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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.03.2000
Aktenzeichen: 24 U 64/99
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO, GG


Vorschriften:

HOAI § 15
HOAI § 8 Abs. 1
BGB § 196 Abs. 1
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 7
BGB § 198
BGB § 201
BGB § 242
BGB § 209 Abs. 1
BGB § 661 Abs. 2 Satz 2
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 839
ZPO § 1059 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
GG Art. 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 64/99 OLG Hamm 11 O 167/98 LG Münster

Verkündet am 21. März 2000

Lobert, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Droppelmann, den Richter am Oberlandesgericht Jansen und den Richter am Landgericht Nubbemever

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 30. März 1999 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheit durch selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Das Urteil beschwert den Kläger um mehr als 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten entgangenen Gewinn als Schadensersatz aufgrund eines nach der Durchführung eines Architektenwettbewerbes nicht erteilten Architektenauftrages.

Am 15.02.1988 lobte die Beklagte auf der Grundlage der Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten des Räumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens - GRW 1977 - einen Architektenwettbewerb aus. Gegenstand war die Planung eines Freizeithallenbades. Nach den in der Auslobung enthaltenen Zielvorstellungen (Ziff. 12.2) sollte das Hallenbad Bestandteil einer größeren Freizeitanlage werden, dem Schul- und Schwimmsport zur Verfügung stehen und mit einem bereits bestehenden Freibad eine organisatorische Einheit bilden. Weiter ist erwähnt, daß die Stadt ein angemessenes Objekt erwarte, "dessen Baukosten 10 - 12 Mio. DM nicht notwendig überschreiten sollten".

Zur Regelung der weiteren Bearbeitung der Wettbewerbsarbeiten hieß es unter Ziff. 16.1 der Wettbewerbsbestimmungen:

"Der Auslober beabsichtigt, soweit und sobald die Aufgabe realisiert wird, entsprechend den Empfehlungen des Preisgerichts einem Preisträger die weitere Bearbeitung gemäß HOAI § 15 mindestens die Leistungsphase 2 - 5 zu übertragen. Dabei wird die Preissumme unter Voraussetzung der Ziff. 5.1.2 der GRW 77 angerechnet."

Wegen der weiteren Einzelheiten der Wettbewerbsbedingungen wird auf Bl. 15 bis 21 der Aktenbezug genommen.

Das eingesetzte Preisgericht entschied in seiner Sitzung vom 04./05.10.1988 über die Preisverleihung. Die ersten fünf Preise gingen an die Architekturbüros in (1. Preis), und Partner in (2. Preis; Büro des Klägers), in (3. Preis), in (4. Preis) und in (5. Preis). Mit der Preisverleihung sprach das Preisgericht die Empfehlung aus, den ersten Preisträger mit der weiteren Bearbeitung zu beauftragen und führte u.a. aus: "Klar ist nur, daß das Programm mit 12 Mio. DM nur mit Mühe realisiert werden kann, eher sind höhere Summen wahrscheinlich. Daher haben auch zahlreiche Arbeiten entsprechend höhere Gebäudewerte aufgewiesen."

Die Verwirklichung des mit dem ersten Preis versehenen Entwurfs hätte ca. 28 bis 30 Mio. DM gekostet. Die übrigen Preisträger hatten für ihre Entwürfe vergleichbar hohe Baukosten geschätzt. Diese Summen überschritten die der Beklagten zur Verfügung stehenden Geldmittel.

Mit Schreiben vom 02.03.1989 bat die Beklagte die beiden ersten Preisträger, ihre Entwürfe bis auf einen Kostenrahmen von ca. 15 Mio. DM "abzumagern".

Mit Vertrag vom 04./24.08.1989 beauftragte die Beklagte den ersten Preisträger, der sich inzwischen mit weiteren Architekten zur Architektengruppe P 7 zusammengeschlossen hatte, seinen Entwurf auf Realisierungskosten von ca. 20 Mio. DM zu reduzieren. Hierfür zahlte die Beklagte ein vereinbartes Honorar in Höhe von 30.000,00 DM.

In der Folgezeit legte die Gruppe P 7 überarbeitete und weiter reduzierte Planungen für ein separates Freizeithallenbad mit einer Kostenschätzung von 25 Mio. DM vor.

