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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: 25 Sch 7/08
Rechtsgebiete: ZPO, IHSG
Vorschriften:
ZPO § 1059 | |
ZPO § 1061 Abs. 1 S. 1 | |
ZPO §§ 1062 ff. | |
ZPO § 1062 Abs. 2 | |
ZPO § 1064 Abs. 1 | |
IHSG § 13 Abs. 1 | |
IHSG § 23 Abs. 1 | |
IHSG § 44 Abs. 1 |
Tenor:
Der Schiedsspruch vom 17. Dezember 2007 des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Förderation in Moskau (Akte 27/07), durch den die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an die Antragstellerin eine Hauptschuld von 10.567.168.-- USD, eine Vertragsstrafe von 2.027.128,47 sowie 77.713.-- USD und 24.683,20 USD als Schiedsgerichtsgebühr und Schiedsgerichtskosten zu zahlen, wird für vollstreckbar erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 9.195.554,29 € (entspricht 12.594.296,47 USD).
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragsgegnerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Beschluss vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines von dem Internationalen Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation am 17.12.2007 erlassenen Schiedsspruchs, zu dessen Inhalt auf Anlage K2 Bezug genommen wird.
Die Parteien hatten zunächst im Jahr 2000 einen Exklusivvertrag geschlossen, welcher die Rahmenbedingungen für ihre Zusammenarbeit festlegte und nicht nur die Geltung schweizerischen Rechts "für diesen Vertrag", sondern ausdrücklich auch den Abschluss separater Lieferverträge vorsah. Der Rahmenvertrag wurde 2004 geändert und 2006 mit folgendem Zusatz versehen: "Streitigkeiten...aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag...sind durch ein Schiedsverfahren gemäß der Internationalen Schiedsordnung der Schweizerischen Handelskammern zu entscheiden... Der Sitz des Schiedsverfahrens ist Zürich...".
Der Liefervertrag vom 5. Mai 2005, auf welchen die Antragstellerin ihre Klage vor dem Schiedsgericht in Moskau stützte, enthält den Passus: "Alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die bei der Erfüllung des Vertrages entstehen, unterliegen, unter Ausschluss des allgemeinen Gerichtsweges, dem Schiedsspruch der Internationalen Handels-Schiedskommission bei der Kammer für Handel und Industrie der Russischen Föderation auf Basis des dortigen Reglements." Zudem haben die Parteien russisches Recht vereinbart. Der Liefervertrag vom 5. Mai 2005 enthält eigenständige Zahlungs- und Fälligkeitsregeln.
Das Verfahren vor dem russischen Schiedsgericht unterlag der Schiedsordnung des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation (die Schiedsordnung ist abgedruckt in der Beilage 1 zu Heft 2/2007 SchiedsVZ und in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/2008 OLG Hamm zu den Akten gereicht worden) - im Folgenden als IHSG - bezeichnet. Das Schiedsgericht hat seine Zuständigkeit bejaht und in der Sache zugunsten der Antragstellerin entschieden. Die von der Antragsgegnerin im Ursprungsland in allen drei möglichen Instanzen mit den gleichen Gründen, die sie auch im vorliegenden Verfahren geltend macht, eingelegten Rechtsbehelfe gegen den Schiedsspruch blieben ohne Erfolg.
Mit verfahrenseinleitendem Schriftsatz vom 11.3.2008 hat die Antragstellerin eine beglaubigte Abschrift samt notariell beglaubigter Übersetzung und Apostille des Schiedsspruchs vorgelegt.
