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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 25 U 1/05
Rechtsgebiete: HOAI, AGBG, BGB


Vorschriften:

HOAI § 15
AGBG § 11 Nr. 10 f
BGB § 203 n. F.
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 7 n. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Streithelfers der Kläger gegen das am 16. November 2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Der Streithelfer der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(gem. § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Kläger verlangen vom Beklagten Schadensersatz wegen behaupteter mangelhafter Architektenleistungen.

Sie errichteten in den Jahren 1996/97 ein Einfamilienhaus. Für die Architektenleistungen beauftragten sie den Beklagten auf der Grundlage eines sämtliche Leistungsphasen nach § 15 HOAI umfassenden Architektenvertrages vom 04.03.1996 (Bl. 83 ff.). Nach Unstimmigkeiten wurde der Architektenvertrag einvernehmlich mit Schreiben vom 25.02. und 28.02.1998 (Bl. 122 ff., 124 ff.) beendet. Eine vereinbarte Schlußzahlung in Höhe von 4.600,00 DM wurde unter dem 06.03.1998 erbracht.

Nachdem in verschiedenen Bereichen des Hauses der Boden abgesackt war und Risse entstanden waren, forderte der Streithelfer, der damals die Kläger vertrat, den Beklagten mit Schreiben vom 16.01.2003, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 172 ff.), unter Fristsetzung bis zum 31.01.2003 zur Stellungnahme zu einer vorgeschlagenen Vorgehensweise auf. Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht, besichtigte allerdings am 25.01.2003 das Gebäude und riet den Klägern zu einer sachverständigen Überprüfung. Unter dem 26.03.2003 leitete der Streithelfer für die Kläger das selbständige Beweisverfahren 92 H 2/03 AG Lüdenscheid ein, in welchem der Sachverständige L unter dem 12.09.2003 ein Gutachten erstattete.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Klageforderung verjährt sei. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Streithelfers, der den erstinstanzlichen Klageantrag, nämlich Zahlung von 24.965,15 € nebst Zinsen an die Kläger, weiterverfolgt und das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen angreift. Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg, da das Landgericht zu Recht die Verjährung der Klageforderung festgestellt hat. Zu Grunde zu legen ist dabei die fünfjährige Verjährungsfrist gem. § 638 a. F., da die Vereinbarung einer zweijährigen Gewährleistungsfrist gem. Ziff. 9 des Architektenvertrages vom 04.03.1996 gem. § 11 Nr. 10 f AGBG unwirksam war. Aber auch die 5jährige Verjährungsfrist war bei Einleitung des Beweisverfahrens vom 26.03.2003 bereits abgelaufen. Im Einzelnen ist dazu festzustellen:

a)

Zutreffend hat das Landgericht den Verjährungsbeginn mit der einverständlichen Aufhebung des Vertragsverhältnisses durch die Schreiben vom 25.02. und 28.02.1998 sowie der vereinbarten Schlußzahlung vom 06.03.1998 festgestellt. Mit den genannten Schreiben und der erfolgten Schlußzahlung haben die Parteien ihr Vertragsverhältnis einvernehmlich und endgültig beendet bei gleichzeitigem Verzicht der Kläger auf die an sich noch ausstehende Leistungsphase 9. Mit dieser einvernehmlichen vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses begann die Verjährung zu laufen, ohne dass es noch auf eine Abnahme der Architektenleistungen angekommen wäre (wobei in der Schlußzahlung ohnehin regelmäßig auch die stillschweigende Abnahme liegt, vgl. dazu Werner/Pastor, Bauprozess 11. Aufl., RZ 2397). Dass noch irgendwelche von dem Beklagten zu verrichtende Architektenleistungen - etwa im Rahmen der Leistungsphase 8 - ausstanden, läßt sich entgegen dem Einwand der Berufungsbegründung weder dem vorbezeichneten Schriftverkehr noch dem sonstigen Parteivorbringen entnehmen.

b)