Die von der Beklagten eingesetzte Projektgruppe befaßte sich am 15.03.1990 mit dem reduzierten Planungsentwurf, den sie ablehnte, da er immer noch den für die Beklagte möglichen Kostenrahmen sprenge: Sie erklärte das Vorhaben und den Wettbewerb "Errichtung eines Freizeithallenbades in Dülmen" für abgeschlossen:

Gleichzeitig stellte die Projektgruppe fest, daß nach wie vor Bedarf an einem erweiterten Badangebot bestehe und man mit der Gruppe P 7 über mögliche. Alternativen sprechen wolle. Hierzu schloß die Beklagte im September 1990 mit der Gruppe P 7 einen weiteren Vertrag über Planungsleistungen ab, wiederum für ein Honorar in Höhe von 30.000,00 DM. Mit den daraufhin vorgenommenen Planungen der Gruppe P 7 befaßte sich die Projektgruppe in ihren Sitzungen bis zum Juni 1991, letztendlich mit dem Ergebnis, die Planungen nicht umzusetzen.

Weitere Verhandlungen mit der Gruppe P 7 führte die Beklagte nicht mehr:

Am 16.12.1991 faßte die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten den Beschluß, daß aus finanz- und bäderpolitischen Gründen zur Zeit keine Möglichkeit bestehe, die derzeitige Badsituation zu verändern, es verbleibe. daher beim status quo.

Im Dezember 1995 beauftragte der Eigenbetrieb der Beklagten "Gewerbliche Unternehmen der Stadt" die Architekten und aus mit dem Neubau eines Freizeitbades. Diese Architekten hatten an dem Wettbewerb nicht teilgenommen. Der Bau wurde unter Einbeziehung des Freibades auf dem Gelände, das auch Gegenstand des Wettbewerbs war, errichtet. Einzelheiten aus der früheren Wettbewerbsaufgabe wurden ebenso wie neue Details in die Planung aufgenommen.

Der Kläger macht mit der im Mai 1998 erhobenen Klage aus eigenem und abgetretenen Recht Schadensersatzansprüche der ersten fünf Preisträger aus der Auslobung geltend.

Er hat - unter Vorlage von Abtretungserklärungen - die Abtretung der Schadensersatzansprüche der übrigen Preisträger an sich behauptet und weiter vorgetragen:

Die Beklagte habe ihre Pflichten aus der Auslobung mit der Beauftragung der Architekten und verletzt, Der Auftrag habe an einen der Preisträger vergeben werden müssen. Ihre Zusammenarbeit mit dem ersten Preisträger habe die Beklagte ohne wichtigen Grund beendet. Der erste Preisträger sei in der Lage gewesen, alle Planvorgaben zu erfüllen, ein Personalwechsel bei der Beklagten habe letztendlich dazu geführt, daß er bei den weiteren Planungen nicht mehr berücksichtigt worden sei. Nach dem Ausscheiden des ersten Preisträgers sei die Beklagte zumindest verpflichtet gewesen, einen der weiteren Preisträger zu beauftragen.

Die Beklagte habe auch ein der Wettbewerbsaufgabe entsprechendes Vorhaben realisiert. Das verwirklichte Freizeitbad knüpfe an die Wettbewerbsaufgabe an, da unter Einbeziehung des Freibades ebenfalls ein Hallenbad mit integriertem Freizeitbereich errichtet worden sei.

Als Schaden hat der Kläger entgangenen Gewinn in Höhe von 60% des Nettohonorars für Architektenleistungen der Leistungsphasen 2 bis 5 des § 15 HOAI verfängt. Von dem errechneten Honorar in Höhe von 281.001,00 DM hat er das Nettopreisgeld des ersten Preisträgers in Höhe von 21.929,82 DM abgezogen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 259.071,18 DM nebst 4% Zinsen seit dem 11.04.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, sie habe den ihr obliegenden Pflichten aus der Auslobung genügt. Die Auftragserteilung an den ersten Preisträger sei aus wichtigem Grund unterblieben, die weiteren Preisträger hätten von ihr wegen der zuvor eingetretenen Konkretisierung auf den ersten Preisträger nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Dem ersten Preisträger sei es nicht gelungen, den ausgezeichneten Entwurf so abzuändern, daß er sich in dem ihr zur Verfügung stehenden Kostenrahmen gehalten habe. Die Zusammenarbeit mit ihm sei auch einverständlich beendet worden. Das später realisierte Freizeitbad stelle keine Verwirklichung der ursprünglichen Wettbewerbsaufgabe dar, da es erhebliche Unterschiede zum Entwurf des ersten Preisträgers aufweise.