Sie beantragt,
den von dem Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Förderation in Moskau, bestehend aus dem Vorsitzenden der Schiedsgerichtssetzung X und den Schiedsrichtern X1 und X2, am 17. Dezember 2007 erlassenen Schiedsspruch, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung von insgesamt 42.983, 08 USD an die Antragstellering verurteilt worden ist, für uneingeschränkt ohne Sicherheitsleistung für vollstreckbar zu erklären,
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurück zu weisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, der russische Schiedsspruch sei nicht verbindlich im Sinne des Art. V. Abs. 1 lit. e) UNÜ, da er in drei Instanzen angefochten werden könne. Überdies habe das russische Schiedsgericht zu Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so dass ein Versagungsgrund nach Maßgabe von Art. V Abs. 1 lit. c) UNÜ vorliege. Ihr sei unter Verstoß gegen Art. V Abs. 1 lit. b) UNÜ dadurch nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden, dass sie sich nicht im Klaren über die vom russischen Schiedsgericht bejahte russische Verhandlungssprache gewesen sei. Ferner habe sie auf einen erst drei Tage vor der mündlichen Verhandlung von der Antragsgegnerin beim Schiedsgericht eingereichten Schriftsatz nicht erwidern können.
Darüber hinaus widerspricht die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nach Ansicht der Antragsgegnerin der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. V Abs. 2 lit. b) UNÜ, da das Schiedsgericht keine Zwischenentscheidung über seine Zuständigkeit gefällt, sondern sogleich in der Sache entschieden habe. Zudem sei der mitwirkende Schiedsrichter X1 befangen gewesen, weil er einen Vortrag auf einer Konferenz gehalten habe, die in der Hauptsache von den russischen Prozessbevollmächtigen der Antragstellerin finanziert worden sei.
Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs sei insbesondere auch deshalb zu versagen, weil das russische Schiedsgericht die von ihr, wie sie behauptet, geltend gemachte Aufrechnung mit Gegenforderungen, welche auf den Exklusivverträgen aus den Jahren 2000 und 2004 beruhten, trotz Zahlung der erforderlichen Gebühren unberücksichtigt gelassen habe.
Die Antragstellerin trägt hierzu vor, dass das russische Schiedsgericht den Inhalt des drei Tage vor der Verhandlung eingereichten Schriftsatzes, der zudem nur Rechtsausführungen beinhaltet habe, nicht berücksichtigt habe. Sie behauptet, ihre russischen Bevollmächtigten hätten die von der Antragsgegnerin angesprochen Konferenz lediglich organisatorisch unterstützt. Sie bestreitet, dass die Antragsgegnerin die Aufrechnung mit einer Gegenforderung erklärt habe.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat mündlich verhandelt. Die Antragsgegnerin hat sich damit einverstanden erklärt, dass die Anlagen, welche die Antragstellerin nach dem Inhalt ihrer Schriftsätze nur in einem Verfahren eingereicht hat, auch in den anderen Verfahren verwertet werden dürfen.
II.
Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des im Beschlusstenor genannten Schiedsspruchs ist gemäß § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit dem UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II, S. 121) - UNÜ - und §§ 1062 ff. ZPO stattzugeben.
1.
Die Zuständigkeit des OLG Hamm ergibt sich § 1062 Abs. 2 ZPO. Die formellen Antragsvoraussetzungen der §§ 1064 Abs. 1, 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO (in Verbindung mit Art. IV UNÜ) sind erfüllt. Die Antragstellerin hat den Schiedsspruch vom 17.12.2007 in beglaubigter Abschrift samt notariell beglaubigter Übersetzung und Apostille vorgelegt.
2.
Der Vollstreckbarerklärung stehen keine Versagungsgründe nach Maßgabe des Art. V UNÜ entgegen.
2.1.
Wegen der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Versagungsgründe nach Art. V Abs. 1 UNÜ spricht nach Auffassung des Senats viel dafür, dass die Antragsgegnerin insoweit bereits präkludiert ist, weil sie dieselben Einwände bereits erfolglos in drei Instanzen im Aufhebungsverfahren im Ursprungsland des Schiedsspruchs, also in Russland, geltend gemacht hat (für eine Präklusion Adolphsen in Münch-Komm-ZPO, 3. Aufl. 2008, § 1061 Anh 1 UNÜ Art. V Rn. 12; Voit in Musielak, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 1061 Rn. 20 m.w.N.). Dies kann letztlich aber dahinstehen, weil Versagungsgründe iSd. Art. V Abs. 1 UNÜ von der Antragsgegnerin nicht bewiesen sind (dazu 3.).
2.2.
