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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 23 W 203/01
Rechtsgebiete: KostÄndG 1957, ZPO, BRAGO
Vorschriften:
KostÄndG 1957 Art. IX Abs. 1 | |
KostÄndG 1957 Art. IX Abs. 2 | |
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 4 | |
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 3 | |
BRAGO § 43 Abs. 1 Nr. 1 |
2) Die Einschaltung eines Rechtsbeistandes im Mahnverfahren begründet für diesen dann erstattungsfähige Gebühren neben denen des späteren Prozeßbevollmächtigten, wenn der Kläger mit einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid nicht zu rechnen brauchte.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
23 W 203/01 OLG Hamm
In dem Rechtsstreit
Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 28. Juni 2001 auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 23. Mai 2001 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers des Landgerichts Arnsberg vom 8. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sandmann, den Richter am Oberlandesgericht Schnapp und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Funke
beschlossen:
Tenor:
Der der Klägerin von den Beklagten zu erstattende Betrag wird abändernd auf 3.631,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. März 2001 festgesetzt.
Die Beklagten tragen die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 985,00 DM.
Gründe:
Der als "Erinnerung" bezeichnete Rechtsbehelf der Klägerin ist als sofortige Beschwerde zulässig (§§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz) und hat auch in der Sache Erfolg.
Sie wendet sich zu Recht gegen die Absetzung der von ihr in Höhe der Sätze der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) angemeldeten eigenen Kosten von 985,00 DM für das Mahnverfahren, Demgemäß erhöht sich der festzusetzende Betrag von 2.646,50 DM auf 3.631,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. März 2001.
I.
Die Klägerin kann als Rechtsbeistand Gebühren wie ein Rechtsanwalt verlangen. Wie sich aus den Angaben in den Mahnbescheidsanträgen ergibt, hat sie die an sie im Wege des F abgetretenen Forderungen auf der Grundlage der ihr mit Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Bremen vom 20. Januar 1975, zuletzt geändert am 3. Mai 1994, erteilten Rechtsberatungserlaubnis geltend gemacht, die sich auch auf die gerichtliche Verfolgung von Forderungen im Rahmen des Mahnverfahrens bezieht. Gemäß Artikel IX Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (KostÄndG), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1992 (BGBl. 1147), gilt die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte für Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist, sinngemäß. Ausgenommen sind nach Artikel IX Abs. 2 KostÄndG nur Frachtprüfer und Inkassobüros, zu denen die Klägerin, bei der Forderungseinziehung im gerichtlichen Mahnverfahren nicht gehört. Die Tätigkeit von Inkassobüros betrifft nach Artikel 1 § 1 Abs. 1 Nr. 5 RBerG allein die außergerichtliche Forderungseinziehung.
Soweit der Rechtspfleger im angefochtenen Beschluß für seine gegenteilige Ansicht, die BRAGO sei für Rechtsbeistände nicht heranzuziehen, eine Kommentarstelle anführt, geschieht dies zu Unrecht, weil dort entsprechend der Gesetzeslage die sinngemäße Geltung der BRAGO für Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist, ausdrücklich erwähnt und lediglich für andere Personen verneint wird (siehe Hadert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Auflage, § 1 Rdnr. 4).
II.
Der Festsetzung der für das Mahnverfahren geltend gemachten Kosten, steht auch nicht entgegen, daß die Klägerin in einer eigenen Angelegenheit tätig geworden ist. Wie ein Rechtsanwalt kann sie als Rechtsbeistand gemäß § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO die Erstattung der Gebühren und Auslagen verlangen, die sie im Falle einer Bevollmächtigung durch eine Drittperson beanspruchen könnte (vgl. Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Auflage, Amn. 6 zum Stichwort "Rechtsbeistand").
III.
Der Klägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, daß sie nicht schon im Mahnverfahren ihre später mit der Prozeßvertretung mandatierten Rechtsanwälte beauftragt hat. Zwar wäre dann die jetzt von ihr eigens beanspruchte Gebühr für das Mahnverfahren (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) gemäß § 43 Abs. 2 BRAGO auf die Prozeßgebühr der Anwälte anzurechnen gewesen. Ebenso wie die Beauftragung eines beim späteren Prozeßgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalts für das Mahnverfahren (vgl. dazu z.B. Senatsbeschluß vom 16.02.1999 - 23 W 535/98 - in AnwBl. 2000, 322 = OLG Report 2000, 49) stellt jedoch auch die Einschaltung eines Rechtsbeistandes im Mahnverfahren keinen Verstoß gegen die Pflicht zur Vermeidung unnötiger Mehrkosten dar (§ 91 ZPO), wenn der Kläger mit einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid nicht zu rechnen brauchte. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Allein aus dem bloßen Schweigen des Schuldners auf Mahnungen des Gläubigers muß der letztgenannte grundsätzlich nicht den Schluß ziehen, der Schuldner werde Widerspruch gegen einen Mahnbescheid einlegen. Eine andere Würdigung kann allerdings gerecht fertigt sein, wenn der Schuldner auch auf einen nachhaltig kostenauslösenden Beitreibungsversuch in Form der Einschaltung eines Inkassobüros nicht reagiert hat. Dann kann eine konkrete Veranlassung zu der Annahme bestehen, daß der Schuldner die Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtung weiter, hinauszögern und deshalb auch einen Mahnbescheid nicht widerspruchslos hinnehmen werde (Senatsbeschluß vom 23.02.1993 - 23 W 23/93 - in JurBüro 1994, 436, 437). Hier ist die Klägerin bei Abfassung ihrer an die Beklagte zu 1) gerichteten Mahnungen aber nicht als Inkassobüro unter Geltendmachung von Inkassogebühren aufgetreten. Sie hat vielmehr darauf hingewiesen, daß sie die Forderungen im Rahmen eines F erworben hat, und hat die Beklagte zu 1) in einer Weise zur Zahlung aufgefordert, wie dies auch die Firma F N GmbH als Erstgläubigerin ähnlich hätte tun können. Die ausbleibende Reaktion der Beklagten hierauf brauchte die Klägerin nicht dahin zu würdigen, daß diese einem Mahnbescheid unter Inkaufnahme weiterer Kosten entgegentreten würden.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes, der dem Abänderungsbegehren der Klägerin entspricht, beruht auf § 12 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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