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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 24 U 46/07
Rechtsgebiete: ZPO, VOB/B, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 246
ZPO § 253 Abs. 2 Ziff. 2
ZPO § 287
ZPO § 348 a Abs. 2
ZPO § 348 a Abs. 3
ZPO § 404 a
ZPO § 411 Abs. 3
ZPO § 538 Abs. 2
ZPO § 538 Abs. 2 Ziff. 1
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
VOB/B § 1 Nr. 4 S. 2
VOB/B § 2 Nr. 3 Abs. 3
VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 2 Nr. 6
VOB/B § 2 Nr. 8 Abs. 2
VOB/B § 14 Nr. 1
VOB/B § 14 Nr. 1 S. 4
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 1
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 2
BGB § 195
BGB § 196
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 196 Abs. 2 a.F.
BGB § 198
BGB § 201 a.F.
BGB § 632
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. März 2007 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster aufgehoben und der Rechtsstreit wird unter Aufhebung des Verfahrens an das Landgericht Münster zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Auf der Grundlage eines Einheitspreisangebots der Klägerin vom 26.08.1998 beauftragte der Beklagte die Klägerin am 08.10.1998 mit der Errichtung eines Stalls für Mastschweine. Die Angebotssumme betrug 1.557.765,21 DM. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB/B. Zudem gewährte die Klägerin dem Beklagten einen Nachlass von 12 % auf die angebotenen Einheitspreise sowie 3 % Skonto auf die Einheitspreise bei Zahlung innerhalb von 8 Werktagen. Die Gesamtfertigstellung sollte 150 Werktage nach Baubeginn erfolgen. Bei schuldhafter Überschreitung der Fertigstellungsfrist war eine Vertragsstrafe für jeden Werktag von 0,1 % der Vertragssumme bis zu einem Höchstbetrag von 5 % der Vertragssumme vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Angebot der Klägerin (Bl.19 ff. d.A.) und das Auftragsschreiben (Bl.41 d.A.) Bezug genommen.

Darüber hinaus beauftragte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 28.08.2000 aufgrund eines Nachtragsangebots vom selben Tage mit der Herstellung von Betonplatten für zwei Güllesilos.

Die Klägerin begann am 25.05.1999 mit den Baumaßnahmen. Dabei wurden die Bodenarbeiten teilweise an die Firma G GmbH vergeben. Da der Beklagte zwischenzeitlich Änderungen an den Ausführungsplänen vorgenommen hatte und noch keine Baugenehmigung vorlag, errichtete die Klägerin zunächst die Silos. Am 31.07.1999 lagen ihr die geänderten Pläne für das Bauvorhaben "Schweinemaststall" vor. Am 19.06.2000 stellte sie das Bauvorhaben fertig.

Die Klägerin hat sich folgender Restwerklohnansprüche gegen die Beklagte berühmt: aus ihrer Schlussrechnung vom 04.07.2000 über die

 Errichtung eines Schweinemaststalls 1.507.824,10 DM
abzüglich geleisteter Zahlung in Höhe von 1.093,900,00 DM,
Restforderung (Bl. 17 d.A.) 413.924,10 DM
aus ihrer Schlussrechnung vom 28.09.2000 über die Errichtung einer Betonplatte für ein Güllesilo Typ WBA 19 28.512,19 DM
und vom 02.10.2000 über die Errichtung einer Betonplatte für ein Güllesilo Typ WBA 25 48.600,45 DM
insgesamt 491.036,74 DM
bzw. 251.063,10 €

Der Beklagte hat die Schlussrechnung vom 04.07.2000 durch ihren Bauleiter prüfen lassen, der der Klägerin mit Schreiben vom 07.10.2000 das Ergebnis der Rechnungsprüfung übersandte und zugunsten des Beklagten eine Überzahlung in Höhe von 267.886,43 DM geltend machte. Die Klägerin widersprach dieser Berechnung mit Schreiben vom 13.10.2000 und begründete ihre Ausführungen mit Schreiben vom 17.04.2001.

 Der Beklagte akzeptierte nach Rechnungsprüfung Restwerklohnansprüche für die beiden Betonplatten für die Güllesilos gemäß den Schlussrechnungen vom 28.09.2000 in Höhe von 26.070,00 DM
und vom 02.10.2000 in Höhe von 43.955,00 DM
Summe 70.025,00 DM

Die Firma G GmbH nahm in der Folgezeit die Klägerin vor dem Landgericht Münster (Az. 4 O 252/03) auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 9.713,07 € in Anspruch mit der Behauptung, sie sei von der Klägerin zu ihren Leistungen beauftragt worden. Diese habe die Leistungen ihrerseits dem Bauherrn - dem hiesigen Beklagten - in Rechnung gestellt. Die jetzige Klägerin behauptete dagegen, dass der Beklagte die Firma N GmbH mit der von dieser unstreitig erbrachten Leistung beauftragt habe. In zweiter Instanz trat der Beklagte dem Rechtsstreit zum Zwecke des Vergleichsschlusses bei. Die Parteien jenes Rechtsstreits und der Beklagte schlossen daraufhin am 04.05.2004 einen Vergleich (24 U 10/04, Bl.371 d.A), durch den die Klägerin vorsorglich etwaige ihr zustehende Ansprüche an die Firma N GmbH abtrat und sich verpflichtete im vorliegenden Rechtsstreit zu beantragen, dass der Beklagte verurteilt wird, den seitens der Firma N GmbH geforderten Betrag von 9.079,75 € an diese zu zahlen, soweit die Forderung nicht aufgrund einer Verrechnung des Beklagten mit Ansprüchen untergegangen sei, die ihm gegen die Klägerin zustünden. Für den Fall, dass die Forderung durch Verrechnung erloschen sei, verpflichtete sich die Klägerin den Betrag an die Firma N GmbH zu zahlen.

Am 23.12.2002 hat die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheids beantragt und die geltend gemachten Forderungen darin wie folgt bezeichnet:

Hauptforderung Werkvertrag/ Werklieferungsvertrag

 1. gem. Rechnung (Rest) vom 04.07.2000 74.000,63 €
2. gem. Rechnung vom 28.09.2000 14.578,05 €
3. gem. Rechnung vom 02.10.2000 24.849,02 €
Summe 113.427,70 €

Der Mahnbescheid ist dem Beklagten am 08.01.2003 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2003 hat sie nach Widerspruch des Beklagten die Klage begründet und behauptet, ihr stehe aus der Schlussrechnung vom 04.07.2000 eine Restwerklohnforderung in Höhe von 211.636,03 € zu, wovon sie aus Kostengründen und zur Begrenzung ihres Risikos nur den im Mahnbescheid genannten Betrag in Höhe von 74.000,63 € als einen Teilbetrag zuzüglich der beiden weiteren o.g. Rechnungsbeträge einfordere.