Ob eine Präklusion auch bzgl. der von Amts wegen zu berücksichtigenden Versagungsgründe des Art. V Abs. 2 UNÜ möglich ist, kann dahinstehen, weil auch solche nicht vorliegen (dazu 4.).
3.
Die Antragsgegnerin hat Versagungsgründe nach Art. V Abs. 1 UNÜ nicht bewiesen.
3.1.
Die Antragsgegnerin hat nicht bewiesen, dass ein Versagungsgrund nach Maßgabe von Art. V. Abs. 1 lit. e) UNÜ vorliegt. Vielmehr folgt aus § 44 Abs. 1 IHSG (Anlage K 19 in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/08; die Schiedsordnung ist abgedruckt in der Beilage 1 zu Heft 2/2007 SchiedsVZ), dass der am 17.12.2007 erlassene Schiedsspruch ab dem Tage seines Erlasses endgültig und verbindlich ist. Die Antragsgegnerin hat zudem den ausländischen Schiedsspruch im Ursprungsland nicht angegriffen. Unabhängig davon, ob Art. 230 der Schiedsverfahrensordnung der Russischen Föderation (vgl. in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/08 Anlage B 5 d. A.) oder Art. 34 des Gesetzes Nr. 5338-1 vom 14.8.1993 (vgl. in dem Parallelverfahren 25 Sch 8/08 Bl. 302) eingreift, ist jedenfalls mittlerweile die Frist hierfür verstrichen. Dass aber das ausländische Recht womöglich noch Anfechtungsmöglichkeiten eröffnen sollte, welche mit dem Aufhebungsantrag nach Maßgabe von § 1059 ZPO vergleichbar sind, steht der Annahme eines verbindlichen Schiedsspruchs im Sinne des Art. V. Abs. 1 lit. e) UNÜ ohnehin nicht entgegen (BGH NJW 1988, 3090, 3091; NJW 2007, 772, 774).
3.2.
Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin den Beweis für das Vorliegen eines Versagungsgrundes im Sinne von Art. V. Abs. 1 lit. c) UNÜ erbracht. Denn sie hat nicht nachgewiesen, dass das Internationale Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation unzuständig war. Vielmehr folgt die Zuständigkeit daraus, dass der Liefervertrag vom 5. Mai 2005, auf welchen die Antragstellerin ihre Klage vor dem Schiedsgericht in Moskau stützte, den Passus enthält: "Alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die bei der Erfüllung des Vertrages entstehen, unterliegen, unter Ausschluss des allgemeinen Gerichtsweges, dem Schiedsspruch der Internationalen Handels-Schiedskommission bei der Kammer für Handel und Industrie der Russischen Föderation auf Basis des dortigen Reglements." Zudem haben die Parteien russisches Recht vereinbart. Der einzelne Liefervertrag enthält überdies eigenständige Zahlungs- und Fälligkeitsregeln. Dieses Rechtsgeschäft ist von dem durch die Parteien im Jahr 2000 geschlossenen Exklusivvertrag zu unterscheiden, welcher die Rahmenbedingungen für ihre Zusammenarbeit festlegte und nicht nur die Geltung schweizerischen Rechts "für diesen Vertrag", sondern ausdrücklich auch den Abschluss separater Lieferverträge vorsah (in denen dann die Schiedsgerichtsvereinbarung nach Moskau getroffen wurde). Der Rahmenvertrag wurde 2004 geändert und 2006 mit folgendem Zusatz versehen: "Streitigkeiten...aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag...sind durch ein Schiedsverfahren gemäß der Internationalen Schiedsordnung der Schweizerischen Handelskammern zu entscheiden...Der Sitz des Schiedsverfahrens ist Zürich..." Dass damit die bereits getroffenen Vereinbarungen in den Lieferverträgen geändert werden sollten, lässt sich der Vereinbarung nicht entnehmen. Insbesondere folgt dies nicht aus den Worten "im Zusammenhang mit diesem Vertrag": "Dieser Vertrag" war 2006 geschlossen bzw. ergänzt worden, der Liefervertrag bereits 2005.
Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die überzeugenden Gründe sowohl des Schiedsspruchs selbst, dem sich gleichermaßen das staatliche Schiedsgericht Moskau wie das Föderale Schiedsgericht des Bezirks Moskau angeschlossen haben, als auch auf die Begründung des vom Schiedsgericht der Züricher Handelskammer am 28.9.2007 erlassenen Schiedsspruchs, welchen das Schweizerische Bundesgericht bestätigt hat.
3.3.
Die Antragsgegnerin hat weiterhin nicht den Beweis dafür erbracht, dass ein Versagungsgrund im Sinne des Art. V. Abs. 1 lit. b) UNÜ vorliegt. Denn ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs wegen einer Unklarheit auf Seiten der Antragsgegnerin hinsichtlich der vom Schiedsgericht bejahten russischen Verhandlungssprache ist nicht ersichtlich. Aus § 23 Abs. 1 IHSG-Verfahrensordnung folgt eindeutig, dass mangels gesonderter Vereinbarung über die Sprache allein Russisch als Verhandlungssprache in Betracht kam. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Antragsgegnerin dies nicht wissen musste, könnte ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs nicht angenommen werden, denn auf Antrag der Antragsgegnerin, der auf die Verfahrenssprache gestützt war, ist der Termin zur mündlichen Verhandlung verlegt worden. Zudem ist nicht ersichtlich, wie sich ein - unterstellter - Verfahrensfehler ausgewirkt haben soll. Das Vorbringen der Antragsgegnerin ist in russischer Sprache abgegeben und vom Schiedsgericht berücksichtigt worden.
3.4.
Die Antragsgegnerin hat ebenfalls nicht bewiesen, dass ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs und damit gegen Art. V. Abs. 1 lit. b) UNÜ daraus folgt, dass die Antragstellerin erst drei Tage vor der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatz vor dem Schiedsgericht eingereicht habe, auf den die Antragsgegnerin nicht habe erwidern können. Nach dem Inhalt des Schiedsspruchs hat das Schiedsgericht diesen Schriftsatz nicht berücksichtigt. Den gegenteiligen Nachweis hat die Antragsgegnerin nicht erbracht; sie hat nicht einmal nachgewiesen, dass der Schriftsatz überhaupt neues tatsächliches Vorbringen enthielt.
4.
Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs widerspricht nicht der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ.
4.1.
Ein Verstoß gegen den ordre public international folgt nicht daraus, dass das russische Schiedsgericht eine Zwischenentscheidung über seine Zuständigkeit unterlassen und sogleich in der Sache entschieden hat. Dies gilt selbst für den Fall, dass eine derartige Zwischenentscheidung (wie laut § 2 Abs. 4 S. 2 IHSG-Verfahrensordnung) nach der Verfahrensordnung des Schiedsgerichts möglich ist. Der Weg, nicht durch Zwischenentscheid, sondern im Schiedsspruch über die Zuständigkeit und zugleich in der Sache zu entscheiden, widerspricht weder international kodifizierter Rechtsauffassung noch ist dies dem deutschen Recht fremd (vgl. BGH NJW 2007, 772, 775). Dann kann auch kein Widerspruch gegen den ordre public international bejaht und das Exequatur nicht aus diesem Grund versagt werden.
4.2.
Ferner begründet die Mitwirkung des Schiedsrichters X1 keinen kausalen Verstoß gegen den (verfahrensrechtlichen) ordre public (international) im Sinne des Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ. Die Befangenheit eines Schiedsrichters kann sich im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruches nur auswirken, wenn entweder die benachteiligte Partei nach dem maßgebenden ausländischen Recht ihretwegen die Aufhebung des Schiedsspruchs noch verlangen könnte (vgl. BGHZ 52, 184, 189) oder die Anerkennung des Schiedsspruchs ihretwegen zu einem Ergebnis führte, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (BGH NJW-RR 2001, 1059, 1060). Letzteres ist zu verneinen, wenn die Befangenheit im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs vor einem staatlichen Gericht geltend gemacht werden konnte, das im Wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen entscheidet, die nach deutschem Recht für die Berücksichtigung der Befangenheit gelten (BGH NJW-RR 2001, 1059, 1060). Nur wenn dies nicht möglich war oder ohne Erfolg versucht worden ist, kann zur Prüfung gestellt werden, ob die Anerkennung des Schiedsspruchs aus diesem Grund zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.