Mit Urteil vom 30.03.1999 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die ihr aus der öffentlichen Ausschreibung obliegenden Pflichten nicht verletzt. Ihre Pflicht, einem der Preisträger die weitere Bearbeitung gem. § 15 HOAI, Leistungsphasen 2 - 5, zu übertragen, habe sich auf den ersten Preisträger bzw. die Architektengruppe P7 konkretisiert. Von der Beauftragung dieses Preisträgers habe die Beklagte aus wichtigem Grund absehen dürfen. Dieser sei darin zu sehen, daß es den Architekten nicht gelungen sei, den preisgekrönten Entwurf auf das von der Beklagten geforderte Kostenniveau abzusenken.

Nach der Konkretisierung auf den ersten Preisträger habe die Beklagte die weiteren Preisträger nicht mehr berücksichtigen müssen.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.

Es sei unerheblich, daß die ausgezeichneten Entwürfe den in der Auslobung genannten Kostenrahmen überschritten hätten. Das in den Zielvorstellungen genannte Raumprogramm sei mit dem gleichzeitig angegebenen Kostenrahmen nicht zu verwirklichen gewesen. Dieser sei, wie auch das spätere Verhalten der Beklagten gezeigt habe, keine maßgebliche Zielvorgabe gewesen.

Eine Konkretisierung der Auslobungspflichten der Beklagten auf den ersten Preisträger sei nicht eingetreten, dieser habe nur den Auftrag erhalten, seinen prämierten Entwurf "abzumagern".

Offen geblieben sei stets, ob er auch den ausgelobten Planungsauftrag erhalten würde.

Einen wichtigen Grund zur Beendigung der Zusammenarbeit mit dem, ersten Preisträger habe es nicht gegeben. Bei der Beklagten nachträglich aufgetretene Kostenprobleme hätten dazu geführt, die Planungen im Sommer 1993 einzustellen. Hierbei habe die Beklagte die Planungen des ersten Preisträgers als solche akzeptiert. Sie habe keinen Grund gehabt, beim späteren Wiederaufgreifen der Wettbewerbsaufgabe alle Preisträger zu übergehen. Sowohl der erste als auch die übrigen Preisträger seien in der Lage gewesen, das später realisierte Vorhaben innerhalb des von der Beklagen vorgegebenen Kostenrahmens zu verwirklichen.

Der Kläger beantragt,

abändernd die Beklagte zu verurteilen, an ihn 259.071,18 DM nebst 4% Zinsen seit dem 11.04.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, das sie wiederholt und vertieft.

Eine Konkretisierung auf den ersten Preisträger sei bereits durch die Empfehlungen des Preisgerichts eingetreten. Die Auslobung selbst beinhalte außerdem eine Beschränkung des Rechtsbindungswillens der Beklagten auf Entwürfe, die den vorgegebenen Kostenrahmen eingehalten hätten.

Für die nicht erfolgte Auftragserteilung an den ersten Preisträger habe es einen wichtigen Grund gegeben. Es habe sich herausgestellt, daß mit diesem die Wettbewerbsaufgabe nicht zu für sie finanzierbaren Bedingungen habe realisiert werden können. Deswegen sei der Wettbewerb in der Sitzung der Projektgruppe vom 15.03.1990 beendet worden. Danach sei versucht worden mit dem ersten Preisträger eine andere Planung für ein Allwetterbad zu erarbeiten, die ebenfalls aus Kostengründen gescheitert sei. Das mit dem Wettbewerb begonnene Projekt einer Veränderung der Badsituation in Dülmen sei dann im Dezember 1991 vollständig gescheitert gewesen. Eine ganz andere Konzeption sei mit den Architekten und verwirklicht Worden. Letztendlich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Preisträgern entgangenen Gewinn, nur den Ersatz dieses Schadens verlangt der Kläger, zu ersetzen. Entgangenen Gewinn schuldet die Beklagte weder nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß (A.) noch nach den Vorschriften des Deliktsrechts (B.).

