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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.02.2005
Aktenzeichen: 26 U 17/04
Rechtsgebiete: EG ZPO, BGB, StGB


Vorschriften:

EG ZPO § 26 Nr. 8
BGB § 823
BGB § 1906 IV
StGB § 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 06.Oktober 2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Von der Darstellung des Sachverhalts wird im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EG ZPO abgesehen. II. Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch gemäß den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung oder gemäß § 823 BGB zu. Es fehlt bereits an einer pflichtwidrigen Handlung des Personals der Beklagten, welches ihr zuzurechnen wäre. Hinsichtlich des Vorliegens einer solchen Handlung ist die Klägerin beweisbelastet. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen muss, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Im Einzelfall ist eine Beweislastumkehr nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen für eine Beweislastumkehr im Rahmen der Arzt- und Krankenhaushaftung möglich, nämlich dann, wenn es sich um Risiken handelt, die vom Träger der Klinik und dem dort tätigen Personal voll beherrscht werden können ( vgl. BGH VersR 1991, 310 ). Vorliegend hat sich ein solches Risiko nicht verwirklicht. Unstreitig ist der Unfall der Versicherten während des Tages am 06.03.2000 in einem vom Personal unbeobachteten Moment geschehen. Der Unfall geschah nicht im Rahmen einer konkreten Hilfeleistung wie z.B. dem Zubettbringen. Die Klägerin hat den danach ihr obliegenden Beweis nicht geführt. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten nicht vorliegt. Die Mitarbeiter der Beklagten durften die Versicherte im Unfallzeitpunkt nicht mittels eines Gurtes oder Vorstecktisches im Rollstuhl fixieren, da ein hier erforderlicher entsprechender Beschluß des Vormundschaftsgerichts nach § 1906 IV BGB nicht existierte. Die Beklagte war nicht gehalten, die Versicherte vorsorglich im Rollstuhl zu fixieren. Ferner lagen die engen Voraussetzungen des § 34 StGB in Form einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für die Versicherte, wonach eine kurzzeitige Fixierung auch ohne entsprechenden Beschluß des Vormundschaftsgerichtes zulässig gewesen wäre ( vgl. zuletzt OLG Koblenz NJW-RR 2002, 867 ), im Unfallzeitpunkt nicht vor. Eine Gefahren- oder Risikosituation, die ein solches Handeln erforderlich gemacht hätte, war nicht gegeben. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senates aus der vorgelegten vollständigen Pflegedokumentation. Der letzte Sturz hatte sich laut Pflegedokumentation am 28.10.1999 ereignet. Nach dieser Zeit sind nur Unruhezustände und vereinzelt eigenständiges Aufstehen vermerkt. Aus der Pflegedokumentation ergibt sich, dass die Versicherte zuletzt am 25.02.2000 alleine aus dem Rollstuhl aufgestanden ist. In der Folgezeit sind weder unkontrolliertes Aufstehen oder Unruhe vermerkt. Ihr Zustand hatte sich am 27.02.00 sogar soweit gebessert, so dass die an der Messe teilnehmen konnte. Eine akute Gefahrensituation bestand für die Versicherte mithin nicht. Anhaltspunkte für eine Unvollständigkeit der Pflegedokumentation lagen nicht vor. Aus den vorgenannten Gründen bestand für die Beklagte im Unfallzeitraum kein Anlaß, auf einen Fixierungsbeschluß durch das Vormundschaftsgericht hinzuwirken. Dem steht auch nicht das Gutachten des medizinischen Dienstes vom 18.12.1999 entgegen, da dieses Gutachten nicht den Zustand der Versicherten im Unfallzeitpunkt wiedergibt. Die Beklagte war ebenfalls nicht gehalten, die Versicherte permanent zu beaufsichtigen. Eine grundsätzliche Pflicht zu ständigen Beaufsichtigung besteht nicht. Die Pflicht ist beschränkt auf das Erforderliche und das für die Heimbewohner und das Pflegepersonal Zumutbare ( vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2002, 867 ). Eine Pflicht zur ständigen unmittelbaren Nähe des Pflegepersonals besteht nicht ( vgl. OLG Schleswig SchlHA 2004, 123 ). Auch aus dem in der Pflegedokumentation beschriebenen Zustand der Versicherten im Unfallzeitraum ergab sich nach Auffassung des Senates kein ausnahmsweise bestehendes Erfordernis der permanenten Beaufsichtigung. In diesem Zeitraum sind weder Sturzneigungen noch Unruhezustände beschrieben. II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, § 543 Nr. 1 ZPO. Ebensowenig erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Nr. 2 ZPO.

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