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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 28.02.2001
Aktenzeichen: 23 W 462/00
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
BRAGO § 51
BRAGO § 121
BRAGO § 122 Abs. 1
BRAGO § 26
Gesetz:

§§ 31 Abs. 1 Nr. 4, 51, 121, 122 Abs. 1, 26 BRAGO

Leitsatz:

1. Wird im Termin die Erfolgsaussicht lediglich im Rahmen der beantragten Prozeßkostenhilfe erörtert, so verdient der Anwalt nur eine 5/10-Erörterungsgebühr; die Rechtshängigkeit steht einer hierauf beschränkten Erörterung nicht entgegen; diese 5/10-Erörterungsgebühr ist nicht zu Lasten der Staatskase festsetzbar, weil die später bewilligte Prozeßkostenhilfe das Bewilligungsverfahren selbst und etwa in ihm entstandene Gebühren nicht umfasst.

2. Schließen die Parteien im Prozeßkostenhilfe - Beschwerdeverfahren in der Sache einen Vergleich und wird der Partei auch für den Abschluß dieses Vergleichs Prozeßkostenhilfe neben derjenigen für den ersten Rechtszug bewilligt, umfaßt diese Bewilligung grundsätzlich auch die Unkostenpauschale für das Beschwerdeverfahren, so daß diese aus der Staatskasse zu erstatten ist; Voraussetzung ist aber, daß im Zuge des Vergleichsabschlusses überhaupt Post- und / oder Telekommunikationsentgelte angefallen sind; das kann bejaht werden, wenn der Vergleich vor dem Termin ausgehandelt worden ist.

OLG Hamm, Beschluß vom 28.02.2001 - 23 W 462/00 -


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

23 W 462/00 OLG Hamm 2 O 330/98 LG Bielefeld

in dem aus dem Rechtsstreit

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 28. Februar 2001 auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 16. August 2000 gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 31. Juli 2000 und auf die Anschlußbeschwerde des beteiligten Landes vom 24. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sandmann, die Richterin am Oberlandesgericht Rautenberg und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Funke

beschlossen:

Tenor:

Die dem Beteiligten zu 1) aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden abändernd auf 2.092,80 DM festgesetzt.

Der weitergehende Kostenerstattungsantrag des Beteiligten zu 1) vom 31. Januar 2000 und seine weitergehende Beschwerde werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) (§ 128 Abs. 4 BRAGO) ist nur hinsichtlich einer ihm zuzubilligenden zweiten Pauschale nach § 26 BRAGO in Höhe von 40,00 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer = 46,40 DM begründet. Dagegen kann er keine Fotokopiekosten nach § 27 BRAGO und seine Erhöhung der im angefochtenen Beschluß zuerkannten 5/10 Erörterungsgebühr auf eine 10/10 Erörterungsgebühr verlangen.

Im Gegenteil hat die Anschlußbeschwerde des beteiligten Landes Erfolg, so daß festgesetzte die 5/10 Erörterungsgebühr (§§ 123, 51 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO), die sich einschließlich Umsatzsteuer auf 374,10 DM beläuft, von der Summe abzuziehen ist, die das Landgericht dem Beteiligten zu 1) zu gesprochen hat.

Es ergibt sich somit folgender Gesamtbetrag:

Festsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts 2.291,00 DM Bielefeld vom 22.02.2000 weitere Festsetzung mit Abhilfebeschluß vom 19.05.2000 129,50 DM 2. Pauschale nach § 26 BRAGO 46,40 DM abzüglich 5/10 Erörterungsgebühr - 374,10 DM 2.092,80 DM.

I.

Eine 10/10 Erörterungsgebühr nach §§ 123, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO steht dem Beteiligten zu 1) entgegen der mit seinem Beschwerdevorbringen vertretenen Ansicht nicht zu. Im Kammertermin vom 1. Oktober 1998 ist die Sache nicht im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO erörtert worden. Unter "Sache" im Sinne der Vorschrift ist der in dem Rechtsstreit anhängige Anspruch zu verstehen (von Eicken in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 31 Rn. 155). In Abgrenzung dazu verhält sich eine 5/10 Erörterungsgebühr nach § 51 BRAGO in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO über eine Erörterung, die lediglich im Rahmen des Verfahrens über die Prozeßkostenhilfe erfolgt. Nur eine solche Erörterung hat im Kammertermin am 1. Oktober 1998 stattgefunden. Eine auf die Prozeßkostenhilfe beschränkte Erörterung kann, wie hier, noch nach Klageerhebung erfolgen, wenn der Streitgegenstand, für den die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt ist, bereits rechtshängig ist (vgl. von Eicken, a.a.O., § 51 Rn. 7).