A. Verschulden bei Vertragsschluß

Der Anspruch ist zwar nicht verjährt (I.). Die Anspruchsvoraussetzungen dafür, daß die Preisträger von der Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluß den Ersatz entgangenen Gewinns fordern können, liegen aber nicht vor (II.).

I.

Die Einrede der Verjährung ist unbegründet.

1.

Es gilt die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 BGB. Zwar verjähren Ersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluß grundsätzlich in 30 Jahren. Das gilt aber nicht, wenn der Geschädigte den Erfüllungsschaden verlangt, also so gestellt werden will, wie wenn er aus dem gescheiterten Vertrage einen Erfüllungsanspruch erworben hätte. In diesem Fall verjährt der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß nach den Vorschriften, die für den Erfüllungsanspruch aus dem angebahnten Vertragsverhältnis gelten (BGH NJW 1968, 597; BGH NJW 1979, 1161 (1162)).

Der vom Kläger beanspruchte Ersatz des entgangegenen Gewinns ist Bestandteil des Erfüllungsschadens. Der in Frage stehende Erfüllungsanspruch ist der Honoraranspruch des Architekten, der gem. § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB in zwei Jahren verjährt.

2.

Gem. §§ 198, 201 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Ein Schadensersatzanspruch ist entstanden, wenn der haftungsbegründende Tatbestand erfüllt und ein Schaden eingetreten ist. Insoweit genügt regelmäßig die Möglichkeit, Feststellungsklage zu erheben (BGH NJW 1979, 1550).

Im Anwendungsbereich des § 198 BGB hindert die Unkenntnis des Gläubigers von der Entstehung seines Rechts den Beginn der Verjährung grundsätzlich nicht (BGH-NJW 1968, 1381F).

Hiernach wäre die Verjährung des Anspruchs am 31.12.1997 vollendet. Die (mögliche) haftungsbegründende Pflichtverletzung der Beklagten liegt in der Beauftragung der Architekten Scheibenpflug und Kummetat, die im Dezember 1995 erfolgte. Mit der Beauftragung ist bei den Preisträgern der geltend gemachte Schaden entstanden. Zum diesem Zeitpunkt stand fest, daß keiner der Preisträger den ausgelobten Auftrag erhalten würde. Eine die Verjährung unterbrechende Feststellungsklage war damit möglich. Auf den Zeitpunkt, in dem die Preisträger von der anderweitigen Vergabe der Architketenleistungen erfuhren, käme es - so der Grundsatz - nicht an.

a)

Von dem zuletzt genannten Grundsatz ist nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall gem. § 242 BGB eine Ausnahme zu machen:

Die Preisträger konnten das den Schadensersatzanspruch auslösende Ereignis nicht kennen, da sie an den Vertragsverhandlungen zwischen der Beklagten und den Architekten und nicht beteiligt waren. Damit blieb ihnen auch der ihnen durch den Vertragsschluß (möglicherweise) entstandene Erfüllungsschaden verborgen. Demgegenüber konnte es die Beklagte (z.B. durch eine entsprechende Abrede mit den später beauftragten Architekten) verhindern, daß die Preisträger von dem sie schädigenden Vertragsverhältnis vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist erfuhren.

Bei dieser Sachlage muß die Kenntnis der Preisträger zusätzliche Voraussetzung für den Verjährungsbeginn sein. Andernfalls wäre - und das ist mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren - die Durchsetzung des Schadensersatzanspruches vor Vollendung der Verjährung von einer zufälligen Aufklärung der geschädigten Preisträger abhängig, die die Beklagte unschwer verhindern könnte.

b)

Daß die Kenntnis der Preisträger von der anderweitigen Vergabe des Architektenauftrages Voraussetzung für den Beginn der Verjährung sein muß, folgt auch aus der Anwendung der für den Erfüllungsanspruch geltenden kürzeren Verjährungsfrist. Die Fälligkeit des Architektenhonorars ist ohne Kenntnis des Architekten vom Bestehen seines Rechtes nicht denkbar. Sie setzt gem. § 8 Abs. 1 HOAI die Erteilung einer prüfbaren Abrechnung voraus.