Zu Recht hat das Landgericht auch festgestellt, dass das Verjährungsende jedenfalls vor der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens am 26.03.2003 eingetreten ist, da ein ausreichender Hemmungszeitraum nach § 203 BGB n. F. nicht festzustellen ist. § 203 BGB setzt voraus, dass tatsächlich in Verhandlungen über den Anspruch eingetreten wird. Erforderlich ist dabei irgendeine Erklärung des Schuldners, aus der der Gläubiger entnehmen kann, dieser lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs sachlich ein (Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 203 RZ 2 m. w. N.). Von daher reicht die Zusendungen des Schreibens vom 16.01.2003 mit der Aufforderung zur Stellungnahme, auf welches der Beklagte nicht reagiert hat, ohnehin nicht aus, um eine Hemmung zu begründen. Aber auch der Umstand, dass der Beklagte am 25.01.2003 das Objekt in Augenschein genommen und den Klägern geraten hat, den Schaden durch einen Sachverständigen untersuchen und zerstörtes Material austauschen zu lassen, reicht selbst bei der gebotenen großzügigen Auslegung des Verhandlungsbegriffes (Palandt a.a.O., BGH NJW 83, 2075) nicht aus, um einen Eintritt in Verhandlungen über den Schadensersatzanspruch zu begründen. Denn mit der vorbezeichneten Erklärung hat der Beklagte lediglich zum Ausdruck gebracht, was ohnehin selbstverständlich war, nämlich daß Schadensursache und Verantwortlichkeit durch ein Sachverständigengutachten, gegebenenfalls in einem Beweisverfahren, geklärt werden mußten. Auf die Alternativvorschläge des Streithelfers in dem Schreiben vom 16.01.2003 (Bl. 173 unten) ist der Beklagte gerade nicht eingegangen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass für eine Erweiterung des Verhandlungsbegriffes auf Fälle dieser Art kein praktisches Bedürfnis besteht. Weiss der Geschädigte, auch auf Grund der Erklärungen des Schädigers, dass die Einholung eines Gutachtens zur Klärung der Verantwortlichkeit ohnehin unumgänglich ist, so hat er jederzeit die Möglichkeit, die Verjährung durch Einleitung des Beweisverfahrens gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB n. F. bis zur Vorlage eines Gutachtens zu hemmen, was der Streithelfer im Übrigen am Ende seines Schreibens vom 16.01.2003 selbst angekündigt und nur nicht rechtzeitig durchgeführt hat. Die Annahme von Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB ist demgegenüber nur gerechtfertigt, wenn der Geschädigte auf Grund der Erklärung des Schädigers noch erwarten kann, sich die Kosten eines Beweisverfahrens durch eine Einigung mit dem Schädiger ersparen zu können, was hier, wie ausgeführt, gerade nicht der Fall ist.

Ob man bei großzügiger Betrachtungsweise einen Hemmungszeitraum von ca. 1 Woche zwischen dem Zugang des Schreibens vom 16.01.2003 und dem Besichtigungstermin am 25.01.2003 annimmt, kann dahinstehen, da dies für eine ausreichende Hemmung nicht reichen würde. Entsprechendes gilt selbst dann, wenn man eine Hemmung bis zu der vom Streithelfer gesetzten Stellungnahmefrist 31.01.2003 annehmen würde.

c)

Schließlich können sich die Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine sekundäre Pflichtverletzung des Beklagten berufen. Der Architekt ist, anders als ein Rechtsanwalt oder Steuerberater, grundsätzlich nicht verpflichtet, auf einen gegen ihn selbst gerichteten Regressanspruch hinzuweisen (BGH NJW-RR 86, 182). Anknüpfungspunkt für eine etwaige sekundäre Haftung ist vielmehr lediglich der übernommene Aufgabenkreis der Betreuungspflichten, nämlich die Objektüberwachung nach Leistungsphase 8 sowie die Objektbetreuung einschließlich der Überwachung der Beseitigung von Mängeln nach Leistungsphase 9. Innerhalb dieses Rahmens ist der Architekt verpflichtet, dem Bauherrn auch noch nach Fertigstellung des Bauwerks bei der Untersuchung und Behebung von Mängeln zur Seite zu stehen und ihn gegebenenfalls im Rahmen der Prüfung von Mängelursachen auch auf eigene Fehler und einen etwaigen sich daraus ergebenden Regressanspruch hinzuweisen (BGH a.a.O. sowie NJW 2002, 288). Dies spielt im vorliegenden Fall jedoch keine Rolle, da die sich aus Leistungsphase 8 und 9 ergebenden weiteren Betreuungspflichten mit der einvernehmlichen Vertragsaufhebung entfallen sind.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Zu einer Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestand kein Anlass, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern würde.

Ende der Entscheidung

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