Darüber hinaus muss sich der in der Mitwirkung eines befangenen Schiedsrichters liegende Verstoß gegen das Gebot überparteilicher Rechtspflege im schiedsrichterlichen Verfahren konkret ausgewirkt haben; es muss nachgewiesen sein, dass der befangene Schiedsrichter gegenüber einer Partei voreingenommen war und sich bei seiner Entscheidung hiervon hat leiten lassen (BGH NJW-RR 2001, 1059, 1060; BGHZ 98, 70, 75 zu Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ). Dies gilt umso mehr, als die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs dem weniger strengen Regime des ordre public international unterliegt (vgl. BGHZ 98, 70, 73 f und 110, 104, 106 f).
Hiernach kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Schiedsrichter X1 einen Vortrag auf einer Konferenz gehalten hat, die nach Aussage der Antragsgegnerin von den russischen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der Hauptsache finanziert oder wie diese einwendet, lediglich organisatorisch unterstützt worden ist, den Schluss auf eine nicht hinreichende Unparteilichkeit des Schiedsrichters X1 begründet. Denn selbst bei Annahme seiner Befangenheit ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass sich der unterstellte Verstoß gegen das Gebot überparteilicher Rechtspflege im schiedsrichterlichen Verfahren konkret ausgewirkt hat. Es ist nicht erkennbar, dass der Schiedsrichter X1 gegenüber einer Partei voreingenommen war und sich bei seiner Entscheidung hiervon hat leiten lassen.
4.3.
Schließlich kann auch dahin stehen, ob die Antragsgegnerin, wie von ihr behauptet, im Schiedsverfahren die Aufrechnung erklärt hat. Selbst wenn entgegen dem Inhalt des Schiedsspruchs unterstellt und davon ausgegangen wird, das russische Schiedsgericht habe die Aufrechnung aus unzulässigen Verfahrensgründen unter Hinweis darauf nicht berücksichtigt, dass jene nicht fristgerecht erklärt und ein erforderlicher Vorschuss nicht rechtzeitig gezahlt worden seien, begründet dies keinen kausalen Verstoß im Sinne des Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ. Ob hierin ein Widerspruch zur Verfahrensordnung des russischen Schiedsgerichts liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls fehlt es an einem kausalen Verfahrensverstoß. Denn kraft § 13 Abs. 1 IHSG konnte das russische Schiedsgericht die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche ohnehin nicht berücksichtigen. Diese haben ihre Grundlage in den Exklusiv-Verträgen aus den Jahren 2000 und 2004 (ergänzt 2006), wonach sie der Schweizer Schiedsgerichtsbarkeit unterstehen. Mangels eines kausalen Verstoßes kann ebenso offen bleiben, ob die Nicht-Zulassung der Aufrechnung lediglich einen beweisbedürftigen und womöglich präkludierten Anerkennungsversagungsgrund nach Maßgabe von Art. V Abs. 1 lit. b) UNÜ oder darüber hinaus als etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs einen von Amts wegen zu prüfenden ordre public-Verstoß im Sinne des Art. V. Abs. 2 lit. b) UNÜ darstellt.
5.
Jedenfalls wegen der Schiedsbefangenheit kann die Antragsgegnerin im vorliegenden Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht mit behaupteten (keineswegs substanziiert dargelegten) Gegenansprüchen aus dem Rahmenvertrag aufrechnen (zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Aufrechnung bei nicht schiedsbefangener Gegenforderung: BGH SchiedsVZ 2008, 40, 43). Denn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist die Schiedsbefangenheit der Gegenforderung nicht entfallen, da die Antragsgegnerin weder vorgetragen hat noch Hinweise darauf ersichtlich sind, dass das Schiedsverfahren in der Schweiz durchgeführt und mit einem abschließenden Schiedsspruch über den schiedsbefangenen Anspruch beendet worden ist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 556, 557).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 1064 Abs. 2 ZPO, § 711 ZPO analog.
Ende der Entscheidung
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