Hiernach ist die Verjährung im vorliegenden Fall wie folgt zu beurteilen:

Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Preisträger von der Auftragserteilung der Beklagten an die Architekten und erfuhren. Abzustellen ist insoweit (frühestens) auf den 31.12.1996, da nicht dargelegt ist, daß die Preisträger von dem im Dezember 1995 erteilten Architektenauftrag noch im Jahre 1995 Kenntnis erlangten. Die Klageerhebung im Juli 1998 hat die mit dem 01.01.1997 beginnende zweijährige Verjährungsfrist rechtzeitig unterbrochen, § 209 Abs. 1 BGB.

II.

Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß, der den geltend gemachten entgangenen Gewinn als Schaden umfaßt, liegen nicht vor.

1.

Zwischen den Beteiligten ist durch die Auslobung der Beklagten und die Wettbewerbsteilnahme des Klägers und der übrigen Preisträger ein vorvertragliches Schuldverhältnis entstanden.

2.

Die Beklagte hat nicht gegen ihre Pflichten aus der Auslobung verstoßen, als sie die Architekten und mit den Architektenleistungen für den Neubau des Freizeitbades beauftragte.

Sie war nach den Bedingungen des von ihr durchgeführten Architektenwettbewerbs zwar grundsätzlich verpflichtet, einen (oder mehrere) der Preisträger mit den weiteren Architektenleistungen der Leistungsphasen 2 bis 5 des § 15 HOAI zu beauftragen, wenn sie das ausgelobte Vorhaben realisieren wollte. Diese Pflicht bestand aber nicht ausnahmslos. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles ließen es zu, daß die Beklagte die weiteren Architektenleistungen anderweitig vergab.

Ausgangspunkt der Entscheidung des Senats ist das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 03.11.1983 - III ZR 125/82 - (NJW 1984, S. 1533 ff), in der Bundesgerichtshof eine mit Ziff. 16.1 der Wettbewerbsbedingungen der Beklagten vergleichbare Klausel beurteilt hat. Ziff. 16.1 der Wettbewerbsbedingungen der Beklagten ist ebenso wie die vom Bundesgerichtshof beurteilte Klausel dahingehend auszulegen, daß die Zusage, einem Preisträger die weiteren Architektenleistungen zu übertragen, nur für den Regelfall gelten soll. Eine in diesem Sinne zu interpretierende Einschränkung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Klausel, nach der die Übertragung weiterer Arbeiten erfolgen soll, "soweit und sobald die Aufgabe realisiert wird". Sie folgt auch aus der Bestimmung der Nr. 5.1.1 GRW 1977, die gem. Ziff. 15 der Wettbewerbsbedingungen der Beklagten ergänzend zu berücksichtigen ist. Nr. 5.1.1 GRW 1977 sieht die Übertragung der Architektenleistungen nur auf einen Preisträger vor, der "eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenen Leistungen gewährleistet".

Von der dargestellten grundsätzlichen Verpflichtung ist daher zum einen dann eine Ausnahme zu machen, wenn triftige Gründe gegen die Beauftragung eines Preisträgers sprechen, wobei nur nach der Auslobung aufgetretene oder bekannt gewordene Umstände in Betracht kommen (BGH NJW 1984, 1533 (1536)). Zum anderen setzt die in Frage stehende Verpflichtung der Beklagten eine verbindliche Entscheidung des Preisgerichts voraus. Nur eine solche ist überhaupt geeignet, bei den Preisträgern schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich einer späteren Beauftragung mit weiteren Architektenleistungen zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist eine Verpflichtung der Beklagten ausnahmsweise nicht gegeben. Eine für die Beklagte verbindliche Entscheidung des Preisgerichts liegt nicht vor, da das Preisgericht bei der Preisverleihung den in der Auslobung enthaltenen Kostenrahmen nicht hinreichend berücksichtigt hat. Der Umstand, daß der Entwurf keines Preisträgers den vorgegebenen Kostenrahmen einhielt, stellt außerdem einen triftigen Grund dar, der es rechtfertigte, daß die Beklagte keinen der Preisträger bei der Vergabe der Archtektenleistungen berücksichtigte.

Im einzelnen:

a)

Die Entscheidung des Preisgerichts ist unverbindlich.

(1)

Der Senat ist befugt, die Entscheidung des Preisgerichts auf schwerwiegende Mängel, insbesondere auf schwerwiegende Verfahrensfehler zu überprüfen. Liegt ein derartiger Mangel vor, ist die Entscheidung des Preisgerichts unverbindlich.

