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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.06.2002
Aktenzeichen: 23 W 159/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 92 Abs. 1 |
2. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Parteien die Kostenregelung in einem von ihnen abgeschlossenen Vergleich übereinstimmend anders verstanden haben.
3. Darauf kann im Einzelfall auch aufgrund des nachträglichen Verhaltens der Parteien, zum Beispiel entsprechender Kostenausgleichungsanträge, geschlossen werden.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
23 W 159/02 OLG Hamm
in Sachen
Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 24. Juni 2002 auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 15. April 2002 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Essen vom 02. April 2002 durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Funke als Einzelrichter
beschlossen:
Tenor:
Der der Klägerin von dem Beklagten zu erstattende Betrag wird abändernd auf 1.867,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09. Juni 1998 (BGBl. I S. 1242) seit dem 29. Januar 2002 festgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 1.817,52 Euro.
Gründe:
Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin (§§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG) hat Erfolg.
Sie begehrt zu Recht die hälftige Ausgleichung der im selbständigen Beweisverfahren 12 O H 1/00 LG Essen entstandenen Gerichtskosten. Die Gerichtskosten jenes Verfahrens betragen nach der Kostenrechnung vom 07. September 2001 insgesamt 9.196,11 DM. Hiervon haben beide Parteien jeweils die Hälfte, also 4.598,06 DM zu tragen. Da die Klägerin 8.152,81 DM gezahlt hat, steht ihr insoweit ein Erstattungsanspruch von 3.554,76 DM = 1.817,52 Euro gegen den Beklagten zu, so daß sich einschließlich des für den Rechtsstreit 12 O 434/01 LG Essen festgesetzten Betrages von 50,32 Euro eine Forderung von 1.867,84 Euro nebst Zinsen zugunsten der Klägerin ergibt.
Der von den Parteien am 15. Januar 2002 geschlossene Vergleich, nach dem die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben worden sind, ist dahin auszulegen, daß auch die Gerichtskosten des vorausgegangenen selbständigen Beweisverfahrens 12 OH 1/00 LG Essen entsprechend § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO beiden Parteien je zur Hälfte zur Last fallen sollten. Zwar ist die Rechtspflegerin im angefochtenen Beschluß zu Recht von der ständigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen, daß die Gerichtskosten eines selbständigen Beweisverfahrens auch nach dessen am 01. April 1991 in Kraft getretenen Neuregelung als außergerichtliche Kosten des späteren Hauptsacheprozesses anzusehen sind und deshalb im Falle einer Kostenaufhebung im Hauptsacheprozeß grundsätzlich nicht ausgeglichen werden können (siehe z.B. Senatsbeschlüsse vom 24.03.1999 - 23 W 391/98 - in JurBüro 2000, 257, vom 05.08.1996 - 23 W 213/96 - in OLG-Report 1997, 240 und vom 19.02.1987 - 23 W 675/86 - in JurBüro 1987, 1409). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Parteien die Kostenregelung eines von ihnen abgeschlossenen Vergleichs übereinstimmend anders verstanden haben (siehe unveröffentlichten Senatsbeschluß vom 28. Mai 2001 - 23 W 79/01 -). Zwar ist bei der Auslegung eines Vergleichs im Kostenfestsetzungsverfahren von seinem Wortlaut auszugehen. Sonstige Umstände können nur berücksichtigt werden, wenn sie im Vergleichstext wenigstens Anklang gefunden haben (vgl. Senatsbeschluß vom 28.04.1989 - 23 W152/89 - in Rpfleger 1989, 521, 522). Dies hindert eine Auslegung entgegen den oben dargestellten Grundsätzen des Senats im Einzelfall jedoch nicht, weil die Frage, ob die Gerichtskosten eines selbständigen Beweisverfahrens im späteren Hauptsacheprozeß als Gerichtskosten oder außergerichtliche Kosten zu behandeln sind, nicht von vornherein nur im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Senats entschieden werden kann, sondern vielfach auch anders beurteilt wird (siehe zum Streitstand etwa Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rn. 13 zum Stichwort "Selbständiges Beweisverfahren" a.E.; Hartmann in Baumbach/Lautermann/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 91 Rn. 199 f.). Einem im Einzelfall festzustellenden Willen der Parteien, die Gerichtskosten auch des selbständigen Beweisverfahrens seien im Fall einer im Hauptsacheprozeß vereinbarten Kostenaufhebung hälftig zu tragen, kann deshalb nicht abgesprochen werden, im Vergleichstext Anklang gefunden zu haben.
Hier steht aufgrund der Umstände fest, daß die Parteivertreter bei Vergleichsschluß der Ansicht waren, nicht nur die Gerichtskosten des Hauptsacheprozesses, sondern auch die des selbständigen Beweisverfahrens sollten geteilt werden. Dies gilt nicht nur für Rechtsanwalt B, der die von dieser Auslegung begünstigte Klägerin im Kammertermin vom 15. Januar 2002 vertreten hat, sondern auch für Rechtsanwalt L, der für den Beklagten aufgetreten ist. Beide Parteivertreter haben nämlich am 17. bzw. 25. Januar 2002 im Hinblick auf die Kostenregelung des am 15. Januar 2002 geschlossenen Vergleichs einen Ausgleich auch der Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens beantragt. Entgegen dem jetzigen Vorbringen des Beklagten kann dies nicht nur aus Gründen anwaltlicher Vorsorge für den Fall geschehen sein, daß das Landgericht von der ständigen Rechtsprechung des Senats abweichen würde. Der Ausgleichungsantrag des Beklagten vom 17. Januar 2002, der noch vor dem Antrag der Klägerin gestellt worden ist und deshalb auch keine Reaktion auf ein gegnerisches Begehren gewesen sein kann, lautet nämlich einschränkungslos wie folgt:
Beantragen wir unter Berücksichtigung der Kostenregelung in dem gerichtlichen Vergleich vom 15.01.2002 auch den Ausgleich der Kosten (Gerichtskosten sowie Sachverständigenaufwendungen) in dem vorgeschalteten Beweisverfahren gleichen Rubrums, Az. 12 OH 1/00 mit auszugleichen.
Erst auf den anschließenden Hinweis vom 28. Februar 2002, eine Ausgleichung der Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens sei nicht möglich, hat sich der Beklagte dieser "Rechtsauffassung des Gerichts" mit Schriftsatz vom 08. März 2002 "angeschlossen". Entscheidend ist jedoch das übereinstimmende Verständnis beider Parteivertreter beim Abschluß des Vergleichs, das aufgrund der insoweit übereinstimmenden Kostenausgleichungsanträge festgestellt werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes, der dem Abänderungsbegehren der Klägerin entspricht, beruht auf §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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