Eine Erörterung in der Sache selbst liegt nicht darin, daß die Erfolgsaussichten eines klageweise geltend gemachten Anspruchs besprochen werden, wenn diese Erörterung allein im Hinblick auf hinreichende Erfolgsaussichten als Voraussetzung für eine Prozeßkostenhilfebewilligung nach § 114 ZPO erfolgt. In dieser Weise ist das Verhalten der Beteiligten im Kammertermin vom 1. Oktober 1998 zu verstehen. Nach dem Sitzungsprotokoll wurde "die Sach- und Rechtslage mit Bezug auf die Frage der Prozeßkostenhilfe erörtert". Daraus folgt, daß entgegen der ursprünglichen Terminsverfügung die Sache an sich nicht besprochen wurde. Es ging nicht darum, den Rechtsstreit im Hinblick auf eine spätere Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch selbst zu fördern, sondern lediglich darum, ob dem Beklagten auf seine mit Schriftsatz vom 25. September 1998 eingelegte Beschwerde im Wege einer Abhilfeentscheidung der Kammer Prozeßkostenhilfe zu gewähren war. Darüber hinaus wollte der Beteiligte zu 1) nicht tätig werden, wie sich aus seiner in das Sitzungsprotokoll aufgenommenen Erklärung ergibt, "daß er bei Nichtbewilligung von Prozeßkostenhilfe auch heute nicht auftreten werde".

II.

Dem Beteiligten zu 1) kann aus der Staatskasse entgegen dem mit der Anschlußberufung angefochtenen Beschluß auch keine 5/10 Erörterungsgebühr nach §§ 51, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO für seine Tätigkeit im Kammertermin vom 1. Oktober 1998 gewährt werden. Eine solche Gebühr dürfte wegen der Erörterung über das Prozeßkostenhilfegesuch zwar entstanden sein. Wie der Beteiligte zu 2) mit seiner Anschlußbeschwerde zu Recht ausführt, ist aber ihre Erstattung nicht von der Prozeßkostenhilfe umfaßt. Gemäß § 122 Abs. 1 BRAGO bestimmt sich der Anspruch des Rechtsanwalts nach dem Beschluß, durch den Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist. Eine Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Prozeßkostenhilfebewilligungsverfahren ist nicht erfolgt und im übrigen grundsätzlich auch nicht möglich (BGH NJW 1984, 2106; Zöller-Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 114 Rn. 3). Insoweit ist die landgerichtliche Festsetzung zum Nachteil des Beteiligten zu 1) abzuändern (einschließlich Umsatzsteuer 374,10 DM).

III.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat Erfolg, soweit das Landgericht die Gewährung eines Pauschsatzes von 40,00 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer = 46,40 DM für Post- und Telekommunikationsentgelte nach § 26 BRAGO hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens im Prozeßkostenhilfebewilligungsverfahren (18 W 49/98 OLG Hamm) abgelehnt hat. Es handelte sich um einen weiteren Rechtszug, so daß die Pauschale nach § 26 BRAGO ein zweites Mal anfallen konnte. Voraussetzung für die Berechnung der Pauschale ist allerdings, daß in der Angelegenheit, also in Ausführung des Auftrages, überhaupt Post- oder Telekommunikationsentgelte angefallen sind (von Eicken, a.a.O., § 26 Rn. 4; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Aufl., Stichwort: Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Anmerkung 1.2; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 26 Rn. 7). Dies kann aber angenommen werden, obwohl dem Beklagten für das Beschwerdeverfahren nur hinsichtlich des Abschlusses des Vergleichs Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist.

Dieser Vergleich ist nämlich vor dem Termin ausgehandelt worden, so daß dem Beteiligten zu 1) durch die Vergleichsverhandlungen ersichtlich Kosten entstanden sind. Schon die Tätigkeit im Vorfeld des Vergleichs ist, wie aus § 23 Abs. 1 BRAGO folgt, für den Anfall der Vergleichsgebühr relevant.

IV.

Dagegen ist die Beschwerde des Beteiligten zu 1) unbegründet, soweit er gemäß §§ 27, 126 BRAGO Auslagen in Höhe von 55,70 DM für 69 gefertigte Kopien geltend macht. Trotz eines entsprechenden Hinweises der Rechtspflegerin des Landgerichts Bielefeld mit Schreiben vom 22. Februar 2000 und des Hinweises des Berichterstatters mit Schreiben vom 22. Januar 2001 hat der Beteiligte zu 1) den Anfall der Fotokopiekosten nicht erläutert und nicht belegt.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 5 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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