Die Regelung in Nr. 4.7.1 GRW 1977, wonach Entscheidungen des Preisgerichts endgültig sind und nicht der gerichtlichen Nachprüfung unterliegen, schließt eine Überprüfung durch die Staatlichen Gerichte nicht völlig aus.

Die genannte Bestimmung ist § 661 Abs. 2 Satz 2 BGB nachgebildet, wonach die Entscheidung des Preisgerichts für die Beteiligten verbindlich ist. Für diese Vorschrift ist anerkannt, daß die Entscheidung zwar nicht auf ihre sachliche Richtigkeit nachgeprüft werden kann, daß aber das Verfahren des Preisgerichts auf schwerwiegende Mängel, die offensichtlich auch die Entscheidung selbst beeinflußt haben, überprüft werden darf. Als Leitlinie für den Umfang der Nachprüfungsbefugnis kann die für Schiedssprüche geltende Regelung des § 1059 Abs. 2 ZPO (vor dem 01.01.1998: § 1041 ZPO) gelten (BGH NJW 1983, 4.42; OLG Nürnberg BauR 1998, 360).

(2)

Ein schwerwiegender Verfahrensfehler liegt vor, wenn das Preisgericht bei seiner Entscheidung eine grundlegende, die Gestaltung des Bauvorhabens maßgeblich prägende Forderung der Auslobung nicht beachtet hat. Dies folgt aus den genannten Vorschriften der Zivilprozeßordnung, nach denen im schiedsrichterlichen Verfahren eine Verfahrensgestaltung des Schiedsgerichts, die einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entspricht, ein Aufhebungsgrund für den Schiedsspruch ist.

(3)

Die Entscheidung des Preisgerichts vom 04./05.10.1988 litt an einem derartig schwerwiegendem Verfahrensfehler, da das Preisgericht den in den Wettbewerbsbedingungen geregelten Kostenrahmen nicht hinreichend berücksichtigt hat.

(a)

Der in den Zielvorstellungen genannte Kostenrahmen ist mit den Worten, daß die Stadt ein "angemessenes Objekt erwarte, dessen Baukosten 10 - 12 Mio. DM nicht notwendig überschreiten sollten", zwar etwas ungenau formuliert. Es wird aber klar ausgedrückt, daß die auslobende Stadt eine bestimmte Vorstellung von den Baukosten hat, die zwar nicht genau beziffert werden, sich aber doch innerhalb einer Bandbreite halten sollen. Dieser Rahmen ist überschritten, wenn die geschätzten Baukosten mehr als 100 % über der angegebenen Obergrenze liegen. Eine derartige Überschreitung liegt erkennbar außerhalb der angegebenen Bandbreite.

(b)

Die Wettbewerbsbedingungen der Beklagten sind dahingehend auszulegen, daß die Wettbewerbsaufgabe nur mit einem Entwurf erfüllt werden konnte, der auch den Kostenrahmen einhielt.

Das ergibt sich zum einen bereits aus der systematischen Einordnung des Kostenrahmens unter die "Zielvorstellungen". Dieser Teil der Wettbewerbsbedingungen formuliert die inhaltlichen Anforderungen, deren Erfüllung die auslobende Stadt erwartet.

Daß der Kostenrahmen zu den wesentlichen Vorgaben für die Erfüllung der Wettbewerbsaufgabe gehört, erschließt sich außerdem aus der grundlegenden Bedeutung der Baukosten für die Errichtung öffentlicher Bauvorhaben. Städten und Gemeinden stehen nur begrenzte Mittel für öffentliche Bauvorhaben zur Verfügung. Sie sind zu einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet (§ 75 Abs. 2 GO NW). Ein Bauvorhaben, bei dem von Anfang an zu erwarten ist, daß ein vorgesehener Kostenrahmen erheblich überschritten wird, wird in aller Regel nicht ausgeführt. Jedenfalls dann nicht, wenn keine zusätzlichen Mittel bereit gestellt werden. Daß die Beklagte im Zeitpunkt der Auslobung nur die vom Kostenrahmen erfaßten Mittel investieren wollte, zeigt die Aufnahme des Kostenrahmens in ihre Zielvorstellungen. Die Wettbewerbsbedingungen lassen im übrigen an keiner Stelle eine Absicht der auslobenden Stadt erkennen, u.U. auch erheblich höhere Baukosten zu akzeptieren. Hierzu war die Beklagte auch nicht verpflichtet. Der Bau eines Freizeitbades gehört nicht zu den kommunalen Aufgaben, deren Erfüllung gesetzlich vorgeschrieben ist.