Die Klägerin hat behauptet, die seitens des Beklagten nach ihrem Angebot vom 26.08.1998 vorgenommenen Planänderungen seien derart erheblich gewesen, dass ihr ursprüngliches Angebot nicht mehr als Basis für die zu beanspruchende Vergütung anzusehen sei. Ihr Geschäftsführer habe dem Beklagten dies vor Baubeginn mitgeteilt und insbesondere darauf hingewiesen, dass der vereinbarte Nachlass in Höhe von 12 % nicht mehr gewährt werden könne. Die Voraussetzungen für den Nachlass hätten nicht mehr vorgelegen, da nach Planungsänderung nicht mehr die Möglichkeit bestanden habe, die Betonierarbeiten mit Hilfe vorgefertigter Betonschalungen durchzuführen. Der Beklagte habe auf den Hinweis erklärt, die Klägerin werde ihr Geld schon bekommen. Durch die Planungsänderungen hätten sich zudem zusätzliche Massen ergeben. Sie hat die Ansicht vertreten, die Überschreitung des Ausführungsziels von 150 Werktagen beruhe auf der Änderung der Baupläne und sei von ihr nicht zu vertreten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 101.369,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.03.2003 zu zahlen,

2. den Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 12.058,40 € Zug um Zug gegen eine von ihr beizubringende unbefristete selbstschuldnerische Bankbürgschaft über diesen Betrag zu zahlen,

3. den Beklagte zu verurteilen, an die Firma G GmbH, W ##, ####1 S-P, weitere 9.079,75 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Ansicht vertreten, bezüglich der Geltendmachung der Restwerklohnforderung aus der Schlussrechnung vom 04.07.2000 sei die Klage bereits aus dem Grunde unschlüssig, weil die Klägerin nicht klargestellt habe, welche Positionen der vorgelegten Gesamtabrechnungen Gegenstand des Rechtsstreits sein sollten. Aus diesem Grunde sei die Klage darüber hinaus unzulässig. Die Klägerin müsse sich an den angebotenen Konditionen, insbesondere dem Nachlass von 12 % festhalten lassen. Grundlegende Änderungen der Bauplanung habe er nicht vorgenommen. Einen Hinweis darauf, dass das Vorhaben zu den vereinbarten Konditionen nicht durchführbar sei, habe er nicht erhalten. Es sei eine Vertragsstrafe in Höhe von 54.227,79 DM verwirkt, da das Bauvorhaben verspätet fertig gestellt worden sei. Die Klägerin sei bereits überzahlt.

Er hat zudem die Aufrechnung mit ihm angeblich zustehenden weiteren Gegenforderungen in Höhe von 9.500,00 DM erklärt. Hierzu hat er behauptet, er habe die Drainage spülen lassen müssen. Darüber hinaus habe die Klägerin eine Dachrinne und eine Giebelwand beschädigt und er habe kostenpflichtig Bauschutt entsorgen müssen. Darüber hinaus stehe ihm für von ihm gelieferten Bauschutt eine Vergütung zu. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 16.06.2003, Bl.159 ff. (163 bis 166 d.A.).

Mit Beschluss vom 08.01.2004 hat das Landgericht der Klägerin aufgegeben, eine exakte Aufstellung auf der Basis ihrer Schlussrechnungen herzustellen und zu den einzelnen Posten der Schlussrechnung u.a. anzugeben, ob die Arbeiten in dem Angebot enthalten waren bzw. wenn der Posten nicht im Angebot enthalten war, warum der Posten angefallen ist etc.. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 08.01.2004 (Bl.221 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat daraufhin unter dem 20.02.2004 zwei Abrechnungen zu den Akten gereicht, die mit "Liste 1 vom 1.02.2004, Basis: Erstplanung, die der Ausschreibung zugrunde lag", und "Liste 2 vom 30.01.2004, Berechnung der Zusatzleistung und Mehrkosten, die sich aufgrund der Planungsänderung oder der Anordnung der Bauleitung ergeben haben" überschrieben sind (Bl. 231 bis 244). Der Aufbau der "Liste 1" entspricht dem Leistungsverzeichnis (Bl. 27 ff), allerdings nicht in allen Details, die äußere Form der beiden "Listen" entspricht der Schlussrechnung vom 4.07.2000. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Abrechnung mit Schriftsatz vom 23.04. 2004 erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnungen nebst Unterlagen (Bl.231 bis 289 d.A.) und den Schriftsatz Bl.293 ff. d.A. Bezug genommen.

Nach Stellungnahme durch den Beklagten hat das Landgericht die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. y unter anderem zu der Frage angeordnet, ob die Klägerin "die in der Schlussrechnung zugrunde liegenden Massen" tatsächlich erbracht hat. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Beweisbeschluss vom 17.09.2004 (Bl.348 f. d.A.).

Am 15.02.2005 führte der Sachverständige eine Ortsbesichtigung durch, an der u.a. der Beklagte, sein Berater K und sein Architekt B teilgenommen haben. Unter dem 15.11.2005 hat der Sachverständige sein Gutachten vorgelegt, in dem er einleitend ausführt, dass er "nach eigenen örtlichen Aufmaßen die Massenermittlung der Klägerin und die Schlussrechnungen mit den Auflistungen Nr. 1 und 2 geprüft" habe. Er hat Kopien der Rechnungen vom 1.02.2004 und 30.04.2004 mit Prüfvermerken versehen und seinem Gutachten als Anlage 12 beigefügt. Der Sachverständige hat aufgrund der von ihm geprüften vorgenannten Aufstellungen für das Bauvorhaben "Schweinemaststall" eine

 Bruttowerklohnforderung in Höhe von 1.436.201,60 DM
abzüglich 12 % Nachlass, 3 % Skonto und 5 % Gewährleistung 271.556,99 DM
 1.164.644,61 DM
ermittelt, abzüglich der Abschlagszahlungen in Höhe von 1.093.900,00 DM
Restwerklohnforderung der Klägerin 70.744,61 DM

Er hat allerdings darauf hingewiesen, dass er wegen einer Veränderung der Grundlagen der Preiskalkulation eine Reduzierung des Nachlasses von 12 % auf 9 % für angemessen halte, den er bei seiner Berechnung noch nicht berücksichtigt habe. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. y vom 15.11.2005.

Der Beklagte hat daraufhin u.a. beanstandet, dass sich der Sachverständige nicht mit der Schlussrechnung der Klägerin vom 4.07.2000 befasst habe (Bl. 386 d.A.). Der im Einzelrichtertermin vom 30.01.2006 zuständige Einzelrichter hat den Sachverständigen dennoch mit Beschluss vom 30.01.2006 lediglich zur Erläuterung seines Gutachtens geladen und einen Termin zur Beweisaufnahme auf den 20.03.2006 anberaumt. Er hat neben dem Sachverständigen Dipl.-Ing. y vorbereitend die Zeugen G2 und B X, W2, W3 und B geladen, von denen die ersten 4 Zeugen zu den Gegenansprüchen des Beklagten und der Architekt B zu der Beauftragung diverser Leistungen vernommen werden sollten. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Beschluss vom 30.01.2006 (Bl.403 R d.A.). Der Einzelrichtertermin vom 20.03.2006 wurde mehrfach - insgesamt um ein Jahr - verlegt. Nach einem (erneuten) Wechsel des zuständigen Einzelrichters hat der letztlich erkennende Einzelrichter am 11.09.2006 den Termin zur Beweisaufnahme gemäß dem Beschluss vom 30.01.2006 auf den 04.12.2006 anberaumt, den er später auf den 5.03. und sodann auf den 19.03.2007 verlegte. Zu jenem Termin hatte er den Sachverständigen und die vorgenannten Zeugen geladen.

Der Beklagte hatte bereits mit Schriftsatz vom 20.09.2006 erneut gerügt, dass der Sachverständige nicht aufgefordert worden ist, sich mit der Schlussrechnung vom 4.07.2000 zu befassen (Bl. 437R d.A.), worauf jedoch keine Reaktion des Gerichts erfolgte.

Der Sachverständige hat daraufhin nach einem erneuten Ortstermin vom 31.10.2006, bei dem er mit den Parteien ein gemeinsames Aufmaß durchgeführt hat, in einer ergänzenden Stellungnahme vom 23.11.2006 den o.g. Betrag von 70.744,61 DM auf 57.370,92 DM reduziert.

Unter dem 12.03.2007 hat der letztlich erkennende Einzelrichter sodann die Abladung des Sachverständigen und der Zeugen verfügt, ohne den Parteien dies mitzuteilen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er den Hinweis erteilt, dass die der Klägerin am 08.01.2004 erteilte Auflage nach wie vor nicht erfüllt sei, so dass der Beweisbeschluss vom 30.01.2006 nach seiner Auffassung nicht hätte ergehen dürfen. Der Sachverständige habe entgegen dem Beweisbeschluss nicht die Schlussrechnung der Klägerin sondern die unter dem 20.02.2004 überreichten Listen geprüft. Vor diesem Hintergrund bestünden Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage. Die Klägerin hat keine Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhalten, das angefochtene klageabweisende Urteil ist noch in dem Einzelrichtertermin verkündet worden.

Zur Begründung der Klageabweisung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klage "derzeit unbegründet" sei, sie sei "unschlüssig". Es sei zwar davon auszugehen, dass der Klägerin ein restlicher Werklohnanspruch zustehe, insbesondere sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine Vertragsstrafe geltend machen könne, da eine schuldhafte Bauzeitüberschreitung nicht dargetan sei. Die Kammer sehe sich aber außerstande, den Anspruch der Höhe nach zu berechnen, da der klägerische Vortrag teilweise widersprüchlich sei. Eines erneuten Hinweises auf die mangelnde Schlüssigkeit habe es nicht bedurft, da der Klägerin insoweit bereits eine abschließende Frist gesetzt worden sei und eine weitere Frist zu einer erneuten Verzögerung des Rechtsstreits und einem Hinausschieben des erstinstanzlichen Urteils geführt hätte, was den Parteien als faktisches Abschneiden der Berufungsinstanz nach vier Prozessjahren und neun zuständigen Berichterstattern bzw. Einzelrichtern nicht mehr zuzumuten gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, Bl.469 ff. d.A..

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 10.04.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.04.2007, eingegangen bei dem OLG am 26.04.2007 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist nach Fristverlängerung bis zum 10.07.2007 am 09.07.2007 eingegangen.

Der Liquidator der Klägerin hat nach Urteilsverkündung einen Schlaganfall erlitten, weshalb für die Klägerin beantragt worden ist, die Berufungsbegründungsfrist um mehr als einen Monat zu verlängern. Dem hat die Beklagtenseite nicht zugestimmt, wobei seitens der Prozessbevollmächtigten des Beklagten mitgeteilt worden ist, aus Urlaubsgründen sei eine Rücksprache mit dem Beklagten zur Frage der Zustimmung zur Fristverlängerung nicht möglich. Daraufhin ist die Berufung für die Klägerin begründet worden und zugleich der Antrag gestellt worden, das Verfahren aufgrund der Prozessunfähigkeit ihres gesetzlichen Vertreters gemäß § 246 ZPO auszusetzen. Mit am 06.09.2007 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz hat sie die Berufungsbegründung weiter ergänzt.

Der Senat hat in der Ladungsverfügung darauf hingewiesen, dass in Betracht komme, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen. Darauf hin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Aussetzungsantrag mit Schriftsatz vom 15.01.2008 zurückgenommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Urteil sei unter Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs ergangen. Sie habe auf der Grundlage des gerichtlichen Auflagenbeschlusses zwei Listen überreicht mit denen sie deutlich gemacht habe, auf welche Bauleistungen sie den geltend gemachten Zahlungsanspruch stützen wolle. Die Liste 1) entspreche den Positionen, die sich auf den Neubau eines Schweinestalls beziehen und die Liste 2) führe demgegenüber die Zusatzkosten auf, die sich aufgrund der Planänderung bzw. auf Anordnung der Bauleitung ergeben hätten. Diese Aufteilung der Abrechnung ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin verweist darauf, dass diese Abrechnung die Grundlage eines umfangreichen Beweisbeschlusses und des eingeholten Sachverständigengutachten nebst Ergänzungsgutachten war. Angesichts der umfänglichen Zeugenladung zum Termin zur Beweisaufnahme und mündlichen Verhandlung vom 19.03.2007 habe sie davon ausgehen können, dass sie die geltend gemachten Ansprüche auch nach der Auffassung des Gerichts schlüssig vorgetragen habe.

Es sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme deutlich geworden, dass ihr ein Restwerklohnanspruch zustehe, was auch das Landgericht so gesehen habe. Insoweit habe es die Klage nicht abweisen dürfen, sondern hätte allenfalls ein Grundurteil erlassen dürfen.

Zu Unrecht habe das Landgericht in diesem Zusammenhang insbesondere ihren Vortrag als widersprüchlich angesehen. Die von ihr in erster Instanz überreichten "Listen" entsprächen der Einteilung in der Schlussrechnung vom 31.12.2000, die sie erstmals mit der Berufungsbegründung zu den Akten gereicht hat.

Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang die Position 0.30 (Baustraße) herausgegriffen habe, sei die Berücksichtigung dieser Position unstreitig gewesen, wie sich aus der Schlussrechnung vom 31.12.2000 ergebe. Dies mache zudem die Rechnungsprüfung durch den Bauleiter des Beklagten deutlich, der diese Kosten berücksichtigt habe. Dementsprechend habe auch der Sachverständige die erstellten Listen seinem Gutachten zugrunde gelegt, und eine Restforderung (einschließlich der Vergütung für die Sohlplatten, abzüglich des 5 %igen Sicherheitseinbehalts in Höhe von 64.968,90 DM) von restlichen 140.509,13 DM errechnet, was unstreitig ist.

Das Landgericht habe die Klage insgesamt abgewiesen, obwohl sich die Verfügung vom 8.01.2004 allein auf den Hauptauftrag bezogen habe. Die übrigen Forderungen für die Sohlplatten seien unstreitig und hätten daher zugesprochen werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

das am 19. März 2007 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster aufzuheben und den Rechtsstreit wird unter Aufhebung des Verfahrens an das Landgericht Münster zurück zu verweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die mit der Berufungsbegründung zu den Akten gereichten Schlussrechnungen vom 31.12.2000 seien nicht prüffähig, da sämtliche Aufmaße oder sonstige für die Prüfung erforderlichen Leistungsnachweise fehlten. Die Anlagen, die die Klägerin mit der Berufungsbegründung vorgelegt habe, seien sämtlich für sie gefertigte Unterlagen. Die Rechnungen seien ferner erstmals überreicht worden und deshalb nicht berücksichtigungsfähig. Schließlich seien die Rechnungen auch unrichtig. Soweit die Klägerin darauf hinweise, es handele sich bei den Rechnungen vom 31.12.2000 lediglich um eine Modifikation der Schlussrechnung vom 4.07.2000, könne dies nicht zutreffen. Die Klägerin habe zudem bereits mit Schriftsatz vom 09.01.2006 gestützt auf die Rechnungen der Firma N Mehrbeträge geltend gemacht, so dass davon auszugehen sei, dass ihr die Abrechnungsunterlagen der Firma N bereits in erster Instanz vorgelegen hätten.

Die Berufung sei unzulässig. Die Begründung enthalte keinen ausreichenden Berufungsangriff, um die Anträge zu rechtfertigen. Die mit der Berufung vorgelegten Rechnungen vom 31.12.2000 beliefen sich auf insgesamt 514.757,92 DM; gezahlt habe er 1.093.900,00 DM, so dass 579.141,10 DM ungedeckt blieben.

Soweit die Klägerin ausweislich der Klagebegründung einen Betrag in Höhe von 74.000,63 € als Teilbetrag des von ihr errechneten Restbetrags aus dem Bauvorhaben "Schweinemaststall" verlange, habe sie weder in erster noch in zweiter Instanz erläutert, wie sich dieser Teilbetrag errechne und woraus er sich ergeben solle, was letztlich zur Unzulässigkeit der Klage führe. Da die Klägerin willkürlich aus einer behaupteten höheren Forderung einen nicht näher beschriebenen Teil herausgreife, obliege es ihr, zu klären, welche von ihr berechneten Forderungen sie zur gerichtlichen Entscheidung stelle.

In diesem Zusammenhang erhebt er erneut die Einrede der Verjährung. Er ist der Ansicht, dass über den Betrag von 74.000,63 € hinausgehende Ansprüche, die die Klägerin nicht in das Klageverfahren eingeführt habe, verjährt seien. Es fehle in diesem Zusammenhang auch an einer Klarstellung, welche Ansprüche von der Verjährungsunterbrechung erfasst seien. Entsprechendes gelte für solche Ansprüche, die die Klägerin nachträglich durch Umstellung und Ergänzung ihres Rechenwerkes in das Verfahren einbezogen habe. Das gesamte Vorbringen der Klägerin sei derart undurchsichtig und willkürlich, dass eine der Rechtskraft fähige Entscheidung hierüber nicht ergehen könne.

Er macht sich das mit der Berufung vorgelegte Abrechnungsschreiben des Zeugen B und die dazu ergangenen Anlagen zu eigen und behauptet, die Rechnungsprüfung einschließlich Massenberechnung durch den Zeugen B sei aufgrund einer zwischen den Parteien getroffenen Absprache erfolgt. Der Zeuge B habe danach eine exakte Massenaufstellung fertigen sollen, die der Abrechnung habe zugrunde gelegt werden sollen. Zutreffend und nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung sei deshalb allein die Rechnungsprüfung und Massenberechnung des Zeugen B. Insoweit bestreitet er die seitens des Sachverständigen Dipl.-Ing. y zugrunde gelegten Massen und Preise.

Es bleibe unklar, wie die Klägerin die Forderung der Firma N begründen wolle. Eine Rechnung der Firma N sei nicht aktenkundig. Darüber hinaus habe er mit der Firma N abgerechnet.

Er wiederholt die bereits erstinstanzlich erklärte Aufrechnung mit Ansprüchen aus der Schlussrechnungsprüfung durch den Zeugen B. Der Sachverständige Dipl.-Ing. y sei bei seinem Gutachten von falschen Grundannahmen ausgegangen und zudem für diese Abrechnungsfragen nicht kompetent.

Auf der Grundlage der Rechnungsprüfung und Massenermittlung des Zeugen B ergebe sich bei Absehen von den weiteren Abzügen für Bauzeitüberschreitung und Gewährleistung noch eine Überzahlung von 85.960,02 €.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

Soweit der Beklagte Bedenken gegen die Prozessfähigkeit der Klägerin aufgrund der Erkrankung ihres gesetzlichen Vertreters hegt, war der Senat an einer Entscheidung über die Berufung nach Rücknahme des Aussetzungsantrags gemäß § 246 ZPO nicht gehindert. Ist die Partei - wie hier - durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so tritt bei Verlust der Prozessfähigkeit während des Verfahrens zunächst keine Unterbrechung ein (Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 241 Rdnr.1).

Auf Antrag der Klägerin war das angefochtene Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster gem. § 538 Abs.2 Ziffer 1 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit unter Aufhebung des Verfahrens an das Landgericht Münster zurück zu verweisen, weil das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, wovon auch der Einzelrichter zunächst zutreffend ausgegangen ist.

Der erstinstanzliche Einzelrichter hat das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren in schwerwiegender Weise verletzt. Es entspricht einer gefestigten Rechtsprechung, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör des Auftragnehmers verletzt wird, wenn ihm erst in der mündlichen Verhandlung ohne die Gewährung einer Schriftsatzfrist mitgeteilt wird, dass die Klage nach der Auffassung des Gerichts unbegründet sei, weil sie die Anforderungen an eine schlüssige Abrechnung nicht erfülle. Das Gericht muss den Auftragnehmer rechtzeitig und unmissverständlich darauf hinweisen, welche Anforderungen seiner Ansicht nach noch nicht erfüllt sind und dem Auftragnehmer Gelegenheit geben, dazu ergänzend vorzutragen (BGH BauR 1999, 167 = NJW 1999, 418; BauR 1999, 510 = NJW 1999, 1264; BGHZ 140, 365, Kniffka/Keoble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl. Teil 9, Rdn 43). Das hat der erstinstanzliche Einzelrichter versäumt und deshalb entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerin übergangen.

Er hat das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör zum einen dadurch verletzt, dass er einen wesentlichen Teil des Klagevortrags übergangen hat. Gegenstand des Rechtsstreits sind neben der streitigen Restforderung für die Errichtung eines Schweinemaststalls in Höhe von 74.000,63 € auch die weiteren selbstständigen Forderungen aus den Schlussrechnungen betreffend die Errichtung einer Betonplatte für ein Güllesilo Typ WBA 25 vom 02.10.2000 und die Erstellung einer Betonplatte für ein Güllesilo Typ WBA 19 vom 28.09.2000, die sich nach der Darstellung der Klägerin auf 77.112,64 DM belaufen, in Höhe von 70.025,00 DM sind sie unstreitig (Bl. 108 d.A.), der Sachverständige Dipl.-Ing. y hat diese Forderungen in Höhe von 73.436,34 DM als begründet angesehen. Diese Ansprüche sind hinreichend bestimmt und von der Klägerin in voller Höhe geltend gemacht. Allerdings hat der Beklagte sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsverfahren insoweit die Aufrechnung mit einer angeblichen Überzahlung der der Klägerin aus dem Bauvorhaben "Schweinemaststall" zustehenden Werklohnforderung erklärt, so dass der Rechtsstreit keineswegs entscheidungsreif ist sondern bereits aufgrund der Aufrechnungserklärung die Höhe der der Klägerin aus dem Bauvorhaben "Schweinemaststall" zustehenden Werklohnforderung zu prüfen war.

Der erstinstanzliche Einzelrichter hat das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren weiterhin auch dadurch verletzt, dass er die Klage überraschend und in sich widersprüchlich als "derzeit unbegründet" und "unschlüssig" abgewiesen hat. Eine Klage muss nach der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung (BGH BauR 2001, 106 = MDR 2000, 1429 = ZfBR 2000, 33; NZBau 2001, 19; BauR 2000, 1191 = ZfBR 2000, 471; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdnr 1395) "als zurzeit unbegründet" abgewiesen werden, wenn eine Schlussrechnung nicht prüfbar ist mit der Folge, dass die Rechtskraft der Entscheidung einer erneuten Klageerhebung unter Vorlage einer prüfbaren Schlussrechnung nicht entgegen steht. Wird eine Klage dagegen wegen fehlender Substantiierung als "unschlüssig" abgewiesen, so erfolgt die Klageabweisung endgültig.

Der Vortrag der Klägerin ist entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Einzelrichters zudem nicht unschlüssig. Die von der Klägerin auf die Auflage vom 8.01.2004 hin zu der Akte überreichten Rechnungen vom 1.02.2004 und 30.01.2004 entsprechen den Anforderungen des § 14 Nr.1 VOB/B, sie sind deshalb von dem seinerzeit zuständigen Einzelrichter völlig zu Recht zur Grundlage seines Beweisbeschlusses vom 17.09.2004 gemacht und von dem wegen seiner umfangreichen Erfahrungen von mehreren Senaten des OLG Hamm wiederholt herangezogenen Sachverständigen Dipl.-Ing. y nach Anhörung der Parteien und ihrer sachkundigen Vertreter geprüft und zur Grundlage seines Gutachtens, das einen Kostenaufwand in Höhe von 8.694,36 € verursacht hat, gemacht worden.

Gem. § 14 Nr.1 VOB/B muss der Auftragnehmer seine Leistungen prüfbar abrechnen. Er muss, um dem Erfordernis der prüfbaren Rechnung gerecht zu werden, seine Rechnungsaufstellung nach der Reihenfolge und den einzelnen Positionen der Leistungsbeschreibung und den dort verwendeten Bezeichnungen ausrichten. Verlangt wird die Einhaltung der äußeren Übereinstimmung mit den Vertragsunterlagen, insbesondere denjenigen, die sich mit den Preisen befassen, wie z.B. das Leistungsverzeichnis (OLG Hamm BauR 2004, 86; Ingenstau/Korbion, VOB, 16. Aufl., § 14 Nr.1 VOB/B Rdnr. 11). Nach § 14 Nr.1 S.4 VOB/B sind Änderungen und Ergänzungen des ursprünglichen Vertrags in der Rechnung besonders kenntlich zu machen und auf Verlangen getrennt abzurechnen. Diesen Anforderungen entsprach die Rechnung vom 4.07.2000 nicht. Die erforderliche getrennte Abrechnung hat die Klägerin mit ihren Rechnungen vom 1.02.2004 und 30.01.2004 auf die Auflage vom 8.01.2004 hin vorgenommen. Die vom erstinstanzlichen Einzelrichter geforderte Beschränkung auf die Erläuterung der Schlussrechnung vom 4.07.2000 wäre gem. § 14 Nr.1 VOB/B geradezu verfehlt gewesen. Durch die dem § 14 Nr. 1 VOB/B entsprechenden Abrechnungen vom 1.02.2004 und 30.01.2004 ist die Schlussrechnung vom 4.07.2000 überholt und unter Berücksichtigung des Beibringungsgrundsatzes nicht mehr Grundlage einer Entscheidung, sondern nur im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen, was der erstinstanzliche Einzelrichter verkannt hat.

Bei der von ihr auf die gerichtliche Auflage vom 8.01.2004 hin vorgenommenen getrennten Abrechnung ihrer Leistungen war die Klägerin naturgemäß nicht an die Details ihrer Schlussrechnung vom 4.07.2000 gebunden, da sie die Abrechnung in der von ihr vorgenommenen Art aufteilen musste. Eine vorgelegte Schlussrechnung schafft zudem keinen Vertrauenstatbestand des Auftraggebers, der zu einer Bindung des Auftragnehmers an den darin ausgewiesenen Betrag führt (BGH NJW 1988, 910 mit zahlr. Nachw. = BauR 1988, 217; Ingenstau/Korbion, VOB, 16. Aufl., § 14 Nr. 1 VOB/B Rdnr. 17; Werner/ Pastor, Rdnr.1401, 1374). Dies hat der BGH auch für den VOB-Vertrag festgestellt und dabei betont, ein Unternehmer sei über die sich für Nachforderungen aus § 16 Nr.3 Abs.2 VOB/B ergebenden Beschränkungen hinaus grundsätzlich nicht an seine Schlussrechnung gebunden (Werner/ Pastor a.a.O.).

Legt ein Auftragnehmer in einem Prozess eine neue Schlussrechnung vor, so liegt darin auch keine Klageänderung. Der Streitgegenstand - die Werklohnforderung - ändert sich nicht dadurch, dass eine neue Rechnung vorgelegt wird (BGH BauR 2003, 1588 = NZBau 2002, 614 = ZfBauR 2002, 787; Kniffka/Koeble, Teil 9, Rdnr. 46).

Allein der Umstand, dass der Einzelrichter, der den Rechtsstreit in erster Instanz letztlich entschieden hat, im Gegensatz zu der zutreffenden Auffassung seiner Vorgänger irrig angenommen hat, dass die Klage auch nach Vorlage der differenzierenden Abrechnung vom 1.02.2004 und 30.01.2004 nicht schlüssig sei und deshalb keinen weiteren Beweis erhoben hat, begründet zwar noch keinen wesentlichen Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr.1 ZPO (BGH NZBau 2005, 224; NJW 2000, 2099). Im vorliegenden Fall ist der erstinstanzliche Einzelrichter jedoch aufgrund einer massiven Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren zu der nach dem vorangegangenen Verfahrensverlauf völlig überraschenden und zudem unhaltbaren Rechtsansicht gelangt, dass der Vortrag der Klägerin nicht schlüssig sei, mit der Folge, dass er den entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerin vollständig übergangen hat.

Es fehlt eine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen einer prüffähigen Abrechnung gem. § 14 Nr. 1 VOB/B und der Erforderlichkeit sowie der Zulässigkeit der Korrektur einer vorgelegten Schlussrechnung sowie dem Umstand, dass ein erfahrener Sachverständiger sich dazu in der Lage gesehen hat, die differenzierende Abrechnung der Klägerin vom 1.02.2004 und 30.01.2004 mit den Parteien bzw. ihren sachkundigen Vertretern vor Ort zu erörtern.

Es entspricht der gefestigten und unmissverständlichen Rechtsprechung des BGH, dass die Anforderungen an eine Abrechnung kein Selbstzweck sind, sondern nur dem Kontroll- und Informationsinteresse des Auftraggebers genügen müssen (BGH BauR 2002, 468 = NZBau 2002, 90; Kniffka/Koeble, Teil 9 Rdnr. 40). Wenn es dem vom Gericht bestellten Sachverständigen möglich war, sich im Zusammenwirken mit den sachkundigen Vertretern der Parteien vor Ort ein Bild von dem Umfang der erbrachten Leistungen zu machen, dann spricht das dafür, dass die Abrechnung der Klägerin zumindest weitgehend dem Kontroll- und Informationsbedürfnis des Beklagten entsprochen hat. Dann ist es rechtsfehlerhaft, das mit einem hohen Kostenaufwand eingeholte Gutachten nicht zur Kenntnis zu nehmen und bei einem Millionenobjekt weiteren kaum noch zu bewältigenden schriftsätzlichen Vortrag zu jeder einzelnen Position zu verlangen. In solch einem Fall ist es vielmehr geboten, gem. § 411 Abs. 3 ZPO das Erscheinen des Sachverständigen zu einer mündlichen Verhandlung anzuordnen, damit er sein schriftliches Gutachten erläutert. Sodann ist mit den Parteien, ihren sachkundigen Vertretern und dem Sachverständigen zu erörtern, welche Punkte noch aufklärungsbedürftig sind und in welcher Weise das möglich ist. Soweit sich bei dieser Erörterung ergeben hätte, dass noch einzelne Punkte erläuterungsbedürftig sind, hätte der Klägerin eine entsprechende konkrete Auflage gemacht werden müssen, im Übrigen hätte das Gericht die Richtigkeit der Abrechnung mit Hilfe des Sachverständigen und der Vernehmung der zunächst geladenen Zeugen aufklären müssen. Ein angebotener Zeugenbeweis für den Umfang der abgerechneten Arbeiten stellt keinen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar (BGH BauR 2006, 2040, 2041 = NZBau 2006, 777 = IBR 2006, 661; Werner/Pastor, Rdnr. 1394).

Anschließend hätten dem Sachverständigen ggf. gem. § 404 a ZPO konkrete Weisungen erteilt werden müssen, auf welcher Grundlage und in welcher Weise er sein Gutachten ggf. ergänzen soll. Wenn der genaue Umfang einer Leistung nicht festgestellt werden kann, so ist das im Gutachten zu verdeutlichen und ggf. die Mindestvergütung zu schätzen (Werner/Pastor, Rdnr. 1394; vgl. auch BGH BauR 2004, 1441 = NJW RR 2004, 1385)

Es war rechtsfehlerhaft, diesen zwingend gebotenen Weg, den die Vorgänger des erkennenden Einzelrichters zu Recht eingeschlagen hatten, nicht zu Ende zu gehen, auch wenn er arbeitsaufwändig war, und statt dessen mit floskelhaften Wendungen die Schlüssigkeit der Klage zu verneinen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ein Anspruch auf ein faires Verfahren als einem "allgemeines Prozessgrundrecht" (BVerfG NJW 1991, 3140; 1996, 3202), das den Richter verpflichtet, das Verfahren so zu gestalten, wie die Parteien eines Zivilprozesses es von ihm erwarten dürfen. Insbesondere darf ein Gericht sich nicht widersprüchlich verhalten (BVerfGE 69, 381, 387 = NJW 1986, 244; FamRZ 2003, 1447), es darf aus eigenem oder ihm zurechenbaren Fehlern oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile für die Parteien ableiten (BVerfGE 75, 183, 190 = NJW 1987, 2003).

Der erstinstanzliche Einzelrichter durfte unter Beachtung dieser Grundsätze den Sachverständigen und die zum Termin geladenen Zeugen nicht durch die Verfügung vom 12.03.2007 abladen, ohne die Parteien hiervon in Kenntnis zu setzen und erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.03.2007 darauf hinweisen, dass die Klägerin die mehr als 3 Jahre zuvor erteilte Auflage vom 08.01.2004 nach seiner Auffassung nicht erfüllt habe, so dass die zwischenzeitlich durchgeführte kostenaufwändige Beweiserhebung wegen der vermeintlichen Unschlüssigkeit des Tatsachenvortrags hätte unterbleiben müssen und deshalb unbeachtlich sei. Es stellt einen groben Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs und die Grundsätze eines fairen Verfahrens dar, einer Partei aufgrund einer offensichtlich fehlerhaften Auslegung des Präklusionsrechts nach einem vier Jahre andauernden Rechtsstreit zu solch einer Kehrtwendung der Bewertung des Parteivorbringens durch das Gericht keine Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. zu weiterem Vortrag mit der Begründung zu geben, dass "eine Frist zur Stellungnahme zu einer weiteren Verzögerung des Rechtsstreits und einem Hinausschieben des erstinstanzlichen Urteils geführt hätte". Damit hat der erstinstanzliche Einzelrichter dokumentiert, dass ihm bewusst war, dass es der Klägerin durchaus möglich gewesen wäre, seine Bedenken durch weiteren Vortrag auszuräumen.

Insoweit hätte der Einzelrichter berücksichtigen müssen, dass die von ihm angesprochene lange Verfahrensdauer und die ständige Verlegung des für den 20.03.2006 anberaumten Einzelrichtertermins bis hin zum 19.03.2007 zu einem nicht unerheblichen Umfang auf den ständigen Wechsel des zuständigen Richters zurückzuführen ist. Der von dem Einzelrichter in seiner Entscheidung zu Recht kritisierte und allseits beklagte Missstand am Landgericht Münster, dass bei der Bearbeitung von (umfangreichen) Bausachen ständig die (in Bausachen zudem teilweise noch unerfahrenen) Richter wechseln, so dass er im vorliegenden Fall bereits der neunte Einzelrichter im Laufe von 4 Jahren war, beeinträchtigt schon für sich gesehen den verfassungsrechtlich garantierten Justizgewährungsanspruch der Parteien. Diese sind dafür aber nicht verantwortlich. Aus Fehlern und Versäumnissen der Justizverwaltung darf ein Gericht nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Verfahrensnachteile für die Parteien ableiten und schon gar nicht eine Klage in vollem Umfang abweisen, obwohl das Gericht ausweislich der Entscheidungsgründe seines Urteils auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens davon ausgegangen ist, dass der Klägerin ein restlicher Werklohnanspruch zustehe. Das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet die Gerichte zu Entscheidungen, die nach ihrer Überzeugung unangreifbar richtig und geeignet sind, den Rechtsfrieden wieder herzustellen. Das Rechtsstaatsprinzip verbietet es einem Gericht die Parteien, die an solch einer Entscheidung interessiert sind, auf die Berufungsinstanz zu verweisen.

Da der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf ein faires Verfahren und das Gebots der Rechtssicherheit ein widersprüchliches Verhalten des Gerichts verbietet, kann es geboten sein, dass ein Richter, der nach einem Dezernatswechsel die Prozessleitung seiner Vorgänger für verfehlt hält, obwohl durch diese bei den Parteien ein Vertrauenstatbestand geschaffen und eine aufwändige Beweisaufnahme durchgeführt worden ist, wegen der theoretischen Möglichkeit, dass er es ist, der sich irrt, eine "wesentliche Änderung der Prozesslage" im Sinne von 348 a Abs.2 Ziffer 1 ZPO bejaht, aus der sich eine "besondere rechtliche Schwierigkeit der Sache" ergibt, es sei denn dass er, anders als im vorliegenden Fall, seine Auffassung auf eine fundierte und zweifelsfreie rechtliche Grundlage stützen kann. Sinn und Zweck der ZPO-Reform ist es, dass Streitigkeiten in erster Instanz zuverlässig und abschließend entschieden werden, um den Rechtsfrieden wieder herzustellen, was durch ständig neue Rechtsansichten der Einzelrichter nach einem Dezernatswechsel erfahrungsgemäß sehr stark erschwert wird. Das könnte in Fällen der vorliegenden Art dadurch verhindert werden, dass der Rechtsstreit der Zivilkammer zur Entscheidung über eine Übernahme vorgelegt wird. Die Frage kann im vorliegenden Fall aber dahingestellt bleiben, da der Senat zu der Fehlvorstellung des erkennenden Einzelrichters bereits ausreichend Stellung genommen hat und die Berufung gemäß § 348 a Abs.3 ZPO nicht auf eine unterbliebene Vorlage nach § 348 a Abs.2 ZPO gestützt werden kann.

Der Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs, auf dem das angefochtene Urteil auch beruht, ist wesentlich im Sinne des § 538 Abs.2 Nr.1 ZPO. Dies ist der Fall, wenn er so erheblich ist, dass das Verfahren keine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung darstellt (Ball in Musielak, ZPO § 538 Rdnr.9). Dies ist hier zu bejahen, wie bereits ausgeführt wurde. Das war dem Landgericht ausweislich der Urteilsbegründung auch bewusst, da es einen der Klägerin zustehenden Restwerklohnanspruch sogar bejaht hat und die Klage trotzdem abgewiesen hat, obwohl bei Erteilung der Gelegenheit zur Stellungnahme die Bedenken des erstinstanzlichen Einzelrichters hätten ausgeräumt werden können. Insbesondere die Ausführungen im Urteil, "das Gutachten des Sachverständigen sei nicht hilfreich, da der Sachverständige nicht entsprechend der Beweisfrage die Schlussrechnung geprüft" habe, machen deutlich, dass die Entscheidung des Landgerichts auf einer korrekturbedürftigen Fehlvorstellung beruht.

Der Rechtsstreit ist ohne eine weitere umfangreiche und aufwändige Sachverhaltsaufklärung und Beweisaufnahme nicht entscheidungsreif. Der Senat hat bei der Entscheidung nicht verkannt, dass das Berufungsgericht grundsätzlich auch ein notwendiges Sachverständigengutachten einholen muss und dass § 538 Abs.2 Nr. 1 ZPO eine Ausnahmeregelung darstellt, die den Grundsatz der Prozessbeschleunigung nur dann durchbricht, wenn die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers erfolgt und noch eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (BGH NZBau 2005, 224). Insbesondere hat der Senat berücksichtigt, dass das Berufungsgericht in Erwägung zu ziehen hat, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer weiteren Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits und zu weiteren Nachteilen führt und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann (BGH a.a.O.). Die Aufhebung und Zurückverweisung wegen einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme ist deshalb auf wenige Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz zu noch größeren Nachteilen führen würde als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (vgl. BGH a.a.O.). Der Senat macht deshalb von der Möglichkeit einer Aufhebung und Zurückverweisung nur äußerst selten Gebrauch.

Auch unter diesen strengen Anforderungen ist eine Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits hier ausnahmsweise gerechtfertigt. Der Beklagte hat in umfangreicher Weise zu jeder einzelnen Position der geschuldeten und ausgeführten Leistung Stellung genommen (Bl. 308 bis 343, 386 bis 391, 396 bis 401 - doppelseitig beschrieben), so dass eine aufwändige Beweisaufnahme durch Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. y zu den gegen sein Gutachten erhobenen Einwendungen der Parteien und zu dem Ergebnis der Zeugenvernehmung erforderlich erscheint. Die Vernehmung der Zeugen zu den streitigen Positionen, die bereits gemäß dem Beschluss vom 30.01.2006 vorgesehen war, erscheint weiterhin erforderlich. Angesichts des Streits der Parteien bezüglich des Umfangs der ausgeführten Arbeiten erscheint es zweckmäßig, dass die Beweisaufnahme mit einer Augenscheinseinnahme verbunden wird, weil nach der langen Prozessdauer die Erinnerung der Zeugen und die Aufklärungsmöglichkeit des Sachverständigen vor Ort erfahrungsgemäß wesentlich besser ist als eine Beweisaufnahme im Gerichtssaal.

Dadurch kann ggf. eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung der der Klägerin zustehenden Mindestvergütung gem. § 287 ZPO gewonnen werden (vgl. dazu BGH BauR 2006, 2040, 2041 = NZBau 2006, 777; Werner/Pastor Rdnr. 1394).

Mit Hilfe des Sachverständigen sind auch die Einheitspreise für die Zusatzleistungen und die geänderte Ausführung gem. § 2 Nr. 5 und § 2 Nr. 6 VOB/B zu klären. Insoweit darf die Bedeutung der Kalkulationsgrundlagen nicht überbewertet werden, weil sich die Angebotspreise erfahrungsgemäß in der Praxis auf keine genaue Kalkulation gründen, so dass letztlich Schätzungen mit Hilfe des Sachverständigen letztlich unumgänglich sind. Soweit die Zusatzleistungen "andere Leistungen" i.S.d. § 1 Nr. 4 S. 2 VOB/B, also "neue selbständige Leistungen" einschließlich aller nicht erforderlichen, aber funktional noch zugehörigen Mehrleistungen im Rahmen von Anschlussaufträgen betreffen, ist § 2 Nr. 6 VOB/B ohnehin nicht anwendbar, sondern § 632 BGB (OLG Düsseldorf BauR 1996, 875; Werner/Pastor, Rdnr. 1159).

Ob ein für den Hauptvertrag vereinbarter Preisnachlass auch für eine Nachtragsvereinbarung gilt, ist heftig umstritten (vgl. Werner/Pastor, Rdnr. 1159 mit umfangreichen Nachw.). Insoweit dürfte es entscheidend auf den Inhalt und Umfang der Zusatzaufträge und die Vereinbarungen bei der Auftragserteilung ankommen. Zu dieser Frage ist der Vortrag der Parteien ergänzungsbedürftig. Soweit sich die Klägerin generell nicht mehr an den Preisnachlass gebunden fühlt, kann sie keinen Erfolg haben. Ihr Vorbringen kann allerdings bezüglich der vom Sachverständigen festgestellten Mindermengen als konkludentes Preisanpassungsverlangen gem. § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B ausgelegt werden. Ob sich die Parteien deshalb auf die vom Sachverständigen vorgeschlagene angemessene pauschale Reduzierung des Nachlasses auf 9 % einigen oder die Klägerin die Mindermengen gem. § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B abrechnet ist in dem oben angesprochenen Erörterungstermin zu klären. In diesem ist auch zu klären, inwieweit die Voraussetzungen des § 2 Nr. 8 Abs.2 VOB/B wegen der von dem Beklagten nach seiner Darstellung nicht beauftragten Leistungen vorliegen, bevor der Sachverständige zu einem schriftlichen Ergänzungsgutachten beauftragt wird.

Auch wenn eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer weiteren Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits und zu weiteren Nachteilen führt und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann, erscheint die Aufhebung und Zurückverweisung wegen der noch durchzuführenden weiteren Sachaufklärung und Beweisaufnahme hier sachdienlich. Insbesondere überwiegt ausnahmsweise auch das Interesse der Klägerin an einer schnelleren Sachentscheidung nicht gegenüber dem Verlust einer Instanz. Angesichts der Erkrankung des Liquidators der Klägerin ist es eine Frage des Genesungsprozesses, wann dieser wieder zu einer ausreichenden Information seines Prozessbevollmächtigten in der Lage sein wird. Sollte der Liquidator der Klägerin hierzu auch nach Ablauf eines weiteren Zeitraums nicht in der Lage sein, wird die Klägerin - dies hat sie bereits angekündigt - ihren Vortrag gegebenenfalls nach Überprüfung der bei ihr befindlichen Unterlagen durch einen sachverständigen Dritten weiter ergänzen. Aus diesem Grunde ist seitens der Klägerin auch zunächst die Aussetzung des Berufungsverfahrens beantragt worden. Der Senat hätte auf den Antrag auch die Aussetzung anordnen müssen. Der Antrag ist allein zur Förderung der angekündigten Entscheidung nach § 538 Abs.2 ZPO zurück genommen worden, um die erste Instanz für die Klägerin zu erhalten. Dies erscheint hier gerade unter dem Gesichtspunkt erforderlich, dass sie bei der Beschaffung weiterer Informationen gegebenenfalls nicht auf ihren Liquidator zurückgreifen kann, sondern sich der Hilfe eines sachverständigen Dritten bedienen muss. Insoweit sind die Aufklärungsmöglichkeiten naturbedingt eingeschränkt, es können sich erfahrungsgemäß leichter Missverständnisse einschleichen, so dass sich ein Korrekturbedürfnis durch eine zweite Tatsacheninstanz ergeben kann.

Der Senat vermag nicht etwa deshalb eine eigene Sachentscheidung zu treffen, weil die Klage, wie der Beklagte in erster Instanz vollumfänglich und in zweiter Instanz noch eingeschränkt vertreten hat, wegen Verstoßes gegen § 253 Abs.2 Ziffer 2 ZPO unzulässig wäre. Soweit die Klägerin aus dem Bauvorhaben "Schweinemaststall" einen Teil ihrer angeblichen Restwerklohnforderung geltend macht, handelt es sich nicht um eine unzulässige Teilklage. Die Werklohnforderung stellt eine einheitliche Forderung dar und die einzelnen Positionen einer Schlussrechnung sind grundsätzlich nur unselbständige Rechnungspositionen, so dass ein geltend gemachter Teilbetrag nicht im Einzelnen entsprechend den Rechnungspositionen aufgeschlüsselt werden darf (BGH BauR 2003, 824, 825; BGH Report 2006, 256).

Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für eine eigene Sachentscheidung unter den Gesichtspunkt der Verjährung der geltend gemachten Forderungen vor. Die seitens des Beklagten erhobene Einrede der Verjährung könnte nur greifen, soweit die Klägerin aus der Schlussrechnung vom 04.07.2000 noch einen 74.000,63 € übersteigenden Betrag geltend machen würde.

Das Bauvorhaben ist ausweislich der nicht angegriffenen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil am 19.06.2000 fertig gestellt worden; unter dem 04.07.2000 hat die Klägerin die Schlussrechnung erstellt. Unter Berücksichtigung der zweimonatigen Prüfungsfrist des § 16 Nr.3 Abs.1 VOB/B und der erst mit Schreiben vom 07.10.2000 erfolgten Rechnungsprüfung dürfte die Forderung daher bei Hinausschieben der Fälligkeit wegen der über zwei Monate hinausgehenden Rechnungsprüfung ( vgl. Locher in Ingenstau/ Korbion VOB/B 14. Auflage (alte Fassung) § 16 Rdnr.112) wohl spätestens am 07.10.2000 eingetreten sein. Die Verjährungsfrist begann demnach gemäß §§ 196, 198, 201 BGB a.F. am 31.12.2000, 24.00 Uhr zu laufen, wobei zunächst die vierjährige Frist des § 196 Abs.1 Nr.1, Abs.2 BGB a.F. galt, weil die Leistungen der Klägerin für den Gewerbebetrieb des Beklagten erfolgten. Die Verjährung der Restwerklohnforderung aus der Schlussrechnung vom 04.07.2000 wäre demnach nach altem Recht mit Ablauf des 31.12.2004 eingetreten. Die ab dem 01.01.2002 geltende Verjährungsfrist des § 195 BGB beträgt nur drei Jahre, ist somit kürzer als die nach altem Recht geltende Verjährungsfrist, so dass Art. 229 § 6 Abs.4 EGBGB anzuwenden ist.

Danach wäre hier die Verjährung der geltend gemachten Restwerklohnforderung bzw. der Werklohnforderungen aus den Schlussrechnungen vom 28.09.2000 und 02.10.2000 auch unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift nach altem Recht, also erst am 31.12.2004 eingetreten.

Der Mahnbescheid über die Teilforderung von 74.000,63 € sowie die Forderungen aus den Schlussrechnungen vom 28.09.2000 und 02.10.2000 ist dem Beklagten am 08.01.2003 zugestellt worden, so dass wegen dieses Teils der Forderung aus der Schlussrechnung vom 04.07.2000 ebenso wie wegen der Forderungen aus den weiteren Schlussrechnungen die Verjährung gehemmt worden ist. Eine Teilklage unterbricht insoweit die Verjährung bis zur Höhe des eingeklagten Teils (vgl. BGH NJW -RR 1988, 692; vgl. Heinrichs in Palandt, BGB § 204 Rdnr.16).

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 09.01.2006 erstmals beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 9.079,75 € an die Firma N GmbH zu zahlen, kann sich der Beklagten ebenfalls nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen, da er dem Rechtsstreit zwischen der Klägerin und der Firma N GmbH in dem Berufungsverfahren 24 U 10/04 im Senatstermin vom 4.05.2004 - demnach vor dem Eintritt der Verjährung des Vergütungsanspruchs - zum Zwecke des Vergleichsschlusses beigetreten ist und erklärt hat, mit der Berücksichtigung dieser Forderung einverstanden zu sein.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr.10 ZPO, 21 GKG.

Soweit das Landgericht über die weiteren Kosten der Beweisaufnahme zu entscheiden haben wird, wird es klären müssen, welche Mehrkosten durch die fehlerhafte Sachbehandlung des erstinstanzlichen Einzelrichters verursacht worden sind, etwa dadurch, dass sich der Sachverständige nach Jahr und Tag intensiver wieder in die Sache einarbeiten muss.

Ende der Entscheidung

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