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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.03.2001
Aktenzeichen: 23 W 48/01
Rechtsgebiete: BGB, BRAGO


Vorschriften:

BGB § 779
BRAGO § 23 Abs. 1 BRAGO
Einigen sich die Parteien im Vergütungsprozeß über die betragsmäßige Bewertung von Mängeln, so liegt hierin ein die Vergleichsgebühr auslösender Teilvergleich.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

23 W 48/01 OLG Hamm

in dem Rechtsstreit

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 19. März 2001 auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 25. Januar 2001 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Bielefeld vom 3. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sandmann, den Richter am Oberlandesgericht Schnapp und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Funke

beschlossen:

Tenor:

Der der Klägerin durch den Beklagten zu erstattende Betrag wird abändernd auf 4.698,90 DM festgesetzt.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 302,40 DM.

Gründe:

Die als "Erinnerung" bezeichnete zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin (§§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG) hat Erfolg.

Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin ist, entsprechend dem Begehren der Klägerin für beide Parteien gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO eine Vergleichsgebühr nach einem Gegenstandswert von 8.065,82 DM anzusetzen, die sich jeweils auf 540,00 DM beläuft. Da der Beklagte nach dem am 22. September 2000 verkündeten Urteil des Landgerichts 78 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, entfallen von den beiden Vergleichsgebühren auf ihn 824,40 DM (78 % von 2 x 540,00 DM), so daß sich der von ihm nach dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 3. Januar 2001 der Klägerin zu erstattende Betrag um 302,40 DM (824,40 DM abzüglich der eigenen Kosten des Beklagten von 540,00 DM) auf 4.698,90 DM erhöht.

Nach § 23 Abs. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs im Sinne von § 779 BGB eine volle Gebühr, wenn über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Der Gebührentatbestand ist hier erfüllt, weil sich die Parteien unter Mitwirkung ihrer Anwälte im Kammertermin vom 1. September 2000 wie folgt geeinigt haben:

Sämtliche in diesen Rechtsstreit eingeführten Mängel einschließlich der Einwendungen des Beklagten zur Rechnungsposition 32 (Estrich) sollen mit einem Abzug von der klägerischen Restwerklohnforderung in Höhe von 2.900,00 DM abschließend bewertet werden.

Ein Vergleich ist gemäß § 779 Abs. 1 BGB ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Für den Anfall der Vergleichsgebühr genügt ein Teilvergleich, durch den der Streit oder die Ungewißheit über einen qualitativ oder quantitativ ausscheidbaren Teil beendet wird. Dabei ist nicht erforderlich, daß über den Teil des Anspruchs, der verglichen wird, ein Teilurteil ergehen könnte. Nach § 23 Abs. 1 BRAGO kommt es auf die unmittelbare (teilweise) Beilegung des Rechtsstreits nicht an (Fraunholz in Riedel/Süßbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 23 Rdn. 16). Ein Teilvergleich ist jedoch von einer reinen Beschränkung des Streitstoffes auf bestimmte Angriffs- oder Verteidigungsmittel zwecks Vereinfachung des Rechtsstreits zu unterscheiden (von Eicken in Gerold/Schmidt/ von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 23 Rdn. 15, 18).

Hier haben die Parteien einen materiellen Teilvergleich im Sinne von § 779 BGB geschlossen, indem sie sich im Wege gegenseitigen Nachgebens abschließend auf die Höhe des Betrages geeinigt haben, um den der Vergütungsanspruch der Klägerin wegen Mängeln des hergestellten Werkes zu mindern war. Der Beklagte hatte die Schlußrechnung der Klägerin vom 6. Januar 1998 mit Schreiben vom 31. März 1998 wegen verschiedener Fehler um insgesamt 7.498,00 DM gekürzt, wovon die Klägerin 6.732,18 DM nicht anerkannt hatte. Außerdem hatte der Beklagte die Berechtigung eines Betrages von 1.333,64 DM (siehe Seite 11 der Klageschrift) wegen eines angeblich mangelhaften Estrichs bestritten, so daß die am 1. September 2000 noch rechtshängige Klagehauptforderung von 24.541,54 DM wegen dieser Positionen in Höhe von insgesamt 8.065,82 DM streitig war.

Die Parteien haben den Streit um diese Summe zwar nicht durch einen Prozeßvergleich im Sinne von § 794 Abs. 1, Nr. 1 ZPO beendet. Sie haben aber anläßlich der mündlichen Verhandlung am 1. September 2000 eine Vereinbarung getroffen, die ihrem Sinn nach, ohne so bezeichnet werden zu müssen, ein materieller Vergleich war, was für den Gebührentatbestand des § 23 Abs. 1 BRAGO reicht. Aufgrund des Vergleichs konnte das Landgericht in seinem am 22. September 2000 verkündeten Urteil ohne weitere Sachprüfung die Abzüge des Beklagten von der Schlußrechnung der Klägerin in Höhe von 1.333,64 DM + 6.732,18 DM ./. 2.900,00 DM als unbegründet beurteilen. Den diesbezüglichen Streit hatten die Parteien durch ihre Einigung beigelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes, der dem Abänderungsbegehren der Klägerin entspricht, beruht auf § 12 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.

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