Das weitere Verfahren der Beklagten nach der Preisverleihung bestätigt das Auslegungsergebnis. Die Beklagte hat zu keiner Zeit erwogen, den Entwurf eines Preisträgers in der ausgezeichneten Form zu verwirklichen. Es war von Anfang an klar, daß die Entwürfe zu verändern waren, um Kosten zu sparen. Dementsprechend hat die Beklagte mit dem ersten Preisträger im Grunde nur über das "Abmagern" seines erheblich zu teuren Entwurfes verhandelt.

Der Kostenrahmen stellt auch dann eine grundlegende Wettbewerbsbedingung dar, wenn - wie der Kläger behauptet - das in den Zielvorstellungen entwickelte Raumprogramm mit dem Kostenrahmen praktisch nicht zu verwirklichen war. Trifft die Behauptung des Klägers zu, liegt ggs. eine, unerfüllbare Wettbewerbsaufgabe vor, deren Auslobung die Beklagte u.U. zum Ersatz von Vertrauensschaden verpflichtet. Der Senat hatte diese Frage nicht zu prüfen, da der Kläger einen derartigen Schaden nicht ersetzt verlangt. Das wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt.

Das Preisgericht hat den in den Wettbewerbsbedingungen geregelten Kostenrahmen bei seiner Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt. Es hätte die Preise keinen Entwürfen zuteilen dürfen, die den Kostenrahmen erheblich überschritten. Dies verlangte Nr. 4.7.1 Abs. 3 GRW. Gegen diese Verfahrensvorschrift wurde bei der Auszeichnung aller fünf Preisträger verstoßen. Sie alle überschritten die genannte obere Kostengrenze um mehr als 100 %.

Nach alledem ist die Entscheidung des Preisgerichts unverbindlich.

b)

Da der Entwurf keines Preisträgers den vorgegebenen Kostenrahmen einhielt, hatte die Beklagte auch einen triftigen Grund, die Preisträger bei der Vergabe der Architektenleistungen nicht zu berücksichtigten.

Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Kostenrahmens stellte seine erhebliche Überschreitung durch alle Preisträger einen triftigen Grund dar, der es der Beklagten gestattete, auch einen nicht am Wettbewerb beteiligten Architekten mit den Architektenleistungen zu beauftragen.

Das weitere Vorgehen der Beklagten steht dem nicht entgegen. Diesem ist nicht zu entnehmen, daß die Beklagte mit den Preisträgern, insbesondere mit dem ersten Preisträger, unter Verzicht auf den Einwand zu hoher Baukosten weiter verhandeln wollte. Die weitere Tätigkeit der Beklagten zeigt gerade, daß aufgrund der zu hohen Baukosten über eine Veränderung des ausgezeichneten Entwurfes oder über mögliche Alternativen verhandelt wurde.

B.

Die Beklagte haftet auch nicht nach deliktsrechtlichen Vorschriften.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht, da kein absolut geschütztes Recht oder Rechtsgut der Preisträger verletzt wurde. Das möglicherweise geschädigte Vermögen der Preisträger ist kein derartiges Rechtsgut. Ansprüche der Preisträger aus der Auslobung genießen als Forderungsrechte nur relativen Schutz.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB scheidet bereits deswegen aus, weil die GRW kein Schutzgesetz sind. Es handelt sich nicht um eine Rechtsnorm, sondern um Grundsätze und Richtlinien, die vom Deutschen Städtetag und dem Bund deutscher Architekten entwickelt wurden.

Die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs aus § 839 BGB, Art. 34 GG liegen nicht vor, da die Beklagte bei der Ausschreibung nicht hoheitlich tätig geworden ist. Die "Versorgung" der städtischen Bevölkerung mit einem Bad ist zwar eine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Daseinsvorsorge (vgl. § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GO NW). Diese hat die Beklagte hier aber mit privatrechtlichen Mitteln wahrgenommen.

C.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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