dem Kläger zu erstattende Betrag wird abändernd auf 1.787,27 Euro (3.495,60 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 24. November 1999 festgesetzt.

Die weitergehende sofortige Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger zu 86 % und der Beklagte zu 4) zu 14 % nach einem Gegenstandswert von 2.073,24 Euro (4.054,90 DM) zu tragen. Die Gerichtskosten werden dem Kläger nach einem Gegenstandswert von 1.787,27 Euro (3.495,60 DM) auferlegt.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers (§§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG) hat nur bezüglich der in Höhe von 559,30 DM festgesetzten Umsatzsteuer Erfolg, so daß der Erstattungsbetrag von 4.054,90 DM auf 3.495,60 DM (1.787,27 Euro) nebst Zinsen zu kürzen ist.

Umsatzsteuer ist gemäß § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil der Beklagte zu 4) in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 21. Oktober 1999 erklärt hat, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, und zudem insoweit ausdrücklich auch keinen Antrag (§ 308 Abs. 1 ZPO) gestellt hat. Im Sinne dieser Erklärungen sind auch seine korrigierten Kostenfestsetzungsanträge vom 19. November 1999 und 14. Dezember 1999 auszulegen, mit denen er seine Berechnung lediglich hinsichtlich des Streitwertes abgeändert hat.

Dagegen dringt der Kläger mit dem Einwand, der Beklagte zu 4) könne insgesamt keine Kostenerstattung verlangen, weil er sich zur Geringhaltung der Kosten von den selben Prozessbevollmächtigten wie die anderen Beklagten habe vertreten lassen müssen, nicht durch. Der Kläger hat von den Beklagten als Gesamtschuldnern, die früher eine Anwaltsaußensozietät bildeten, aus der der Beklagte zu 4) am 01. Januar 1999 ausgeschieden ist (siehe bereits Schriftsatz vom 28. April 1999, Bl. 26 GA), mit Klageschrift vom 19. April 1999 Schadensersatz wegen einer angeblichen Verletzung anwaltlicher Pflichten verlangt. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, daß sich die Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) einerseits sowie der Beklagte zu 4) andererseits gerichtlich jeweils durch die Mitglieder der Anwaltssozietät haben vertreten lassen, der sie bei Klageerhebung angehört haben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich jeder Streitgenosse das Recht, einen eigenen Anwalt seines Vertrauens und seiner freien Wahl als Prozessbevollmächtigten zu beauftragen (Senatsbeschlüsse vom 30.11.1989 - 23 W 234/89 - in MDR 1990, 1019; vom 09.07.1980 - 23 W 254/80 - in JurBüro 1981, 925). Auch für mehrere in einem Rechtsstreit in Anspruch genommene Anwälte einer Sozietät gilt der Grundsatz, daß jeder Streitgenosse einen eigenen Prozessbevollmächtigten betrauen darf und sich auch selbst vertreten kann (Senatsbeschluß vom 19.05.1982 - 23 W 747 - 750/91 - in AnwBl. 1983, 526). In einer derartigen Eigenvertretung liegt kein Verstoß gegen Treu und Glauben. Ein solcher ist nur gegeben, wenn Streitgenossen ohne innere Rechtfertigung und sachlichen Grund nur in Ausnutzung formaler Rechtspositionen eine Aufspaltung der Mandate vornehmen, um den unterlegenen Gegner mit zusätzlichen Kosten belasten zu können (Senatsbeschluß vom 04.12.1978 - 23 W 592 - 596/78 - in JurBüro 1979, 1060, 1061). Davon kann aber regelmäßig nicht die Rede sein, wenn sich ein Sozietätsmitglied in einem Haftungsprozeß selbst vertritt. Auch der Beklagte zu 4) kann sachliche Gründe dafür in Anspruch nehmen, daß er in dem Prozeß, den der Kläger wegen eines angeblichen Fehlverhaltens des Beklagten zu 1) auch gegen ihn angestrengt hatte, selbst für sich tätig geworden ist. Das gilt um so mehr, weil er inzwischen mit den anderen Beklagten keine Sozietät mehr in B bildete, sondern eine andere Sozietät in Salzkotten eingegangen war.

Die am 04. April 2002 mit Schriftsatz vom 03. April 2002 nunmehr auch gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Paderborn vom 05. März 2002 betreffend Erstattungsansprüche der Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) (dem Kläger nach Aktenlage bereits am 20. März 2002 zugestellt), eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist dem Senat zur Entscheidung noch nicht angefallen. Insoweit ist nach § 572 Abs. 1 ZPO n.F. i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zuvor eine Entscheidung der Rechtspflegerin darüber veranlaßt, ob sie dem Rechtsmittel abhilft.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. Nr. 1957 der Anlage 1 zum GKG. Die Festsetzung des Beschwerdewertes, der hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten dem Abänderungsbegehren des Klägers und hinsichtlich der Gerichtskosten dem Betrag entspricht, mit dem der Kläger unterlegen ist, beruht auf §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück