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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 24 U 99/06
Rechtsgebiete: ZPO, HOAI, LWG NRW, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 287
HOAI § 8 Abs. 1
HOAI § 15 Abs. 2
HOAI § 53 Abs. 1 Ziff. 4)
LWG NRW § 58 Abs. 1
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
BGB § 196 Abs. 2 a.F.
BGB § 201 a.F.
BGB § 633 a.F.
BGB § 635 a.F.
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufungen gegen das am 13.09.2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten um die Zahlung von Architektenhonorar der Klägerin und um teilweise im Wege einer Hauptaufrechnung gegen die Honorarforderung der Klägerin und teilweise im Wege einer Widerklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen einer fehlerhaften Massenkalkulation bezüglich der Ermittlung des Bodenaushubes unter der Grabensohle (Position 1.5.4) und des zu liefernden und einzubauenden Füllsandes von 7.000 cbm in Position 1.5.7 des Leistungsverzeichnisses der Klägerin im Zusammenhang mit der Planung einer Abwassersammelanlage.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst mündlicher Erläuterung und ergänzendem schriftlichem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. C2 erhoben und der Klage durch das angefochtene Urteil in Höhe eines Betrages von 67.468,29 € nebst Zinsen stattgegeben und die weitergehende Klage sowie die Widerklage der Beklagten abgewiesen.

Hierzu hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass die Klage insoweit begründet sei, als die Klägerin auf der Grundlage ihrer Honorarschlussrechnung vom 13.08.2002 einen Anspruch auf Zahlung des zuerkannten Betrages habe, dagegen aber keine Zahlung auf der Grundlage ihrer im Zuge des Rechtsstreits erteilten weiteren Honorarschlussrechnung vom 20.09.2005 habe, weil die Klägerin an ihre frühere Honorarschlussrechnung vom 13.08.2002 gebunden und deshalb mit Nachforderungen ausgeschlossen sei. Die Beklagte habe die Honorarforderung der Klägerin anerkannt, ihre ursprünglich erhobenen Einwendungen gegen die Honorarforderung fallengelassen und sich im Einverständnis mit der Klägerin auf die Geltendmachung von Gegenansprüchen beschränkt. Hierbei habe sie im Vertrauen darauf gehandelt, dass seitens der Klägerin keine weiteren Forderungen geltend gemacht werden würden. Dies führe unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Annahme einer Bindungswirkung an die Schlussrechnung vom 13.08.2002.

Der Beklagten stünden die zur Aufrechnung gestellten und im Übrigen mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin nicht zu. Zweifelhaft sei bereits ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerin als Grundlage eines Schadensersatzanspruches der Beklagten, weil ein der Klägerin zuzubilligender Toleranzrahmen angesichts der Gesamtkosten in Höhe von rd. 11 Millionen DM und einer von der Beklagten demgegenüber geltend gemachten Fehlkalkulation von 549.354,65 DM fraglich erscheine. Darüber hinaus bleibe es zweifelhaft, ob der Klägerin überhaupt ein Fehler bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses vorzuwerfen sei, weil der Sachverständige S1 in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.03.2006 zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Klägerin bei der Kalkulation der Positionen 1.5.4 und 1.5.7 die Bodenprofile des Bodengutachtens verwendet habe und ihre Massenermittlung lediglich im Ergebnis wegen von ihr angesetzter unangemessen hoher pauschaler Zuschläge zu beanstanden sei. Auch unter Berücksichtigung der zuletzt von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen die Berechnungen des Sachverständigengutachtens lasse sich jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Beklagten ein Schaden in der von ihr behaupteten oder in einer geringeren Höhe entstanden sei. Es sei nicht feststellbar, wie ein günstigeres Angebot bei Ausschreibung realistischer Mengen ausgefallen wäre. Die tatsächlich bei der Bauausführung angefallenen Mengen seien nicht ohne weiteres mit den im Zeitpunkt der Ausschreibung zu erwartenden Mengen gleichzusetzen. Ohne Vorlage der vollständigen Kalkulation der Bieter sei es nicht möglich, festzustellen, ob Preisanpassungen erfolgt wären. Bei der Frage, ob ein günstigeres Vergabeergebnis hätte erzielt werden können, sei eine Schätzung gem. § 287 ZPO nicht möglich, weil es an einer ausreichenden Schätzungsgrundlage zur Ermittlung der Mehrkosten fehle, zumal bei bestehenden erheblichen Unterschieden bei den Einheitspreisen für Füllsand die Angebotsendsummen der Firmen U3 und C mit 4.187.930,30 DM und 4.156.226,74 DM lediglich um 31.703,60 DM voneinander abwichen. Deshalb sei es nicht zu erwarten, dass im Falle einer Ausschreibung anderer Massen ein nennenswerter Unterschied bei den Gesamtangebotssummen aufgetreten wäre. Voraussichtlich hätte die Firma C3 im Wege einer Mischkalkulation verschiedener Einheitspreise letztlich den Gesamtpreis des Angebotes erhalten. In diesem Zusammenhang hätte die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zu den Urkalkulationen der Firmen näher vortragen können, was eine Neuberechnung von hypothetischen Einheitspreisen und eine Schadensermittlung gem. § 287 ZPO ermöglicht hätte.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien, mit denen sie unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre erstinstanzlichen Anträge zur Klage und Widerklage weiter verfolgen und die Zurückweisung der jeweils gegnerischen Berufung beantragen.

Die Klägerin macht mit ihrer Berufung geltend, dass ihre erste Honorarschlussrechnung wegen einer fehlerhaften Einordnung in die Honorarzone II falsch gewesen sei, weil eine Einordnung in die Honorarzone IV b "Leitungsnetze für Abwasser mit zahlreichen Zwangspunkten" zu erfolgen habe. Es handele sich um ein Hauptsammlernetz mit mehr als 35 einmündenden Teilnetzen als Einzelzwangspunkte, wobei 4 Gewässer mit Dykerbauwerken zu überkreuzen gewesen seien. Gem. § 53 Abs. 1 Ziff. 4) HOAI sei die Honorarzone IV wegen überdurchschnittlicher Planungsanforderungen anwendbar. Mit näheren Ausführungen (Bl. 656 ff d.A.) gelangt die Klägerin bei ihrer für maßgeblich gehaltenen Punkteermittlung zu 28 - 34 Punkten.

Im Übrigen seien weiter erbrachte, aber nicht berechnete Leistungen in den anrechenbaren Posten nicht berücksichtigt worden. Der Hauptsammelnetzabschnitt C- E2 bis zum Verbindungsbauwerk sei nicht realisiert, aber in den Leistungsphasen 2 - 4 vollständig bearbeitet worden und von der Bezirksregierung gem. § 58 Abs. 1 LWG NRW genehmigt worden. Hieraus ergebe sich ein Honorarvolumen von weiteren ca. 25.000,00 €.

Unter Zugrundelegung dieser Tatsachen gelangt die Klägerin zu der Auffassung, dass ihre ursprüngliche Rechnung falsch gewesen sei, weil hierdurch die Mindestsätze der HOAI unterschritten worden seien, was dazu führe, dass sie in jedem Fall die sich aus der HOAI ergebenden Mindestsätze verlangen könne.

Das Landgericht sei fehlerhaft zu einer Bindungswirkung ihrer ersten Honorarschlussrechnung gelangt und habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass nicht jede Honorarschlussrechnung Vertrauen begründe und nicht jedes begründete Vertrauen schutzwürdig sei. Wegen der von der Beklagten gerügten Prüffähigkeit und der Richtigkeit der Schlussrechnung sei nicht anzunehmen, dass die Beklagte auf die Richtigkeit vertraut habe. Im Übrigen fehle es an einem substantiiertem Sachvortrag zu einem Vertrauenstatbestand. Die Schlussrechnung enthalte auch im Falle einer erkennbaren unzulässigen Mindestsatzunterschreitung keine Bindungswirkung. In diesem Zusammenhang seien dem Fachamt der Beklagten die Grundsätze der HOAI bekannt gewesen. Zudem habe die Beklagte nicht die zu einer Bindungswirkung führenden erforderlichen Maßnahmen im Hinblick auf ein geschaffenes Vertrauen ergriffen.

Die eigene Anerkenntniserklärung der Beklagten habe einen Vertrauenstatbestand nicht begründen können. Sie habe sich nicht auf Zahlung dieses ursprünglich geltend gemachten Betrages eingestellt, weil sie nicht vorgetragen habe, insoweit Dispositionen getroffen zu haben. Die Beschränkung ihrer Rechtsverteidigung auf die Geltendmachung von Gegenansprüchen habe sich allein als eigene prozesstaktische Maßnahme der Beklagten ausgewirkt; sie, die Klägerin habe hierzu keine eigenen Erklärungen abgegeben und sich damit nicht einverstanden erklärt:

Die Beklagte verteidigt gegenüber der Berufung der Klägerin das angefochtene Urteil als richtig.

Ihrer Auffassung nach ergebe sich ein Vertrauen auf die Richtigkeit der Schlussrechnung nicht nur im Falle einer Zahlung, sondern auch bei einem Anerkenntnis und einer Aufrechnung mit Gegenansprüchen. Jedenfalls sei nach einer beabsichtigten Korrektur nach 3 1/2 Jahren von der erforderlichen Bindungswirkung auszugehen.

Die Klägerin habe ihren prozessualen Erklärungen nicht widersprochen und die neue Schlussrechnung erst erteilt, nachdem sie trotz anfänglicher Beanstandungen im Jahre 2002 zunächst nicht von ihrer ersten Schlussrechnung abgerückt war und erst nach Einholung des erstinstanzlichen Sachverständigengutachtens, welches für sie ungünstig ausgegangen sei, die neue Honorarschlussrechnung erteilt habe. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin über einen Zeitraum von 15 Jahren stets die Honorarzone II zugrundegelegt habe (Schreiben vom 24.05.1991, Bl. 711 d.A, vom 22.01.1995, Bl. 712 d.A., vom 07.09.1999, Bl. 718 d.A. und 24.11.1995, Bl. 714 d.A.).

Im Übrigen beruft sich die Beklagte weiterhin auf die Verjährung und die Verwirkung weitergehender Honoraransprüche der Klägerin und nimmt insoweit auf ihr erstinstanzliches Vorbringen mit Schriftsätzen vom 05.10.2005 (Bl. 404 ff d.A.) und 13.01.2006 (Bl. 463 ff d.A.) Bezug.

Zu der weitergehenden Honorarforderung hält die Beklagte den Vortrag der Klägerin für verspätet und die Ermittlung der anzusetzenden Punkte für unzutreffend, weil die Planungsanforderungen gering gewesen seien. Im Übrigen wendet sich die Beklagte mit näheren Ausführungen gegen die Abrechnung der Klägerin auf der Basis der Honorarzone IV.

Im Hinblick auf den mit der Berufung weiter verfolgten Widerklageantrag und auf ihre Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegenüber der Honorarforderung der Klägerin ist die Beklagte der Auffassung, dass zur Schadenshöhe ein weiteres Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen. Dies gelte auch dann, wenn der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige nicht zu einem Mindestschaden gelangen konnte, weil sich dessen gutachterliche Ausführungen widersprochen hätten und er zunächst einen maximal denkbaren Schaden in Höhe von 280.887,57 € angenommen habe. Sie habe auch zu den Grundlagen einer gem. § 287 ZPO möglichen Schätzung ausreichend vorgetragen.

Das Landgericht habe sich fehlerhaft den rechtlichen Ausführungen des Sachverständigen zur Frage der Schadensberechnung angeschlossen, wonach ihr Rechenansatz unzutreffend gewesen sei.

Im Hinblick auf das vom Landgericht vermisste und für möglich gehaltene weitere Vorbringen sei es ihr unzumutbar, die nach Jahren nicht mehr zu beschaffenden Urkalkulationen der Bieterfirmen vorzulegen.

Sie hält an ihrem Vorbringen fest, dass der tatsächlich erfolgreiche Bieter, Firma C, teurer gewesen sei, als der hypothetisch - ohne Pflichtverletzung der Klägerin - erfolgreiche Bieter. Das Landgericht sei insoweit rein spekulativ davon ausgegangen, dass die beteiligten Bieter im Falle einer zutreffenden Kalkulation der Massen im Ergebnis nicht stark voneinander abgewichen wären. Ein Sachverständiger hätte auch ohne Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen und ohne Bestimmung eines hypothetischen Einheitspreises den Schaden ermitteln können.

Zur Frage der Pflichtverletzung der Klägerin ist die Beklagte der Auffassung, dass ihr ein Toleranzrahmen bei der Ermittlung der Massen nicht zuzubilligen sei, weil die Klägerin nur das Baugrundgutachten habe zutreffend auswerten müssen und aus diesem Grunde keine eigenen Massenermittlungen erforderlich gewesen seien. Lediglich die klaren Vorgaben des Baugrundgutachtens seien bei den Angaben des Leistungsverzeichnisses zu berücksichtigen gewesen.

Außerdem könne der Toleranzrahmen entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht anhand eines Vergleiches mit den Gesamtbaukosten bestimmt werden. Der Toleranzrahmen ergebe sich aus einem Vergleich der Angebote der übrigen Bieter bzw. allein im Hinblick auf die streitigen Positionen.

Gegenüber der Berufung der Beklagten verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil. Die Berücksichtigung des Ergänzungsgutachtes des Sachverständigen, welches auf entsprechende Vorhalte und Vorgaben ihrerseits zu dem Ergebnis gelangt sei, dass sie die Vorgaben des Bodengutachtens beachtet und zutreffend ausgewertet habe, sei nicht zu beanstanden.

Nach einem Hinweis des Senats mit Verfügung vom 20.12.2007 (Bl. 723 ff. d.A.) hat die Beklagte näher vorgetragen (Bl. 780 ff. d.A.), dass das von ihr vorgelegte Gutachten T3/K3 der Klärung der Frage gedient habe, ob ein Schadensgrund vorgelegen habe und die Firma U3 der preisgünstigste Bieter gewesen wäre. Insoweit sei lediglich eine grobe Schätzung erfolgt, dass der Angebotspreis der Firma U3 niedriger gelegen hätte, als der der Firma C3. Sie habe demgegenüber zur Ermittlung der Schadenshöhe auf den Rechnungsprüfungsbericht des Kreisrechnungsprüfungsamtes (B 1, Bl. 54 ff. d.A.) zurückgegriffen, in welchem die drei erstplazierten Angebote im Rahmen einer Nachkalkulation gegenübergestellt worden seien und sich unter Berücksichtigung der tatsächlich ausgeführten Massen ein Schaden in Höhe von 549.354,65 DM ergeben habe. Sie beruft sich zur Richtigkeit ihrer weiteren Schadensberechnung mit einem Betrag von 541.800,92 € auf ein am 01.02.2008 erstelltes weiteres Gutachten des Sachverständigenbüro T3/K3 (Leitzordner Anlage 4). Hieraus ergebe sich, dass die Firma U3 nahezu sämtliche Positionen günstiger als die Firma C3 angeboten habe und Hauptursache für die Vergabe an die Firma C3 die Tatsache gewesen sei, dass die Firma C3 die Position 1.5.7 - möglicherweise in Kenntnis, dass sie tatsächlich nicht auszuführen war - unter Marktwert mit einem Einheitspreis von 5,91 DM und einem Gesamtpreis von 41.370,00 DM beziffert habe, während die Firma U diese Position marktgerecht mit 33,95 DM bewertet habe, woraus sich ein Gesamtpreis von 237.650,00 DM ergeben habe. Deshalb sei die Berücksichtigung der Position 1.5.7 allein ursächlich für die Zuschlagserteilung.

Zur Berechnung des konkreten Schadens nimmt die Beklagte Bezug auf Vergleichsberechnungen des Planungsbüros T3/K3 (Bl. 785 ff. d.A.). Hierzu trägt sie vor, dass solche "A-Positionen", die nicht Gegenstand des Vertrages waren, nicht in die Schadensermittlung übernommen worden seien und Gegenstand der Berechnung nur solche A-Positionen geworden sind, bei denen es sich um geänderte Leistungen gegenüber den Vertragsleistungen gehandelt habe. Bei Gegenüberstellung dieser (bereinigten) konkret erbrachten Leistungen und unter Berücksichtigung einer sich auf dieser Grundlage ergebenden hypothetischen Rechnungssumme der Firma U2 (Bl. 787 d.A.) ergebe sich ein Schaden in Höhe von 272.018,41 €.

Der Senat hat C2 erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. M und Prof. Dr. L. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 29.4.2008 und auf die von den Sachverständigen zu den Akten gereichten Tischvorlagen (Bl. 842 ff, 852 ff d.A.) Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Berufung der Beklagten hat nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme ebenfalls keinen Erfolg.

I.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines gegenüber den vom Landgericht zuerkannten Honoraranspruch weitergehenden Honorars auf der Grundlage ihrer (weiteren) Honorarschlussrechnung vom 20.09.2005 (Bl. 380 ff d.A.), weil die Klägerin an ihrer Abrechnung mit ihrer ersten Honorarschlussrechnung vom 13.08.2002 (Bl. 30 d.A.) gebunden ist und weitergehende Honoraransprüche der Klägerin zwischenzeitlich verjährt sind.

1.

Die Beklagte konnte auf die Honorarschlussrechnung der Klägerin vom 13.08.2002 als eine alle Honorarforderungen der Klägerin umfassende und die Honorarforderungen der Klägerin abschließend enthaltende Rechnung vertrauen.

Von einer Bindungswirkung einer erteilten Schlussrechnung ist dann auszugehen, wenn eine Nachforderung des Architekten im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstößt. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen des Architekten und des Auftraggebers. Maßgeblich für die Frage der Bindungswirkung ist, ob der Auftraggeber auf den Schlussrechnungscharakter vertrauen durfte und hierauf tatsächlich vertraut hat und sich entsprechend eingerichtet hat (BGH NZBau 2007, 252; BGH NJW 1997, 2329, 2331; NJW-RR 1998, 952, 953; OLG Düsseldorf NZBau 2000, 526, 527; OLG Hamm, OLG-Report 1996, 232).

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass in der Erteilung einer Schlussrechnung regelmäßig die Erklärung zu erblicken ist, dass der Architekt seine Leistung abschließend berechnet hat. Dieser Erklärung ist erhebliches Gewicht beizumessen. Häufig folgt aus ihr ein entsprechender Vertrauenstatbestand für den Auftraggeber. Jedoch stellt sich nicht jede Nachforderung stets als treuwidrig dar, wenn der Architekt gute Gründe für eine nachträgliche Änderung hat. Weil nicht jede Schlussrechnung beim Auftraggeber Vertrauen erweckt und nicht jedes erweckte Vertrauen schutzwürdig ist, kommt es auf eine Interessenabwägung im Einzelfall an.

Auch in den Fällen, in denen der Architekt auf der Grundlage einer wegen einer unzulässigen Mindestsatzunterschreitung unwirksamen Honorarrechnungen eine Schlussrechnung erteilt hat, kann sich die Schutzwürdigkeit des Auftraggebers daraus ergeben, dass er auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und sich in einer Weise darauf eingerichtet hat, dass ihm nach Treu und Glauben eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden kann (BGH NJW 1997, 2329, 2331; OLG Köln, NJW-RR 1999, 1109, 1110).

Zwar können die anfänglich von der Beklagten in diesem Rechtsstreit gegen die erste Schlussrechnung der Klägerin vom 13.08.2002 erhobenen Beanstandungen der mangelnden Prüffähigkeit, des Verstoßes gegen die HOAI, der unzutreffenden Berechnung von MwSt und der fehlenden Erbringung der Leistungsphase 8 und 9 für sich allein genommen der Annahme entgegen stehen, dass die Beklagte auf die Richtigkeit der Schlussrechnung vom 13.08.2002 vertraut hat (vgl. BGH NJW-RR 1998, 952, 953). Denn grundsätzlich kann schon eine im Prozess erhobene Rüge der mangelnden Prüffähigkeit ausreichen, ein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten des Auftraggebers zu verneinen.

Gleichwohl gelangt der Senat aufgrund der weiteren, im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände dazu, dass die Beklagte auf den abschließenden Charakter der Honorarschlussrechnung vom 13.08.2002 vertrauen durfte und auch vertraut hat.

Denn das weitere prozessuale und auch das in diesem Zusammenhang zu berücksichtigende vorprozessuale Verhalten beider Parteien belegt, dass die Klägerin einen Vertrauenstatbestand dahingehend begründet hat, dass ihre Honorarrechnung vom 13.08.2002 über 67.468,29 € abschließend sein sollte und die Beklagte sich trotz ihres anfänglichen Bestreitens der Prüffähigkeit und der Richtigkeit der Rechnung nachfolgend erkennbar darauf eingerichtet hat, dass die Klägerin Nachforderungen nicht stellen werde und der Beklagten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlagen eine Bezahlung der mit der Rechnung vom 20.09.2005 gestellten Nachforderung nicht zuzumuten ist.

a)

Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.04.2004 (Bl. 258 d.A.) ihre ursprünglichen Einwände gegen die Honorarschlussrechnung vom 13.08.2002 fallen gelassen. Bereits aus diesem Grunde ist die Tatsachengrundlage, aufgrund derer der Bekagten ein mangelndes Vertrauen und eine mangelnde Einrichtung auf den abschließenden Charakter der Honorarschlussrechnung entgegen gehalten werden könnte, überholt.

b)

Die Annahme, dass die Beklagte auf die Honorarschlussrechnung vertrauen durfte und sich auch mit ihrem prozessualen Verhalten darauf eingerichtet hat, nachfolgend nicht mehr mit Nachforderungen der Klägerin konfrontiert zu werden, wird in besonderer Weise durch die prozessuale Entwicklung, die dazu geführt hat, dass die Beklagte den Honorarschlussforderungsbetrag schließlich unstreitig gestellt hat und die von ihr offen gelegte anschließend beabsichtigte prozessuale Vorgehensweise, welcher die Klägerin nicht widersprochen hat, belegt:

- Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.11.2003 (Bl. 226 d.A.) zunächst ihre Bereitschaft zu einer vergleichsweisen Einigung auf einen Betrag von 65.000,00 € signalisiert.

- Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.02.2004 ihre Bereitschaft erklärt, den Honoraranspruch der Klägerin aus prozessökonomischen Gründen unstreitig zu stellen und hierzu zur Begründung ausgeführt, dass sie der Klägerin den nur schwierig zu erbringenden Nachweis der Erbringung aller geltend gemachten Teilleistungen ersparen und sie, die Beklagte, erreichen wolle, dass der Prozess sich endlich mit den erheblichen Gegenforderungen der Beklagten gegen die Klägerin beschäftigen könne (Bl. 235 d.A.). Für den Fall, dass die Klägerin bereit sei, das geschuldete Honorar mit (glatt) 65.000,00 € zu beziffern, stelle diesen Betrag unstreitig.

- Im Anschluss daran hat die Beklage am 09.03.2004 unter Hinweis auf den in Höhe von 65.000,00 € unstreitig gestellten Honoraranspruch Widerklage erhoben und über den zur Aufrechnung gestellten Betrag von 65.000,00 € hinaus Zahlungen von 215.880,57 € verlangt (Bl. 241 d.A.).

- Das Landgericht hat am 15.03.2004 sodann darauf hingewiesen, dass lediglich ein Honoraranspruch der Klägerin in Höhe von 65.000,00 € unstreitig sei. Wegen des darüber hinausgehenden streitigen Honorarbetrages fragte das Landgericht bei der Klägerin nach, ob sie die Klage in Höhe des über 65.000,00 € hinausgehenden Betrages zurücknehme, falls nicht die Beklagte die gesamte Honorarforderung unstreitig stellen werde (Bl. 247 d.A.).

- Die Klägerin teilte am 15.03.2004 mit, dass eine Reduzierung der Forderung auf 65.000,00 € nicht vereinbart sei (Bl. 253 d.A.). Mit Verfügung vom 18.03.2004 (Bl. 254 d.A.) wies das Landgericht sodann darauf hin, dass für den Fall, dass die Klageforderung in welcher Höhe auch immer unstreitig gestellt werden könnte, die zur Entscheidung über die Gegenansprüche notwendige Beweisaufnahme beschlossen werden könne und dies auch im wirtschaftlichen Interesse der Klägerin liegen dürfe.

- Im Termin vom 30.04.2004 erklärte die Beklagte schließlich (Bl. 258 d.A.), dass die Klageforderung (insgesamt) rechnerisch und hinsichtlich ihrer Entstehung unstreitig gestellt werde und (nur) für den Fall, dass die Gegenforderung die anrechenbaren Kosten mindere, auf der Basis des Rechnungsweges der Klägerin eine neue Honorarforderung zu ermitteln sei und die Widerklage dann ggf. erhöht werde. Im Anschluss daran erklärten beide Parteivertreter sodann übereinstimmend, dass zunächst ein Sachverständigengutachten über die Frage eingeholt werden solle, ob die Architektenleistung der Klägerin mangelhaft war, weil sie die Ausschreibung fehlerhaft ausgewertet hat.

Diese Abläufe belegen, dass sich die Beklagte auf die Richtigkeit der Honorarschlussrechnungsforderung jedenfalls insoweit eingerichtet hat, dass keine Nachforderungen mehr auf sie zukommen würden und Vorbehalte lediglich noch im Hinblick auf eine mögliche Korrektur der Schlussrechnung wegen einer Reduzierung der anrechenbaren Kosten und nur im Rahmen der von ihr erhobenen Gegenansprüche erklärt hat. Die Beklagte hat unter Bekanntgabe ihres Motivs einer prozessökonomischen Vorgehensweise ausreichend deutlich gemacht, dass sie ihre Verteidigung gegenüber der Klägerin nur auf die Geltendmachung von Gegenansprüchen beschränken werde und ohne sich - mit Ausnahme des o.g. Punktes - noch mit der Berechnungsmethode und den einzelnen für die Schlussrechnung maßgeblichen Faktoren streitig befassen zu wollen. Hiermit hat die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie die Schlussrechnung im Grunde akzeptiert hat und lediglich mit Gegenansprüchen aufrechnen will. Bei dieser Sachlage war ein Einrichten auf die Schlussrechnung aufgrund eines durch die Rechnung geschaffenen Vertrauenstatbestandes anzunehmen (vgl. auch Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 12. Teil, Rn. 334).

c)

Im Hinblick auf den durch die Schlussrechnung geschaffenen Vertrauenstatbestand verdient das vorprozessuale Verhalten der Klägerin Berücksichtigung. Die Klägerin hat durchgängig von 1991 an bis zum 1999 die Anwendung der Honorarzone II in der mit der Beklagten geführten Korrespondenz zugrunde gelegt. Schon die Auftragserteilung am 08.07.1991 erfolgte unter Bezugnahme auf das Angebot der Klägerin vom 08.07.1991 (Bl. 10, 226 d.A.) bzw. auf das Angebot der Klägerin vom 24.05.1991 (Bl. 711 d.A.), in der jeweils nach Honorarzone II abgerechnet werden sollte.

Bei jeder Auftragserweiterung erteilte die Klägerin wiederum eine Modellabrechnung ihres Honorars nach dem gleichen Schema, bei dem sie die Honorarzone II und zwar ohne Umbauzuschlag zugrunde gelegt hat (Bl. 714 ff. d.A.). Auch aus diesem Grunde brauchte die Beklagte nicht mehr damit zu rechnen, im Verlaufe des Prozesses plötzlich mit einer Abrechnung auf der Grundlage der Honorarzone IV konfrontiert zu werden.

Hinzu kommt, dass die Beklagte erstmals nach Ablauf von 3 Jahren nach Erteilung der ersten Schlussrechnung und knapp 1 1/2 Jahre, nachdem sie die Honorarschlussrechnungsforderung in diesem Rechtsstreit unstreitig gestellt hatte, am 20.09.2005 mit der neuen Honorarschlussrechnung der Klägerin konfrontiert wurde. Diese Zeitabläufe belegen ebenfalls, dass die Beklagte nicht mehr damit zu rechnen hatte, dass die Klägerin ihren Honoraransprüchen nunmehr noch mit erheblich geänderten Honorarsätzen abrechnen werde (vgl. OLG Hamm, OLG-Report 1996, 232 zur Frage des Zeitablaufes bei einer durch den Architekten nachträglich geltend gemachten Unwirksamkeit einer Pauschalpreisvereinbarung).

d)

Demgegenüber finden sich keine ins Gewicht fallende Interessen der Klägerin an einer nachträglichen Geltendmachung von Nachforderungen gem. ihrer Rechnung vom 20.09.2005. Denn die Klägerin hat erst durch die Hinweise in dem erstinstanzlich eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten des Sachverständigen S1 auf die Möglichkeit, höheres Honorar abzurechnen, Anlass gesehen, die Rechnung vom 20.09.2005 zu erteilen und daraufhin ihre Klage mit Schriftsatz vom 23.09.2005 (Bl. 377 d.A.) zu erhöhen, und zwar ohne dass die Frage der Richtigkeit der Honorarberechnung der Klägerin in diesem Rechtsstreit bis zur Vorlage des Sachverständigengutachtens noch einmal thematisiert worden ist.

Infolgedessen überwiegen die Interessen der Beklagten im Hinblick auf ihr Vertrauen in die Richtigkeit der ersten Honorarschlussrechnung die Interessen der Klägerin an einer möglichen Geltendmachung von Nachforderungen und das Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Mindestsätze der HOAI.

Aus diesen Gründen kommt es auch nicht mehr darauf an, ob der Klägerin aus ihrer Rechnung vom 20.09.2005 der Höhe nach noch weitere Honorarforderungen zustehen. Eine Beweisaufnahme zu dieser Frage war aus diesem Grunde nicht mehr veranlasst.

2.

Darüber hinaus ist die Berufung der Klägerin auch deshalb unbegründet, weil die mit ihrer Honorarrechnung vom 20.09.2005 geltend gemachten Honorarforderungen verjährt sind.

a)

Die für die Honorarforderungen der Klägerin maßgebliche Verjährungsfrist beträgt gem. § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB 2 Jahre.

Ein Ausnahmetatbestand gem. § 196 Abs. 2 i.V.m. § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. liegt nicht vor, weil die Leistungen der Klägerin nicht für einen Gewerbebetrieb der Beklagten erbracht worden sind. Bei den Maßnahmen zur Herstellung des Hauptsammlers handelt es sich nicht um zu einem Gewerbebetrieb im Sinne von § 196 Abs. 2 BGB a.F. gehörende Leistungen. Vielmehr ist hiervon ein Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge betroffen. Die Leistungserbringung steht damit nicht mit einer Verfolgung erwerbswirtschaftlicher Zwecke im Zusammenhang (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Auf., § 196 Rn. 14).

b)

Der Beginn der Verjährungsfrist gem. § 201 BGB a.F. richtet sich nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Honorars. Die Frage der Fälligkeit hängt dabei grundsätzlich von der Erteilung einer prüffähigen Honorarschlussrechnung gem. § 8 Abs. 1 HOAI ab.

Für die Entscheidung über die Frage der Verjährung konnte es offen bleiben, ob die Klägerin der Beklagten am 13.08.2002 eine ausreichend prüffähige Honorarschlussrechnung erteilt hat, worüber die Parteien erstinstanzlich u.a. im Hinblick auf die Frage einer unterbliebenen Aufschlüsselung der anrechenbaren Kosten gestritten haben. Denn vorliegend ist die Fälligkeit der - möglicherweise nicht prüffähigen - Honorarschlussrechnung deshalb eingetreten, weil die Beklagte als Auftraggeber nach Treu und Glauben gehindert war, sich auf fehlende Prüffähigkeit der Honorarschlussrechnung zu berufen.

Die Beklagte kann sich als Auftraggeberin deshalb nicht mehr auf die fehlende Prüffähigkeit berufen, weil sie den Einwand der fehlenden Prüffähigkeit verspätet erhoben hat und deshalb mit dem Einwand der fehlenden Prüffähigkeit ausgeschlossen ist. Dies hat zur Folge, dass die Honorarforderung innerhalb eines - im Rahmen einer gebotenen generalisierenden Betrachtung - zugrunde zu legenden Zeitraumes von 2 Monaten seit Zugang der Schlussrechnung fällig geworden ist (vgl. BGH NJW-RR 2004, 445, 448).

Soweit die Fälligkeit der Honorarforderung in den Fällen der verspäteten Erhebung des Einwandes der fehlenden Prüffähigkeit auch dann eintritt, wenn eine prüffähige Rechnung nicht vorliegt, dann ist es im Gegenzug geboten, zu diesem Zeitpunkt die Verjährung ebenfalls ohne Vorlage einer prüffähigen Rechnung beginnen zu lassen (BGH a.a.O.). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist dabei an den Zeitpunkt anzuknüpfen, in denen der Auftraggeber das Recht verliert, sich auf die fehlende Prüffähigkeit zu berufen.

Es ist weder von der Klägerin vorgetragen noch aus sonstigen Gründen ersichtlich, dass die Beklagte die Schlussrechnung der Klägerin vom 13.08.2002 innerhalb eines Zeitraumes von 2 Monaten beanstandet hatte. Insbesondere ist die Klägerin dem diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten mit Schriftsatz vom 28.02.2008 (Bl. 800, 801 d.A.) nicht durch substantiiertem Sachvortrag entgegengetreten. Aus den zu den Akten gereichten Unterlagen ergibt sich, dass die nach der Erteilung der Schlussrechnung zwischen den Parteien geführte Korrespondenz mit dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 04.11.2002 (Bl. 61 d.A.) und damit erst nach Ablauf von 2 Monaten begonnen hat.

Zudem hat die Beklagte mit diesem Schreiben auch nicht die Prüffähigkeit der Schlussrechnung beanstandet, sondern sich u.a. mit einzelnen Punkten der Schlussrechnung inhaltlich auseinandergesetzt. Sie hat geltend gemacht, dass die Leistungsphase 8 (Bauoberleitung) gestrichen worden sei, das MwSt in Höhe von 15 % für vor dem 01.04.1998 abgeschlossene Leistungen zu berechnen sei, das Honorar um 35.000,00 € wegen eingesparter Baukosten in Höhe von rd. 549.000,00 DM herabzusetzen zu sei und im Übrigen ein Schaden wegen einer unterbliebenen Beauftragung des Drittplatzierten (Fa. U3) eingetreten sei. Damit fehlt es an einer Beanstandung der Prüffähigkeit der Schlussrechnung der Klägerin.

Dies führt dazu, dass durch die Erhebung der Klage in diesem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 24.03.2003 lediglich eine Unterbrechung der Verjährung im Hinblick auf die ursprünglich geltend gemachte Honorarforderung der Klägerin in Höhe von 67.468,29 € bewirkt worden ist. Die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 22.09.2005 - eingegangen am 23.09.2005 (Bl. 377 d.A). - bezüglich des weitergehenden Honorars gem. Rechnung vom 20.09.2005 erfolgte erst nach dem Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist am 31.12.2004.

II.

Die Berufung der Beklagten ist nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme ebenfalls unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für einen gegenüber der Klageforderung zur Aufrechnung gestellten und im Übrigen zum Gegenstand der Widerklage gemachten Schadensersatzanspruch der Beklagten gem. §§ 633, 635 BGB a.F. bzw. auf der Grundlage einer positiven Vertragsverletzung gegeben sind. Zwar kann nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgegangen werden, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten im Zusammenhang mit der Massenermittlung des Bodenaushubes vertragliche Leistungen mangelhaft erbracht hat. Der Senat konnte sich allerdings keine ausreichende Überzeugung darüber verschaffen, dass eine darin liegende Pflichtverletzung der Klägerin für einen bei der Beklagten eingetretenen Schaden ursächlich war.

a)

Auf der Grundlage der Bekundungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. M kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen mangelhaft erbracht und sich damit gegenüber der Beklagten pflichtwidrig verhalten hat.

Nach den von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. M im Senatstermin erläuterten Berechnungen hätte die Klägerin die Position 1.5.7 des Leistungsverzeichnisses (Anlieferung von geeignetem Boden zum Wiedereinbau) lediglich als Bedarfsposition und anstelle eines Vordersatzes von 7.000 m3 lediglich mit 600 m3 bzw. allenfalls 1.000 m3 ausschreiben müssen. Zudem hätte für den Bodenaushub unter der Kanalfließsohle (1.5.4 des Leistungsverzeichnisses) die Ausschreibung nicht als Bedarfsposition mit 500 m3, sondern nach den Angaben des Sachverständigen M als Grundposition mit 2.000 m3 erfolgen müssen.

Damit kann auf der Grundlage der von dem Sachverständigen M angestellten Berechnungen, namentlich der in der Tischvorlage des Sachverständigen zum Senatstermin enthaltenen Werte, die er z.T. im Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzend erläutert hat angenommen werden, dass die Klägerin sowohl bei der Ausschreibung der Position 1.5.4 als auch bei der Ausschreibung der Position 1.5.7 eine mangelhafte Leistung erbracht hat.

b)

Auf der Grundlage des von dem Sachverständigen Prof. Dr. L im Senatstermin mündlich erstatteten Gutachtens sieht sich der Senat allerdings nicht in der Lage, mit der hierzu erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass diese Pflichtverletzungen der Klägerin für einen bei der Beklagten eingetretenen Schaden ursächlich geworden sind.

Die Beklagte hat - wie auch von ihrem Prozessbevollmächtigten im Senatstermin ausdrücklich klargestellt - ihre Schadensberechnung darauf gestützt, dass im Falle einer zutreffenden Ausschreibung dieser Positionen anstelle der Fa. C3 die Fa. U3 beauftragt worden wäre und dies unter Vergleich aller zur Ausführung gelangten Positionen zu der von ihr geltend gemachten Kostenersparnis von 272.018,41 € geführt hätte (Bl. 787 d.A.).

Bei der Frage der Kausalität eines zum Schadensersatz verpflichtenden Verhaltens für den geltend gemachten Schaden kommt es auf einen Vergleich zwischen der auf der Grundlage des pflichtwidrigen Verhaltens des Schädigers geschaffenen Vermögenslage und der im Falle eines unterstellt pflichtgemäßen Verhaltens bestehenden hypothetischen Vermögenslage des Geschädigten an. Um zu der Feststellung der Schadensursächlichkeit zu gelangen, muss zumindest eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass sich die Vermögenslage des Geschädigten bei unterstellt pflichtgemäßen Verhalten günstiger entwickelt hätte, als die durch die Pflichtverletzung geschaffene Vermögenslage.

Ein durch die Pflichtverletzung verursachter Schaden der Beklagten hätte deshalb nur dann angenommen werden können, wenn es mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellbar ist, dass die Beklagte anstelle der Fa. C3 die Fa. U3 beauftragt hätte und es darüber hinaus dann zu der von der Beklagten behaupteten Kostenersparnis gekommen wäre.

Schon dafür, dass es anstelle einer Beauftragung der Fa. C3 zu einer Beauftragung der Fa. U3 gekommen wäre, ergibt sich auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L nicht die hierfür erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit. Der Senat hält es vielmehr für zumindest ebenso wahrscheinlich, dass es auch bei einter zutreffenden Ausschreibung der Positionen 1.5.4 und 1.5.7, so wie diese nach den Berechnungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. M hätte erfolgen müssen, gleichwohl bei einer Beauftragung der Fa. C3 geblieben wäre. Diese Annahme beruht auf den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L, wonach zwar die Fa. U3 bei einer zutreffenden Ausschreibung unter Zugrundelegung der in den Angeboten genannten Preisen rein rechnerisch gegenüber der Fa. C3 günstigere Bieterin gewesen wäre. Allerdings kann kaum angenommen werden, dass bei einer anderen Ausschreibung der Position 1.5.4 und 1.5.7 und einer zutreffenden Ausschreibung als Grundposition bzw. als Bedarfsposition der Angebotsendpreis der Fa. U3 tatsächlich günstiger gewesen wäre, als der der Fa. C3 und das Vergabeergebnis nicht dasselbe geblieben wäre.

Denn nach den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. L kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sowohl die Fa. U3 als auch die Fa. C3 spekuliert und ihren Angeboten eine Mischkalkulation zugrunde gelegt haben. Diese Annahme gründet sich darauf, dass die Fa. C3 bei der Festsetzung des niedrigen Einheitspreises von 5,91 DM bei der Position 1.5.7 offenbar bewusst niedrig kalkuliert hat, weil von der Firma erkannt worden ist, dass diese Position nicht, jedenfalls nicht in diesem Umfang anfallen würde. Diese Annahme wird nach den Ausführungen des Sachverständigen dadurch belegt, dass die Fa. C3 bei der Position Baustelleneinrichtung den Angebotspreis von 60.000,00 DM deutlich höher kalkuliert habe, als die Fa. U3, wobei nicht ersichtlich ist, dass angesichts desselben Bedarfes hierfür ein sachlicher Grund bestanden hat. Auch bei der Position 1.5.4 hat die Fa. C3 mit einem hohen Einheitspreis von 35,00 DM gegenüber einem Einheitspreis der Fa. U3 mit 10,00 DM offensichtlich erkannt, dass dort abweichend von der Ausschreibung nicht unerheblicher weiterer Bedarf bestand. Deshalb war es naheliegend, diese Position, die als Bedarfsposition lt. Ausschreibung bei der Vergabe nicht zu berücksichtigen ist, mit einem möglichst hohen Einheitspreis zu versehen.

Auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen ist es auch als naheliegend anzusehen, dass auch die Fa. U3 den Einheitspreis für die Position 1.5.7 spekulativ künstlich hoch gesetzt habe, weil auch sie erkannt hat, dass das Leistungsverzeichnis mit einem Vordersatz von 7.000 m3 unzutreffend zu hoch gewesen sei, um dann nach Wegfall dieser Positionen mit dem vereinbarten Preis abzüglich ersparter Aufwendungen abrechnen zu können.

Im Übrigen befand sich in dem Leistungsverzeichnis mit insgesamt 22 Positionen mit hohen, im vierstelligen Bereich liegenden Vordersätzen mit z.T. erheblichen Preisschwankungen zwischen den beiden Bietern ausreichender Raum für erforderliche Korrekturen, um die gewünschte Angebotsendsumme zu halten, falls sich die Vordersätze der Positionen 1.5.4 und 1.5.7 verschoben hätten, die Position 1.5.4 nicht als Bedarfsposition, sondern als Pflichtposition und die Position 1.5.7 nicht als Grundposition, sondern als Bedarfsposition ausgeschrieben worden wäre. Dies ergibt sich aufgrund der vergleichenden Darstellung in der Tischvorlage des Sachverständigen Prof. Dr. L vom 28.04.2008 (Bl. 853 d.A.).

Weil es demzufolge zumindest nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen ist, dass beide Bieter spekulativ vorgegangen sind, liegt es ebenso nahe, dass im Falle einer Verschiebung der Massen bei den Positionen 1.5.4. und 1.5.7 und bei einer zutreffenden Ausschreibung als Grund- bzw. Bedarfsposition von beiden Bietern im Wege einer Korrektur der Einheitspreise bei diesen Positionen und bei verschiedenen anderen Positionen, bei denen eine deutliche Abweichung der jeweiligen Einheitspreise festzustellen ist, die Angebotsendpreise beider Firmen gleich gewichtet geblieben wäre und die Fa. C3 auch in diesem Fall die Leistungen um 30.000,00 DM günstiger angeboten hätte. Dies hätte wiederum zur Folge gehabt, dass das Vergabeergebnis dasselbe geblieben wäre und die Beklagte den Auftrag auch im Falle einer hypothetisch zutreffenden Ausschreibung dieser beiden Positionen ebenfalls an die Fa. C3 vergeben hätte.

Dann aber kann nach der Schadensberechnung der Beklagten nicht davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich erbrachten Leistungen lediglich auf der Grundlage der von der Fa. U3 angebotenen Preise hätten vergütet werden müssen und die Beklagte damit die Zahlung eines Teils der an die Fa. C3 gezahlten Vergütung erspart geblieben wäre.

3.

Der Senat brauchte sich nicht mit der Frage zu befassen, ob aufgrund eines möglichen anderen pflichtwidrigen Verhaltens der Klägerin ein Schaden bei der Beklagten verursacht worden ist.

Eine Pflichtverletzung der Klägerin könnte sich noch daraus ergeben, dass die Klägerin gegen ihre vertragliche Pflicht verstoßen haben könnte, in der Leistungsphase 7 gem. § 15 Abs. 2 HOAI die eingegangenen Angebote sorgfältig zu prüfen und zu werten.

Der Architekt hat im Rahmen der dem Bauherrn bei der Auftragsvergabe geschuldeten umfassenden Unterstützung diesem das Ergebnis der Angebotsbewertung mitzuteilen und ihn bei der Vergabe der Entscheidung zu beraten. Dies umfasst auch die Pflicht, dass sich der Architekt gegenüber dem Bauherrn gegen eine Vergabe an einen unzuverlässigen Bieter ausspricht bzw. gegen eine Vergabe an einen solchen Bieter, dessen Angebot wegen einer offenkundig auf einer Mischkalkulation beruhenden Preisgestaltung auszuschließen war (vgl. OLG Nürnberg, Baurech 2008, 387 ff. m.w.N.).

Die Annahme der Unzuverlässigkeit eines Bieters beruht in diesen Fällen darauf, dass der Bieter eine Unrichtigkeit des Leistungsverzeichnisses erkennt und eine solche durch eine willkürliche Preisgestaltung für sich auszunutzen sucht.

Diese Annahme liegt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowohl für die Fa. C3 als auch die Fa. U3 nicht fern.

Allerdings hat die Beklagte noch nach Zugang des Hinweises des Senats vom 21.04.2008 (Bl. 838 ff. d.A.), mit dem der Senat den Parteien zusammengefasst die dem Berichterstatter telefonisch mitgeteilten Ergebnisse der Sachverständigen zur Kenntnis gebracht hat, im Termin zur mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der Schadensersatzanspruch auf eine bei pflichtgemäßer Ausschreibung erfolgte Beauftragung der Fa. U3 anstelle der Fa. C3 gestützt werde.

Damit hat die Beklagte den gegen die Klägerin gerichteten Vorwurf auf eine Verletzung vertraglicher Pflichten wegen einer unzureichenden Erstellung des Leistungsverzeichnisses gestützt. Hierbei handelt es sich um Grundleistungen der Klägerin in der Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe).

Einen in Betracht zu ziehender Vorwurf einer unzureichenden Beratung der Beklagten im Hinblick auf die Unzuverlässigkeit von Bietern und auszuschließende Angebote betrifft allerdings das Pflichtenprogramm des Architekten bei der Mitwirkung bei der Vergabe (Leistungsphase 7). Auf eine solche Pflichtverletzung hat die Beklagte sich zur Begründung ihres Schadensersatzbegehrens nicht gestützt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die übrigen prozessualen Nebenentscheidungen richten sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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